Diese Beispiele verdeutlichen letztlich durchaus eine erfolgreiche Zusammenarbeit in dieser Koalition. Ich denke, es muss uns einfach mehr gelingen, als Regie
rungskoalition das Verbindende, das Gemeinsame, das auf unserem gemeinsamen demokratischen Grundkonsens Basierende hervorzuheben. Wir Sozialdemokraten sind bereit, im Interesse des Staates und unserer Menschen das Trennende in den Hintergrund treten zu lassen und mit konkreten Angeboten Sachsen zu gestalten.
Als Sozialdemokrat hat es mich persönlich besonders gefreut, dass in der Rede des Ministerpräsidenten so oft von Solidarität gesprochen wurde.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Wenn es darum geht, Sachsen solidarischer zu machen, werden Sie uns immer an Ihrer Seite finden, denn ohne Solidarität kann unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Sie funktioniert, weil die heute arbeitende Generation die Rentnerinnen und Rentner unterstützt; sie funktioniert, weil sie die Behandlung der Kranken unterstützt; sie funktioniert, weil die Starken mehr abgeben, um den Schwächeren zu helfen.
Herr Ministerpräsident, als Schwerpunkt für eine solidarische Gesellschaft benennen Sie Wirtschaft, Bildung, Ehrenamt. Wir möchten ergänzen – darauf liegt die Betonung –, es gehören dazu Gerechtigkeit und Chancengleichheit.
Wir fühlen uns im Bereich Wirtschaft sowie Wissenschaft, Kunst und Hochschule gut aufgehoben und vertreten. Mit Ihren ausführlichen positiven Darlegungen im Bereich Wirtschaft und Hochschule treffen Sie voll ins Schwarze. Sie haben in Ihrem Team zwei Minister von uns, auf die Sie sich verlassen können und die einen guten Job für Sachsen machen. Ich danke Ihnen persönlich, Herr Staatsminister Jurk und Frau Staatsministerin Stange; ich danke aber auch dem gesamten Kabinett für die geleistete Arbeit, und für die Neuen im Kabinett viel Erfolg und auf gute Zusammenarbeit!
Herr Ministerpräsident! Gestatten Sie mir jedoch einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen zur Wirtschafts- und damit maßgeblich zur Mittelstandspolitik. Lassen Sie mich hier das Thema Gerechtigkeit verdeutlichen. Zwei Drittel der Menschen in der Bundesrepublik haben das Gefühl, dass es nicht gerecht zugeht. Wir wissen alle, Gerechtigkeit ist nicht nur Verteilungsgerechtigkeit, aber diese gehört dazu. Natürlich sind wir auch für mehr Netto vom Brutto. Wir gehen noch einen Schritt weiter: Wir sind auch für mehr Brutto, was Sie als ehemaliger Finanzminister übrigens auch sein sollten. Deshalb ist uns sächsischen Sozialdemokraten das Thema Mindestlohn so wichtig. Wir wollen, dass der wirtschaftliche Aufschwung bei den Arbeitnehmern in der Lohntüte ankommt. Wir wollen, dass es für gute Arbeit guten Lohn gibt. Wir wollen, dass man von seinem Lohn auch vernünftig und selbstbestimmt leben kann.
Dazu brauchen wir starke Tarifpartner und wir wollen starke Betriebs- und Personalvertretungen. Wir wollen weniger Leiharbeit. Wir wollen hoch qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer und gut bezahlte Arbeitnehmer in Sachsen, Arbeitnehmer, auf die kein Unternehmer und kein Unternehmen in Sachsen verzichten kann.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben dem Wissen um eine leistungsgerechte Bezahlung ist es den Familien, vor allem den Familien mit Kindern, besonders wichtig zu wissen, dass es ihren Kindern gut geht. Doch der Wunsch allein, das Beste für seine Kinder zu wollen, reicht oft nicht aus.
