Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde mich freuen, wenn wir mit unserer Initiative als Sächsischer Landtag zeigen, dass das Engagement von Senioren gewollt ist und unterstützt wird.

Es gibt auch Signale zur Zustimmung. Ich beantrage daher eine punktweise Abstimmung über die Punkte 1 bis 4 en bloc und über Punkt 5 separat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der CDUFraktion das Wort; Herr Dr. Jähnichen, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion beschäftigt sich mit der Frage der Aufhebung aller diskriminierenden Altersbeschränkungen mit dem Ziel, das Engagement von Senioren in Beruf und Ehrenamt in Sachsen zu fördern.

Ich glaube, über die Sinnhaftigkeit, ja, über die Notwendigkeit gibt es in diesem Hause sicher weitgehende Übereinstimmung, weniger vielleicht über die Art und Weise dieser Forderung bzw. ihrer Umsetzung. Ich denke dabei nur an die Diskussion, die wir vor nicht allzu langer Zeit über ein Seniorengesetz geführt haben, welches die Linksfraktion vorgelegt hatte. Ich denke aber auch an mein Gespräch mit der Landesseniorenvertretung vor zwei Wochen, am 28. Oktober 2008, in Meißen, zu dem Vertreter aller Fraktionen eingeladen, aber leider nicht erschienen waren.

Die Vertreter der kommunalen Seniorenvertretungen brachten dabei ihre Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung an der Entwicklung in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Ausdruck. Sie haben mich aber auch gebeten, dieses Hohe Haus um mehr Verständnis und ein offenes Ohr für ihre Stimmen zu bitten. Als negatives Beispiel nannten sie die schleppenden Arbeiten zum Sächsischen Pflegegesetz.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit der beeindruckenden Arbeit unserer Enquete-Kommission zur demografischen Entwicklung eine wichtige Arbeit für die Zukunftsgestaltung geleistet, und wir werden auch noch ausführlich darüber diskutieren.

Zu den Auswirkungen auf die Lebensbereiche der Menschen im Freistaat sowie ihren Folgen gerade auch für die politischen Handlungsfelder gehört in zunehmendem Maße das Engagement von Senioren. Nun fordert die FDP in ihrem Antrag die Aufhebung aller diskriminierenden Altersbeschränkungen, und in der Begründung nennt sie auch einige Altersbegrenzungen dazu; Frau Schütz hat es eben noch einmal betont. Die FDP nimmt mit diesem

Antrag fast wörtlich einen Beschluss des CDULandesparteitages vom 24. Mai dieses Jahres an. Über diese intensive Beschäftigung der FDP mit den Beschlüssen der CDU kann ich mich jedenfalls nur freuen.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann und Alexander Krauß, CDU)

Vielleicht geschieht dies in Zukunft öfter. Ich habe in der vorigen Woche als Vertreter des Sächsischen Landtages gemeinsam mit Frau Simon an einem Seminar der Europäischen Union für Mitglieder von Petitionsausschüssen und Ombudsmännern teilgenommen. Der Bürgerbeauftragte des Europäischen Parlaments, Herr Prof. Nikiforos Diamandouros, gelangte dabei zu dem Schluss – ich zitiere ihn –: „..., dass Altersgrenzen eine Diskriminierung bedeuten, die gemäß Artikel 21 der Charta verboten ist“.

Altersgrenzen in Gesetzen, Verordnungen und anderen Vorschriften gehören tatsächlich auf den Prüfstand und wo immer möglich sollten sie ersatzlos gestrichen werden. Es ist entwürdigend, meine Damen und Herren, Menschen ab einer bestimmten Altersgrenze einen Teil ihrer Bürgerrechte zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Soweit es um Wahl- oder Berufungsämter geht, stehen sie ohnehin nach wie vor unter der Zustimmung der Wählerschaft; und soweit es um Altersgrenzen für eine bestimmte Berufsausübung geht, stehen sie ebenfalls unter der Nachweispflicht einer entsprechenden Leistungsfähigkeit. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wer befürchtet, Senioren würden Karrieren Jüngerer behindern, der irrt sich gewaltig.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann, CDU, und Kristin Schütz, FDP)

Wir sagen Ja zum Renteneintrittsalter mit 67, dann aber bitte nicht anschließend Entzug von Bürgerrechten! Senioren sind heute eine aktive Generation. Wer auch jenseits der 70 Ministerpräsident oder Landtagsabgeordneter sein kann, muss auch Bürgermeister oder Schöffe sein können,

(Beifall bei der CDU)

und es wird Zeit, dass die Gesellschaft zur Kenntnis nimmt, dass gerade die Lebenserfahrungen der älteren Generation ein wertvoller Schatz sind. Manche Firma hat inzwischen auch erkannt, dass man mit einer Frühverrentung eben doch keine Rentabilitätsprobleme lösen kann. Die Deutsche Bahn ist in meinen Augen ein typisches Beispiel dafür.

