Wer die Sprache der Nachbarn spricht, kann sich mit ihnen nicht nur verständigen, sondern sie auch verstehen. Er kann die wirtschaftlichen Chancen nutzen, die sich aus der sächsisch-böhmisch-niederschlesischen Zukunftsregion hier im Herzen Europas bieten. Wir müssen und werden deshalb dafür Sorge tragen, dass sich unsere jungen Leute künftig neben den Weltsprachen öfter auch für Polnisch und Tschechisch als Fremdsprache interessieren.
Ich möchte mich an dieser Stelle heute bei den Hunderttausenden von Sachsen bedanken, die in einem Ehrenamt Verantwortung übernehmen, sei es für den Brandschutz, für die Kultur, für die Jugend, in einem Kleingartenverein, für eine lebenswerte Umwelt, für die Chancen ihres Ortes, ihrer Region, für das Zusammenwachsen Europas sowie gegen Fremdenfeindlichkeit und politischen Extremismus. Dafür sage ich an dieser Stelle: Danke!
Die sächsischen Polizisten tragen eine große Verantwortung für unser Gemeinwesen. Sie zeigen Tag für Tag, dass sie diese Verantwortung als Garanten bürgerlicher Freiheit sehr ernst nehmen. Sie schützen auch unter schwierigsten Umständen und bei gefährlichsten Einsätzen Demokratie und Rechtsstaat. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass die Kriminalität seit Jahren zurückgeht und die Aufklärungsquote hoch ist. Dafür unseren Polizisten einen Dank.
Ihre Arbeit ist für uns Verpflichtung, alles zu tun, damit sie, die Polizisten, ihre Aufgaben gut und sicher erfüllen können. Regierung und Landtag sind sich doch sicher einig, dass unsere Polizisten bestmöglich für ihre Arbeit ausgestattet werden müssen. Das gilt für Ausrüstung, Technik und Personal.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Insbesondere den Bürgern an den Grenzen unseres Freistaates Sachsen sage ich: Unser Sicherheitsversprechen gilt für alle Bürger in Sachsen.
Sicherheit und Schutz garantieren auch unsere leistungsfähigen Feuerwehren. Damit das noch besser gelingt, wollen wir den Landeszuschuss um 5 Millionen Euro aufstocken.
Zugleich bitte ich die Kommunen, nach neuen Wegen zu suchen, wie die Tagesbereitschaft beim Brandschutz flächendeckend sichergestellt werden kann.
Meine Damen und Herren! Wir wollen, dass Sachsens Kinder sicher und gesund groß werden. Wir wollen, dass ihre Eltern Hilfe finden, wenn sie diese brauchen. Wir machen eine Familienpolitik, die sich am Wohl des Kindes orientiert. Uns liegt nichts daran, die Erziehung der Kinder zu verstaatlichen. Für uns ist die Familie immer noch der zentrale Ort, wo Kinder aufwachsen und erzogen werden.
Der Staat macht ergänzende und unterstützende Angebote. Wir werden diese mit unserem neuen Kinderschutzgesetz ausbauen.
Ich freue mich, dass die Bundesregierung bestrebt ist, das Kindergeld bereits 2009 aufzustocken. Auch das wird helfen. Aber wir alle wissen: Kinder brauchen in erster Linie Platz, Zeit und Zuwendung. Sie müssen im Mittelpunkt stehen und nicht am Rande. Deshalb braucht es Gemeinden, die für mehr Grün in der Stadt sorgen und Spielplätze anlegen. Vermieter, die sich über Kinderlärm freuen. Nachbarn, die sich um die Kinder von nebenan kümmern. Arbeitgeber, die eigene Betriebskindergärten einrichten und jungen Eltern mit flexiblen Arbeitszeitmodellen die Zeit geben, für ihre Kinder da zu sein.
Es gilt, aus solchen Angeboten Netzwerke zu knüpfen und privates Engagement anzustoßen – getreu dem afrikanischen Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“. Die Staatsregierung wird die Kommunen dabei unterstützen. Wir starten eine Offensive für eine bessere Betreuungsqualität im Kindergarten. Wir wollen 15 Millionen Euro in die Hand nehmen, damit auf eine Erzieherin künftig nur noch zwölf Kinder kommen. Ich werbe bei den Kommunen darum, diesen Betrag auf 30 Millionen Euro zu verdoppeln – im Interesse unserer Kinder.
(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Antje Hermenau, GRÜNE: Wissen die Kommunen das schon?)
