Lieber Herr Kollege Lichdi, lassen Sie mich einmal Ihr Beispiel Grimma aufgreifen. Was glauben Sie, welchen Effekt es auf die Bahn in Grimma gehabt hätte, wenn es am Nachbargleis ein entsprechendes Verkehrsangebot eines Konkurrenten gegeben hätte, der um die Kunden, die am „Tag der Sachsen“ in Grimma so zahlreich vorhanden waren, konkurriert hätte? Dann hätte man vermutlich sehr schnell zusätzliches Personal bereitgestellt, um die Fahrgäste eben zu ihren Fahrkarten kommen zu lassen. Hier zeigt sich auch: Wettbewerb hätte dieses Problem gelöst.
Herr Lichdi, ich weiß, dass viele GRÜNE das ähnlich sehen. Nur, Sie haben es heute leider nicht gesagt.
Wir benötigen eine klare Trennung des Schienennetzes vom Fahrbetrieb. Daran sieht man wieder, wie wenig Sozialdemokraten von Wettbewerb verstehen. Es war schließlich Herr Tiefensee, der die Bahn mit Netz an die Börse bringen wollte. Das wäre wirklich gründlich schiefgegangen. Wir sagen: Klare Trennung des Fahrverkehrs vom Netz – dann bekommt man auch vernünftigen Wettbewerb.
Wenn man einen privaten Partner in die Bahn hineinnehmen möchte, damit er sie auf Trab bringt, dann darf man ihn nicht mit einer Minderheitsbeteiligung abspeisen, weil sich dann nichts ändert. Aber vielleicht ist gerade das das Ziel – es soll sich nichts ändern.
Wettbewerb sichert sinkende Preise; man muss ihn nur zulassen. Viele von Ihnen werden gar nicht wissen, dass es noch eine Wettbewerbsbeschränkung für Busse auf Strecken des Fernverkehrs der Bahn gibt. Auch dort müsste man dringend Wettbewerb schaffen. Das würde sicherlich dazu führen, dass die Bahn ihre Serviceangebote überdenkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zusammengefasst lautet die glasklare Botschaft: Wettbewerb führt zu sinkenden Preisen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Wir alle haben erlebt, wie im Bereich der Telefonie Wettbewerb zu deutlich sinkenden Preisen geführt hat. So sollte man es im Bereich der Schiene auch machen, dann profitieren alle davon.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Herr Lichdi, Sie als Einreicher eröffnen Runde zwei.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Heidan, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe, aber ich meine gehört zu haben, dass Sie uns GRÜNEN vorwerfen, wir könnten nur kritisieren, hätten aber kein Konzept. Ich darf nur an die Debatten erinnern, die in den vergangenen Monaten hier stattgefunden haben. Gern erkläre ich es Ihnen noch einmal: Wir lehnen dieses sogenannte „Privatisierungsmodell“, das Ihnen Herr Beck, der gewesene SPD-Chef, in Berlin aufgedrückt hat, ab. Dieses Modell führt nicht zu ordentlichem Wettbewerb, weil die vom Kollegen Morlok – in dieser Frage: zu Recht – angesprochene Trennung zwischen Netz und Fahrbetrieb nicht vorgenommen wird. Das Netz muss nach unserer festen Überzeugung in öffentlicher Hand bleiben und öffentlich reguliert werden. Alle Wettbewerber sind gleich zu behandeln. Die Blockade, die die Bahn in Ausübung ihres Monopols vollzieht, ist endlich aufzubrechen.
Die Vogtlandbahn ist ein schönes Beispiel, aber wir brauchen viel mehr Vogtlandbahn; die Erzgebirgsbahn haben wir schon. Wir brauchen in jeder Region in Sachsen und in ganz Deutschland private Konkurrenz. Herr Morlok hat vollkommen Recht: Wenn in Grimma ein Zug von der Konkurrenz am anderen Gleis gestanden hätte, dann hätte sich die Situation sehr schnell entspannt.
