Protokoll der Sitzung vom 15.10.2008

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Dann nehmen wir es aus dem Haushalt!)

Wir haben unser Ziel immer klar formuliert. Wir sind ein familienfreundliches Land und wir wollen gern weiterhin ein familienfreundliches Land bleiben.

Herr Krauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Neubert?

Herr Neubert, bitte.

Herr Krauß, ich habe Ihnen zugehört: Sie haben jetzt zweimal dreistelliger Millionenbetrag gesagt. Wie kommen Sie darauf?

Nehmen Sie sich Punkt II vor und rechnen Sie einmal zusammen: Dort ist eine kostenlose Kindergartenbetreuung gemeint – auch Krippe kann man darunter verstehen. Das heißt: Von null bis sechs Jahren – so interpretiere ich das – soll alles kostenlos sein. Wir wissen, dass allein das letzte Kindergartenjahr 37 Millionen Euro kostet. Jetzt können Sie einmal ausrechnen, was in sechs Jahren zusammenkommt.

Kommen wir zu Punkt I: Dann wissen wir, was die Schlüsselveränderungen kosten. Ich möchte keine Rechnung vornehmen, denn das kann sich jeder selbst an einer Hand abzählen. Man braucht 15 Millionen Euro. Zusätzlich braucht man vielleicht, wenn man das Schulvorbereitungsjahr weglassen will, noch einmal 7 Millionen Euro. Wir haben darüber gesprochen, dass der Ausgleich über die Pauschale betreffend die Betriebskosten erfolgen soll. Auch dort hat der SSG eine Aufstellung vorgenommen. Sie können sich gern die Aufstellung ansehen und zusammenrechnen. Dort geht es ja nicht um eine Erhöhung von 50 Euro für die Pauschale, sondern dazu gehören noch ganz andere Summen.

Sie kommen allein mit den Betriebskosten auf ein dreistelliges Ergebnis, wenn Sie den Forderungen nachgeben, die der SSG formuliert.

Wir haben immer Wert auf die frühkindliche Betreuung und auf den Kindergarten gelegt. Das ist keine Frage. Seitdem diese Regierung amtiert, haben wir in den frühkindlichen Bereich einen dreistelligen Millionenbetrag dazugelegt. Wir haben den Schwerpunkt auf den Bildungsplan und auf gute Kindertagesstätten gesetzt. Wir haben ein Kita-Investprogramm, das insgesamt mit 15 Millionen Euro Landesmitteln plus zusätzlichen Mitteln des Bundes gefördert wird.

Wir haben im vorgelegten Haushaltsentwurf der Staatsregierung – das kann man sich einmal spaßeshalber anschauen – eine deutliche Erhöhung von 308 Millionen Euro auf 349 Millionen Euro und dann auf 350 Millionen Euro. Es ist noch einmal deutlich Geld für den Kita-Bereich in die Hand genommen worden. Wer das abstreitet, der verkennt die Realität. Das muss man einmal so deutlich sagen.

Klar ist natürlich auch, dass der Kita-Bereich nicht unser einziger Schwerpunkt ist. Wir haben auch weitere Punkte, die uns wichtig sind, wenn wir über Familienfreundlichkeit reden. Wir sind eines der wenigen Bundesländer – drei andere gibt es noch –, welches ein Landeserziehungsgeld vorweisen kann. Dafür geben wir 30 Millionen Euro aus. Außerdem geben wir Geld für Familienerholung aus. Es ist ein ganz breites Spektrum vorhanden, in dem wir eine ganze Menge tun. Es heißt natürlich auch, dass wir in dem Bereich mehr tun wollen. Das ist klar. Die Familienpolitik ist eines der Kernanliegen, die die CDU hat. Wie gesagt: Diesen Weg wollen wir weiter gehen. Ihr Antrag ist leider nicht sehr dienlich. Sie sollten sich in die Haushaltsberatungen einbringen und ganz klar sagen, woher Sie diese Abermillionen, die Sie fordern, nehmen wollen.

Danke schön.

Danke schön. – Ich erteile nun Herrn Neubert das Wort. Herr Neubert spricht für die Linksfraktion; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition will den Betreuungsschlüssel in Kindergärten – nur davon reden wir – von 1 : 13 auf 1 : 12 verändern. Dazu einige einführende Anmerkungen.

Erstens. Ein Betreuungsschlüssel von einer Erzieherin auf zwölf Kinder stellt keineswegs eine besonders neue Qualität im Kontext der aktuellen Diskussion um frühkindliche und vorschulische Bildung dar. Es ist lediglich die Rückkehr zu einem Standard, den wir vor dem derzeit gültigen Kita-Gesetz schon einmal hatten. Dieser Betreuungsschlüssel war in den Neunzigerjahren bereits sächsische Realität.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Genau!)

