Auch von den Zoll- und den Strafverfolgungsbehörden wird schon viel geleistet. Der Zoll beschlagnahmt Jahr für Jahr gefälschte Produkte im Wert von 1 Milliarde Euro.
Das ist, bezogen auf den Umsatz, der dort läuft, relativ wenig. Man sagt, bis zu 8 % des weltweiten Handels lebe von Piraterie.
Gut aufgestellt sind wir diesbezüglich. Auch die Kommunikationskanäle des Zolls mit der Industrie laufen vernünftig.
Fazit: Es ist vor allen Dingen Sache der Wirtschaft, sich ihrerseits zu strukturieren und zu verdeutlichen, wo sie Chancen bzw. Möglichkeiten für staatliche Unterstützung sieht. Auf diese Weise können wir dann sicherlich eine ganze Menge bewegen.
In Anbetracht des Antrags, der bei uns im Geschäftsgang ist, und der nicht ganz FDP-konformen Inhalte in Ihrem Antrag, Herr Günther, will ich ankündigen, dass wir Ihren Antrag ablehnen.
Folgendes will ich als positive Aussicht an den Schluss setzen: Genauso, wie es der DDR-Gesellschaft, von der ich kurz berichtet habe, gelungen ist, sich in einem überschaubaren Zeitrahmen in der offenen Gesellschaft, auf offenen Märkten so zu normalisieren, dass das Thema „Produktpiraterie“ – als Piraterie von Akteuren in unserem Land – bei uns nur eine untergeordnete Rolle spielte, genauso gehe ich davon aus, dass die systematische Öffnung und internationale Einbindung Chinas mit der Zeit auch zu einer Beherrschbarkeit des Themas führt. Das ist langfristig meine Hoffnung. Kurzfristig möge der Freistaat durch seine Fördermöglichkeiten das tun, was an dieser Stelle sinnvollerweise zu tun ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Rasch war sehr ehrlich; ich will es auch sein. Auch ich war ein Pirat. Ich hatte eine Steuerung mit Intel-Bausteinen entwickelt – die erste Halbleitersteuerung der DDR. Sie können aber beruhigt sein: Es wurde nicht viel davon gebaut, weil die Nachschübe fehlten.
Liebe Kollegen! Der Schutz des Erfinders ist seit Jahrhunderten die Aufgabe der besitzenden Nationen, heute vornehmlich der führenden Industriestaaten. Es ist auch eine Leitlinie zu den Lissabon-Verträgen, diesen Schutz in Europa strenger zu nehmen.
Das Umgehen von rechtsverbindlichen Patenten ist das Bestreben der Nichtbesitzenden, meist der industriell schwachen Volkswirtschaften.
In einer globalisierten Welt hat die „Piratenproduktion“ Ausmaße angenommen, die zu einem hemmungslosen globalisierten Wettbewerb führen. Es gibt kein Zurück.
Nur ein international geregelter und gleichberechtigter Welthandel könnte den Knoten lösen. Davon sind wir weit entfernt.
Erinnern wir uns! Schön war die Zeit, als China das Monopol der Seidenraupe besaß. Doch was nützte es ihnen? Der Schmuggel beendete diese Monopolstellung, trotz strengster Sanktionen bis zur Hinrichtung. Neue Erfindungen wie das sächsische Porzellan brachen Jahrhunderte später auch das Monopol des chinesischen Porzellans.
Die letztgenannte Entwicklung verstehen wir – wir als Sachsen, aber auch wir als Europäer – unter einem fairen Wettbewerb; denn der Fleißige erhält auf dem Markt den verdienten Lohn. Dieser faire, offene Wettbewerb führte dennoch zu großer ökonomischer Abhängigkeit ganzer Erdteile. Wir knabbern noch heute an dieser ungleichen Entwicklung.
Seien wir ehrlich, meine Damen und Herren: Einen wirklichen Schutz gegen Marken- und Produktpiraterie wird es nicht geben. Zu differenziert sind die sozialökonomischen Ursachen und ihre Wirkungen. Es kommt hinzu, dass es nicht einmal eine international anerkannte Definition dafür gibt.
Dass die Partei der Besserverdienenden – jetzt schaue ich auch Sie an, Herr Herbst – den Schutz des Staates einfordert, wo doch sonst von den Bänken der FDP-Kollegen nur Deregulierung als Richtschnur des Handels empfohlen wird, will ich nicht unbemerkt lassen.
