Protokoll der Sitzung vom 18.06.2008

Ich finde es sehr gut, dass die vorschulische Bildung und die außerschulische Jugendbildung in die Hand des Kultusministers kommen. Diese Entscheidung unterstütze ich, verehrter Herr Ministerpräsident – noch dazu, weil wir in unseren Nachbarländern Thüringen und SachsenAnhalt schon entsprechende Ergebnisse sehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Damit keine falschen Erwartungen geweckt werden: Das hat nichts mit der Trägerschaft zu tun, das heißt mit der Frage, in wessen Verantwortung entsprechende Einrichtungen betrieben werden. Insbesondere die Erfahrung der vergangenen dreieinhalb Jahre hat mir gezeigt, dass es von Vorteil ist, wenn die Aufgabengebiete innerhalb eines Ministeriums auch passfähig sind. Obwohl wir immer wieder ein Zuordnungsproblem mit Kindergarten, Hort und Grundschule hatten, haben wir dann doch Lösungen gefunden, liebe Helma Orosz. Aber ich glaube, es ist vernünftig, wenn wir dort die eine oder andere Hürde beseitigen und Dinge, die nicht zusammenpassen, trennen, um das Problem besser in den Griff zu bekommen. Dafür wünsche ich Roland Wöller eine glückliche Hand, aber auch weiterhin eine gute Abstimmung mit anderen Ministerien.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Uns haben Sie es nicht geglaubt!)

Herr Hahn, ich weiß, dass Sie seit Jahren das Schulsystem in Sachsen ändern wollen. Unsere Fraktion sollte das Thema sehr ernst nehmen und die Debatte im Lande ganz aktiv führen. Wir sollten daran erinnern, wie es in der DDR war, wenn heute behauptet wird, damals sei es doch auch mit acht Jahren gemeinsamer Schulzeit gegangen und wir seien doch auch etwas geworden. So wird ja diskutiert.

(Volker Bandmann, CDU: Das gab es ja nicht einmal! – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Skandinavien!)

Es ist aber ein Unterschied, wenn wir heute auf eine Abiturientenquote von 40 % zugehen, während es am Ende der DDR 10 % waren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: EOS 10 %!)

Es ist ein Unterschied, ob nach der 8. Klasse 10 % herausgelöst und zum Abitur geführt werden. Ich erinnere mich an Debatten hier im Hohen Haus – ich glaube, ich spreche schon wieder als Kultusminister –, in denen einige Fraktionen argumentierten, 50 % oder gar 70 % Abiturienten seien sinnvoll.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Skandinavien!)

Deshalb will ich sagen: Mit unserem sächsischen Schulsystem können wir uns sehen lassen. Stanislaw Tillich hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Erfolge vielleicht gar nicht so sehr der Politik zu verdanken seien. Die Politik hat aber für Stabilität in Sachsen gesorgt. Wir fördern die Spitze, immer in dem Wissen, dass die Schülerinnen und Schüler, die wir hier im Landtag für hervorragende Zeugnisse auszeichnen, alle Möglichkeiten haben, die es auf dieser Welt gibt. Wir müssen uns aber ganz besonders um diejenigen kümmern,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Diejenigen, die keinen Abschluss haben!)

die Unterstützung genauso dringend brauchen, zum Beispiel durch bessere Ganztagsangebote. Herr Hahn, Sie wollten Stanislaw Tillich etwas aufdrücken, indem Sie behauptet haben, er habe heute eine Faulenzerdebatte angestoßen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Nicht heute!)

Stanislaw Tillich hat das in keiner Weise getan, sondern gesagt – das ist auch meine Meinung –: Menschen im Land, die etwas erreichen und Leistung bringen wollen, sollen dafür auch honoriert werden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ich habe ihn zitiert!)

