Protokoll der Sitzung vom 12.09.2008

Entwicklungen aus dem Bereich des Maschinenbaus, der Antriebstechnik, der Forschung im Bereich technischer Textil- und Verbundwerkstoffe, Elemente des Automobilbaus und der Strömungstechnik, der Treibstoffforschung, der Energietechnik, aber auch Elektrotechnik und Elektronik spielen in die Entwicklung neuer Produkte und Module der Luft- und Raumfahrt hinein. Allein schon aus dieser groben Aufzählung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie, wie komplex das Thema ist. Wir müssen auch konstatieren, dass diese Entwicklung gerade in der Luft- und Raumfahrt in anderen Bereichen unserer Wirtschaft ihren Niederschlag findet, so zum Beispiel im Automobilbau.

Dass das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit zwischenzeitlich unserem Ansinnen bereits gefolgt ist und die strategische Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft im Rahmen eines Netzwerkes unterstützen wird, sehen wir sehr positiv. Auch im Entwurf des Doppelhaushalts findet diese Zielstellung entsprechenden Niederschlag.

Es muss nun gelingen, schnellstmöglich alle Akteure zu bündeln, um für einen schnellen Erfolg zu sorgen und eine zielgerichtete Netzwerkarbeit zu ermöglichen. Diesen Wunsch verbinden wir auch mit der Vorstellung, dass eine derartige Unterstützung vom Willen aller Beteiligten geprägt sein möge, im Rahmen eines gemeinsamen Engagements zu einem schnelleren wirtschaftlichen Erfolg zu gelangen und auf eine staatliche Unterstützung in absehbarer Zeit zu verzichten – eine Forderung, die auch für die übrigen sächsischen Verbundinitiativen unserer Meinung nach in Erwägung gezogen werden sollte. Nur die finanzielle Beteiligung der Wirtschaft im Rahmen einer durch den Freistaat Sachsen degressiv bereitgestellten finanziellen Unterstützung sichert den Verbundinitiativen und Netzwerken aus unserer Sicht zukünftig die Akzeptanz der Wirtschaft.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Pecher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Raumfahrt beeinflusst unser tägliches Leben inzwischen stärker, als uns bewusst ist. Der eine oder andere merkt das, wenn er in der Stadt eine Straße sucht und die nette Stimme aus dem technischen Gerät ihm sagt, wo es langgeht.

In Deutschland hängen rund eine Million zukunftssichere Arbeitsplätze von der Luft- und Raumfahrtindustrie ab. Unmittelbar direkt in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie sind mehr als 70 000 Menschen beschäftigt, rund die Hälfte davon sind Hochschulabsolventen. Weitere gut 700 000 Menschen arbeiten in der Zulieferbranche für Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Die Luft- und Raumfahrttechnik ist damit eine der bedeutendsten Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft sowie ein Technologiemotor für die zukünftige Entwicklung, und sie ist auch ein positives Beispiel für einen ausgesprochen guten unternehmerischen Erfolg und für wirtschaftlichen Aufschwung. Auch in Sachsen – gestatten Sie bitte den Rückblick – hat insbesondere die Luftfahrtindustrie – die Raumfahrtindustrie würde ich hier nicht so in den Vordergrund stellen – Tradition. Der Flugzeugbau in Sachsen kann auf eine beeindruckende Historie zurückblicken. Bereits um 1920 begründete der hier geborene Erich Meyer die deutsche Segelflugbewegung, und, wie mein Kollege Hermsdorfer sagte, es wurde auch das erste Düsenstrahlflugzeug BAD 152 hier in Dresden, in der sächsischen Landeshauptstadt gebaut. 1960 beschäftigten die Firmen der DDR in der Luftfahrtindustrie rund 24 750 Menschen, davon 21 000 hier in Sachsen.

Der Neubeginn nach der Wende bestand für einige kleine und mittlere Unternehmen in Sachsen darin, sich an ihre Tradition zu erinnern und sich auf speziellen Gebieten der Luft- und Raumfahrttechnik als Zulieferer und Dienstleister zu bewerben. Bestes Beispiel dafür sind die Dresdner Flugzeugwerke, die wir als Fraktion selbst besichtigt haben und die ein eindrucksvolles Beispiel liefern, wie Technologie und Innovation für den Wirtschaftsstandort Sachsen gut sind.

(Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Außerdem beliefern zahlreiche sächsische Forschungseinrichtungen, die Institute der Fraunhofer-Gesellschaft und die Max-Planck-Institute mit ihren Erkenntnissen und wissenschaftlichen Untersuchungen die Firmen der Luft- und Raumfahrtindustrie. Folgerichtig gründete sich im November 2001 der Verein Kompetenzzentrum für Luft- und Raumfahrttechnik Sachsen e.V. Das LRT, das seit 2004 assoziiertes Mitglied des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie ist, hat die Interessenvertretung für die sächsische Luft- und Raumfahrttechnik übernommen und begonnen, ein regionales Netzwerk in Sachsen aufzubauen. Dabei konzentrieren sich die Aktivitäten vor allem auf die Bündelung regiona

ler Interessen, Koordination der beteiligten Unternehmen und Einrichtungen zur besseren Erschließung synergetischer Effekte, Akquise von Aufträgen für den Standort Sachsen, ganz besonders wichtig, Netzwerkbildung für engere Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung mit regionalen Industriepartnern und natürlich die Identifikation von Marktnischen.

Meine Damen und Herren! 2007 gab es in Sachsen 27 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Dienstleister im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die dort beschäftigten 5 000 Mitarbeiter erwirtschaften jährlich einen Umsatz von circa 540 Millionen Euro mit einer Steigerung von 35 %, bundesweit sind das 22 %, zwischen 2004 und 2006. Im gleichen Zeitraum stieg erfreulicherweise auch die Zahl der Beschäftigten um 14 %.

Aufgrund des steigenden Luftverkehrsaufkommens ist die Luftfahrtindustrie weltweit kontinuierlich auf Wachstumskurs, an dem die sächsischen Unternehmen auch weiterhin teilhaben wollen, um hier besonders die Herausforderungen der Energiekrise zu meistern, also günstiger im Luftverkehr zu agieren, Treibstoff einzusparen bzw. nach vollkommen neuen Lösungen zu suchen.

Die überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen der Branche in Sachsen haben nur durch Kooperation die Chance, als kompetente und wettbewerbsfähige Partner in die Zulieferer- und Dienstleistungsketten der weltweit wenigen großen Verkehrsflugzeugbauer aufgenommen zu werden. Deshalb wurde Mitte 2008 die Aerospace Initiative Saxony, kurz AIS, ins Leben gerufen mit dem Ziel, innovative Projekte anzuschieben und so Markteintrittsbarrieren zu mindern. Gefördert wird die Verbundinitiative von 2008 bis 2010 mit immerhin 750 000 Euro. Damit soll ein regionales Netzwerk der Luft- und Raumfahrttechnik entwickelt werden, das Forschung und Wirtschaft miteinander verbindet; denn nur durch diese Kooperation können Wachstumspotenziale erschlossen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass der Cluster Luft- und Raumfahrttechnologie ein sich selbst tragender Wachstumskern ist. Er umfasst schon eine kritische Masse an Unternehmen, Arbeitskräften und technologischem Know-how. Die zunehmende Spezialisierung der Unternehmen verspricht ein hohes Maß an Innovationsfähigkeit und Wachstumspotenzial. Die Hightechbranche Luft- und Raumfahrtindustrie bündelt nahezu alle strategischen Schlüsseltechnologien. Mit ihren Forschungs- und Entwicklungsergebnissen sowie ihrem technologischen Know-how strahlt sie auf viele Industriezweige aus und fördert so die Region als technologieorientierten innovativen Industriestandort. Der Freistaat Sachsen ist hier auf einem guten Weg. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Für die Linksfraktion spricht Herr Abg. Hilker; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hermsdorfer und Herr Pecher, ich verstehe nicht so recht, worum es Ihnen geht. De facto haben Sie den Bericht der Staatsregierung vorweggenommen, und zwar genau den Bericht, den Sie mit Ihrem Antrag eingefordert haben.

