Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

Damit ist Herr Piwarz dem Wahlvorschlag entsprechend gewählt. Ich gratuliere zur Wahl.

Wir beenden den Tagesordnungspunkt 3 und kommen zum

Tagesordnungspunkt 4

Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des 1. Untersuchungsausschusses (gemäß § 4 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

Drucksache 4/11867 – zu Drucksache 4/1591 –, Wahlvorschlag der Fraktion der CDU

Im Tagesordnungspunkt 4 führen wir die Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des 1. Untersuchungsausschusses der 4. Wahlperiode "Versäumnisse und Fehlentscheidungen der Staatsregierung und ihrer Mitglieder bei der Landesbank Sachsen Girozentrale (Sachsen LB), deren direkten und indirekten Beteiligungen an Tochterunternehmen, verbundenen, assoziierten und sonstigen Unternehmen seit dem 1. Januar 1992 sowie direkte und indirekte Einflussnahme der Staatsregierung, ihrer Mitglieder und der Bediensteten der Staatsministerien auf diese und die Auswirkungen für die unmittelbaren und mittelbaren Anteilseigner der Sachsen LB" durch.

In der 17. Sitzung des 4. Sächsischen Landtags wurde entsprechend Artikel 54 der Verfassung des Freistaates Sachsen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Untersuchungsausschussgesetzes die Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses durchgeführt. Die Verteilung der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder auf die Fraktionen erfolgt gemäß § 4 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes nach der

Mitgliederzahl der Fraktionen, wobei nach § 4 Abs. 2 Satz 1 unserer Geschäftsordnung das Verfahren nach d’Hondt zur Anwendung kommt.

Anders als bei den regulären Ausschüssen des Sächsischen Landtages sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes die Mitglieder des Untersuchungsausschusses und deren Stellvertreter vom Landtag nach den Vorschlägen der Fraktionen zu wählen.

Dazu, meine Damen und Herren, liegt Ihnen der Wahlvorschlag der Fraktion der CDU in der Drucksache 4/11867 vor. Wir kommen jetzt zur Wahl. Die Wahl findet nach den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung geheim statt. Allerdings kann stattdessen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter widerspricht. Ich frage Sie daher, ob jemand widerspricht, dass durch Handzeichen abgestimmt wird. – Das ist der Fall. – Deshalb, meine Damen und Herren, kommen wir nun zur Durchführung der geheimen Wahl. Hierzu berufe ich aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission mit folgenden Mitgliedern des Landtages: Frau Roth als

Leiterin, dazu Herrn Colditz, Frau Dr. Raatz, Frau Schüßler und Herrn Dr. Martens. Damit ist die Wahlhandlung eröffnet. Frau Roth, Sie erhalten das Wort.

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache der Kandidat als stellvertretendes Mitglied für den 1. Untersuchungsausschuss aufgeführt ist. Sie können sich zu dem Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld mit Ja, Nein oder Enthaltung entscheiden.

Der Kandidat ist gewählt, wenn er mehr Ja- als Neinstimmen hat. Wir beginnen mit der Wahl.

(Namensaufruf – Wahlhandlung)

Habe ich jemanden im Saal nicht aufgerufen? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Die Wahlhandlung ist beendet. Ich schlage Ihnen vor, bis die Auszählung abgeschlossen ist, in der Tagesordnung fortzufahren.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

2. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Meldegesetzes (SächsMG)

Drucksache 4/7977, Gesetzentwurf der Fraktion der NPD

Drucksache 4/11709, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die Fraktion der NPD, danach folgen CDU, Linksfraktion, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. – Ich erteile nun der NPD-Fraktion das Wort; Herr Abg. Petzold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland hatte bis vor einigen Jahren ein hervorragendes Einwohnermeldewesen, auf das man sich in jeder Hinsicht verlassen konnte. Die Zuverlässigkeit wurde zum Beispiel dadurch gewährleistet, dass derjenige, der eine Wohnadresse an- oder abmeldete, der Meldebehörde den Mietvertrag oder eine Bescheinigung des Vermieters vorzulegen hatte. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers bei der An- und Abmeldung – eine fast selbstverständliche Sicherheitsmaßnahme, besonders in Zeiten offener Grenzen und einer immer stärker zunehmenden Mobilität, nicht zuletzt bei Kriminellen aller Schattierungen.

