stimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.
Es beginnt die FDP; es schließen sich an: CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun der FDP-Fraktion das Wort; Herr Abg. Günther, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als „Plagiarius“ – das heißt Seelenverkäufer – soll der antike römische Dichter Martial im 1. Jahrhundert nach Christus seinen Kollegen Fidencius bezeichnet haben, als dieser Gedichte Martials als die eigenen ausgegeben hat. Für Martial waren die eigenen geistigen Werke wie freigelassene Sklaven: Wer sich ihrer bemächtigte, begehe Plagium, das heißt Menschenraub oder im übertragenen Sinne Seelenverkauf.
Diese Begriffe erscheinen uns heute sehr fern und martialisch. Aber Fidencius ist unser aller Zeitgenosse. Sein zweifelhaftes Tun hat leider überlebt. In welch historisch vorausschauender Weise soll beispielsweise Russlands ehemaliger Präsident Putin das Diktum „Von der großen Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“ umgekehrt und große Teile seiner Dissertation nahezu wörtlich aus einem 1978 erschienenen Buch zweier amerikanischer Professoren wohlwollend übernommen haben. Auch Bertolt Brecht war nicht frei vom Tun; einige Verse seiner Dreigroschenoper entstammen dem Werk eines französischen Dichters aus dem Mittelalter.
Nun sollen Putin und Brecht natürlich nicht als Begründung für unseren heutigen Antrag dienen – verstehen Sie es nicht falsch! –, sondern als Sensibilisierung für das zugrunde liegende Thema; denn abseits solcher Beispiele haben Plagiate und Produktpiraten Einzug in weite Teile unseres Alltags gehalten. Fidencius ist populär geworden. Die betriebswirtschaftlichen Schäden europäischer Unternehmen durch Produktpiraterie belaufen sich laut einer aktuellen Studie jährlich auf geschätzte 35 Milliarden Euro. Insgesamt haben die Zollbehörden in den EULändern im Jahr 2007 Waren im Wert von mehr als 79 Millionen Euro beschlagnahmt, auf die Marken- oder Produktpiraterie zutrafen.
Obwohl bisher leider noch keine konkreten Zahlen für Sachsen vorliegen, verwundert es nicht, wenn sich auch sächsische Betriebe und Unternehmen im Fadenkreuz von Produktfälschung befinden. Hier reicht die Kopierspanne von sächsischen Luxusuhren von Lange & Söhne oder Glashütte Original, innovativen Autoteilen der Firma ATJ aus Johanngeorgenstadt, hochwertigen Küchenprodukten von Omeras aus Lauter über Werkzeugmaschinen von Profiroll aus Bad Düben bis hin zu kopierten Designs der vogtländischen Stickerei- und Spitzenunternehmen. Zunehmend geraten auch Anzeigen von Fraktionen ins Visier von Plagiaten.
Um in diesem Zusammenhang die Überschrift „China beginnt im Vogtland“ eines Zeitungsartikels im „Vogtländischen Anzeiger“ zu Produktfälschungen im Textilgewerbe aufzugreifen, kann ich sagen: China beginnt auch im Erzgebirge. Als Vertreter dieser erzgebirgischen Kunsthandwerker komme ich an dieser Stelle nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass leider besonders die erzgebirgischen Kunsthandwerker und Spielzeughersteller von Marken- und Produktpiraterie betroffen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Produktpiraterie ist ein aktuelles und brisantes Thema und betrifft – wie von mir dargelegt – auch viele sächsische Unternehmen. Lassen Sie uns gemeinsam mit der Wirtschaft diese Betriebe unterstützen, um ihnen einen möglichst effizienten Schutz zu ermöglichen; denn Produktfälschung ist nicht nur ein betriebs-, sondern durch die bedrohten Arbeitsplätze auch ein volkswirtschaftliches Problem.
Auch wenn Asien und China fern sind – Einflussmöglichkeiten gibt es durchaus. Herr Staatsminister Jurk, warum zum Beispiel nicht die nächste Chinareise statt zum Thema „Arbeitsschutz in China“ zum Thema „Produktpiraterie in China“?
