Im Aktionsplan selbst sind nach der Ankündigung der Minister über 200 konkrete Vorhaben vorgesehen, die zu einer nachhaltigen Energieversorgung und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen sollen. Diese Zahl klingt vorerst gewaltig und macht Hoffnung darauf, dass der Regierung endlich wieder ein größerer Wurf gelungen sein könnte.
Betrachtet man nun aber die Forderungen des Aktionsplanes, dann stellen sich dem Leser mehrere Fragen. Zum einen fällt auf, dass ein Großteil der Maßnahmen eigentlich ein selbstverständlicher Bestandteil der Landespolitik ist. Diese Maßnahmen sind also keineswegs neu und oft
schlicht und ergreifend klimatisch gesehen positive Nebeneffekte der allgemeinen Politik, des technologischen Fortschritts oder der Preisentwicklung bei den Energieträgern auf dem Weltmarkt. Konkrete Beispiele dafür sind die im Aktionsplan genannte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder die Schaffung des ökologischen Netzes Natura 2000. Beide werden sicherlich positiven Einfluss auf das Klima haben, was sehr begrüßenswert ist. In einen Aktionsplan Klima und Energie gehören diese Maßnahmen meines Erachtens aber nicht, zumindest nicht, um damit etwas Neues suggerieren zu wollen.
Ein Aktionsplan sollte sich auf die Handlungsfelder in Sachsen beschränken, die einen messbaren Beitrag zur Verringerung des Energieverbrauchs und des Ausstoßes klimaschädlicher Gase liefern. Mit dem Begriff „messbar“ möchte ich gleich überleiten und zum weiteren Kritikpunkt meiner Fraktion an dem vorliegenden Aktionsplan kommen: Ein Plan ist nur dann überhaupt etwas wert, wenn er Ziele konkret benennt und festlegt, innerhalb welches Zeitraumes diese Ziele erfüllt werden sollen. Ein guter Plan ist es, wenn er aufzeigt, wie diese Ziele erreicht werden können.
Wenn man sich nun den Aktionsplan der Staatsregierung anschaut, dann stellt man fest, dass die darin enthaltenen Ziele weder konkret benannt wurden noch ein Zeitrahmen für das Erreichen der Ziele festgelegt wurde. Es erschließt sich uns nicht, warum keine Zielvorgaben beispielsweise bei der Quote der erneuerbaren Energien festgeschrieben wurden. Auf der gestrigen Pressekonferenz äußerte sich Staatsminister Kupfer auf die Frage, warum sich der Freistaat Sachsen im Gegensatz zur Bundesregierung keine festen Zielvorgaben gegeben hat, mit der Antwort, man wolle kein starres Ziel festschreiben, sich aber an der Vorgabe des Bundes orientieren und so viel wie möglich erreichen.
Aufgrund der Tatsache, dass es schließlich nicht verboten ist, selbstgesteckte Ziele zu übertreffen, kann diese Haltung des Ministers nur als Furcht vor einem Nichterreichen der landespolitischen Ziele interpretiert werden.
Das Gleiche gilt für die Frage, in welchem Zeitrahmen die verschiedenen Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Für meine Fraktion ist es sehr wohl von Interesse, ob die Staatsregierung hier in Jahren oder Jahrzehnten rechnet.
Unabhängig vom Zeitrahmen und dem Ziel stellt sich mir aber noch eine Reihe weiterer Fragen. In den nächsten Jahren sollen jährlich etwa 20 Millionen Euro Fördermittel für die Entwicklung klimarelevanter Technologien bereitgestellt werden. Unklar bleibt, welche Technologien dabei konkret gefördert werden sollen. Sind es Verbesserungen im Bereich der erneuerbaren Energien oder fließt ein Großteil dieser Mittel in die Entwicklung von angeblich CO2-freien Kohlenkraftwerken? Für meine Fraktion möchte ich betonen, dass wir diese Mittel lieber für den Ausbau erneuerbarer Energien in einer dezentralen Struktur verwenden würden, anstatt das CO2-Problem den nachfolgenden Generationen aufzubürden. Braunkohlen
verstromung in Verbindung mit einer CO2-Abscheidung und -Langzeitspeicherung ist nichts anderes als ein klimapolitisches Täuschungsmanöver.
