Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Günther.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der NPD-Fraktion sieht man deutlich: Die haben keine schlagenden Argumente, aber schlagende Mitarbeiter.

(Zuruf von der NPD: Ha, ha, ha! – René Despang, NPD: Der Holzschnitzer!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus Sicht der FDPFraktion besteht keinerlei Notwendigkeit für die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen.

(Beifall bei der FDP)

Wir werden diesen Gesetzentwurf deshalb komplett ablehnen. Schon der in der Zielsetzung zum Entwurf genannte Ausgangsgedanke ist grundfalsch. Der Staat schützt nach Artikel 20a des Grundgesetzes die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung durch die Gesetzgebung nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Somit hat der Tierschutz keinen über den Umweltschutz herausragenden Verfassungsrang. Von den Tieren als Rechtssubjekt ist im Grundgesetz keine Rede. Das Tierschutzinteresse und damit die Berücksichtigung einer artgerechten Haltung und Pflege der Tiere haben inzwischen einen sachgerechten Stellenwert in unserem Rechtsgefüge erreicht, was sich besonders im Tierschutzgesetz widerspiegelt. Eine faktische rechtliche Gleichsetzung von Tieren und Menschen wäre aus unserer Sicht ein fataler Irrweg mit weitreichenden Konsequenzen.

Wohl kein Rechts- und Sachgebiet ist in Deutschland so mit Emotionen behaftet wie der Tierschutz. Derzeit sind weit mehr Laien als Fachleute damit befasst. Erfahrungen aus der täglichen Rechtspraxis zeigen, dass Anliegen des Tierschutzes sehr häufig als eine Art Vehikel benutzt werden, um in Wahrheit andere Interessen durchzusetzen. Ein Beispiel hierfür ist die Pressemitteilung des Vereins „Menschen für Tierrechte“ vom 3. November dieses Jahres – Zitat –: „Gescheiterter Machtwechsel in Hessen bedeutet auch Niederlage für den Tierschutz“. Da heißt es wirklich, die gescheiterte Wahl von Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wäre eine herbe Niederlage für den Tierschutz. Bis zu dieser Erklärung war mir die Spezies Ypsilanti gar nicht bekannt, und dass sie unter Tierschutz gestellt werden müsste, auch nicht.

(Heiterkeit bei der FDP – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Wegen des oft über die Medien aufgebauten öffentlichen Druckes ist es häufig für die verantwortlichen Behörden schwer, mit der erforderlichen Objektivität den Tierschutzgedanken im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens im Sinne des geltenden Tierschutzrechtes umzusetzen.

(Beifall bei der FDP – Elke Herrmann, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. Das ist wieder etwas von Schönbörnchen.

Wir sind der Meinung, das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf angestrebte Verbandsklagerecht würde bei dem angezeigten berechtigten – oder auch unberechtigten –

Tierschutzfall die Gefahr unüberschaubarer und aufwendiger Verfahren nach sich ziehen. Bei der Umsetzung des vorliegenden Gesetzentwurfes wäre zudem mit erheblichen Mehraufwendungen und Kosten für die beteiligten kommunalen Behörden und Gerichte zu rechnen. Dieses Geld würden wir den Tieren lieber direkt im praktischen Tierschutz oder den oft maroden Tierheimen zukommen lassen. Da sind die Gelder sicherlich besser aufgehoben.

(Beifall bei der FDP)

Aus unserer Sicht ist das deutsche und europäische Tierschutzrecht eine sehr konkrete und vor allem ausreichende Grundlage, Tiere vor Leiden zu bewahren. Jede Person, die Kenntnis über Tierleiden und Tierquälerei hat, kann bei der zuständigen Behörde Anzeige erstatten. Die Zuständigkeit liegt in Sachsen bei den Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämtern der Landkreise und kreisfreien Städte. Eingegangene Anzeigen werden von dem dafür vorgehaltenen Fachpersonal – meist Amtstierärzte – geprüft. Bei Verstößen sieht das Tierschutzrecht umfassende Ahndungsmöglichkeiten in Form von Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren vor. Der vorliegende Gesetzentwurf würde mit dem praktischen Vollzug des Tierschutzes keinen Zusatznutzen erbringen.

Viel sinnvoller und auch notwendig wäre dagegen das Hinwirken darauf, dass das für den Vollzug des Tierschutzes erforderliche Personal auch tatsächlich vor Ort vorhanden ist. Auch hierfür wären diese Gelder wesentlich sinnvoller eingesetzt.

Auch die von meinem Vorredner erwähnte Genehmigungsmitwirkung von Tierschutzverbänden bei Tierversuchen ist nach unserer Auffassung mit § 15 Tierschutzgesetz umfassend und vor allem ausreichend geregelt. In der Anhörung wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dem Gesetzentwurf zu weit reichende Möglichkeiten des Eingriffes gegeben sind. Diese können zur völligen Verhinderung von Tierversuchen und sogar zur Verhinderung von anzeigepflichtigen Versuchen mit Verhinderung der Tierhaltung führen, ohne dass der Klageführer in der Sache überhaupt Recht erhält.

Dieser Gesetzentwurf dient im Grunde nur dazu, die Göttinger Erklärung zur kompletten Abschaffung von Tierversuchen und einem grundsätzlichen Verbot von Tierexperimenten salonfähig zu machen; aber, liebe Fraktion der GRÜNEN, nicht mit uns! Dieses Prozedere führt zur Verhinderung und Behinderung von medizinisch notwendigen Forschungsaktivitäten. So etwas lehnen wir als FDP-Fraktion konsequent ab.