Die rot-grüne Bundesregierung war aber offensichtlich nicht dieser Auffassung. Ganz im Gegenteil: Sie verspürte anscheinend einen unwiderstehlichen Drang, das Meldewesen von diesem Überbleibsel deutscher Gründlichkeit zu befreien – so geschehen durch die Neufassung des Melderechtsrahmengesetzes vom 19. April 2002. Durch diese neue Rahmengesetzgebung wurde die Wohnungsanmeldung beim Einwohnermeldeamt in der Tat sehr vereinfacht, und zwar hauptsächlich für diverse Betrüger, die ein Interesse an einer amtlichen Bestätigung von Scheinanschriften haben. Nach den betreffenden Bestimmungen werden nämlich neben der neuen Anschrift und der Kenntlichmachung der Wohnung nur Pass oder Personalausweis benötigt. Der Name des Vermieters ist nur als etwaiger Teil der Anschrift erforderlich. Es ist beinahe überflüssig zu erwähnen, dass dabei nach dem derzeitigen Gesetz Name und Kontaktdaten des Vermie

ters bzw. des Wohnungseigentümers von der Behörde auch nicht gespeichert werden dürfen.

Damit haben wir ein Verfahren, bei dem sich in der Praxis jeder anmelden kann, wo er will, und zwar auch in Wohnungen von x-beliebigen Bürgern. In Betrugsfällen erfahren diese in der Regel nicht einmal etwas von ihrem „Glück“ – bis unter Umständen eines Tages die Polizei vor der Tür steht, um sich den vermeintlichen Mieter vorzuknöpfen. Die Abwegigkeit einer derartigen Regelung muss man nicht lange begründen. Die Missbrauchsmöglichkeiten liegen auf der Hand, und wir werden sie später in der Debatte mit einigen Beispielen und Stellungnahmen aus der Praxis konkretisieren.

Zwar befasst sich unser vorliegender Gesetzentwurf aus Gründen der durch das Rahmengesetz gezogenen Grenzen nur mit dieser Regelung und nicht mit den weitläufigen Bestimmungen des neuen Melderechtes. Aber ich betone an dieser Stelle trotzdem, dass sich die NPD-Fraktion aus grundsätzlichen Erwägungen heraus gegen die gesamte, dem derzeitigen Rahmengesetz zugrunde liegende Tendenz zur Lockerung des Meldewesens wendet, insbesondere gegen die Abschaffung der Abmeldepflicht bei Umzügen im Inland und die rechtliche Zulassung der elektronischen Wohnungsanmeldung.

Dazu machte mein Kollege Holger Apfel in der Plenardebatte zur 2. und 3. Lesung des entsprechenden Änderungsgesetzes zum Sächsischen Meldegesetz hier im Landtag am 13. Juni 2005 zum Beispiel folgende Ausführungen – ich zitiere –: „In ihrem Bestreben, die mobile, besser gesagt entwurzelte Gesellschaft zu schaffen, soll offenbar das Meldewesen nicht etwa durch die Informationstechnologien qualitativ verbessert oder vereinfacht werden, sondern vielmehr so zweckentfremdet werden, dass den unzähligen Zu- und Wegzügen aus dem In- und Ausland möglichst wenige verwaltungstechnische Hindernisse in den Weg gestellt werden. Das geht zulasten

der Integrität unserer Gesellschaft und der Sicherheit ihrer Bürger. Wir sind der Meinung, dass der Verbleib der Menschen in ihrer Heimat und nicht etwa ein Zustand wie zu Zeiten der Völkerwanderung der Normalfall sein sollte, und wir sind der Auffassung, dass jemandem, der sich in einer neuen Gemeinde niederlässt, durchaus zugemutet werden kann, sich bei einer Meldebehörde persönlich vorzustellen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen“.

Diese Auffassung vertreten wir nach wie vor, und die zwischenzeitliche Erfahrung mit der neuen Meldepraxis hat gezeigt, dass wir damit auch recht haben. Eben deswegen liegt Ihnen heute unser Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Meldegesetzes vor. Damit wollen wir zwar nicht die Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers bei der An- und Abmeldung wieder einführen, weil dies gegen das noch gültige Rahmengesetz verstoßen würde; aber wir wollen die Erhebung und Speicherung von Namen und Kontaktdaten des Wohnungsgebers ermöglichen, was sehr wohl mit dem Rahmengesetz vereinbar ist.