Fraglich ist für uns neben der weiteren Förderung der Braunkohlenverstromung auch die erwartete Wirkung der im Programm vorgesehenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Optimierung der Versorgungsnetze. Aus klimapolitischer Sicht sorgt eine Verringerung der Leitungsverluste in effizienteren Netzen sicherlich für Einsparungen im Bereich der Primärenergieerzeugung. Die Auffassung der Regierung, dass dies dann auch zu geringeren Energiepreisen führen wird, können wir von der NPD-Fraktion aber nicht teilen. Die Netze sind zumindest noch immer in der Hand der großen Energiekonzerne, und eine Verbesserung der Netze mit Fördermitteln aus Steuergeldern sorgt letztlich nur für einen weiteren Anstieg der ohnehin exorbitant hohen Gewinne dieser Konzerne.
Auch hier muss also ernsthaft überlegt werden, ob eine zukunftsweisende Energiepolitik darin liegt, gewinnorientierte Oligopole zu finanzieren oder stattdessen lieber effizientere dezentrale Versorgungsstrukturen aufzubauen.
Unzweifelhaft liegt nach wie vor ein erhebliches Potenzial für die Einsparung von Energie und damit für den Klimaschutz in der Verbesserung der Energieeffizienz. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, dass im Aktionsplan endlich auch einmal die Seite der Energieerzeugung umfassend berücksichtigt wurde. Bislang lag der Schwerpunkt immer auf Einsparungen beim Verbraucher, wie beispielsweise durch Passivhäuser oder den Energiepass. Das Potenzial aufseiten der Erzeuger ist aber um ein Vielfaches höher. Solange derart riesige Energiemengen in Form von Wärme bei der Braunkohlenverstromung ungenutzt einfach in die Luft geblasen werden, ist es für meine Fraktion völlig unverständlich, warum nicht endlich durch die Landespolitik ein massiver Ausbau dezentraler Versorgungsstrukturen mit Kraft-WärmeKopplung angestrebt wird.
Bevor ich zum Abschluss komme, möchte ich kurz auf die gestrige Debatte zu dem von meiner NPD-Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf zur Energievorsorge eingehen. Unser Gesetzentwurf, den Sie abgelehnt haben, beinhaltete die Umsetzung dessen, was Sie erst in Ansätzen zu planen versuchen. Herr Gerlach und Herr Lichdi fanden gestern bei den Worten „Energieautarkie“ und „Energiebeauftragter“ sofort wieder den Faden zu Hermann Göring und zum Dritten Reich. Herr Gerlach und Herr Lichdi, ich empfehle Ihnen dazu die Seite 31 des Aktionsplanes. Dort werden ebendiese Begriffe verwendet und Sie können somit gern an das Podium treten und Ihren gestrigen Vorwurf einer Menschen und Grundgesetz verachtenden Ideologie gegenüber den Ministern Kupfer und Jurk wiederholen.
Abschließend möchte ich doch noch einmal meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die Verfasser dieses Aktionsplanes Minister und keine Architekten oder Bauingenieure geworden sind; denn wie enttäuscht wäre
ein Häuslebauer von solchen, wenn diese statt eines Bauplanes nur eine Liste der wahrscheinlich benötigten Materialien vorlegen würden. Mehr ist diesem Aktionsplan im Moment nicht zu entnehmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Kupfer, man hat an Ihrem Vortragsstil, an der Lustlosigkeit, wie Sie die Regierungserklärung hier abgegeben haben, richtig gemerkt, was Sie von Ihrem eigenen Aktionsplan halten.
Herr Minister Jurk, Sie sind jetzt seit 2004 im Amt und geben Ihre erste Fachregierungserklärung zum Thema Klima und Energie ab. Wenn wir uns in der Bewertung der „Wirtschaftswoche“ ansehen, dass Sachsen im Bundesländerranking von Platz 1 auf Platz 6 abgerutscht ist, wäre es hilfreich gewesen, wenn Sie eine Regierungserklärung zur Lage der sächsischen Wirtschaft abgegeben hätten.
