Dass diese bisher im Freistaat Sachsen anerkannte Regel nunmehr gekippt wurde, galt doch das sächsische Modell als führend, offenbart, dass es ein wirklich gravierendes Problem in der BRD mit der Familienförderung gibt.
Dabei standen die Zeichen des sächsischen Modells anfänglich nicht schlecht. Auch die Länder Bayern und Hessen beachteten den finanziellen Aspekt. Wir sprechen ja bundesweit von „lediglich“ 25 Millionen Euro. Das ist eine geringe Summe, meine Damen und Herren von CDU und SPD, wenn man sie mit den Summen vergleicht, die Sie nun unfähigen Bankern hinterherwerfen müssen.
Dass aber das von SPD und Linken regierte Berlin sich dem dennoch nicht anschloss, offenbart, dass es gerade dort ein Problem gibt, wo es eine rot-rote Koalition gibt. Dies, meine Damen und Herren, verwundert allerdings nicht, wäre durch die Übernahme des sächsischen Modells Berlin ein hauptlasttragendes Land. Einmal mehr zeigt sich, dass aus rot-rot nicht dunkelrot wird, sondern ein Unglück für die Menschen erwächst.
Meine Damen und Herren! Sachsen rühmt sich immer wieder verbal, dass die Kinderfreundlichkeit verbessert werden muss. Natürlich ist dies anhand der katastrophalen demografischen Situation sicherlich richtig. Wenn es aber darum geht, dies auch in der Praxis wirklich umzusetzen und gegenüber den anderen Bundesländern standhaft zu bleiben, klafft zwischen Wort und Tat eine unüberbrückbare Lücke. Das Einknicken der Sächsischen Staatsregierung gegenüber den anderen Ländern, zumindest das Mindestelterngeld keiner indirekten Besteuerung zu unterziehen, ist nicht nur unsolidarisch, vielmehr ist es eine tatsächliche Steuer auf eine steuerfinanzierte, in großen Teilen sogar soziale Leistung. Das war und ist erneut ein großer Fehler zum Nachteil der Familien im Land. Dem darf dieses Parlament nicht weiter tatenlos zusehen. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.
Das war die einreichende Fraktion. Es spricht jetzt Herr Rohwer von der CDU-Fraktion für die Koalition.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über Kinder freuen wir uns alle, glaube ich, auch in diesem Hohen Haus.
Das kann ich aus eigener Erfahrung in diesem Jahr sagen. Ich will auch an dieser Stelle noch einmal die Gelegenheit nutzen, meinem Kollegen Krauß zur gestrigen Geburt seines Sohnes herzlich zu gratulieren.
Kinder sind keine Plagiate, Kinder sind Realität. Aber Plagiate gibt es nicht nur in der Wirtschaft, die gibt es eben auch in der Politik.
Wer könnte dies nicht besser wissen als die NPDFraktion, hat sie doch mit dem gerade vorgestellten Antrag nichts anderes als ein Plagiat produziert. Den Progressionsvorbehalt des Mindestelterngeldes abzuschaffen ist wahrlich keine neue Idee.
Dass das Elterngeld zum Einkommen hinzugerechnet wird und sich somit auf das Familieneinkommen negativ auswirken kann, hat die sächsische Union bereits vor geraumer Zeit angeprangert. Ein sächsischer Antrag, basierend auf der Regierungsmehrheit von CDU und SPD, wurde bereits in diesem Jahr im Bundesratsfinanzausschuss verhandelt; um genau zu sein am 4. September 2008, um Ihrem lückenhaften Gedächtnis auf die Spur zu helfen, verehrte Dame und verehrte Herren von der NPDFraktion.
Leider hat der Initiativantrag der Sächsischen Staatsregierung damals keine Mehrheit finden können. Damit ist die Initiative keineswegs gestorben. Die Konferenz der haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktionen in den Bundesländern hat am 7. Oktober entschieden, diesen Antrag neu aufzurollen. Demnach soll das Mindestelterngeld nicht auf das Familieneinkommen angerechnet werden, so wie es bereits im Freistaat Sachsen Praxis war. Diese Bundesratsinitiative Thüringens unterstützen die Unionssprecher einstimmig.