Wir geben bereits einen Investitionszuschuss an Unternehmen, die einen Betriebskindergarten errichten. Wir helfen damit den Eltern und ihren Kindern, zugleich aber auch den Unternehmen, denn im Wettbewerb um Fachkräfte ist ein flexibler Kindergartenplatz oft wichtiger als die Höhe des Gehalts. Es gilt, den Eltern Wahlfreiheit zu geben und ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter zu erleichtern.
Tagesmütter sichern besonders Pendlern und Schichtarbeitern ein hohes Maß an Flexibilität. Einige Gemeinden haben deshalb ein vorbildliches Tagesmütternetz aufgebaut. Ich wünschte mir, dass diese Beispiele zukünftig weiter Schule machten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Staatsregierung ist eine verlässliche medizinische Versorgung wichtig. Wir haben in den vergangenen Jahren viel Geld in leistungsstarke und moderne Krankenhäuser investiert. Unsere Universitätsklinika in Dresden und Leipzig haben sich sowohl in der Krankenhausversorgung als auch in der Forschung bestens platziert. Als anerkannte Partner der Krankenversorgung arbeiten beiden Klinika ohne Verluste – keine, wirklich keine Selbstverständlichkeit für die Krankenhäuser in Deutschland. Das Universitätsklinikum in Dresden ist zudem in einem Wettbewerb des Bundes ausgewählt worden, seine Vorstellungen zu einer „Gesundheitsregion der Zukunft“ zu formulieren. Auch in der internationalen medizinischen Forschung sind unsere beiden Universitätsklinika spitze.
Auch im ambulanten Bereich setzt die Staatsregierung Anreize, um eine gute Versorgung in der Fläche aufrechtzuerhalten. Ärzte bilden wir in Sachsen genug aus, aber viele gehen nach dem Studium weg. Wir wollen Stipendien für Medizinstudenten vergeben, die sich nach ihrer Ausbildung in Sachsen niederlassen oder eine Praxis übernehmen. In einem gemeinsamen Projekt mit den Universitätskliniken in Leipzig und Dresden bereiten wir angehende Mediziner gezielt auf eine Tätigkeit als Landarzt vor. Auch die Kommunen sind hier aktiv. In Bautzen und Delitzsch stellen die Krankenhäuser niedergelassene Ärzte in eigenen Praxen an und sichern damit die ambu
Nicht zuletzt vertreten wir in den gesundheitspolitischen Fragen die Interessen unseres Landes gegenüber dem Bund mit großem Nachdruck. Wir können als Erfolg verbuchen, dass sich mit der Gesundheitsreform die Honorare der sächsischen Ärzte verbessern werden. Mit großer Sorge aber sehen wir die Konvergenzklausel im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds. Einzelne westdeutsche Länder sollen finanzielle Privilegien erhalten, die zulasten ostdeutscher und insbesondere sächsischer Ärzte und Patienten gehen. Das, meine Damen und Herren, werden wir nicht zulassen.
Eine gute Heimat braucht eine intakte Umwelt. 1989 war Sachsen ein Land mit maroden Städten, vergifteten Flüssen und sterbenden Wäldern. Heute haben wir eine gesunde Umwelt. Luft, Wasser und Boden sind wieder sauber. Damit das so bleibt, geben wir Jahr für Jahr rund 230 Millionen Euro für den Natur- und Umweltschutz aus. Die Wunden, die der Bergbau in der Lausitz und im Umland von Leipzig in die Landschaft gerissen hat, konnten in den vergangenen Jahren weitgehend geheilt werden. Mehr noch, es sind attraktive Freizeitlandschaften entstanden, die den Einwohnern der Region und dem Tourismus neue Möglichkeiten erschließen. Die Tourismuswirtschaft wird hier weiter wachsen und dem lokalen Handwerk und Gewerbe neue Nachfrage bringen, also auch mehr Arbeitsplätze und mehr Einkommen.
Auch die Kulturlandschaft ist in Sachsen traditionell reich und vielfältig, in den großen Städten genauso wie im ländlichen Raum. Die Semperoper, die Kunststätte des Grünen Gewölbes und die Galerie für zeitgenössische Kunst in Leipzig sind ebenso wichtig wie der Frohnauer Hammer in Annaberg-Buchholz, das Zittauer Fastentuch oder das Sorbische Museum in Bautzen. Wir wollen in allen Regionen unser flächendeckendes kulturelles Angebot erhalten. Sachsen gibt deshalb von allen Bundesländern je Einwohner mit Abstand das meiste Geld für Kultur aus.