Lassen Sie mich zu Beginn zwei Punkte herausheben, die wir ausdrücklich unterstützen. Sie haben im Aktionsplan bei den Anpassungsstrategien im Bereich Naturschutz die Akzeptanz fremdländischer Baumarten und im Bereich Landwirtschaft die Einführung neuer trockentoleranter und frühreifer Sorten genannt. Das ist sehr positiv, weil wir in den letzten Monaten ganz andere Töne gehört haben. Wir begrüßen es, dass Sie hier einen Sinneswandel vollzogen haben. Abgesehen davon lässt sich das Auftreten dieser fremden Arten auch nicht per Beschluss der Staatsregierung verhindern.
Wir begrüßen Ihr klares Bekenntnis zur Braunkohlenverstromung. Das ist sehr wichtig. In Ihrem Entwurf des Klimaprogramms aus dem Jahr 2007 war das noch nicht so klar formuliert. Dieses Bekenntnis ist dringend notwendig. Wir werden Sie in dieser Politik ausdrücklich unterstützen.
Aber viel Neues steht nicht in Ihrem Aktionsplan. Herr Jurk, Sie haben in Ihrer Rede heute Vormittag drei Themenbereiche herausgehoben: Technologieentwicklung, Erneuerbare- Energien-Industrie und Energieeffizienz. Ich möchte das anhand dieser Themenbereiche darstellen.
Die Solarenergie ist in Sachsen erfolgreich. Das haben Sie richtig dargestellt. Und wie geht es weiter? Das können wir dem Programm nicht entnehmen. Wir begrüßen natürlich, dass das Biomasseforschungszentrum jetzt in Leipzig beheimatet sein wird, aber welche weiteren
Die CO2-Abspaltung ist eine Zukunftstechnologie. Das haben wir als FDP-Fraktion in diesem Hause auch schon des Öfteren angesprochen. Die Pilotanlage geht jetzt in Betrieb. Wir haben hier dargestellt, dass diese Technologie eine Exporttechnologie sein könnte. Aber was Sie da weiter machen, bleibt unklar.
Es ist richtig, Braunkohle ist zu schade zum Verheizen, denn sie ist ein wichtiger chemischer Grundstoff. Aber wenn Sie in den Entwurf des Energieprogramms von 2007 hineinschauen, steht schon das Gleiche drin. Es hat sich nichts geändert. Nichts Neues! Sie wollen eine Energieversorgung ohne Verbrauch von fossilen Energieträgern. Sie wollen den Verbrauch von Importenergien verringern. Sie wollen weniger Öl für Heizung und Autokraftstoffe, weniger Gas für die Heizung, und das alles durch Wind, Sonne, Biomasse und natürlich Energieeinsparung ersetzen. Sie gehen aber überhaupt nicht darauf ein, dass unter Umständen die Produktion dieser alternativen Energien in anderen Regionen günstiger sein könnte als in Sachsen. Also wird doch wieder Energieimport notwendig sein! Auch diese Frage lassen Sie vollkommen offen.
Das Netzwerk „Erneuerbare Energien“ hat Anfang des Jahres die Arbeit aufgenommen. Das präsentieren Sie uns hier als Neuheit im Aktionsplan. Energieeffizienz und die Unterstützung der KMU sind richtig, aber das haben wir schon bei der Vorlage der operationellen Programme des EFRE zur Kenntnis bekommen und ist auch nichts Neues.
Ich nenne den Gewerbeenergiepass, bei denen der Feldtest abgeschlossen ist. Das ist doch keine Neuigkeit, die Sie dem Parlament im Aktionsplan darlegen können. Das Thema Energiebeirat ist aus dem Energieprogramm im Jahr 2004. Nun haben Sie es immerhin geschafft, im Herbst 2007 – also drei Jahre später – den mal zu berufen, und das verkaufen Sie hier als Erfolg sächsischer Energiepolitik. Das ist es nun wahrlich nicht.
Der Aktionsplan, so steht es geschrieben, greift Anforderungen der jüngsten internationalen und nationalen Ziele auf. Sie sollten nicht nur aufgreifen, sondern Sie sollten auch Ziele formulieren, an denen man Ihre Arbeit messen kann.