Ich fasse zusammen: Meine Fraktion kann sich diesem Antrag anschließen; ich betone: in der Form des vorliegenden Antrages der FDP-Fraktion in den Punkten 1 bis 4. Er ist eine logische Konsequenz aus den Schlussfolgerungen der Enquete-Kommission und entspricht aktueller CDU-Politik. Die Beschäftigung des Hohen Hauses mit seniorenpolitischen Themen und dem vorliegenden

Anliegen wird sicher eine Fortsetzung finden. Dabei sind allerdings Schnellschüsse und Terminultimaten, wie es in Punkt 5 dieses Antrages heißt, nicht hilfreich; deshalb kann dem Punkt 5 nicht zugestimmt werden. Die Realitäten des Lebens werden die verstärkte Einbeziehung der Seniorengeneration in die aktive Gestaltung der Gesellschaft erzwingen, davon bin ich überzeugt. Daher ist der Prüfauftrag an die Regierung – um einen solchen handelt es sich ja – zeitgemäß und gerechtfertigt. Ich empfehle deshalb meiner Fraktion und dem Hohen Hause die Zustimmung zu diesem Antrag in den Punkten 1 bis 4.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Linksfraktion spricht nun Herr Abg. Dr. Pellmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Jähnichen und Frau Schütz, Sie werden sicher überrascht sein, dass wir diesen Antrag, den Sie stellen, differenzierter und weniger euphorisch begleitet bewerten möchten.

Ja, in einem – wenn das das Grundanliegen sein sollte – könnte man einer Meinung sein: Auch wir sind prinzipiell gegen jegliche Altersdiskriminierung. Allerdings wäre dann das Problem Altersdiskriminierung zu definieren, und dazu, meine ich, kann man sehr wohl unterschiedlicher Auffassung sein. Das heißt: Bei allem, was im Ehrenamt oder im bürgerschaftlichen Engagement geschieht, sollte es keinerlei Begrenzungen geben. So weit würden wir mitgehen.

Allerdings ist differenzierter zu argumentieren, wenn es sich um eine hauptamtliche Tätigkeit handelt. Dies betrifft insbesondere die Universitäten, und dazu sage ich als ehemaliger Angehöriger einer Universität: Wir hatten damals schon eine Situation, in der durchaus die Gefahr bestand, dass mancher Ältere auf seine Emeritierung wartete, weil er einfach nicht mehr ausreichend in der Lage war, zu arbeiten. Aber mancher wäre auch gern länger geblieben. Hier geht es jedoch im Sinne eines Generationsaustausches und der Jugendförderung darum, dass jüngere Menschen in hohe universitäre Stellungen nachrücken können und keine Plätze blockiert werden. Das ist die Frage, die hierbei steht.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Ich glaube, so einfach, hier alles aufzuheben, können wir es uns nicht machen. Aber selbstverständlich sind wir heute dankbar für jeden niedergelassenen Arzt, der über sein 68. Lebensjahr hinaus weiterhin seine Praxis führt.

Wir sind deshalb dankbar, weil wir Ärztemangel haben. Aber muss das denn für immer sein? Oder sollte man nicht auch einem Arzt den verdienten Ruhestand gönnen?

(Alexander Krauß, CDU: Es wird doch niemand gezwungen!)

Ich füge hinzu: Sollten wir beispielsweise auch die Altersbegrenzung für Beamte aufheben? Das meine ich nicht. Im Übrigen könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass man – das würde uns sogar manchmal voranbringen – eine Altersgrenze in der Politik einführt, insbesondere bei der gehobenen.

Aber eines hat mich dann doch sehr verwundert. Wenn die FDP-Fraktion schon konkret zum Thema Altersdiskriminierung, gegen die wir prinzipiell sind, einen Antrag stellt, dann wundert es mich, dass sie der Staatsregierung auferlegt, erst einmal zusammenzustellen, wo es Altersbegrenzungen gibt. Ich denke, diese Hausaufgabe müsste man schon selbst erledigen können. Dazu bedarf es keines Auftrages an die Staatsregierung. Oder dass die Staatsregierung entscheiden möge, an welcher Stelle etwas aufzuheben wäre und von wem. Dazu sage ich, dass ich auch hier konkrete Vorstellungen und Vorschläge von der FDP-Fraktion erwarte.

