Protokoll der Sitzung vom 28.05.2008

(Zuruf der Abg. Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)

Aber die Wasserkraft macht innerhalb dieser Gesamtheit der regenerativen Energien immerhin einen Anteil von 13 % aus. Die Wassermüller sagen uns, realistisch, also auch unter Berücksichtigung ökologischer Belange, ist eine Steigerung auf 15 % möglich. Wofür ich plädiere, ist nichts weiter als: Diese 15 % wollen wir nicht verlieren und wir halten sie in einem Energiemix für berechtigt. Darum geht es doch. Ein Mix muss aus mehreren Formen von regenerativer Energie bestehen. Auf diesen Energiemix legen wir Wert.

Noch ein Letztes: Die Wasserkraft ist eine klassische Form der dezentralen regenerativen Energiegewinnung. Das ist zumindest uns als Linksfraktion bei der Bewertung dieser Energieform nicht ganz unwichtig.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Herr Staatsminister Prof. Wöller, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass ein Gesetzentwurf zur Stärkung von Grundstückseigentümern ausgerechnet von den Linken eingebracht wird,

(Zuruf der Abg. Kathrin Kagelmann, Linksfraktion)

ist verwunderlich. Noch verwunderlicher und nicht nachvollziehbar und auch nicht vertretbar ist, damit Einzelinteressen zulasten von Gemeinwohlinteressen und des Umweltschutzes durchzusetzen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Ich werde Ihnen das an drei wesentlichen Regelungsbereichen erläutern.

Erstens: Hochwasserschutz. Der Gesetzentwurf sieht vor, die nicht mit einer Rechtsverordnung festgesetzten Überschwemmungsgebiete zum Jahresende ersatzlos abzuschaffen. Die Begründung ist, dass bei der Festsetzung dieser Überschwemmungsgebiete die betroffenen Grundstückseigentümer nicht in ausreichendem Maße angehört sind.

Bitte erinnern Sie sich: Die verheerende Flutkatastrophe von 2002 kostete 21 Menschen das Leben, einschließlich Menschen in meiner Heimatstadt Freital, und verursachte Schäden in Milliardenhöhe. Vor diesem Hintergrund schuf der Gesetzgeber nur drei Monate später ein Gesetz zur Verbesserung des Hochwasserschutzes.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Was ist davon umgesetzt?)

Die zügige Ausweisung und Unterschutzstellung der Überschwemmungsgebiete ist ein wichtiges Element zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Damit werden zum einen die Eigentümer und Erwerber von Grundstücken über das bestehende Hochwasserrisiko informiert. Zum anderen soll verhindert werden, dass durch nicht hochwasserangepasstes Bauen neue Schadpotenziale entstehen oder wichtige Rückhalteflächen verloren gehen.

Daher wurde durch das Gesetz von 2002 anstelle der aufwendigen langwierigen Festsetzungsverfahren der Überschwemmungsgebiete mittels Rechtsverordnung das vereinfachte Verfahren nach § 100 Abs. 3 für die Gebiete eingeführt, die bei einem hundertjährigen Hochwasser überschwemmt werden.

Dieses wichtige Vorhaben, meine Damen und Herren, können wir doch jetzt nicht unterlaufen. Haben Sie das schlimme Leid von damals schon nach sechs Jahren wieder vergessen?

Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten hängt entscheidend von naturwissenschaftlichen Fakten ab. Die vermeintliche Stärkung von Beteiligungsrechten Einzelner würde zu einer Verzögerung und Verhinderung des Hochwasserschutzes zulasten vieler führen, und im Ergebnis regelmäßig dennoch nicht zu einer anderen Entscheidung führen können. Davor kann ich als für Hochwasserschutz zuständiger Minister nur warnen.

Zweitens: Abwasserbeseitigung. Die Linksfraktion will mit ihrem Gesetzesvorschlag eine bestimmte Form der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung und Fortschreibung der Abwasserbeseitigungskonzepte im Abwassergesetz fortschreiben.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ist das schlecht?)

Ich halte die frühzeitige Beteiligung der Bürger bei der Erstellung bzw. der Fortschreibung der Abwasserbeseitigungskonzepte für unverzichtbar.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Genau!)

Aber die kommunalen Entscheidungsträger sind bereits durch die bestehenden Kommunalgesetze dazu verpflichtet, meine Damen und Herren. Lassen Sie mich angesichts der Diskussion dem Eindruck hier in der Debatte entgegentreten, die Kommunen oder die Aufgabenträger würden flächendeckend dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle möchte ich den Aufgabenträgern, den Kommunen und den Abwasserzweckverbänden von hier ein herzliches Dankeschön dafür aussprechen, dass sie diese Aufgabe erfüllen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Enrico Bräunig, SPD)

Natürlich – das räume ich an dieser Stelle ein – gibt es in dem einen oder anderen Fall Bürgerbeschwerden, die berechtigt sind. Es gibt Abwasserbeseitigungskonzepte, die zu hinterfragen sind. Aber eben das ist doch das Ergebnis der Bürgerbeteiligung: dass sich Bürger damit auseinandersetzen und beschäftigen und dass jetzt darüber diskutiert wird.