Der Aktionsplan konzentriert sich, so steht es geschrieben, auf kurz- und mittelfristige Maßnahmen. Brauchen wir bei diesem Thema nicht eigentlich eher eine langfristige Strategie? Der Plan setzt auf Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasen und die Verringerung des Energieverbrauchs, die die größten Effekte bei möglichst geringen Kosten erbringen. Richtig. Aber könnte es nicht besser sein, unter diesen Gesichtspunkten finanzielle
Mittel außerhalb Sachsens einzusetzen, weil man weltweit mit dem gleichen Geld einen viel größeren Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten könnte? Dieses Thema kommt in Ihrem Aktionsplan überhaupt nicht vor.
Wie wäre es zum Beispiel mit einem sächsisch-böhmischschlesischen Energiepakt und Kooperation mit unseren Nachbarstaaten, mal über den Tellerrand hinauszudenken und vielleicht in diesem Zusammenhang darüber nachzudenken, ob nicht die weitere Nutzung der Kernenergie einen Beitrag zur CO2-Reduzierung sein könnte?
Ihr Energieplan erhebt, so steht es auch geschrieben, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Da sich nicht viel Neues darin findet, ist das wohl die Kernbotschaft dieses Planes. Sie sehen eine interministerielle Arbeitsgruppe vor, die 2008 neue quantitative Ziele erarbeiten soll. In diesem Zusammenhang fällt mir noch einmal der Entwurf des Energieprogramms 2007 ein. Standen dort nicht gerade quantitative Ziele drin?
Herr Prof. Mannsfeld, Sie haben zu Recht angesprochen, dass man politisch nur handlungsfähig ist, wenn man die Zielkonflikte, die wir in diesem Bereich haben, benennt, politisch auflöst und entscheidet. Wie will man aber über Prioritäten entscheiden, wenn man nicht einmal bereit ist, Ziele aufzustellen? Das ist das große Manko dieses Planes. Sie sind mit diesem Aktionsplan nur handlungsfähig, weil Sie sich um diese entscheidende Frage der Zielformulierung herumgedrückt haben. Das Traurige ist, dass Sie die Perspektiven, die messbaren Ziele aus Ihrem Entwurf herausgenommen, sich dann noch auf ein paar Maßnahmen, auf die man sich einigen konnte, verständigt und diese in einen Aktionsplan gegossen haben.
Dann zu sagen, die messbaren Ziele haben wir jetzt nicht mehr formuliert, das hat im Entwurf dringestanden, darüber müssen wir noch einmal nachdenken und eine interministerielle Arbeitsgruppe einrichten, das erinnert sehr stark an den flapsigen Spruch: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis.“ Wie wäre es denn gewesen, wenn Sie sich, bevor Sie ein Programm vorstellen, auf quantitative Ziele verständigt hätten und das nicht hinterher quasi nachreichen müssten?
An dem Energieprogramm, liebe Kollegen Minister, ist die Regierung gescheitert. Der Aktionsplan ist nichts anderes als ein Zusammentragen bestehender Maßnahmen ohne jegliche messbare Ziele. Das ist zwar fleißig, aber weder strategisch noch konzeptionell. Dem Vernehmen nach haben Sie auf der gestrigen Pressekonferenz angekündigt, dass Sie Ihr Bestes geben wollen. Es gibt den Action-Klassiker „The Rock“ mit dem von Sean Connery gespielten John Mason. Losers always whine about their best – frei: übersetzt – Verlierer jammern immer, sie täten ihr Bestes.
Aber noch einmal zur Pressekonferenz. Den Aktionsplan nicht zuerst im Parlament zu diskutieren, sondern in einer Pressekonferenz vorzustellen, ist eine eklatante Missachtung der gewählten Volksvertreter.
Dies wird nur dadurch relativiert, dass Sie, wie ich schon ausgeführt habe, in dem Aktionsplan nichts wirklich Neues sagen.
Herr Ministerpräsident! – Er ist gerade nicht im Hause, ich sehe ihn nicht. Trotzdem möchte ich ihm etwas mit auf den Weg geben: Wenn das, was die beiden Minister eben verkündet haben, ihr Bestes ist, dann ist die Regierung ziemlich schlecht.