Das bringt mich auch zum Schmunzeln. Die Überschrift würde ich heute so nennen: „Die FDP als Staatspartei“. Sie folgen in Ihrem Antrag einer Forderung in der Studie von Ernst & Young, die jedem zugänglich ist und mit der Milliardenschäden eingedämmt werden sollen.
Dort heißt es als erste Forderung: verschärfte strafrechtliche Sanktionen zur besseren Abschreckung. In sächsische Sprache übersetzt, wie ich heute in der „Bild“-Zeitung lesen konnte, heißt das nach Herrn Günther „Räuchermännchenpolizei“. So reißerisch die Überschriften auch sind, ich bestreite, dass damit Erfolge erzielt werden. Abschreckung auf einem so expandierenden Markt, frage ich Sie, was soll das? Weil Sie heute so schön sozialistisch zitiert haben, erinnere ich Sie – das haben Sie auch gelernt, Herr Günther –: Bei 10 % Profit wird Kapital lebendig, bei 100 % wird Kapital waghalsig und bei 1 000 % stampft es alles nieder. Auf diesem expandierenden Markt ist natürlich mit solchen Regelungen nicht anzukommen. Auch die Chinesen mussten das mit ihrer Seidenraupe erfahren. Abschreckung und Drohung reichen nicht.
Meine Damen und Herren! Die Sache ist dennoch sehr ernst. War früher die Marken- und Produktpiraterie auf Luxusgüter ausgerichtet, so haben wir es heute mit allen Wirtschaftszweigen zu tun. Getränke, Waschmittel, Medikamente, Kleidung, Waren des täglichen Bedarfs
finden als Plagiate einen enormen Verbreitungsgrad. Bei diesen Produkten drohen dem Verbraucher durch minderwertige Qualität der verwendeten Rohstoffe Gesundheitsschäden, und hier muss angesetzt werden.
Zugleich gibt es eine große Bereitschaft in der Bevölkerung, diese Produkte zu kaufen. Die Gründe – in der Studie vielleicht nicht richtig ausgeführt – sind sicher auch der Geldbeutel, aber ein Grund wurde genannt: dass Plagiaten alle Vertriebsstrukturen offenstehen. Neben Internet und freien Märkten gehören nunmehr auch Einzelhandel und Großhandel dazu. Wie soll der Verbraucher wissen, dass er bei seinem soeben getätigten Kauf gefährliche Waren eingekauft hat? Ich stimme der Studie zu, dass mehr Aufklärung gegenüber Verbrauchern zu leisten ist. Verbraucherzentrale und Verbraucherschutz bekommen damit einen höheren Stellenwert. Den Stellenaufbau der Verbraucherzentrale im Haushaltsentwurf begrüßen wir, ist es doch eine langjährige Forderung der Linken. Bei einer qualitätsgerechten Produktbewertung ist der Stellenabbau bei der Gewerbeaufsicht – dort ist der Verbraucherschutz angesiedelt – kontraproduktiv. Genaueres werden wir in der Haushaltsdiskussion sicher noch klären können.
Fälschungen zu erfassen, zu dokumentieren und damit die Öffentlichkeit zu sensibilisieren – Herr Günther, darin stimme ich Ihnen zu –, ist natürlich zuallererst auch Aufgabe der Wirtschaftsverbände. Erwähnenswert ist dazu die Initiative der nordostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie mit dem RKW. Anhand der ReachVerordnung, gemeint ist die Europäische Chemikalienverordnung, werden Piraterieprodukte auf ihre Substanzen bewertet und die Konsumenten über die gesundheitlichen Risiken aufgeklärt. Das sind richtige und gute Initiativen und sie werden auf einem langen Weg auch Erfolge bringen. Diesen mitzugehen wird mit der Zustimmung der Linken heute zum Antrag der FDP begründet.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Denkt man an Piraten, hat man ein aufregendes Bild aus vergangenen Zeiten im Kopf. Ich habe mir das gerade bei Herrn Rasch vorgestellt: Ein verwegener Bursche mit Säbel und Augenklappe steht auf dem Deck eines Dreimasters mit Blick über die stürmische See, fest auf die fette Beute gerichtet. Schlägt man in jüngster Zeit die Zeitung auf, liest man immer öfter über Piraterie. Dabei muss man aber feststellen, dass das verklärte Bild des Piraten mit der heutigen harten Realität nicht mehr übereinstimmt. Auch der heutige Pirat stellt eine große Gefahr dar, auch wenn mancher moderne Produktpirat mit dieser Art von Freibeuterei nichts zu tun hat. Gleichwohl, er segelt unter fremder Flagge und gibt sich den Eingeweihten erst im letzten Moment zu erkennen. Bei den fremden Flaggen handelt es sich allerdings um die Marken, Logos und Designs der Markenhersteller.
