Protokoll der Sitzung vom 07.03.2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schaffung der Stiftung für das sorbische Volk ist ein Erfolgsmodell der Bundesrepublik Deutschland, des Freistaates und des Landes Brandenburg, ein Ergebnis harter Arbeitsjahre, nicht allein als Kulturförderung zu bezeichnen. Sie ist ein Teil des Erhalts der sorbischen Sprache. Deutsche haben das unterstützt, wofür dem kleinen Volk der Sorben die Kraft allein fehlt. Dafür danke ich allen, die dabei bisher mitgeholfen haben. Mein Dank gilt Ihnen, meine Damen und Herren, die Sie das sächsische Volk hier im Hohen Haus vertreten. Mein Dank gilt der Staatsregierung, besonders dem Ministerpräsidenten Georg Milbradt für sein Engagement beim Erhalt der Stiftung und letztendlich auch beim Ausarbeiten der Finanzierungsvereinbarung. Ich verbinde diesen Dank mit der Bitte, die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag davon zu überzeugen, wie notwendig die weitere Unterstützung des sorbischen Volkes in der Niederlausitz und der Oberlausitz ist. – Kürzlich sprach mich ein Kollege an und fragte: Sind denn das zwei unterschiedliche Sprachen? – Es sind zwei eigenständige Schriftsprachen: in der Niederlausitz das Niedersorbische und in der Oberlausitz das Obersorbische.

Ich glaube, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Viele meiner Vorredner haben das angesprochen. Ich appelliere an die Verantwortung des Bundesstaates, sich bei seinem Zuschuss, wie in der mittelfristigen Finanzplanung seit 2003 empfohlen, bei 8,2 Millionen Euro zu orientieren und damit ein klares Signal zu setzen, die gute Arbeit der Stiftung weiterzuführen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich appelliere – und das ist, glaube ich, noch viel wichtiger – und bitte den Deutschen Bundestag, die Ausgabensperre in Höhe von 2,6 Millionen Euro aufzuheben.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Geben Sie den Kindern und Jugendlichen in der sorbischen Lausitz eine vergleichbare Chance wie in deutschsprachigen Regionen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Unterstützung der sorbischen Kultur ist von unmittelbarer Bedeutung für das Bestreben der Sorben, ihre Identität zu bewahren. Daher hat die Förderung der sorbischen Kultur eine europäische Dimension, die sie zu einer Aufgabe von gesamtdeutschem Charakter macht. Helfen wir mit, dass im Blumengarten der Sprachen Europas auch weiterhin die Sprache der Sorben als kleine, aber schöne Blume erblüht!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schiemann.

(Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es gehört durchaus auch dazu, dass einem mal das Herz überläuft, und dafür danke ich Ihnen, Herr Schiemann.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Linksfraktion)

Ich frage die Staatsregierung. – Frau Ministerin Stange.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist ein wenig schwierig, solch einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Förderung des sorbischen Volkes noch etwas Nüchternes hinzuzufügen. Aber ich glaube, Herr Schiemann hat in aller Ausführlichkeit und Deutlichkeit gezeigt, warum es notwendig ist, dass die Stiftung für das sorbische Volk auch zukünftig eine dauerhafte, verlässliche und auskömmliche Finanzierung benötigt, um ihre wichtige Arbeit, die Pflege und die Entwicklung der sorbischen Sprache und Kultur, auch in Zukunft fortsetzen zu können. Er hat, denke ich, durch seinen Beitrag – ebenso wie Frau Hermenau und andere – hier deutlich gemacht, worum es geht.

Die Haltung der Sächsischen Staatsregierung, sich dafür einzusetzen, dass es eine dauerhafte, verlässliche und auskömmliche Finanzierung gibt, hat uns schon sehr frühzeitig bewogen, entsprechende Initiativen für die Verhandlungen über ein neues Finanzierungsabkommen mit dem Land Brandenburg und auch mit dem Bund zu ergreifen. Schon im Koalitionsvertrag zur Bildung der Staatsregierung im Freistaat Sachsen im Jahr 2004, aber auch in der Koalitionsvereinbarung für die Zusammenarbeit im brandenburgischen Landtag 2004 legten die Koalitionspartner SPD und CDU fest, dass sie das Finanzierungsabkommen für die Stiftung für das sorbische Volk auch über das Jahr 2007 hinaus fortführen wollen.