Auf der anderen Seite wissen wir alle doch ganz genau, dass es in unserem Land Menschen gibt – dazu gehören auch Schüler –, die etwas leisten könnten, aber keine Motivation haben, das heißt, aus irgendwelchen Gründen nicht wollen. Hier schließt sich der Kreis mit der Wirtschaft. Es gibt inzwischen großartige Ansätze unter der Überschrift „Praxiselite“. Gemeinsam wollen wir junge Menschen motivieren, sich anzustrengen, auch mit dem Wissen, dass man mit einem Hauptschulabschluss eine Lehrstelle bekommt. Das ist der Weg, den wir gemeinsam mit der Wirtschaft fortsetzen müssen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Solidarität hat auch etwas mit Geld zu tun. Der Diskussion über das Thema „Arm und Reich“ verschließt sich die CDU-Fraktion nicht. Dieses Thema gewinnt zugegebenermaßen an Bedeutung. Aber auch hier sollen die Menschen wissen, woran sie sind: Wir sind froh, wenn es noch einige Reiche in unserem Land gibt. Wir sind froh, wenn sie noch in Sachsen wohnen. Bei allem, was Sie, Herr Hahn und Herr Lafontaine, so ersinnen, wissen wir ganz genau, dass darauf zu achten ist – –

(Volker Bandmann, CDU: Aber Lafontaine ist auch ein Reicher! – Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ja, Herr Kollege Bandmann. Ich bedanke mich für Ihren Zwischenruf. Das denke ich manchmal auch.

(Zuruf von der Linksfraktion: Keine Neiddebatte! – Andreas Heinz, CDU: Den wollen wir aber nicht in Sachsen! – Erneut Heiterkeit bei der CDU)

Ich glaube, mit Lafontaine müssen wir uns auseinandersetzen, insbesondere damit, wie er versucht, die Menschen zu verführen. Diese Auseinandersetzung ist wichtig und gehört auch hier zu unseren Aufgaben. Ich will Ihnen heute signalisieren: Wir nehmen Ihre Herausforderung an. Die CDU-Fraktion wird sich mit der Fraktion DIE LINKE – ich will Sie richtig bezeichnen – auseinandersetzen,

(Caren Lay, Linksfraktion: Sehr gut!)

auch mit den Dingen, die Herr Lafontaine auf Parteitagen zum Besten gibt. Dabei haben wir immer im Blick, was Volker Bandmann gesagt hat, wie Herr Lafontaine eigentlich lebt und aus welchen Verhältnissen er kommt.

(Caren Lay, Linksfraktion: Das ist doch kleinkariert!)

Das ist doch nicht kleinkariert. Mir kommt es immer so vor, als würde ich in der Staatsbürgerkundestunde sitzen, wenn ich Herrn Lafontaine reden höre. Das darf doch wohl nicht wahr sein!

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Damit jetzt keine Missverständnisse aufkommen und nachher nicht gefragt wird, warum der Vorsitzende der CDU-Fraktion eigentlich nichts zur NPD gesagt hat, ein ganz klares Wort dazu: Gleich welcher Art, eine Zusammenarbeit mit der NPD-Fraktion und den Rechtsextremen ist aus unserer Sicht nicht möglich.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der NPD)

Aber mit denen, die sie gewählt haben, wollen wir sprechen.

(Jürgen Gansel, NPD: Die erreichen Sie gar nicht mehr!)

Wenn wir hier die Arbeit im Landtag effizient gestalten, dann empfinde ich als Fraktionsvorsitzender und Abgeordneter es auch als meinen Auftrag, im Land unterwegs zu sein; denn ich will wissen, warum Menschen so frustriert sind, warum sie die NPD wählen. Wir möchten erreichen, dass wir jede einzelne Stimme zu uns zurückholen. Das ist Aufgabe der CDU.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ein klares Wort von mir.

(Zuruf von der CDU: Schmeißt die Braunen raus!)

