Protokoll der Sitzung vom 29.05.2008

Die FDP-Fraktion verlangt gleichwohl eine schnelle Bestandsaufnahme und deren Vorlage durch die Staatsregierung bis 30. Juni. Nach Angabe des sächsischen Innenministeriums ist ein solcher Bericht schon beim Landeskriminalamt abgefordert worden. Er soll aber zunächst nicht hier vorgelegt, sondern erst einmal analysiert werden, was immer das heißen mag. Wir befürchten, dass ein solches Verfahren zu zeitaufwendig ist. Wir setzen uns für eine schnelle Erfassung und Reaktion auf festgestellte Notwendigkeiten ein.

(Beifall bei der FDP)

Neben spezifischen Maßnahmen aufgrund kriminalgeografischer Notwendigkeiten soll auch die Polizeipräsenz in der Fläche entlang der Außengrenzen verbessert werden. Wir wollen dafür sorgen, dass Polizeidienststellen gerade in diesem Bereich vorhanden sind. Das ist bisher nicht flächendeckend der Fall, wie ein Blick auf die Verteilung von Polizeirevieren und Posten entlang der Grenze zeigt. Reviere gibt es nur in Görlitz, Zittau, Sebnitz, Marienberg und Klingenthal. Zahlreiche Grenzgemeinden haben überhaupt keine Dienststellen. Von 51 Gemeinden entlang der Grenze gibt es in fünf Gemeinden Reviere, in weiteren 16 Posten. Wenn man sich die Verteilung auf der Karte anschaut, stellt man fest, dass es sehr, sehr lange Bereiche entlang der Grenze gibt, in denen keine Polizeidienststellen vorhanden sind. Die Postenstruktur muss unter diesem Gesichtspunkt überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Wir wollen, dass in den Grenzorten die Polizei innerhalb von 10 Minuten an einem möglichen Einsatzort eintrifft. So etwas ist keine Spinnerei, sondern das gibt es schon nach § 26 im Rettungsdienstgesetz. Auch dort gilt eine Anfahrtszeit von 10 Minuten. Das wollen wir bei der Polizei auch.

(Beifall bei der NPD)

Dort, wo keine Dienststellen vorhanden sind, sollen Bürgerpolizisten als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung stehen und die Sicherheitslage verbessern. Das hat auch Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden der Bürger. Es mag zwar nur subjektiv sein, als politisches Faktum ist es gleichwohl von Belang. Außerdem, meine Damen und Herren, wollen wir mit unserem Antrag darauf dringen, dass die Personalstärken in den Grenzbereichen zumindest insoweit eingehalten werden, als tatsächlich Planstellen vorhanden sind.

(Beifall des Abg. Dr. Johannes Müller, NPD)

Es hat sich herausgestellt, dass es in Sachsen gerade in Grenzbereichen in den Dienststellen Planstellen gibt, die überhaupt nicht besetzt sind und damit faktisch nicht zur Verfügung stehen. Das wollen wir kurzfristig geändert wissen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Besonderheiten bei der Kriminalitätsbekämpfung im Grenzbereich sollen aufgrund eines eigens gefertigten Lagebildes festgestellt

werden. Wir wollen, dass diesem Lagebild Rechnung getragen wird. Daneben ist die Struktur der Dienststellen im Grenzbereich zu überprüfen. Wir wollen einen Richtwert von 10 Minuten zwischen Dienststelle und Einsatzort. Wir wollen die Polizei in der Fläche mit Revieren, Posten und, wo notwendig, mit Bürgerpolizisten präsent wissen.

Meine Damen und Herren! All das kann kurzfristig umgesetzt werden und verändert die Sicherheitslage tatsächlich besser als Ankündigungen zu neuen Verfahrensweisen, schnellerer Datenverarbeitung oder zur Einführung von Kennzeichenlesegeräten, wie hier noch vom Staatsminister am 25.03. als Fahndungssystem angekündigt wurde. Die Anhörung im Landtag hat aber inzwischen ergeben, dass dem sächsischen Gesetzgeber dazu die Gesetzgebungskompetenz fehlt.

Meine Damen und Herren! Wir fordern Sie auf, nur das zu tun, was jetzt schon getan werden kann, das dann allerdings zügig. Das wird nebenbei bemerkt auch denjenigen Angst machen, die hier mit Kriminalitätsängsten der Bürger herumlaufen und in Wirklichkeit nur ihr schmutziges Geschäft mit der Ausländerfeindlichkeit betreiben wollen.