Bereits seit dem Frühjahr 2006 setzt sich die Sächsische Staatsregierung für die Aufnahme und die Fortführung der Verhandlungen zu einem neuen Finanzierungsabkommen ein, teilweise gemeinsam mit dem Land Brandenburg. So haben die zuständige Staatsministerin des Freistaates Sachsen und die zuständige Ministerin des Landes Brandenburg in Schreiben vom 11.04.2006 und vom 03.04.2006 an den Beauftragten für Kultur und Medien um die Aufnahme der Verhandlungen gebeten. Zeitgleich hat sich damals der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen in dieser Angelegenheit an Staatsminister Neumann gewandt.

Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Zeit wurden die Bemühungen im Jahr 2007 vonseiten der sächsischen Landesregierung verstärkt. Neben den Verhandlungen auf Arbeitsebene und dem Schreiben der Amtsspitze des SMWK an den Bund hat sich auch der Ministerpräsident nochmals an den Bund, nun an die Bundeskanzlerin, gewandt. Von dieser erhielten wir mit Schreiben vom 16.07.2007 die Antwort, der Bund sei grundsätzlich bereit, sich auf der Grundlage des Einigungsvertrages und des Rahmenübereinkommens des Europarates vom

1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten sowie der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarates vom 5. November 1992 weiter an der Finanzierung zu beteiligen. – Ein wichtiges Signal in Anbetracht der Ausführungen des Bundesrechnungshofes.

Die Bemühungen, zu konkreten Verhandlungsergebnissen zu gelangen, verzögerten sich allerdings aufgrund der Beratungen zum Bundeshaushalt 2008. Erst im Dezember des vergangenen Jahres – nach Abschluss der Haushaltsverhandlungen auf Bundesebene – signalisierte das BKM die Bereitschaft, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Eine maßgebliche Entscheidung für die jetzigen Rahmenbedingungen wurde dabei durch das Votum des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom November 2007 getroffen. Hierin – das will ich noch einmal deutlich machen, obwohl es in einigen Redebeiträgen schon zum Ausdruck kam – wurde die Fördersumme des Bundes für die „Stiftung für das sorbische Volk“ für das Jahr 2008 auf 7,6 Millionen Euro festgelegt. Davon sind allerdings 2,6 Millionen Euro mit einer Haushaltssperre versehen. Die Aufhebung der Sperre ist an folgende Bedingungen gebunden:

Die Bundesregierung ist aufgefordert – so der Haushaltsausschuss –, im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung mit den Bundesländern Brandenburg und Sachsen bis spätestens 15.06.2008 ein umfassendes Weiterentwicklungskonzept vorzulegen, das eine Förderdegression vorsieht, um die Bedenken des Bundesrechnungshofes und des Bundesverwaltungshofes umzusetzen. Das BKM hat bisher keine Stellungnahme zum „Bericht des Bundesrechnungshofes über ausgewählte Aspekte des Zuschusses des Bundes an die Stiftung für das sorbische Volk“ 2007 abgegeben. Sowohl das SMWK wie auch die Stiftung für das sorbische Volk haben ihrerseits bereits im Mai 2007 jeweils eine ausführliche Stellungnahme an das BKM übermittelt, indem die Forderungen des Bundesrechnungshofes nach Kürzung der Zuschüsse an die Stiftung deutlich zurückgewiesen werden.