Was ist der Unterschied zwischen körperlicher Misshandlung und dem Vorenthalten von Bildungschancen für Kinder? Zugegeben, eine provokante Frage. Niemand will die Erziehung unserer Kinder verstaatlichen; doch so wie bei körperlicher Gewalt das Eingreifen des Staates in die Familie richterlich gedeckt und gesellschaftlich erwünscht ist, ist auch bei Bildungs- und Werteverwahrlosung staatliches Eingreifen notwendig.
Das bewegt uns, wenn es um Chancengleichheit geht. Beides, körperlicher und geistiger Schaden, ist zum Nachteil für unsere Kleinsten. Am Anfang steht das Kind, der kleine, hilfsbedürftige, offene, unverbrauchte und wissbegierige Mensch. Er ist der zukünftige Arbeitnehmer oder vielleicht die zukünftige Unternehmerin. Er ist vielleicht zukünftig arbeitslos oder Sozialhilfeempfänger. Er ist der zukünftige Gewinner oder Verlierer in unserer Gesellschaft. „Suchet der Stadt Bestes, denn wenn es ihr wohl geht, so geht’s auch euch wohl.“
Ich interpretiere frei: Suchet des Staates Bestes und es geht allen Menschen, Kindern, Generationen wohl. Es darf nämlich keine Verliererstraße für unsere Kleinsten geben.
Deshalb ist, war und wird der Hauptschwerpunkt unserer Politik für die Menschen in Sachsen immer das Thema Kinder, Familie, Bildung, Bildung und nochmals Bildung bleiben. Hier spielt die Chancengleichheit eine entscheidende Rolle.
Herr Ministerpräsident, wir begrüßen ausdrücklich den Ansatz, die Vorschule, das heißt Kita und Grundschule, mehr und deutlicher zu verzahnen, ja letztendlich zusammenzuführen. Dann gehört dieses Thema auch ins Kultusministerium.
Dieser Weg ist unzweifelhaft richtig, Herr Ministerpräsident. Sie haben nicht nur uns an Ihrer Seite; auch Ihr neuer Fraktionsvorsitzender Herr Flath hat als Kultusminister immer die Meinung vertreten: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Wir Sozialdemokraten wollen diesen Weg konsequent zu Ende denken und auch gehen, und vor allem mit Ihnen, liebe CDU-Fraktion, gemeinsam gehen. Dann gehört der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung für Kinder ab dem 1. Lebensjahr gesetzlich verankert und die Möglichkeit zu Bedarfseinschränkungen verhindert. Dann ist Bildung vom Staat zu finanzieren. Dann ist die Kita als Ort der Bildung kostenlos.
Dann ist die Bildungsfähigkeit vom Staat sicherzustellen. Das heißt für mich, dass die Kinder satt sind. Dann ist volle Lernmittelfreiheit zu gewähren. Dann beginnt der Schülerverkehr schon im Bereich der Kita, und dann müssen unsere Erzieherinnen entsprechend qualifiziert werden, Stichwort Hochschulstudium.
Herr Ministerpräsident! Mit den von Ihnen genannten Ansätzen, wie Verbesserung des Betreuungsschlüssels, Betriebskindergärten und Tagesmütter für eine flexible und qualitativ hochwertige Betreuung stärken, gehen Sie mit uns in die richtige Richtung. Nüchtern betrachtet, hat das auch nichts mit Strohfeuer oder Verteilsozialismus zu tun. Es rechnet sich schlichtweg volkswirtschaftlich, und zwar schneller und risikoloser als so manches Immobilienengagement. Je besser die Bildungs-, Sprach- und Wertevermittlung im frühkindlichen und vorschulischen Alter ist – ob in der Familie oder einer Einrichtung – desto besser sind die Schulchancen, desto besser sind die beruflichen Chancen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Abhängigkeit von kommunalen und staatlichen Hilfeleistungen wie Hartz IV.
Damit komme ich zum Thema Schule. Schön ist, dass Ganztagsangebote mittlerweile gesellschaftlich, aber auch beim staatlichen Handeln akzeptiert und anerkannt sind. Den lobenden Worten des Ministerpräsidenten ist auch hier nichts hinzuzufügen.