Das wahre Ausmaß der Produkt- und Markenpiraterie kann nur geschätzt werden. Einerseits verzichten Piraten nun einmal auf Buchführung, andererseits stellt die Bewertung der durch die Fälschung verursachten Schäden eine weitgehend unbekannte Größe dar. Eine statistische Quelle sind die Zahlen der Europäischen Kommission über die Anzahl der beschlagnahmten Produkte. Gemäß der Statistik von 2007 haben die Zollbeamten der Mitgliedsstaaten mehr als 79 Millionen nachgeahmter und gefälschter Artikel sichergestellt. Diese Zahlen geben zwar eine Vorstellung über die Menge gefälschter Produkte, vermitteln aber noch kein Bild von den Warenwerten, die von den Piraten in Umlauf gebracht werden. Eine Studie der OECD schätzt diesen Wert auf rund 200 Milliarden US-Dollar weltweit.
Als Beispiel kann man auch den weltgrößten Coup des Zolls gegen Markenpiraterie im Hamburger Hafen vom November 2006 nennen. Das waren 117 beschlagnahmte Container mit Plagiaten: gefälschte Sportschuhe, Uhren, Spielzeug im Wert von 383 Millionen Euro.
Hier möchte ich einen Einschub bringen. Der Wert dieser Produkte wird immer am Wert der Originalware festgemacht. Nun ist es aber so, dass nicht jeder, der eine gefälschte Rolex-Uhr kauft, in der Lage ist und auf die Idee käme, ein Original zu kaufen. Damit ist der Schaden der Piraterie nicht im Bereich des Wertes der Ware, wie sie im Original zu kaufen ist, sondern er ist – Herr Zais hat es angesprochen – in der Gefährdung des Konsumenten zu sehen, dass also solche Produkte sicherheitsrelevant nicht das halten, was die Originale hergeben – Stichwort: Automobilzubehör. Das betrifft auch den Bereich Arzneimittel; die Mittel, die für die Forschung und Entwicklung aufgebracht werden, werden hier nicht refinanziert. Dort sind die Hauptschäden zu sehen und nicht, wie manchmal in den Vordergrund gedrängt wird, in dem eigentlichen Warenwert.
Gerade seit der Öffnung Chinas hat das Problem der Piraterie zugenommen. Klar ist auch, die Zahlen insgesamt bilden nur die Spitze des Eisberges. Fälschungen haben erhebliche negative Auswirkungen auf Unternehmen, Verbraucher und die Volkswirtschaft.
Was können wir gegen Produkt- und Markenpiraterie tun? Die Bundesregierung hat der Piraterie den Kampf angesagt. Der Schwerpunkt der EU-Präsidentschaft wurde auf den Schutz des geistigen Eigentums gelegt. Besonders wichtig war dabei, schon im Vorfeld gemeinsame Präventionsstrategien zu entwickeln.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie 2007 die Präventionsstrategie der deutschen Wirtschaft zur Verhinderung der Produkt- und Markenpiraterie vorgestellt. Die Bekämpfung der Piraterie ist aber nicht allein ein Thema, das das entschlossene Handeln der Staaten erfordert; wichtig ist auch, dass die Wirtschaft selbst ihre Verantwortung zum Schutz geistiger Eigentumsrechte wahrnimmt. Das ist hier bereits genannt worden.
Der Gesamtverband Textil und Mode unterzeichnete als erster Verband eine Branchenvereinbarung mit China zum Schutz des geistigen Eigentums. Weitere Vereinbarungen mit Indien und Russland folgten. Ziel dieser Kooperation ist es, schärfere Fälschungskontrollen auf Messen, gezielte Aufklärungskampagnen in den jeweiligen Ländern und Sanktionen gegen Unternehmen, die andere Marken fälschen, durchzusetzen.