Die Staatsregierung war und ist bemüht, ihre Position eng mit dem Land Brandenburg abzustimmen. So haben sich beide Kabinette in einer gemeinsamen Sitzung am 16.10.2007 in Hoyerswerda zu folgenden Erwartungen verständigt: erstens, eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk ausgehend von ihren Aufgaben; zweitens, die Beibehaltung des bisherigen Finanzierungsschlüssels, der vorsieht, dass drei Sechstel vonseiten des Bundes, zwei Sechstel vonseiten Sachsens und ein Sechstel vonseiten des Landes Brandenburg für die Stiftung finanziert werden; drittens, dass weitere Globalzuweisungen durch den Bund erfolgen, also keine Umstellung auf ausgewählte Projekte; und viertens, dass ein Abkommen mit unbefristeter Laufzeit, mindestens aber für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen wird.

Das sind die Erwartungen der Kabinette in Brandenburg und in Sachsen als Maßgabe für die Verhandlungen mit dem Bund.

Vor diesem Hintergrund der Verständigung ist die Staatsregierung etwas irritiert, dass das Land Brandenburg von seinen für die Stiftung eingestellten 2,6 Millionen Euro für die Jahre 2008 und 2009 jeweils 0,6 Millionen Euro gesperrt hat. Brandenburg hat die Entsperrung dieser Mittel vom Ausgang der Verhandlungen zum Finanzierungsabkommen abhängig gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Derzeit stehen wir in einer sehr wichtigen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch abschließenden Phase der Verhandlungen. Das nächste Gespräch der Zuwendungsgeber ist für März 2008 vorgesehen. Ich rechne fest damit, dass wir sehr zeitnah – noch in diesem Frühjahr – die zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmten Rahmendaten für das Finanzierungsabkommen haben werden; denn wie bereits ausgeführt, erwartet auch der Haushaltsausschuss des Bundestages bis spätestens 15.06.2008 ein umfassendes Weiterentwicklungskonzept.

Ich befürchte, dass der Bund von seiner Haltung, seinen Zuwendungsbetrag abzusenken, so wie das bereits für das Jahr 2008 erfolgt ist, nicht abrücken wird. Im Einzelnen gehe ich aber davon aus, dass das neue Abkommen eine akzeptable zeitliche Planungssicherheit bieten und der Bund seine Zuwendungen auch weiterhin im Wege einer globalen Förderung zur Verfügung stellen wird und die drei Zuwendungsgeber insgesamt eine Fördersumme zur Verfügung stellen werden, die in etwa der jetzigen Finanzierung entspricht.

Das strukturelle Problem der Finanzierung der Stiftung und der von ihr geförderten Einrichtungen wird weiterbestehen, wenn nicht vonseiten der Stiftung ein Konzept zur Weiterentwicklung vorgelegt wird, welches ausweist, wie die Stiftung zukünftig mit den ihr zur Verfügung stehenden Zuwendungen auskömmlich arbeiten kann. Ich denke, die Stiftung ist gut beraten, hierzu sehr bald entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wir für unseren Teil drängen auf alle Fälle darauf.

Zum Antrag der Linksfraktion möchte ich Folgendes anmerken: Auch bei größten Anstrengungen der Sächsischen Staatsregierung können wir den Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages als Rahmenbedingung nicht ignorieren. Die Änderung des Stiftungsmodells in eine Stiftung mit Stiftungskapital halte ich für wenig realistisch, auch wären damit – diesbezüglich kann ich mich meinem Vorredner anschließen – die Finanzierungsprobleme nicht automatisch gelöst.

Die Sächsische Staatsregierung wird sich deshalb weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass der Bund seine Mittel auch zukünftig in der erforderlichen Höhe zur Verfügung stellt. Die Staatsregierung wird ihrerseits die intensive Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg und die Abstimmung von gemeinsamen Positionen der beiden Länder fortführen. Diese Bemühungen werden in realistischer Weise durch den Antrag der Koalitionsfrakti

onen unterstützt, den ich deshalb sehr begrüße und als Rückendeckung für diese Verhandlungen ansehe.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP, den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Die einreichenden Fraktionen haben jetzt die Gelegenheit zum Schlusswort. Herr Hermsdorfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, die Diskussion im Haus hat gezeigt, dass wir mit dem Koalitionsantrag und dem aufgerufenen Thema einen sehr wichtigen und aktuellen Punkt gesetzt haben.