Zweitens. Die Veränderung des Betreuungsschlüssels ist in keiner Weise ausreichend, um die Aufgaben aus dem Sächsischen Bildungsplan zu erfüllen, um die notwendigen Vor- und Nachbereitungszeiten und die notwendigen Zeiten für Fort- und Weiterbildung zu sichern. Sowohl die Wissenschaft als auch die Träger weisen mit Recht darauf hin, dass wir eigentlich eine ganz andere Personalausstattung in den Kitas benötigen. Ich nehme an, auch Sie haben die vielen Briefe bekommen.

Drittens. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels hinkt um Jahre der Forderung der Linken hinterher. Ich erinnere nur daran, wie Sie, meine Damen und Herren von der CDU, diesen Antrag Jahr für Jahr und dann

immer wieder in den Haushaltsverhandlungen abgelehnt haben. Jetzt allerdings, wo Sie endlich eine Verbesserung einführen wollen, sind Sie damit schon nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wahlkampf!)

Ich verweise an der Stelle nur auf eine Studie der Parität, die als inhaltliche Notwendigkeit einen Betreuungsschlüssel 1 : 10 einfordert. Aber dennoch, die Verbesserung des Betreuungsschlüssels ist natürlich zu begrüßen. Diese kostet jedoch auch Geld. Nach unseren Berechnungen sind es 35 Millionen Euro. Deswegen, Herr Krauß, hatte ich auch die Frage gestellt, weil wir beim besten Willen nicht auf einen dreistelligen Millionenbetrag kommen. Das ist natürlich etwas platte Polemik, die Sie hier vortragen. Aber dieses Geld muss irgendjemand bezahlen, und darum geht der Streit.

Nach der Logik des Sächsischen Kita-Gesetzes werden alle Betriebskosten – dazu gehören auch die Personalkosten – bis zu 30 % von den Eltern bezahlt. Das heißt, auf die Eltern kämen Beitragserhöhungen von über 10 Millionen Euro zu. Bereinigt man dies um jenen Beitrag, der wegen niedrigen Einkommens von den Kommunen bzw. Landkreisen übernommen wird, bleiben immer noch 7 Millionen Euro, welche auf den Eltern lasten.

Meine Damen und Herren von der FDP, will man dies wirklich ernsthaft verhindern, hilft ein Appell an die Staatsregierung oder ein einfacher Landtagsbeschluss leider nicht allzu viel. Es bleibt dafür nur ein Weg: Wir müssen das Sächsische Kita-Gesetz ändern und die Obergrenze für den Elternbeitrag deutlich senken. Wir als Fraktion DIE LINKE werden einen solchen Vorschlag in den Haushaltsberatungen zum Haushaltsbegleitgesetz vorlegen. Ich hätte hier gern etwas von der Koalition dazu gehört, was sie denn zu tun gedenkt. Herr Krauß, Sie haben ja recht, dass der Landtag dafür zuständig ist. Aber ein Vertrösten darauf, dass Sie sich im Arbeitskreis damit beschäftigen, halte ich für ein bisschen zu kurz gegriffen.

Der Freistaat übernimmt laut Haushaltsentwurf und Haushaltsbegleitgesetz nur 14 Millionen Euro, das heißt circa 40 % der Mehrkosten. Der Rest bleibt an den Kommunen hängen. Diese wehren sich natürlich zu Recht und laufen Sturm gegen diese ungeplanten Mehrausgaben. Der Freistaat und der Landtag müssen klipp und klar erklären: Ja, wir übernehmen diese Mehrkosten in Gänze. Das ist der Sinn des Antrages. Ich denke, das kann man als Landtag heute hier darstellen. Andernfalls werden landauf, landab wieder viele Kämmerer Schlupflöcher suchen und sie werden sicher welche finden, wie stets in der Vergangenheit. Das geschah beispielsweise durch den Ausschluss von Kindern aus der Kindertagesbetreuung. Es gibt leider nach wie vor in Sachsen einen bunten Flickenteppich von formalen oder faktischen Zugangsbeschränkungen. Zu den faktischen Zugangsbeschränkungen gehören übrigens die Warteschlangen für einen Krippenplatz, insbesondere in den sächsischen Großstädten. Genau deshalb ist es erforderlich, die Bundesmittel

zum Krippenausbau konsequent in den Krippenausbau zu stecken. Berichte über Rückforderungen wegen Zweckentfremdung irritieren da schon etwas. Dazu erwarte ich heute von der Sozialministerin selbstverständlich klärende Worte. Offensichtlich findet der Kunstgriff, das Geld in der Kita-Pauschale verschwinden zu lassen, ohne diese wenigstens für die Krippenkinder zu erhöhen, keinen Beifall auf Bundesebene.

Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sollten jetzt nicht aus Prinzip auf stur stellen, sondern sich bewegen. Ich denke, die Bedenken auf Bundesebene könnten beispielsweise aus der Welt geschafft werden, wenn eine differenzierte Landespauschale für Krippenkinder eingeführt wird und dort die Bundesmittel zugeschlagen werden. Man sollte mit den zusätzlichen Bundesmitteln auch endlich die Gelegenheit beim Schopfe packen, den Rechtsanspruch auf den Krippenbereich auszuweiten und damit Zugangsbeschränkungen endlich per Gesetz zu verhindern. Das wären Möglichkeiten, die wir mit diesen Bundesmitteln, die nach Sachsen kommen, endlich Realität werden lassen könnten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen heute Abend nicht alle Debatten der letzten Jahre zum wiederholten Male führen. Für heute würden drei klare Ansagen von der Staatsregierung reichen:

Erstens. Wir senken die prozentuale Höhe des Elternbeitrages und halten ihn damit absolut konstant.

Zweitens. Die Kita-Pauschale wird nicht um 75 Euro, sondern um mindestens 180 Euro erhöht, damit die Kommunen nicht auf den Kosten sitzen bleiben.

Drittens. Es wird dafür Sorge getragen, dass die zusätzlichen Bundesmittel für Qualitätssteigerungen im Krippenbereich genutzt werden und damit die Gefahr einer möglichen Rückforderung durch den Bund gebannt wird.

Das sind die Minimalforderungen. Wenn diese erfüllt sind, können wir hier über das eigentlich Notwendige in der frühkindlichen Bildung sprechen. Dazu gehört auch ein Stufenplan zur schrittweisen Einführung der Kostenfreiheit im Kita-Bereich, den wir hier bereits mehrfach eingefordert haben und der bisher immer an der Mehrheit in diesem Haus gescheitert ist.

Dem vorliegenden Antrag werden wir zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Danke schön. – Frau Dr. Schwarz, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Neubert, wenn Sie Antworten von der Staatsregierung erwarten, so überfordern Sie eigentlich heute unsere Ministerin, denn sie hat ja den Gesetzentwurf als Staatsregierung in den Landtag eingebracht. Wir sind letztlich – worauf mein Kollege bereits hingewiesen hat – der Gesetzgeber und können diesen Entwurf der Staatsregierung dort, wo es

gemeinsam machbar ist, korrigieren. Überfordern Sie die Ministerin also nicht.

Frau Dr. Schwarz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dr. Hahn.

Frau Dr. Schwarz, weil Sie jetzt wieder auf den Landtag hingewiesen haben, wollte ich Sie nur fragen, ob es nicht möglich und schon mehrfach geschehen ist, dass die Staatsregierung Nachschiebelisten macht, damit ihren eigenen Haushaltsentwurf verändert und dem Landtag eine neue Vorlage liefert. Wäre das in diesem Falle nicht der einfachste und schnellste Weg, zu einer Korrektur zu kommen?

Damit überfordern Sie die Ministerin erst recht, Kollege Hahn, denn Herr Neubert wartet ja heute auf Antworten. Bis jetzt ist zumindest mir keine Nachschiebeliste bekannt.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Das ist aber nicht in Ordnung!)

Aber weiter zum FDP-Antrag: Dieser möchte die Staatsregierung auffordern, ein Maßnahmenpaket zur Entlastung von Familien vorzulegen. Gemeint ist aber natürlich: Wie ist die Finanzierung des erwarteten Personalschlüssels auf den Weg zu bringen?

Ich kann den Aufschrei der Kommunen gut verstehen, waren sie doch bemüht, die Elternbeiträge verträglich zu gestalten. Das Kita-Gesetz gibt ihnen den entsprechenden Rahmen. Sie haben das genannt, Frau Kollegin Schütz. Das sind 20 bis 30 %. Kollege Neubert hat von „bis 30 %“ gesprochen und auf dieser Basis seine Berechnungen gemacht. Sie wissen aber ganz genau, Herr Kollege Neubert, dass nicht alle Kommunen bis an die Obergrenze gehen. Das zu verschweigen und daraufhin die Finanzierung vorzunehmen ist auch nicht korrekt.

(Zuruf des Abg. Falk Neubert, Linksfraktion)

In unserem Kita-Gesetz gibt es dafür einen flexiblen Rahmen. Vergessen darf man dabei natürlich nicht, dass die Absicherung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz und die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots für einen Krippenplatz Pflichtaufgaben der Kommunen sind. Diese stehen zu ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Auch darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, legen Sie ja Wert.

Man muss natürlich auch sagen, dass sich der Freistaat im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht unerheblich beteiligt.

Ich denke, dass er dies auch weiterhin tun wird.

Kollege Krauß hat es gesagt: Es ist kein Geheimnis, dass wir uns mitten in einer Haushaltsdiskussion befinden. Gibt es Änderungsbedarf, können Änderungsanträge gestellt werden, auch von Ihnen, liebe Kolleginnen und