Ich habe nur wahrgenommen, dass Sie nach Dingen gesucht haben, die verbesserungswürdig gewesen wären, aber Dinge, die wirklich gut sind, habe ich von Ihnen nicht vernommen.
Manchmal sträubt sich bei mir innerlich etwas und ich sage mir: Vielleicht sollten wir einen solchen Gesetzentwurf einmal auf den Tisch legen, den Sie immer herbeireden. Frau Werner spricht davon, dass Masterstudiengänge gesetzlich reglementiert sind. Ich weiß nicht, wo Sie das lesen.
Vielleicht sollten wir Ihnen den Gefallen tun, einen solchen Gesetzentwurf mit Studiengebühren, mit Reglementierungen etc auf den Tisch zu legen. Vielleicht sind Sie dann zufriedener. Ich weiß es nicht.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ganz schön zerstörerisch für die Koalition! – Zurufe von der Linksfraktion)
Kollegin Raatz, ist Ihnen bekannt, dass es in einem Parlament die Aufgabe der Opposition ist, die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen zu kontrollieren und Alternativen auf den Tisch zu legen und nicht ein Hohelied auf die Koalition zu singen?
Ich sehe ein, dass man als Oppositionspolitiker oder Oppositionspolitikerin Kritik üben muss, aber ich erwarte auch, dass man Dinge, die real sind und auf dem Tisch liegen, benennt und sagt: Das ist eine gute Sache. – Das erwarte ich auch von der Opposition.
(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Frank Kupfer – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Frau Raatz, Sie waren auch schon besser!)
Frau Werner, Sie haben die Mitwirkung des Landtags kritisiert. Sie sagten: Wir mussten Änderungsanträge im Ausschuss abnicken, ablehnen oder was auch immer.
Ihr Verständnis ist demnach so, dass das, was die Staatsregierung auf den Tisch legt, von den Koalitionsfraktionen nicht mehr zu bearbeiten ist. Denn jeder inhaltliche Änderungsantrag, den wir verabschiedet haben – außer die Komma- und Punktvarianten –, der von den Koalitionsfraktionen eingebracht wurde, wird von Ihnen kritisiert. Ich weiß nicht, was daran kritikwürdig ist.
Frau Raatz, ich wollte nur fragen, ob Ihnen aufgefallen ist, dass ich nicht die Einbringung von Änderungsanträgen an sich kritisiert habe, sondern den Fakt, dass diese im letzten Moment eingebracht wurden, und dass es eine große Zahl von Änderungsanträgen war, die kaum noch zu überschauen war. Deshalb war es notwendig, diese vorzeitige Überprüfung durchzuführen und dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.
Das waren zwei Dinge, die Sie hier benannt haben. Das eine war der Punkt, dass Sie gestern aus mir nicht erklärlichen Gründen der Gesetzesberatung nicht zugestimmt haben. Okay, dann machen wir das heute. Das andere war, dass Sie gesagt haben: Wir mussten im Ausschuss über Änderungsanträge der Koalition abstimmen.
(Heike Werner, Linksfraktion: Nein, überhaupt nicht! – Zuruf von der Linksfraktion: Das ist peinlich! – Widerspruch bei der Linksfraktion)
Mein Anliegen ist es darzustellen, dass das, was Sie als Parlamentarier heute auf dem Tisch liegen haben, nicht das ist, was die Opposition beschrieben hat, sondern dass darin Dinge enthalten sind, die die Hochschulen nach vorn bringen. So hat der Landesvorsitzende der Jusos Holger Mann – auch unsere Jusos sind eine kritische Klientel, die vor dem Landtag demonstrierte, aber auf jeden Fall scheinen sie die Entwicklung zu verfolgen und neuere Dinge zu lesen, was anscheinend an Ihnen vorbeigegangen ist – in einer Pressemitteilung gesagt: „Was
lange währt, wird nun doch demokratisch, modern und gut. Die Zusicherung der Studiengebührenfreiheit“ – darüber hört man von Ihnen gar nichts – „und die Aufnahme der studentischen Evaluation zur Sicherung der Qualität von Forschung und Lehre lassen ein zeitgemäßes Gesetz erwarten, das nicht zuletzt bei der Öffnung der Hochschulen Maßstäbe setzt.“ – Davon bin ich überzeugt. Das vorliegende Gesetz setzt Maßstäbe.
Mein Kollege Herr Prof. Mannsfeld hat deutlich gemacht, dass wir in manchen Bereichen unterschiedliche Positionen hatten. Aber unter den Gegebenheiten entlassen wir nun die sächsischen Hochschulen mit einem guten Gesetz in mehr Freiheit und in eine stärkere Eigenverantwortung. Wir haben etwas Ordentliches auf den Tisch gelegt.