Ich möchte mich ausdrücklich für die Debatte bedanken, die im Großen und Ganzen Einvernehmen darüber gezeigt hat, dass dieses Hohe Haus in Gänze die sorbische Minderheit im Freistaat Sachsen weiterhin und kontinuierlich unterstützen möchte. Ich bedanke mich auch für den Beitrag der Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst und dafür, dass Sie mit Nachdruck in den Verhandlungen mit dem Bund auf die bislang bestehende Förderung abzielen möchten und dass Sie auch den Beitrag des Landes Brandenburg ohne Wenn und Aber einfordern und uns in unserem Wollen und in unserem politischen Ausdruck unterstützen, damit wir auch weiterhin zu den eingestellten Mitteln in dieser Höhe stehen und der Stiftung für das sorbische Volk gerecht werden. Ich denke, darüber sind wir uns alle einig.

Frau Hermenau, was Sie im Antrag vermisst haben, hat unser Kollege Schiemann mit Nachdruck nachgewiesen,

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

nämlich Herzblut für die Sache und für das sorbische Volk. Ich denke, das haben wir in der Debatte erkennen lassen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Was den Antrag der Linksfraktion betrifft, darf ich mich der Argumentation der Staatsministerin anschließen. Auch wir sehen das in dem Antrag formulierte Stiftungsmodell kritisch und können uns dem nicht anschließen. Wir werden diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie überraschen uns!)

Möchte die SPD noch sprechen? – Sie schließt sich dem Schlusswort an. Nun bitte für die Linksfraktion der Abg. Herr Kosel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, in Würdigung der heute geführten Debatte auf folgende Punkte einzugehen:

Zum NPD-Beitrag habe ich auf eine Zwischenfrage vom rechten Rand bereits das Notwendige gesagt. Dem ist im

Prinzip nichts hinzuzufügen, außer dem Hinweis, dass der sogenannte NPD-Kreisverband Spreewald im Jahre 2007 auf seiner Internetseite ausdrücklich behauptet hat, dass es sich bei den Sorben um kein eigenständiges slawisches Volk, sondern um einen „deutschen Volksstamm“ handele. Es ist wichtig, das hier kundzutun, damit alle in diesem Hohen Haus und darüber hinaus wissen, was von der Glaubwürdigkeit des Beitrages der NPD zu halten ist: nämlich nichts.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Den Rednern der Beiträge der demokratischen Fraktionen möchte ich meinen Respekt und meinen Dank aussprechen, auch bezüglich der Zwischenfragen aus den demokratischen Fraktionen, denn – ich wiederhole es – die Sorben haben gezeigt, dass man auch ohne eigenen Staat seine Identität erhalten kann. Man braucht dazu – auch die Sorben brauchen dazu – keinen eigenen Staat, aber wir brauchen die Partnerschaft unserer Mitbürger in Sachsen, in der Bundesrepublik und in Europa.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Bezüglich des Redebeitrages der GRÜNEN muss ich leider einen logischen Bruch konstatieren. Wir wollen Ihnen aber dennoch die Gelegenheit geben, unserem Antrag, den Sie als differenziert bezeichnet haben, in den Teilen, die Ihnen in seiner Differenziertheit als zustimmungsfähig erscheinen, zustimmen zu können. Ich beantrage deshalb punktweise Abstimmung.

Meine Damen und Herren! Gestern wandten sich die Vertreter der Sorben in einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz in Berlin mit einem als „Memorandum zur weiteren Existenz des sorbischen Volkes in der Bundesrepublik Deutschland“ bezeichneten Dokument an die deutsche und internationale Öffentlichkeit. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich die für mich eindrucksvollsten und am stärksten zum Nachdenken anregenden Passagen: „Mit der deutschen Wiedervereinigung und der Erweiterung der Europäischen Union haben sich neue Chancen eröffnet. Die Sorben sind als ein autonomes Volk von der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und haben Anspruch auf Schutz und Förderung ihrer Identität.“