Immerhin ist China für den Freistaat eines der wichtigsten Exportländer. Seit 1998 haben sich die Ausfuhren verzehnfacht. Das ist doch eine wichtige Aufgabe für den sächsischen Wirtschaftsminister.
Das Ergebnis der wirtschaftlichen Beziehungen kann jedenfalls nicht sein: „In Sachsen erdacht – in Asien gemacht“. Warum nicht auch auf in Sachsen stattfindenden Messen eine demonstrativ stärkere Zollpräsenz oder Informationsangebote zum Thema Produktpiraterie? Beispiele dafür gibt es genug – seien es die Erfahrungen am Messestandort Frankfurt am Main oder, wie erst kürzlich erfolgt, die Zollaktionen während der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Auch wenn Sachsen nicht der internationale Messestandort ist – eine Games Convention in Leipzig und die Semicon in Dresden haben wir noch, zumindest für ein Jahr. Kürzlich fand zudem in Leipzig die Fachmesse Cadeaux statt, die auch erzgebirgische Kunsthandwerker zur Präsentation ihrer Produkte nutzen.
Natürlich sehen auch wir, dass es seitens der Wirtschaft noch Handlungsbedarf gibt. Dies war ein Ergebnis der im April stattgefundenen ersten Asienkonferenz des Branchenverbandes Sachsenmetall, auf der ein stärkerer Schutzwillen bei sächsischen Metallfirmen angeregt wurde. Als exemplarisches Beispiel kann hier vielleicht unsere Handwerkskampagne „Original statt Plagiat deutscher Handwerkskunst“ dienen. Gemeinsam mit den Vertretern aus der Wirtschaft und aus dem Handwerk kann die sächsische Politik derartige Bemühungen unterstützen.
Erste Schritte sind im Rahmen entsprechender förderfähiger Beratungsangebote zum Thema Schutz vor Produkt- und Markenpiraterie in den Richtlinien zur nicht investiven Mittelstandsförderung enthalten, die übrigens nichts anderes als eine Anerkennung der Problematik Produktpiraterie seitens der Politik bedeuten.
Nicht zu vergessen: Es sind letztlich immer Menschen, die in ihrer Rolle als Konsumenten vermeintliche Plagiate kaufen oder dies eben nicht tun. Auch hier kann und muss die Politik sensibilisieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen viele Argumente und Beispiele dafür genannt, damit Sie unserem Antrag heute hier mit gutem Gewissen zustimmen können. Um diese Zustimmung bitte ich Sie hiermit im Namen unserer sächsischen Betriebe, Firmen und Angestellten.
uns in einer Sitzungsperiode der persönlichen Bekenntnisse: Der Kollege Weichert hat gestern bekannt, dass er als junger Bursche junge Pioniere befehligt hat; heute hören wir von ihm, dass er den Genossen Kossonossow kennt – ich kenne ihn auch; er ist mir sehr vertraut.
Jetzt will ich etwas bekennen: Auch ich habe mich – Kollegen Jurk ist ja jetzt empfohlen worden, er solle sich, wenn er das nächste Mal nach China reist, die schwarze Piratenbinde umbinden – beruflich ausschließlich auf Piratenpfaden bewegt.
Lieber Kollege Rasch, könnten Sie noch einmal überlegen, ob es Michael Weichert war, der die Pioniere kommandiert hat, oder Karl-Heinz Gerstenberg?
Auch ich bin jahrelang Pirat gewesen, nämlich Pirat in Sachen Hard- und Softwarenutzung, weil ich in der Datenverarbeitung der DDR beschäftigt war.
Nun liegt Ihnen, Kollege Günther, natürlich der erzgebirgische Mannlmacher sehr am Herzen – uns genauso. Ich habe auch großen Respekt davor, was die Gemeinschaft derer, die dort betroffen sind, bisher schon an Aktivitäten geschafft hat, um sich gemeinschaftlich gegen diese Gefahr zu wappnen.