Die 30 Millionen Euro, die hierfür zur Verfügung stehen, sind gut angelegtes Geld – aber wir wollen mehr. Wir wollen eine neue Lernkultur in Sachsen. Wir sind verpflichtet zu verhindern, dass unsere Mittelschulen Jahr für Jahr Schüler ohne Abschluss entlassen oder ohne Berufsschulreife ins Leben schicken. Wir sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass jedes Kind die gleichen Bildungschancen unabhängig von sozialer Herkunft und materiellen Ressourcen hat.
Ich behaupte, dass jeder Schüler Förderung braucht. Jeder Schüler braucht seine Förderung, damit er seine Ziele
Wir müssen uns das auch leisten, meine Damen und Herren. Wir bieten an, in den anstehenden Haushaltsverhandlungen den bereits gemeinsam eingeschlagenen Weg in Richtung mehr Bildung, mehr für die Familien, mehr für unsere Kinder zügiger zu gehen.
Ja, Herr Ministerpräsident: Was können wir tun und wie können wir es finanziell verankern, damit Kinder glücklich aufwachsen und alle die gleichen fairen Chancen bekommen, ihre Persönlichkeit zum Wohle der Gesellschaft zu entfalten? Wir müssen in einem föderalen System, in dem Bildung eindeutig Länderaufgabe ist, diese Verantwortung wahrnehmen und die Weichen für eine nachhaltige, dauerhafte Finanzierung dieser umfangreichen Aufgabe stellen.
Sind wir zum Beispiel bereit, die eine oder andere Straße in Sachsen später zu bauen? Gehen wir in eine x-beliebige Kommune und fragen die Menschen auf den Straßen: Wollen wir die Schule oder Kita sanieren oder sollen wir die Straße bauen?
Ich bin überzeugt davon, dass generationsübergreifend, ob Unternehmer, Arbeitnehmer oder Hartz-IV-Empfänger, ob Frau oder Mann, die Antwort lautet: Na klar, für unsere Kinder! Die Straße kann noch warten.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sie haben in Ihrer Regierungserklärung viele positive Politikansätze und konkrete Ziele benannt. Viel Dank ist gespendet worden. Einen Dank möchte ich namens der SPD-Fraktion ausdrücklich hervorheben: den Dank an Hunderttausende ehrenamtlich Tätige. Ob bei der Feuerwehr, im Kleingarten, im Wohlfahrtsverband, in Parteien, im Sport oder als kommunaler Mandatsträger – gesellschaftliches, ehrenamtliches Engagement ist der Kitt einer gerechten, solidarischen, demokratischen und toleranten Gesellschaft.
Umso wichtiger ist es, dass dieser Kitt geschmeidig bleibt, dass er nicht austrocknet oder gar bröckelt. Gerade der Sport zeigt, wie Ehrenamt Rechtsradikalismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und dumpfer nationaler Deutschtümelei sinnbildlich die Rote Karte zeigt. Deshalb ist uns die finanzielle Unterstützung des Ehrenamtes, sei es über die Pauschale im Sozialministerium oder die Vereinfachung und Aufstockung der Sportförderrichtlinie und natürlich durch unser Programm für ein weltoffenes und tolerantes Sachsen, Herzensangelegenheit.
Wir wollen, dass Sachsen allen eine gute Heimat ist: den Alteingesessenen, die hier verwurzelt sind wie auch den neu zu uns Gekommenen, egal, ob aus den neuen oder alten Bundesländern, und auch für jene, die aus fremden Ländern zu uns gekommen sind. Sie alle sind hier zu Hause, sie alle machen Sachsen stark.
Sachsen ist ein Land mit reichen Traditionen. Darauf sind wir stolz. Wir werden aber nicht im Althergebrachten verharren, sondern offen sein für Neues, damit Sachsen immer auf der Höhe der Zeit ist. Wir Sozialdemokraten werden dafür sorgen, dass unser Land modern, zukunftsorientiert und weltoffen ist.