Im Übrigen hat das Ganze durchaus den Beigeschmack, als ob man eine Altersgrenze nicht nur möglicherweise irgendwann abschaffen will, sondern dass man in die Debatten zum Eintritt in das gesetzliche Rentenalter eingreifen will. Welche Auffassung dazu beispielsweise die CDU und zum Teil auch die SPD haben, ist uns bekannt, und deshalb sehen wir die Gefahr.

Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen können, weil Sie schlicht und ergreifend eine sehr abstrakte Debatte führen und uns nicht konkret sagen, in welche Richtung Sie gehen. Aber ich füge am Schluss hinzu: Ja, wir sind gegen Altersdiskriminierung, und deswegen ist es mindestens genauso wichtig, Altersarmut abzuschaffen; denn das ist die schlimmste Diskriminierung, die man älteren Menschen zumutet.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die SPD-Fraktion spricht jetzt; Herr Gerlach, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Interesse und die Bereitschaft, sich in der Gesellschaft zu engagieren, nehmen wieder zu. Immer mehr Menschen haben den Wunsch, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich konkret da einzusetzen, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Überdurchschnittlich findet sich diese Bereitschaft bei den Seniorinnen und Senioren.

In Sachsen gibt es 29 kommunale Seniorenvertretungen. Diese haben jeweils eine eigene Entstehungsgeschichte und individuelle Organisationsformen. Sie sind in örtliche Strukturen eingepasst.

Der ausgeprägte Wunsch nach Engagement ist auch nach dem Eintritt in das Renten- oder Pensionsalter da. Wie unterstützt der Staat das? Im Juli 2007 wurde das Bundesgesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements verabschiedet. Sachsen hat als einziges Bundesland die individuelle Förderung mit der Förderrichtlinie „Wir für Sachsen“. Wir geben dafür

7 Millionen Euro pro Jahr aus und fördern damit mehr als 20 000 Menschen, davon sehr viele Seniorinnen und Senioren. Sachsen stärkt und unterstützt bestehende Gremien, zum Beispiel durch die Einbeziehung der Seniorenbeiräte in Belange und Planungen auf Landes- und kommunaler Ebene. Sachsen hilft über diverse Förderungen zum Beispiel bei der Ausstattung der Beiräte vor Ort.

Es gibt auch ein Bundesprogramm für die Seniorenarbeit bei der Entwicklungshilfe. Das wird gut angenommen. Die Menschen, die dort mitarbeiten, sind der Meinung, dass sie, obwohl sie bereits in den Ruhestand getreten sind, dort, wo ihre Erfahrungen und ihr Wissen gebraucht werden, noch eine Menge tun können.

Natürlich sollten wir zu erreichen versuchen, dass das Wissen und die Erfahrungen dieser Menschen solange wie möglich auch in den einheimischen Betrieben genutzt wird. Das sei nur am Rande erwähnt.

Wer sich freiwillig engagiert, freut sich über Anerkennungen, nicht über Beschränkungen. Damit bin ich bei Ihrem Antrag. Aber die durch die vom Alter begrenzte Leistungsfähigkeit macht Altersgrenzen für bestimmte Aufgaben auch sinnvoll. Solche Begrenzungen haben auch eine Schutzfunktion. Wir haben solche Begrenzungen – Sie haben das mit einer Kleinen Anfrage abgefragt – bei Hochschullehrern, Pfarrern, Richtern, Prüfingenieuren usw.

Aber längeres Leben mit längerer Leistungsfähigkeit erfordert wie bei der Rente neue Antworten auf die Frage, wo diese sinnvollen Grenzen liegen. Dabei ist es wichtig, neu über die vor Jahren gefassten Grenzen nachzudenken. Der Staat kann hier nur helfen. Er sollte aus unserer Sicht nicht direkt eingreifen, das können die Fachverbände besser.

Insgesamt hat die FDP aus meiner Sicht ein gutes Thema aufgegriffen, und deshalb werden wir fast komplett zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Hat die NPD Gesprächsbedarf? – Herr Abg. Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf der FDP, über den wir gestern debattieren mussten, haben sich die Liberalen mit dem vorliegenden Antrag eines wichtigen Themas angenommen.