Aber diesen Weg geht die Bundesregierung gerade nicht. Netz und Betrieb sollen zusammenbleiben. Dieses integrierte Modell soll zu 24,9 % privatisiert werden. Es vereinigt alle Nachteile eines staatlichen Monopolbetriebs und verscherzt es sich mit den Vorteilen, die durch eine kluge Privatisierung erzielbar sein können.
Immer auch dem Machterhalt der CDU, ganz klar. Aber ich wollte eigentlich nicht auf Sie schießen, Herr Heidan, sondern zum Ausdruck bringen, dass das alles keine Zufall ist.
Wer stützt Mehdorn mit seiner falschen Bahnpolitik seit Jahren, man kann schon sagen, seit Jahrzehnten? Das waren alles SPD-Verkehrsminister. Herr Tiefensee ist insoweit nur die Fortsetzung einer niederschmetternden Reihe von Verkehrsministern auf Bundesebene, die dort schon immer versagt haben.
(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN – Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)
Welches Leitbild hat die Bahn? Darum geht es doch. Dieses Leitbild tragen seit über zehn Jahren alle SPDVerkehrsminister in den Aufsichtsräten mit. Es ist das Leitbild – –
(Stefan Brangs, SPD: Lüge! 1994 waren noch die Schwarzen dran! – Antje Hermenau, GRÜNE: Aber ganz viele Verkehrsminister von der SPD seit 1998!)
Herr Brangs, Sie rauben mir nur die Zeit. 1994 waren noch die Schwarzen dran, das stimmt genau. Ihr seid seit 1998 schuld.
Es lohnt sich, auf die langfristige Planung der Bahn zu sehen. Wenn Sie sich das „Bahnnetz 21“ – es war schon in der Diskussion – ansehen, dann wissen Sie ganz genau, welche Linien gebaut werden sollen und warum diese Planung so erfolgt. Herr Mehdorn hat nicht nur die irrige, wahnwitzige Vorstellung, ein internationaler LogistikPlayer sein zu müssen – und das noch mit deutschen Steuergeldern; wir haben also gar nichts davon –, sondern er hat auch die wahnwitzige Vorstellung, er müsse dem innerdeutschen Flugverkehr Konkurrenz machen. Deswegen sind alle Ausbaupläne darauf gerichtet, die Konzernzentralen zwischen München, Hamburg, Köln und Frankfurt miteinander zu verbinden. Leipzig hat noch Glück, weil es auf der Strecke zwischen München und Berlin liegt. Alles andere, was nicht an diesen Strecken liegt, fällt heraus.
Ich sage Ihnen: Diese Unternehmensstrategie kann man auch im Aufsichtsrat beeinflussen, indem man entscheidet, wer Vorstandsvorsitzender wird. Deswegen sage ich: Die SPD kann sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen. Frau Dr. Raatz, deswegen lasse ich es Ihnen auch nicht durchgehen, wenn Sie formal einfach darauf hinweisen, durch die Zweite Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes hätten wir keine Möglichkeiten mehr. Das mag ja so sein.
Aber es geht um die strategische Ausrichtung des Unternehmens Deutsche Bahn, und diese wird seit Jahren in die falsche Richtung gesteuert. Ihre Minister in Berlin sind dafür verantwortlich.
minister Jurk, zuständig auch für den Bahnverkehr, weigert sich, bei den Ausschreibungen für den Nahverkehr Servicestandards in die Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen. Damit ist er unmittelbar verantwortlich für die Serviceskandale, die sich die Deutsche Bahn und die Verkehrsverbünde hier leisten. Darüber können Sie auch mit Ihren wohlgesetzten Worten nicht hinwegtäuschen. Wir werden uns jedenfalls nicht davon abhalten lassen, das auch sehr genau auf den Punkt zu bringen.