Sie sehen, meine Dame und meine Herren von der NPD: Die CDU – und ich denke auch die Sächsische Staatsregierung – ist sehr gut in der Lage, ihre Anträge selbst einzubringen, um die Menschen in unserem Land zu unterstützen.
Sie sehen: Wir waren wieder einmal schneller und haben die Bedürfnisse der Menschen wahrgenommen. Nun sind wir optimistisch, im Bundesrat eine Mehrheit für diesen Initiativantrag zu finden. Dafür brauchen wir nicht die NPD, und dafür werden wir sie auch nie brauchen.
Mir fallen da spontan einige Dinge ein. Vielleicht versucht die NPD wieder einmal eine Debatte über das Elterngeld und die Familien in Deutschland anzuschieben. Also gut, lassen Sie uns über Ihr Familienbild und jenes der demokratischen Parteien sprechen.
Haben Sie, Frau Schüßler, nicht selbst gesagt, das Elterngeld sei eine Mogelpackung, ein vergiftetes Geschenk, fördere ausschließlich die Berufstätigkeit der Mutter und reduziere die Frauenrolle auf ihre wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit?
Es ist schon komisch, dass die NPD trotz dieser Äußerungen, die kaum älter als ein Jahr sind, heute so scheinheilig für das Elterngeld eintritt. Hier zeigt sich erneut zweierlei: Zum einen zeigt sich die Ideenlosigkeit dieser Partei. Erst lehnt sie das Elterngeld getreu ihrer eigenen Oppositionsrolle ab und anschließend steht sie für dieses ein. Das macht uns allen in diesem Hohen Hause klar: Nicht das Elterngeld, sondern die NPD ist eine Mogelpackung.
Sie sagen: Die Rechte der Frauen und Männer sollen gleich sein, ihre Pflichten aber unterschiedlich.
Sie sagen: Die Männer sollen der Erwerbsarbeit nachgehen und die Frauen die Kinder hüten und die Haushaltspflege übernehmen.
Sie wollen die Frauen aus der Erwerbsarbeit zurückholen in die Unmündigkeit, zurück zur männlichen Dominanz in der Gesellschaft.
Vermutlich haben Sie in den letzten Jahren einfach einiges verpennt. Frauen entscheiden zum Glück selbst, wie sie ihr Familienleben regeln und wie sie es mit dem Beruf vereinbaren möchten. Männer nehmen ihre Vaterrolle wahr, indem sie immer mehr Zeit und Pflege in die Familienarbeit investieren. Frauen lernen zu akzeptieren, dass sie nicht ihre Familienarbeit verlieren, sondern einen Beruf dazugewinnen. Und Männer lernen zu akzeptieren, dass sie nicht ihren Beruf verlieren, sondern Familienarbeit hinzugewinnen.
Dies ist ein Gewinn unserer demokratischen Gesellschaft. Aber wie soll das eine Partei verstehen, die sich in einen pseudodemokratischen Umhang hüllt und darunter antidemokratische Gesinnung vertritt?
Dies können Sie wahrlich nicht verstehen. Mit dieser eingeschränkten, rückwärtsgewandten Sichtweise ist es fast logisch, dass die NPD ein Familienbild vertritt, welches jeglicher Grundlage entbehrt.
Die Familie ist das Herzstück der Gesellschaft. Das wird sie auch immer bleiben. Das Elterngeld tastet die Familienstrukturen nicht an. Es fördert vielmehr die Familienfreundlichkeit unseres Landes. Das Elterngeld schafft darüber hinaus Wahlmöglichkeiten.
Frauen entscheiden endlich selbst, ob sie sich alleinig ihrer Mutterrolle widmen oder das Muttersein mit der Berufstätigkeit verbinden wollen. Das ist gut so und so soll es sein.
Frau Schüßler, angesichts dieser Tendenzen wundert es mich doch stark, dass Sie als Frau doch ein ganz anderes Familienbild repräsentieren, als es die NPD propagiert. Ich erinnere an das, was Sie gesagt haben und was ich Ihnen vorhin vorgehalten habe. Sie scheinen durch Ihre Arbeit im Parlament Berufstätigkeit und Familie gut miteinander vereinbaren zu können. Trauen Sie dies anderen Frauen etwa nicht zu? Sehen Sie sich Ihren Wählerinnen überlegen? Das widerspricht doch aber der Volksnähe, von der Sie stets und ständig sprechen, die Sie aber augenscheinlich nicht realisieren.
Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie sehen, die NPD ist nicht nur eine Mogelpackung, sie ist auch ein Widerspruch in sich. Was hat sich die NPD mit diesem Antrag gedacht?, möchte man noch einmal fragen. – Nicht viel! Denn wie so oft ist es ihr nicht gelungen, ihren Antrag bis zum Ende zu denken. Diese eindimensionale Denkweise der NPD-Fraktion ist uns in diesem Hohen Hause mal wieder nicht erspart geblieben. Es wird Ihnen nicht gelingen, meine Dame und meine Herren der NPD, den Sächsischen Landtag für die Zustimmung zu einem Antrag zu instrumentalisieren, der lediglich eine Wiederaufbereitung unseres Antrages ist.
Halten wir den Gedanken, das Mindestelterngeld vom Progressionsvorbehalt auszunehmen, für gut, dann nur, weil wir ihn selbst vor einigen Monaten vorgeschlagen haben. Sie können nicht wirklich glauben, dass die sächsische Koalition auf Ihren getarnten Oppositionszug aufspringen wird. Dies tun wir weder uns, aber vor allem nicht den sächsischen Menschen an, die uns mit Abstand am stärksten das Vertrauen geschenkt haben. Um einen eigenen Antrag mehrheitsfähig zu machen, brauchen wir sicher nicht die NPD. Das haben wir während der gesamten Legislaturperiode nicht gebraucht, und dies wird auch in Zukunft nicht der Fall sein. Deshalb lehnt die Koalition diesen Antrag ab.
Meine Damen und Herren! Nach meinen Unterlagen hat keine Fraktion einen weiteren Redner gemeldet. Frau Schüßler, sprechen Sie noch einmal im Rahmen der Redezeit? – Bitte schön, die beantragende Fraktion mit ihrer zweiten Sprecherin. Sie haben noch sieben Minuten zur Verfügung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Herrn Rohwer würde ich jetzt gern wieder auf unseren Sachantrag zu sprechen kommen.
Ich freue mich natürlich, dass sich Herr Rohwer mit den Publikationen vom Ring Nationaler Frauen beschäftigt. Aber ich fürchte, er hat die Sache noch nicht so richtig verstanden. Jedenfalls komme ich jetzt wieder auf ein Niveau zurück, das unsere Wählerinnen und Wähler, unserer Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten können.
Wie mein Kollege Delle vorhin schon ausführte, sprechen wir nicht von einer größeren Haushaltsbelastung – im Gegenteil! Es geht vielmehr allein um die politische Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit dem Elterngeld. Der großen Worte gab es ja vor und nach der Einführung zum 1. Januar 2007 viele, auch was die angebliche Steuerfreiheit anbelangt – eine Steuerfreiheit allerdings, die durch den Progressionsvorbehalt eben so nicht vorhanden ist.
Mit dem Elterngeld, meine Damen und Herren, fand nicht nur eine Kürzung der Erziehungszeit von ehemals drei Jahren auf zwölf bzw. maximal 14 Monate statt; der Mindestsatz wurde auch gekürzt. Davon, dass das Mutterschaftsgeld auch noch auf das Elterngeld angerechnet wird, will ich gar nicht erst reden. Aber schon die Tatsache, dass der Mindestsatz durch den Progressionsvorbehalt nun auch noch im Freistaat weiter abgeschmolzen wird, relativiert doch die Aussagen der Verantwortlichen, und darüber kann auch unser Landeserziehungsgeld, das durchaus lobenswert ist, nicht hinwegtäuschen. Es stellt sich jetzt durch das Einknicken der Sächsischen Staatsregierung beim Elterngeld gegenüber den anderen Ländern nur noch wie ein Feigenblatt dar.
Das Mindesterziehungsgeld beträgt 300 Euro monatlich. Der Lohnsteuerhilfeverein Hessen errechnete auf Basis eines Jahreseinkommens von 22 000 Euro die Belastung durch den Progressionsvorbehalt mit etwa 365 Euro. Damit fließen also etwa 10 % des Mindestelterngeldes als indirekte Steuer zurück. Es beträgt also tatsächlich nicht 300 Euro, es sind dann nur noch 270 Euro. In diesem Zusammenhang dann noch von Steuerfreiheit zu sprechen ist schon ziemlich kühn.