Ankündigungen selbst ändern nichts, erhöhen höchstens die kurzzeitig gefühlte Sicherheit der Bürger. Es gibt aber Maßnahmen, die schnell umzusetzen sind, die tatsächlich etwas bewirken, die in der Lage sind, Sicherheit zu schaffen, ohne Grundrechte zu beeinträchtigen. Diesen Möglichkeiten gibt die FDP mit diesem Antrag eindeutig den Vorzug. Wir bitten um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das war die einreichende Fraktion. Die Reihenfolge geht weiter. Die CDU, vertreten durch den Abg. Bandmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema innere Sicherheit in den Grenzgebieten begleitet uns nicht erst seit dem Wegfall der Binnengrenzkontrollen am 21. Dezember 2007. Die Koalition hat aber frühzeitig begonnen, sich mit den Maßnahmen zur Sicherung der Grenzräume nach dem Wegfall der Binnengrenzkontrollen zu beschäftigen und den Freistaat damit auf die zum Ende des vergangenen Jahres eingetretene Situation vorzubereiten.

Natürlich sehe ich mit Sorge die steigende Kriminalität, insbesondere bei Einbruch und Kfz-Diebstählen in Görlitz und im Grenzraum des Oberlandes. Sie haben zu Recht ein Beispiel genannt. Es sind in der Tat mittlerweile mehr als 40 Fahrzeuge, und die Zahl steigt. Wir müssen diese Entwicklung stoppen und den Bürgerinnen und Bürgern im grenznahen Raum ihre Ängste nehmen.

Ich unterstütze ausdrücklich die Arbeit der Sonderkommission „Mobile“ bei der zuständigen Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien. Vorrangiges Ziel, meine Damen und Herren, muss es sein, die Präsenz der Bun

despolizei entlang der Grenze zu Polen und Tschechien zu erhalten. Um es Ihnen noch einmal zu verdeutlichen, will ich gern unsere Überlegungen darstellen, die notwendig sind, um die Sicherheit im Grenzgebiet zu gewährleisten.

Es muss gelingen, wirksame Ausgleichsmaßnahmen entgegenzusetzen, um beispielsweise Bandenkriminalität zu bekämpfen.

Eine wichtige Forderung ist die Präsenz der Landes- und Bundespolizei. Die Bewältigung dieser Aufgabe schafft die sächsische Polizei nicht allein, auch nicht ein einzelner Polizist auf einem Polizeiposten. Die Kräfte werden dafür mobilisiert, dass die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, dem Zoll und damit den Zollfahndungsämtern sowie anderen Sicherheitsorganen in den anderen Bundesländern wie Brandenburg, Thüringen und Bayern und nicht zuletzt mit den Sicherheitskräften Polens und Tschechiens weiter vernetzt wird.

(Beifall des Staatsministers Geert Mackenroth)

Ganz intensiver und zeitnaher Informationsaustausch ist angesagt. Darüber hinaus müssen nach meiner Überzeugung gemeinsam international besetzte Streifen beiderseits der Grenzen beispielsweise aus deutschen und tschechischen Polizisten zum Normalfall werden. Deutsche und Tschechen gemeinsam auf Streife sind nicht nur ein optisches Zeichen. Es dient insbesondere der Vorbeugung und der Verhinderung von Straftaten. Die Kriminalitätslage muss auf beiden Seiten der Grenze zurückgedrängt werden. Wir leben in einem gemeinsamen Europa und brauchen einen gemeinsamen Raum der Sicherheit. Als Tourist im Riesengebirge oder in ReichenbergLiberec, soll das Auto genauso sicher stehen bleiben wie in Zittau oder Bautzen. Dies ist unsere gemeinsame Aufgabe und dies bleibt ein Dauerauftrag.

Illegale Kfz-Zerlegungsschmieden müssen ausgehoben werden. Den Kriminellen, die nicht selten international zusammenarbeiten, muss das Handwerk gelegt werden.

Wir unterstützen Staatsminister Dr. Buttolo beim 15Punkte-Programm, das mit der Bundespolizei abgestimmt ist. Wir brauchen eine grenzbezogene Sicherheitsarchitektur in Sachsen, mit der es gelingt, die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zu stärken.

Ich will jetzt nicht weiter auf Ausgleichsmaßnahmen, wie Schleierfahndung, verdachtsunabhängige Kontrollen im grenznahen Raum etc., eingehen. Es bedarf der gemeinsamen Kontrollgruppen sächsischer Polizei und Bundespolizei.

Natürlich – darin stimmen Sie mit uns überein – ist eine effiziente und handlungsfähige Landespolizei notwendig; das ist überhaupt keine Frage.

Wenn Sie im Punkt 1 Ihres Antrages einen Bericht verlangen, welche Erkenntnisse der Staatsregierung zur Sicherheitssituation in den sächsischen Grenzgemeinden vorliegen, meine ich, eine Übersicht lesen und auswerten müssten Sie allein können. Zum anderen gehe ich davon aus, dass uns das Innenministerium wie in der Vergangen

heit auch über die Entwicklung der Kriminalität im Freistaat und damit in den Grenzgemeinden von sich aus berichten wird.