Wenn Sie von der Linksfraktion die viel beschworene Bürgernähe tatsächlich hätten – was ich angesichts der Debatte durchaus bezweifle –, dann müssten Sie im Lande mitbekommen haben, dass gerade die Bürgerbeteiligungen an vielen Stellen – Mutzschen ist so ein Beispiel, was wir gemeinsam in der Anhörung mitbekommen haben –

(Andrea Roth, Linksfraktion: Eben!)

dazu geführt haben, dass die Abwasserbeseitigungskonzepte jetzt verbessert werden, meine Damen und Herren. Das heißt doch, die Dinge funktionieren, und nicht das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der CDU)

Diese Aufgabe, ich hatte es bereits ausgeführt, wird von der überwiegenden Mehrheit der Gemeinden und Abwasserverbände verantwortungsvoll wahrgenommen. Das darf aber nicht davon ablenken, dass bei den Abwasserbeseitigungskonzepten eine an dem Gemeinwohl orientierte Entscheidung zu treffen ist. Neben dem, was technisch machbar ist, müssen vor allem die Folgekosten beherrschbar sein; und die für alle Bürger, auch bei der sinkenden Bevölkerungszahl.

Ich finde es unverantwortlich, wenn DIE LINKE eine Stärkung der Beteiligungsrechte dazu missbraucht, dem Bürger zu suggerieren, er könne seine individuellen Interessen auf diese Weise stärker durchsetzen. Meine Damen und Herren, so geht das nicht!

(Volker Bandmann, CDU: Das ist doch deren Politik!)

Drittens: alte Rechte an Wasserkraftanlagen. Die Auseinandersetzung um die Regelung zur Fortgeltung alter Rechte wird gern und immer wieder als Aufhänger für eine Diskussion über die Nutzung der Wasserkraft instrumentalisiert. Aus diesem Grunde will ich mich nicht lange mit juristischen Ausführungen aufhalten.

Nur so viel: Der Sachverständige Herr Rechtsanwalt Pegau ist als Prozessvertreter einiger Wasserkraftanlagenbetreiber mit seiner Klage vor den sächsischen Verwaltungsgerichten gescheitert. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Auffassung der Staatsregierung, dass mit der Stichtagsregelung im Jahr 2004 keine neue Rechtsgrundlage geschaffen, sondern lediglich die seit 1. Juli 1990 bestehende Rechtslage wiedergegeben wurde, bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision nicht zugelassen. Die Ausschussvorsitzende, meine Kollegin Windisch, hat darauf hingewiesen.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Das ist die Rechtsauffassung, meine Damen und Herren. Welches Verständnis von Rechtsstaat haben Sie eigentlich, wenn Sie höchstrichterliche Entscheidungen nicht anerkennen? Diese Frage stellt sich mir in dieser Debatte.

(Beifall bei der CDU)

In der Diskussion wird immer wieder versucht, der Staatsregierung zu unterstellen, sie sei gegen die Nutzung der Wasserkraft und verhindere sie. Das Gegenteil ist der Fall. Die Anzahl der in Betrieb befindlichen Wasserkraftanlagen hat sich von 186 im Jahre 1996 um 127 Anlagen auf gegenwärtig 313 erhöht. Derzeit sind zwölf Wasserkraftanlagen in Bau. Von einer restriktiven Verwaltungspraxis kann beim besten Willen keinerlei Rede sein. Die angeblich drohende Schließung von 127 geförderten Wasserkraftanlagen ist unbegründet. In den meisten Fällen können im Rahmen von Neuanträgen Anpassungen des Anlagebetriebes erfolgen, die den fischereirechtlichen, naturschutzfachlichen und gewässerökologischen Erfordernissen gerecht werden. 1991 wurden 43 Gigawattstunden Strom von sächsischen Wasserkraftanlagen erzeugt. 2005 waren es bereits 280 Gigawattstunden. Damit ist das vorhandene Wasserkraftpotenzial im Freistaat Sachsen weitgehend genutzt.

Es ist weder ökonomisch noch ökologisch gerechtfertigt, an allen Stellen, an denen irgendwann einmal eine Wasserkraftanlage betrieben wurde, diese Anlage wieder aufzubauen, ohne Neuzulassung und damit ohne Umweltauflagen zu betreiben. Damit würde die abgestufte und vernünftige Verwaltungspraxis infrage gestellt und die Anlagenbetreiber, die heute noch der Auffassung sind, sie könnten Wasserkraft vollkommen ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt betreiben, unterstützt werden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das will doch niemand!)

Auch die Nutzung von Wasserkraft muss umweltgerecht und umweltschonend erfolgen. Es ist ökologisch unverantwortlich, die Wasserkraft nur mit den Argumenten Klimawandel und Emissionsschutz unreglementiert und ohne Rücksicht auf die Gewässerökologie zu fördern. Man kann nicht das eine Umweltmedium zulasten des anderen Umweltmediums schützen wollen.

Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Linken untergräbt nicht nur unsere bisherigen Leistungen im Umweltschutz, sondern greift vor allem das Solidarprinzip an. Das kann die Sächsische Staatsregierung nicht zulassen. Wir achten stets darauf, die Interessen der Allgemeinheit zu wahren.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wenn es denn so wäre!)

Daher schließen wir uns dem Votum des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft an und lehnen den Gesetzentwurf ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, dass wir artikelweise bzw. nach Antrag die Ziffern 1 bis 5 einzeln abstimmen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.