Der Bund, meine Damen und Herren, hat das Thema erkannt und in der letzten Zeit vieles zum Schutz der Unternehmen und Verbraucher getan. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit Vertretern der gesamten deutschen Wirtschaft die Bekämpfung der Marken- und Produktpiraterie durch vielfältige Maßnahmen oder aber auch durch technischen Schutz im Ausstellungs- und Messewesen einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, diese Auswüchse in den kommenden Jahren zurückzudrängen. Ein wichtiges Instrument in diesem Bündel ist unter anderem das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes des Rechtes des geistigen Eigentums, das vor Kurzem in Kraft getreten ist.
Darüber hinaus wird der Dialog mit den großen Schwellenländern intensiviert, um dort für zunehmende Verantwortung zum Thema Bekämpfung der Piraterie zu werben. Ich bin überzeugt, dass wir, wenn mehr Know-how in die Länder hineingebracht wird und es der Wirtschaft besser geht, die Piraterie und die Fälschungen zurückdrängen werden.
Dazu kommt, dass die wachsenden Kosten für den Transport und die Energiekosten gerade im niederschwelligen Fälschungsbereich von Bekleidung, Schuhen etc. der deutschen Wirtschaft helfen, dass Piraterie in diesem Bereich zurückgeht. Der Freistaat Sachsen hat sich dieser Aufgabe auch verschrieben und in enger Abstimmung mit den Maßnahmen des Bundes vieles zum Schutz der Verbraucher und Unternehmer angeschoben. Ein Beispiel ist das Pilotprojekt „Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie“ des Verbandes Nord-Ost Deutscher Textil- und Bekleidungsindustrie.
Deshalb möchte ich zum Schluss kommen. Der Antrag der FDP-Fraktion greift unstreitig ein wichtiges Thema auf. Eine isolierte sächsische Betrachtungs- und Handlungsweise, wie hier vorgestellt, ist aber weder sinnvoll noch zielführend. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Plagiatunwesen und die Produktpiraterie gehören zur Globalisierung wie der Weihnachtsbaum zur Adventszeit. Deshalb ist es schon mehr als verwunderlich, wenn sich heute ausgerechnet mit der FDP die Globalisie
So wenig man das Fleisch ohne die Knochen haben kann, so wenig kann man die turbokapitalistische Globalisierung ohne Produkt- und Ideenraub haben. Der Ideenraub, der vorwiegend in Asien betrieben wird, ist in der Tat ein schwerwiegendes Problem für die Wirtschaft der BRD, die immer noch und trotz einer unfähigen Politik mit die besten Ingenieure der Welt vorzuweisen hat. Dies verleitet andere Staaten auf der Welt, nach dem Motto „Lieber kopieren als kaufen“ vorzugehen. In vielen asiatischen Ländern sind schon die gesetzlichen Regelungen so beschaffen, dass sie Ideenraub und Produktpiraterie begünstigen.
Es ist allerdings reichlich naiv von der FDP-Fraktion, diesem Problem mit der x-ten Informationskampagne zum Thema Produktpiraterie zu begegnen. Tatsächlich mangelt es hier wie auch auf anderen politischen Feldern schlicht und einfach an einer entschlossenen Wahrnehmung deutscher Interessen durch die bundesrepublikanische Politik. Interessant ist auch, dass die FDP-Fraktion in der Antragsbegründung plötzlich auf das erzgebirgische Kunsthandwerk und seine Bedrohung durch Plagiatoren zu sprechen kam. Ist der FDP-Fraktion plötzlich aufgefallen, dass es nicht reicht, sich in der Adventszeit einen Schwibbogen in das Fenster seines Landtagsbüros zu stellen, um die Interessen des erzgebirgischen Kunsthandwerks zu vertreten?
Wenn es der FDP-Fraktion wirklich um die Erhaltung des gestaltungsorientierten Handwerks im Erzgebirge geht, warum hat Ihre Fraktion dann gegen den Antrag der NPDFraktion gestimmt, mit dem die Nationaldemokraten die betroffenen Unternehmen vor ausländischer Billiglohnkonkurrenz, Verletzung des Urheberrechts und illegalem Wettbewerb schützen wollten? Wir werden Ihnen das allerdings nicht mit gleicher Münze vergelten. Der Antrag der FDP-Fraktion zur Produktpiraterie bleibt zwar handwerklich und inhaltlich meilenweit hinter dem NPDAntrag zum Schutz des erzgebirgischen Kunsthandwerks zurück; wir werden ihm aber trotzdem zustimmen, weil das Problem vielen sächsischen Unternehmen unter den Nägeln brennt.