Das ist heute nicht möglich, aber die Zeit wird kommen. Ich finde, wenn die NPD hier im Landtag spricht, dann sollten wir uns auch eine Stunde Zeit nehmen und mit dem auseinandersetzen, was so plakativ ist und verführerisch klingt. Das ist notwendig. Ich glaube, das wird auch im Land verstanden.

Ich akzeptiere die größte Oppositionsfraktion, DIE LINKE. Sie sind, wenn man es so sagen darf, der politische Gegner. Mit Ihnen möchte ich mich auseinandersetzen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich nehme an, dass wir das stilvoll tun. Zum Schluss, Herr Hahn, haben Sie es nicht ganz durchgehalten, aber es ist ein Beginn.

Ich wünsche unserer Regierung mit Stanislaw Tillich an der Spitze, dass das, was nicht nur auf die Wahlen im nächsten Jahr ausgerichtet war, was er in der Regierungserklärung vorgetragen hat, als ein Weg in die Zukunft verstanden wird, wo Sachsen bessere Chancen hat als andere Länder im Osten Deutschlands. Ich hoffe auf bald bessere Chancen als andere Länder in Westdeutschland. Wir müssen diese Chancen erkennen in dem Sinne, wie es uns Fritz Hähle aufgetragen hat: immer nach dem Guten Ausschau halten und nicht nach dem Schlechten. Das ist

ein Weg, der Sachsen an die Spitze führen kann und mit dem es Erfolg haben wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile der SPDFraktion das Wort; Herr Pecher, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Seit vier Jahren hat der Freistaat Sachsen eine Koalitionsregierung. Diese Koalitionsregierung tut diesem Land gut, denn unsere Politik stärkt Sachsen und will die Menschen, die hier leben und arbeiten, stark machen.

Der neue Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung völlig zu Recht die wichtigsten Herausforderungen beschrieben: Arbeit, Wirtschaft, Bildung, sozialer Zusammenhalt, Solidarität. Wir freuen uns sehr darüber, dass damit die zentralen Politikfelder und Grundwerte der Sozialdemokratie in der Regierungsarbeit fest verankert sind. Wir sind stolz darauf, dass es Sozialdemokraten sind, die in den entsprechenden Ressorts maßgeblich Verantwortung tragen.

Herr Ministerpräsident, Sie möchten der Ministerpräsident aller Sachsen sein. Ja, das ist richtig und wichtig; denn es ist Ihr Auftrag als Regierungschef dieser Koalitionsregierung, die Regierung und das Parlament für alle Sachsen zu repräsentieren.

In dieser Koalition hat es schwierige Zeiten gegeben. Das hat durchaus dazu geführt, dass die guten Ergebnisse unserer Zusammenarbeit zu wenig wahrgenommen wurden. Lassen Sie mich an dieser Stelle einiges aufzählen, was an gemeinsam Erreichtem steht, was aber teilweise zu sehr als selbstverständlich wahrgenommen wird, hinter dem aber immer immense konstruktive und verlässliche Zusammenarbeit der Fachpolitiker in der Koalition und gemeinsam mit der Staatsregierung steht: zwei ausgeglichene Doppelhaushalte, Schuldentilgung, kontinuierlicher Finanzausgleich für unsere Kommunen, Fördermittel für Privatwirtschaft und öffentliche Hand auf höchstem Niveau, prosperierende Wirtschaft, niedrigste Arbeitslosigkeit seit 17 Jahren, Etablierung eines sozialen Arbeitsmarktes mittels Kommunal-Kombi, Beseitigung des Lehrstellenmangels, keine Studiengebühren in Sachsen, in Arbeit befindlich ein modernes Hochschul- und Kulturraumgesetz, die Realisierung einer komplexen Kreisreform, höchste Investitionen im Bereich Kita und Schulen, vorschulische Bildung, Bildungsplan, Betreuungsschlüssel, Gemeinschaftsschulen und – ganz wichtig –: unser Programm für ein tolerantes und weltoffenes Sachsen.

(Beifall bei der SPD)