Erfahrungen aus dem Saarland haben gezeigt, dass bereits diese Erfassung und Speicherung die Missbrauchgefahr erheblich reduziert. Nach Auffassung des dortigen Melderechtsreferenten trägt sie nämlich mindestens so gut zur Eindämmung des Missbrauches bei wie etwa das Erfordernis der schriftlichen Bestätigung durch den Wohnungsgeber, zumal diese – so wörtlich – „... oft nur in Form eines Zettels mit unleserlicher Unterschrift vorgelegt wurde“.

Wir sind also in der Lage, durch eine einfache Erweiterung der Erfassung und Speicherung von Daten im Meldegesetz dem inzwischen aktenkundigen Missbrauch entgegenzutreten. Zwar hat Innenminister Buttolo im Innenausschuss angebliche Gründe dafür genannt, warum wir es seiner Meinung nach nicht tun dürfen. Diese treffen allerdings nicht zu. Der Innenminister behauptete nämlich, eine Änderung des Sächsischen Meldegesetzes würde angesichts der neuen, ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht zulässig sein oder zumindest keinen Sinn ergeben. Beides ist falsch.

Erstens gibt es noch gar kein bundeseinheitliches Meldegesetz, nicht einmal einen vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf. Deshalb gilt das Melderechtsrahmengesetz als Bundesrecht fort, ergänzt durch die Landesmeldegesetze. Für diese wiederum bleiben nach Artikel 125b Grundgesetz die Befugnisse und Verpflichtungen der Länder zur Gesetzgebung vorerst bestehen.

Zweitens ergibt es sehr wohl einen Sinn, den insoweit noch bestehenden Gestaltungsspielraum auf Landesebene dazu zu nutzen, durch eine verhältnismäßig unaufwendige, aber wirkungsvolle und beispielgebende Änderung des Melderechts ein Signal auszusenden, ein Signal in Richtung des Bundesgesetzgebers, durch welches das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag im Sinne einer höheren Sicherheit für die Bürger positiv beeinflusst werden könnte.

Genau dies hat das Saarland bereits Anfang Februar 2006 mit gutem Erfolg gemacht. Der bereits erwähnte zuständige Referent hofft nach eigener Aussage, dass das Beispiel in anderen Bundesländern und/oder bei der Bundesgesetzgebung Schule machen wird. Deswegen haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht und bitten hiermit um Ihre Zustimmung.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die Koalition spricht Herr Bräunig. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Gesetzentwurf der NPD sind eigentlich nur zwei Dinge zu sagen:

Erstens. Der Freistaat Sachsen hat für diese Regelungen keine Gesetzgebungskompetenz; Sie haben ja selbst darauf hingewiesen.

Und zweitens. Der Gesetzentwurf bedeutet überflüssige Bürokratie, unnötige Behördengänge und jede Menge Papierkrieg.

Der Eindruck hat sich jetzt wieder verstärkt: Anscheinend ist es der NPD tatsächlich entgangen, dass mit der Föderalismusreform I die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Melderechts vollständig auf den Bund übergegangen ist, und zwar schon zum 1. September 2006.

Es ist richtig, dass der Bund bisher noch kein Bundesmeldegesetz erlassen hat. Aber Artikel 125b Grundgesetz regelt unmissverständlich, dass das Melderechtsrahmengesetz des Bundes weiter gilt. Das heißt also, wenn der Freistaat Sachsen im Rahmen dieses Melderechtsrahmengesetzes oder bis zum Inkrafttreten des zukünftigen Bundesmeldegesetzes noch einmal Änderungen vornehmen will, dann muss er sich an das Melderechtsrahmengesetz halten. Wir können nur in den Grenzen des Melderechtsrahmengesetzes handeln.

Welche Meldedaten bundesrechtlich erhoben werden dürfen, ist abschließend dort geregelt. Somit lassen sich die Vorstellungen der NPD hier schlicht nicht verwirklichen.

(Jürgen Gansel, NPD: Sie wollen nicht!)

Erlauben Sie mir hinzuzufügen: Und das ist auch gut so!

(Beifall bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Der Bund hat das gesamte Melderecht in seiner letzten großen Novelle vollständig vom bürokratischen Ballast der Jahrhundertwende befreit und den Einstieg in ein modernes bürgerfreundliches Melderecht geschafft. Der Gesetzentwurf der NPD will zurück in die Zeit der Stempel, Bescheinigungen und Formulare. Das schafft mit Sicherheit Zuverlässigkeit, aber nicht im Sinne eines zuverlässigeren Melderegisters;

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

sondern es schafft zuverlässig mehr Bürokratie. Und darauf können die Bürger des Freistaates Sachsen, so glaube ich, gut und gern verzichten.