Wir als CDU-Fraktion hatten vor etwa einem Jahr die nordostdeutsche Textilindustrie besonders im Blick. Wir haben auch seit über einem Jahr einen Antrag im Geschäftsgang, allerdings im kleinen Geschäftsgang, dem unseres Koalitionspartners.
Leider ist diesbezüglich noch keine Resonanz zu verspüren. Allerdings muss ich feststellen: Das, was wir dort beabsichtigten, dass nämlich der Staat – hier: der Freistaat Sachsen – die Aktivitäten in der nordostdeutschen Textilindustrie unterstützt, sich ihrerseits gegen alle Formen der Produkt- und Markenpiraterie zu wappnen, ist bereits ins Ziel gelaufen. Inzwischen ist die staatliche Förderung zum Zuge gekommen.
Kollege Günther, was Sie als Problemlage beschrieben haben, trifft zu. Gerade der Textilbereich ist aber ein Beispiel, an dem man sehr gut verdeutlichen kann, wie
vielschichtig das Thema ist. Wir haben es mit Schäden an Produkten zu tun, die eine längere Phase auf dem Markt erleben und die insbesondere als Marken langfristig ungefährdet durch die Marktsituationen kommen müssen. Das ist ganz anders als zum Beispiel bei unseren Maschinenbauern, von denen so mancher ganz selbstbewusst erklärt: Solange wir die Innovationsrate bzw. die Innovationszyklen von zwei Jahren durchhalten, sind wir der Anfechtung durch Piraterie allemal gewachsen. – Ganz so sieht es im Textilbereich nicht aus. Dort ist es komplizierter.
Der Staat kann eine ganze Menge tun. Vor allen Dingen kann er erst einmal die Verbraucher aufklären. Das reicht bis hin zu Themen des Gesundheitsschutzes, wo das im Augenblick sehr gut läuft, wenn es um Piraterie bei Medikamenten geht. Der Staat kann auch auf die Hersteller zugehen und ihnen ein Stück weit das Laufen beibringen.
Lassen Sie es mich aber deutlich sagen: Natürlich sind die Akteure der Wirtschaft erst einmal selbst gefordert. Wenn Sie von der FDP fordern, der Staat möge sie bei den Händen nehmen, muss ich anmerken, dass diese Ihre Forderung wohl nicht so ganz FDP-gerecht ist.
Es gibt sicherlich viele interessante Aufgabenfelder. So müssen technische Vorkehrungen getroffen werden können, damit die Identifikation von Produkten und Marken möglich ist. Dass es insoweit eine ganze Reihe von Feldern sinnvoller Zusammenarbeit gibt, ist klar.
Ich komme auf das Beispiel der Textilindustrie zurück. Da weist sehr viel nach China. Die Verbände, die sich mit dem Thema Produktpiraterie beschäftigen, haben meist eine separate Rubrik „China“ in ihren Internetpräsentationen und Beratungsangeboten. Hier wird aber auch deutlich, dass es notwendig ist – beginnend auf der Bundesebene und sogar auf der Ebene der internationalen Handelsorganisationen –, das Thema zu artikulieren. Es ist schon in Verhandlungen befindlich. Die Bundeskanzlerin begreift es als ihr Thema. Ich gehe davon aus, dass der Wirtschaftsminister, so Gelegenheit dazu ist, seinerseits das Thema im Blick haben wird.
Deutlich scheint mir aber hier vor allen Dingen zu sein – ich schaue auf das Beispiel der Textilindustrie zurück –, dass auch die Industrie selbst ihre Möglichkeiten hat und diese auch nutzt. Der gesamtdeutsche Textilverband befindet sich in Gesprächen mit dem gleichartigen Verband der Industrie in China. Man versucht also auf der Basis der Gegenseitigkeit Themen zu klären.
Auch von den Zoll- und den Strafverfolgungsbehörden wird schon viel geleistet. Der Zoll beschlagnahmt Jahr für Jahr gefälschte Produkte im Wert von 1 Milliarde Euro.