Mit den Kulturräumen haben wir ein einzigartiges und gutes ordnungspolitisches Rahmenkonzept gesetzt. Es kommt aber darauf an, dass wir Bürger selbst unsere Traditionen pflegen, unsere Kultur leben, lieben und weiterentwickeln – in Vereinen, in Förderkreisen, als Künstler und Mäzene.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist bald 20 Jahre her, dass von Sachsen die friedliche Revolution
in der DDR ausging. Sachsen war am Ende der DDR ein heruntergewirtschaftetes Land. Aber: Es war trotzdem unsere Heimat, die wir geliebt haben und nicht verlassen wollten. Wir haben seit 1989 angepackt, damit sie schöner wird als je zuvor. Viele sächsische Städte werden im Herbst 2009 an unseren Aufbruch vor 20 Jahren in eine bessere, freiheitliche Zukunft erinnern – in einem Freistaat in Freiheit. Es ist gut und wichtig, dass wir diese Erinnerung pflegen, denn sie lehrt uns: Wenn wir zusammenstehen und mit Mut und Zuversicht anpacken, wird scheinbar Unmögliches möglich.
Sachsen steht auch heute vor großen Herausforderungen: Der technische Fortschritt bleibt nicht stehen, die wirtschaftliche Entwicklung, vor allem in Asien, bestimmt immer stärker auch unsere Zukunft. Wir Sachsen werden weniger. Wir müssen davor keine Furcht haben. Wir haben die Mauer zum Einsturz gebracht, wir haben Sachsen wieder aufgebaut – so, wie die Frauenkirche. Wir tragen in uns alle Kräfte, Talente und alle Zuversicht, die es braucht, damit Sachsen ein Land ist, in dem alle glücklich leben können.
Sachsen ist ein Freistaat der Freiheit für jeden Einzelnen, und Sachsen ist ein Freistaat der Solidarität für uns alle gemeinsam.
Deshalb habe ich drei Worte in meiner Regierungserklärung besonders betont: Arbeit, Bildung und Solidarität. Diese drei Themen stehen im Zentrum meiner Politik und der Politik der Sächsischen Staatsregierung.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, ich bitte alle Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen: Lassen Sie uns auch künftig die Ärmel hochkrempeln und für unser Land arbeiten: für unsere Vorfahren, die uns ein reiches Erbe hinterlassen haben, für uns, damit wir hier gut leben können, sowie in der Verantwortung für unsere Kinder und Enkel.
Ich danke dem Ministerpräsidenten für seine Regierungserklärung. – Wir kommen nun zur Aussprache. Folgende Redezeiten wurden vom Präsidium für die Fraktionen festgelegt: CDU 50 Minuten, Linksfraktion 35 Minuten, SPD 15 Minuten, NPD 13 Minuten, FDP 13 Minuten und GRÜNE 13 Minuten. Es beginnt die Linksfraktion, die CDU-Fraktion folgt, danach SPD, NPD, FDP und die GRÜNEN. – Die Debatte ist eröffnet. Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Hahn, bitte.
dent, ich habe Ihnen namens meiner Fraktion unmittelbar nach Ihrer Wahl gratuliert und Ihnen im Interesse des Landes eine glückliche Hand für Ihre Amtsführung gewünscht. Dies will ich ganz bewusst noch einmal an den Anfang meiner Erwiderung auf Ihre heutige Regierungserklärung stellen, und ich füge hinzu, Herr Kollege Tillich: Sie sind jetzt in einer Verantwortung für das ganze Land, nicht nur für die Wählerinnen und Wähler Ihrer Partei.
Was vor Ihnen liegt, ist keine leichte, wenngleich eine zeitlich überschaubare Aufgabe. Sie, Herr Tillich, sind ein Ministerpräsident des Überganges – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
(Heinz Eggert, CDU: Bis Herr Hahn kommt! – Zuruf von der CDU: Kikeriki! – Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)
Ihr Start war zudem nicht das erwartete Aufbruchsignal. Dies gilt sowohl für Ihre heutige Rede als auch für die Neubesetzung Ihres Kabinetts.
Und wenn dem neuen Regierungschef als erste konkrete politische Botschaft nach seiner Wahl nichts anderes einfällt als die Forderung nach einer Untertunnelung der Sächsischen Schweiz, dann spricht das Bände. Ich denke, die Menschen in Sachsen haben wahrlich andere Probleme.