(Beifall bei der FDP, den GRÜNEN und vereinzelt bei der NPD)

Um zum Ursprungstext zu kommen. Das Thema ist „Kompetenzen der Luft- und Raumfahrttechnik in Sachsen stärken“. Und dann kommt es: Der Landtag möge beschließen, die Staatsregierung zu ersuchen, dem Landtag zu berichten,

erstens, wie sich die Branche der Luft- und Raumfahrttechnik im Hinblick auf Umsatz und Arbeitsplätze entwickelt hat;

zweitens, über welche Bildungs- und Forschungskapazitäten Sachsen im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik verfügt;

drittens, wie die Staatsregierung die Zukunftschancen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Sachsen auch unter Berücksichtigung der am 1. April 2008 gestarteten Verbundinitiative einschätzt;

viertens, welche Aufgaben und Ziele die Verbundinitiative verfolgen soll; und

fünftens, welche Unterstützung der Verbundinitiative die Staatsregierung über welchen Zeitraum plant.

Vier Wochen nach Eingang Ihres Antrages sagt Ihnen Staatsminister Jurk zu, dass, wenn der Landtag oder der zuständige Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit diesen Antrag beschließen wird, er natürlich diesem Wunsch nachkommt und einen entsprechenden Bericht vorlegt. Sie hätten also diesen Bericht abwarten können bzw. liegt dieser Bericht mittlerweile vor, weil der Kollege Schmalfuß von der FDP-Fraktion genau Ihr Antragsbegehren in Fragen gekleidet und der Wirtschaftsminister Anfang September dieses Jahres darauf geantwortet hat.

Ich denke, es ist nicht angemessen, an dieser Stelle nur das zu wiederholen, was wir alle wissen, um die Probleme zu beschreiben, sondern der Landtag sollte vielleicht auch beschließen, wie die Probleme gelöst werden sollen. Und dazu war von Ihnen, Herr Hermsdorfer, und von Ihnen, Herr Pecher, kein Wort zu vernehmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist meiner Meinung nach hinfällig. Gestatten Sie mir aber noch zwei Worte zu diesem Antrag. Ich würde die Koalitionsfraktionen doch bitten, wenn sie von Dritten abschreiben, dies in ihrer Begründung auch zu kennzeichnen. Wenn Sie also einfach wortwörtlich Zitate von den Flyern der Aerospace

Initiative übernehmen, würde es sich doch schon gehören, dies zu kennzeichnen.

Zum Zweiten steht die Frage: Warum muss diese Initiative überhaupt gefördert werden? Es gibt das Institut für Luft- und Raumfahrttechnik Sachsen und Thüringen. Die Masse der Unternehmen, die an der jetzigen Initiative beteiligt ist, war auch schon an dieser Initiative beteiligt. Die Frage ist: Warum brauchen wir eine neue Gesellschaft? Warum brauchen wir ein neues Netzwerk? Warum brauchen wir eine neue Struktur? Warum müssen wir über drei Jahre hinweg zusätzlich 57 000 Euro ausgeben? Ja, weil eine neue Gesellschaft, die GWT, die jetzt zur TU Dresden gehört, beteiligt werden soll. Ich kann darin für den Freistaat Sachsen, für die Unternehmen keinen Mehrwert erkennen.

Vielleicht gelingt es ja Wirtschaftsminister Jurk, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Meinetwegen können Sie über den Bericht abstimmen lassen; Sie können einen neuen Bericht einfordern. Das heißt de facto nur, dass Sie mit den Antworten von Staatsminister Jurk auf die Kleine Anfrage von Herrn Schmalfuß nicht zufrieden sind.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion; Herr Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun ist es also endlich soweit: Nach mehrmaligem Absetzen können wir hier und heute über die sächsische Luft- und Raumfahrt reden. Doch weshalb, meine Damen und Herren, wurde nur die Luft- und Raumfahrttechnik auserwählt und nicht auch die ebenfalls noch taufrische Verbundinitiative Erneuerbare Energien? Will man damit im nächsten Monat mit dem Antrag die Lücke füllen oder eignet sich dieses Thema aufgrund des energiepolitischen Streits innerhalb der Regierungskoalition erst gar nicht für einen Antrag?