(Beifall bei der FDP)

Welche traurigen Stilblüten dieser Unsinn treibt, zeigt sich aktuell in der Situation der Hirnforscher an der Bremer Universität. Dort droht den Forschern der DFG das Aus, weil die Genehmigung für Tierversuche mit Rhesusaffen nicht mehr verlängert werden soll. Den Affen werden Elektroden ins Gehirn eingeführt, ähnlich wie es bei Parkinsonpatienten der Fall ist. Auch die Anwendung von Herzschrittmachern bei Menschen ist auf Experimen

te mit diesen Affen zurückzuführen. Ich selbst kenne genügend Menschen in meinem Umfeld, die ohne Herzschrittmacher gar nicht mehr am Leben wären.

(Elke Herrmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Günther, gestatten Sie dann noch eine Zwischenfrage?

Diese Forschung ist sinnvoll und rettet Menschenleben.

(Beifall bei der FDP)

Nein, Frau Präsidentin, ich beantworte keine Zwischenfrage.

Dank der sogenannten Tierschützer droht mit dem Ende der Forschung den Affen die sofortige Einschläferung, weil sie nicht mehr versorgt werden dürfen. Das ist nach unserem Tierschutzgesetz eine rechtswidrige Quälerei und die eigentliche Sauerei. Darüber sollte nachgedacht werden.

Wir lehnen jede Form von Tierquälerei ab – um jedes Missverständnis auszuräumen –, aber überzogene Gesetzesforderungen und Behinderungen lebensrettender Forschungen wird es mit uns Liberalen nicht geben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Ich sehe an der Reaktion, dass auch sonst kein Aussprachebedarf mehr besteht. Dann frage ich, ob die Staatsregierung noch sprechen möchte. – Frau Staatsministerin Clauß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Zum Gesetzentwurf Sächsisches Tierschutzverbandsklagegesetz nehme ich wie folgt Stellung:

Die Staatsregierung kommt zu dem gleichen Ergebnis wie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses: Sie lehnt diesen Gesetzentwurf ab.

Tierschutz ist ein Anliegen mit großer gesellschaftlicher und politischer Bedeutung und wird auch von der Staatsregierung sehr ernst genommen. Der Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE dient aus unserer Sicht aber nicht dem Tierschutz. Er belastet die Behörden mit neuen bürokratischen Aufgaben, die eine effektive Durchführung des Tierschutzrechts eher behindern als befördern.

Zudem begegnet der Gesetzentwurf erheblichen juristischen und vollzugspraktischen Bedenken. Vorbehalte bestehen vor allem gegen die umfassenden Einsichts- und Informationsrechte und die Verpflichtung zur Unterrichtung der Tierschutzvereine. Die vorgesehene Verpflichtung zur Unterrichtung aller registrierten sächsischen Tierschutzvereine vom Eingang der Anträge auf Genehmigung bei fast allen relevanten Genehmigungsverfahren ist vollkommen unverhältnismäßig. Die dafür vorgesehene Frist von drei Werktagen ist mit dem vorhandenen

Personal zudem verwaltungstechnisch auch nicht nachvollziehbar.

Die Einsichtsrechte in alle Verwaltungsakten und Verfahrensunterlagen dürften trotz des Verweises auf das Verwaltungsverfahrensgesetz weder mit dem Grundrecht auf Forschungsfreiheit noch mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar sein. Der Antragsteller kann nicht überblicken, wer Kenntnis von seinen Erlaubnisanträgen und eventuell sogar von den dazu eingereichten Unterlagen erhält. Der Mehraufwand für die Behörden wäre immens und würde zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen, ohne dem Tierschutz zu dienen.

(Elke Herrmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Das geltende Tierschutzrecht des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft ist eine gute, fundierte Basis, um der verfassungsrechtlich gewährten Stellung des Tierschutzes Rechnung zu tragen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte.

Frau Herrmann.

Frau Ministerin, –

(Das Mikrofon funktioniert nicht.)

Moment, unsere Technik will heute nicht so richtig.

(Elke Herrmann, GRÜNE, geht zu einem anderen Mikrofon.)

Frau Ministerin, im Gesetzentwurf ist die Rede von anerkannten Tierschutzverbänden. Diese Verbände werden von Ihrem Ministerium anerkannt. Ist Ihnen das bewusst? Sie haben jetzt davon gesprochen, dass alle registrierten Tierschutzverbände alle möglichen Unterlagen erhalten würden. Dem ist nicht so, dem haben wir ja auch im Gesetzentwurf vorgebeugt.

Ich bin in meinen Ausführungen darauf eingegangen und werde diese jetzt noch beenden.

Das geltende Tierschutzrecht des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft ist eine gute, fundierte Basis, um der verfassungsrechtlich gewährten Stellung des Tierschutzes Rechnung zu tragen. Das deutsche Tierschutzrecht ist stringent. Es regelt die Tierschutzbelange abschließend und umfassend. Die Tierschutzkommission wird durch Anhörung an Gesetzgebungs- und Genehmigungsverfahren beteiligt. Die Überwachungsbehörden können Anordnungen erlassen, um Verstößen dementsprechend abzuhelfen.

Darüber hinaus gewährleisten Straf- und Bußgeldvorschriften eine effektive Durchsetzung des Tierschutzrechtes. All dies spricht gegen eine Zustimmung zum Gesetzantrag der Fraktion GRÜNE.