Danke schön. – Das war die einreichende Fraktion. Wir gehen wieder der Reihe nach vor. Herr Heidan von der CDU, Sie haben das Wort.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Herr Heidan steht mit sich selbst im Wettbewerb, wie die Deutsche Bahn! – Frank Heidan, CDU: Sehen Sie, so ist das mit dem Wettbewerb!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der bisherigen Debatte haben wir viele Aspekte festgestellt, die eine jährlich wiederkehrende Preiserhöhung in keinem Fall rechtfertigen. Ich möchte aber noch auf einen Punkt aufmerksam machen: Ich bin auch froh, dass nicht nur ich gesagt habe, dass letztlich nur Wettbewerb das Problem der Fahrpreiserhöhungen löst.
(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja, aber welcher Wettbewerb? – Karl Nolle, SPD: Das sieht man ja an den Banken sehr gut! – Heiterkeit bei der Linksfraktion)
Der Bundesrechnungshof hat dieser Tage besorgniserregende Erkenntnisse vorgelegt. Die staatlichen Finanzkontrolleure verweisen in dem Entwurf eines Prüfreports auf zahlreiche Mängel, auf die das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde gestoßen sei und die größtenteils nicht abgestellt worden seien.
Seit Jahren gibt es Hinweise auf marode Streckenabschnitte. Wir brauchen da gar nicht so weit zu schauen. Ich denke an etliche Streckenkilometer Schiene in Sachsen. Es reicht nicht, dass Herr Mehdorn auf die Kritik des Rechnungshofes entgegnet, das seien Einzelfälle. Ich denke, wir in Sachsen haben einiges nachzuholen.
Statt anzupacken und das Netz grundlegend in Ordnung zu bringen, setzte und setzt der Konzernchef auf andere Schwerpunkte. Die Unternehmenspolitik der Bahn AG nährt den Verdacht, dass sie freie Hand will, um nach eigenem Gutdünken zu investieren: hier eine Milliarde Euro für eine US-Transportgesellschaft, dort eine Milliarde für den Einstieg in die Hamburger Hafengesellschaft. Für sich betrachtet mag das jeweils sinnvoll sein – das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen –, aber man hat den Eindruck, dass die Fahrpreiserhöhungen gerade
Die globale Expansion darf aber nicht dazu führen, dass die Bahn das Schienennetz vernachlässigt, in das der Staat direkt und indirekt über die Zuschüsse für den Regionalverkehr aus gutem Grund eine Menge Geld investiert. Wir brauchen intakte Strecken, um wettbewerbsfähige Verkehrspolitik zu ermöglichen. Was aus dem Netz wird, kann man nicht einem einzelnen Manager überlassen. Hier sind klare Vorgaben zu machen, die Infrastruktur zukunftsweisend auszubauen und zu vervollständigen.
Deshalb verlangt meine Fraktion angesichts der guten Ergebnisse der Bahn AG eine ordentliche Begründung der Fahrpreiserhöhung. Das ist nach unserer Ansicht noch nicht ausreichend erfolgt.
Wir wollen die Bahn AG nicht, wie es im Antrag der GRÜNEN zu vermuten ist, von vornherein mit Schelte belegen. Eine maßvolle Preispolitik ist unsere Zielsetzung, für die, wie unser Finanzminister dieser Tage gesagt hat, eine seriöse Rechnung eines vorsichtigen Kaufmannes zur Begründung vorzuliegen hat. Dies können wir aus dem bisherigen Verhalten und den Begründungen noch nicht ableiten.
Der Bund bezuschusst jährlich den Schienenverkehr mit rund 20 Milliarden Euro. Hier ist die Frage zu stellen, wofür die Fahrpreiserhöhung Verwendung finden soll. Der in meinem ersten Teil der Rede formulierte Gesichtspunkt zum Unternehmertum bei der Bahn bleibt dennoch gültig. Wenn aber Geld vom Bund eingesetzt wird, dann müssen derartige Fragen schon erlaubt sein, wie die Infrastruktur weiter ausgebaut wird. Von einer Einmischung in unternehmerische Angelegenheiten kann deshalb nach meiner Meinung nicht gesprochen werden. Hier geht es um Steuergeld, und das in nicht geringer Menge. Bei der Vermischung dieser Steuergelder mit der Höhe der Fahrpreise für die Kunden ist deshalb eine stichhaltige Begründung notwendig. Das fordern wir auch.