Vielleicht wurde aber auch der vorliegende Antrag nur deshalb gestellt, weil Herr Staatsminister Jurk in seiner Rede zu den Verbundinitiativen vor einigen Monaten nicht eine Silbe zur Luft- und Raumfahrttechnik verloren hat. Mag sein, dass es ihm peinlich war, die sächsische Luft- und Raumfahrttechnik großartig zu thematisieren, wenn man sich vor nicht allzu langer Zeit anlässlich einer Anhörung sagen lassen musste, dass es im Freistaat mit der Breitbandversorgung des Internets nicht weit her sei. Kein Internet, aber Weltraumpolitik – vielleicht auch nicht unbedingt sehr volksnah.

Aber, meine Damen und Herren, CDU und SPD möchten mit ihrem Antrag in Erfahrung bringen, wie sich die LRI mit Blick auf Umsatz und Arbeitsplätze entwickelt hat. Herr Pecher hat sich eigentlich schon einen Großteil des vorliegenden Antrages selbst beantwortet. In Sachsen lag der gesamte Umsatz zuletzt bei 540 Millionen Euro und davor zwischen 2004 und 2006 gab es eine Steigerung um 35 %. Die Zahl der Beschäftigten stieg um 14 % und

betrug im Jahr 2007 in 27 Unternehmen 4 660 Beschäftigte – davon 1 143 bei der EADS Elbeflugzeugwerke GmbH Dresden. Zur Frage nach Art und Zeitraum der Unterstützung der Verbundinitiative, die CDU und SPD in dem Antrag bewegen, lässt eine Pressemitteilung des SMWA wissen, dass die Verbundinitiative von 2008 bis 2010 mit 750 000 Euro gefördert werden soll.

Zu nachgefragten Forschungs- und Bildungskapazitäten wird seitens der Staatsregierung auf das aus der TU Dresden ausgegründete universitäre Zentrum für Luft- und Raumfahrt (UZLR) und die Ausbildung von Ingenieuren verwiesen werden.

Sie sehen, meine Damen und Herren, im Großen und Ganzen handelt es sich eben doch nur um einen Schaufensterantrag, der als Plattform einer Selbstdarstellung der Leuchtturmpolitik der Staatsregierung dienen soll. Dies wird noch klarer, wenn man sich die Schwerpunkte der sächsischen Luft- und Raumfahrttechnik betrachtet, die ein Abbild der milbradtschen Leuchtturmphilosophie zeichnen. Mit Ausnahme vielleicht der Oberlausitzer Luftfahrttextilien GmbH liegen die Schwerpunkte in Dresden und Freiberg – womit sich die Frage stellt, inwieweit die Staatsregierung mit ihrer Förderung der Verbundinitiativen auch raumordnungspolitische Ziele verfolgt.

Mit dem Konzept der Verbundinitiativen und/oder der Clusterbildung sollen die Nachteile der Kleinteiligkeit kompensiert werden, um insbesondere die mittelständische Unternehmenslandschaft am Leben zu halten. Das ist betriebs- und volkswirtschaftlich mit Sicherheit löblich. Doch würde die NPD-Fraktion es begrüßen, wenn der Kriterienkatalog des förderwürdigen Clusterkonzeptes um Kompensationswirkungen benachteiligter Regionen erweitert würde. Dass dies so nicht gedacht war, ist speziell an der Verbundinitiative Luft- und Raumfahrt ersichtlich; und dass dies noch nicht vorgesehen ist, ist aus dem defizitären Fragenkatalog des vorliegenden Koalitionsantrages abzuleiten.

In der Hoffnung, aufgrund unserer Kritik dennoch eine akzeptable Auskunft der Staatsregierung provoziert zu haben, wird die NPD-Fraktion aber dem vorliegenden Berichtsantrag leidenschaftslos zustimmen können.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP; Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Laut Überlieferungen beendete der Römische Senator Cato alle seine Reden mit dem gleichen Ausspruch: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“

Wenn man sich eine Vielzahl der Anträge der Fraktionen der CDU und der SPD anschaut – wie auch den vorliegenden –, ist man versucht, seine Rede stets mit dem

gleichen Ausspruch zu beginnen: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es die Möglichkeit der Kleinen Anfrage gibt.“