Sie stellen auf die Anzeigetätigkeit ab. Ich bezweifle, dass sich immer ein realistisches Bild daraus ergibt. In vielen Gesprächen habe ich feststellen müssen, dass betroffene Bürger keine Anzeigen erstatten. Ich bin dankbar für das Engagement der Ebersbacher Bürger, die sich sehr sachlich für die Sicherheit im grenznahen Raum einsetzen und unsere Arbeit mit Ideen und Vorschlägen unterstützen.

Es kommt im Übrigen nicht ausschließlich auf ein Mehr an Polizisten, sondern auf Präsenz sowie schnelle und flexible Einsatzfähigkeit an.

(Beifall bei der CDU)

Die Organisation und Struktur der sächsischen Polizei muss schnell und flexibel den sich ständig ändernden Lagen angepasst werden. Mögliche Observationen von Organisierter Kriminalität und Bandenkriminalität gegen Polizeimaßnahmen muss man unterlaufen. Die Polizei darf sich nicht in die Karten schauen lassen. Dies ist aber ein Problem Ihres Antrages.

Die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass zwingend nach Optimierungspotenzialen der jetzigen Struktur und Organisation der Polizei, insbesondere der Reviere und Posten, gesucht werden muss, um eine Kräftezersplitterung durch vielfach zu kleingliedrige Strukturen zu verhindern. Arbeitsteilung muss dabei das Schlagwort sein.

Im Ergebnis benötigen wir mehr Polizei auf der Straße. Mehr Posten und Reviere verursachen allerdings auch mehr Over-head. Dieser geht zulasten der Präsenz auf der Straße. Daher halte ich Ihren Vorschlag, Reviere zu schaffen, um jeden Einsatzort in 10 Minuten zu erreichen, für zu kurz gesprungen. Natürlich müssen die Polizisten schnell am Einsatzort sein. Aber es darf doch nicht sein, dass die anderen Regionen im Land ihre Einsatzfähigkeit verlieren, weil unverhältnismäßig viele Vollzugsbeamte in den grenznahen Räumen zum Einsatz kommen.

Wenn ich mir die Pressemitteilung insbesondere vom Mittwoch, dem 30. April 2008, ansehe, dann meine ich, Ihre Forderung ist überholt, dass die Staatsregierung dafür sorgen soll, dass die in den Polizeidienststellen der Grenzgebiete vorhandenen Planstellen auch tatsächlich besetzt werden.

Man darf aber auch nicht bei den von Ihnen aufgezeigten Forderungen stehen bleiben. Das hat die Diskussion und unsere Position im Rahmen des letzten Plenums gezeigt. Da haben wir uns als CDU und SPD für die Erhöhung des Einstellungskorridors bei der sächsischen Polizei stark gemacht, um einer Überalterung der Polizei entgegenzuwirken. Ich denke, wir sind uns einig, dass das politische Ziel, das Sicherheitsniveau zu halten, weiter zu verbessern und auszubauen, konsequent verfolgt werden muss.

Neben dem Einstellungskorridor für junge Polizisten werden wir entsprechend für die sachgerechte und mo

derne Ausstattung der sächsischen Polizei in den Haushaltsverhandlungen sorgen.

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages steht für eine hohe Polizeipräsenz im grenznahen Raum. Wir werden uns weiter für die Präsenz der Bundespolizei einsetzen und hartnäckig und vehement gegenüber dem Bund unsere Forderung vortragen.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Ich stimme meinem Kollegen Bräunig zu, dass die Änderung des Bundespolizeigesetzes im Bundestag noch nicht beschlossen ist. Solange dieser Gesetzentwurf den Bundestag nicht passiert hat, gehen wir davon aus, dass sämtliche Pläne auf Bundesebene, die Bundespolizei neu zu strukturieren, in der Praxis jetzt noch nicht umgesetzt werden. Davon werden wir uns auch überzeugen.

Lassen Sie mich wie folgt zusammenfassen:

Erstens. Der Antrag läuft ins Leere, weil sicherheitsrelevante Fragen täglich gängige Praxis sind.

Zweitens. Zusätzliche Reviere und Posten binden Personal, welches dann beim Einsatz auf der Straße fehlt.

Drittens. Ein Lagebild zu erstellen ist täglich originäre Aufgabe der Polizei.

Viertens. Es reicht nicht aus, die Täter zu vermuten oder zu kennen. Die Taten müssen nachgewiesen und vor Gericht abgeurteilt werden. Es muss gelingen, an die eigentlichen Drahtzieher heranzukommen und diese zur Strecke zu bringen.

Meine Damen und Herren von der FDP, ich wäre daher sehr dankbar, wenn Sie sich der Gesamtintention der CDU-Fraktion bzw. der Koalition für eine effektive Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, den Aufbau einer grenzbezogenen Sicherheitsarchitektur in Sachsen und die spürbare Erhöhung des Einstellungskorridors für junge Polizisten anschließen könnten.

Vielen Dank für Ihre konzentrierte Aufmerksamkeit.