Als die SPD im Jahre 2004 als Koalitionspartner für den Freistaat Sachsen Regierungsverantwortung übernommen hat – diesbezüglich muss ich zu den Oppositionsfraktionen sagen: Es ist ein Unterschied, ob man in der Opposition ist oder in der Regierung, denn da muss man versuchen, einen gemeinsamen Nenner zu finden –, haben wir uns mit unserem Koalitionspartner auf die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes verständigt. Das Ergebnis liegt Ihnen vor.
Unser Ziel war und ist es, die Hochschulen aus den strengen Vorgaben staatlicher Reglementierungen zu entlassen und ihnen den Freiraum zu geben, um selbstverwaltend und eigenverantwortlich mit ihren Ressourcen umzugehen. Kern der ganzen Sache ist die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer sächsischen Hochschulen. Es kommt darauf an, sie für den europäischen, aber auch für den internationalen und innerdeutschen Wettbewerb gut aufzustellen.
Alle Vorredner haben bereits dargestellt, dass das bestehende Hochschulgesetz geändert werden musste, um dieses Ziel zu erreichen.
Das heute zur Abstimmung stehende Beratungsergebnis eines neuen Hochschulgesetzes wird den Hochschulen genau diesen geforderten Freiraum einräumen. Das neue Hochschulgesetz hält weiterhin an den Grundsatz der Gruppenuniversität fest und schreibt – davon bin ich überzeugt – auch demokratische Grundsätze fest.
Der Entstehungsprozess des Gesetzes hat über zwei Jahre in Anspruch genommen. Wir haben dazu schon einiges gehört. Wir haben uns die Zeit genommen, die es brauchte, um alle Argumente auszutauschen und abzuwägen, um die beste Lösung unter den Gegebenheiten zu finden. Ich denke, es wurde ein tragfähiger Kompromiss gefunden, der sich sehen lassen kann.
Was bringt uns das neue Hochschulgesetz? An oberster Stelle steht für uns, dass wir die Studiengebührenfreiheit erstmals gesetzlich verankert haben. Das ist etwas, auf das wir stolz sein können. Das gilt sowohl für den ersten berufsqualifizierenden Bachelor als auch für den Master,
und zwar egal, ob der Master direkt auf dem Bachelor aufbaut oder nicht. Von einer Quotierung – das hatte ich vorhin schon gesagt – steht im Gesetz nichts.
Für die sächsische SPD war und ist eines immer klar gewesen: Bildung darf keine Frage des Geldbeutels der Eltern sein. Jeder, der die Fähigkeit dazu hat, soll auch die Möglichkeit zum Studium erhalten. Wir sind mit dieser Position auf dem richtigen Weg. Das zeigt uns nicht zuletzt die teilweise immer noch unter Verschluss gehaltene Studie von Frau Bundesministerin Schavan. Hier wurde erstmals empirisch ermittelt, dass die Erhebung von Studiengebühren weite Teile der Bevölkerung von der Hochschulbildung ausschließt, und zwar junge Frauen und junge Menschen, deren Eltern nicht zur gehobenen, finanziell gut ausgestatteten Schicht gehören.
Diesen Ausschluss können wir uns weder aus sozialen noch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten leisten. Genau diese Schere versuchen wir mit unserem Gesetz zu schließen. Daher sehen wir uns mit der gesetzlich festgeschriebenen Studiengebührenfreiheit auf dem richtigen Weg und wir sind auch stolz darauf.
Was bringt das neue Hochschulgesetz noch? Mehr Autonomie. Das neue Hochschulgesetz entlässt erstmals die Hochschulen aus der staatlichen Verantwortung. Damit wird es möglich, den Hochschulen in der Bewirtschaftung der Mittel und der Stellen den Freiraum zu geben, den sie benötigen. Der Globalhaushalt und die Stellenplanflexibilisierung von 20 % sind hierfür nur zwei Voraussetzungen. Die Hochschulen können nun eigenverantwortlich und flexibel auf aktuelle Gegebenheiten reagieren und – das halte ich auch für wichtig in diesem Prozess – an Fehlentscheidungen ist zukünftig nicht mehr das Ministerium schuld, sondern die Hochschulen selbst.
Darüber hinaus wird mit dem neuen Hochschulgesetz dem Gleichstellungsauftrag der Hochschulen ein höherer Stellenwert zugeschrieben. Die Qualität der Lehre und des Studiums wird durch die Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems gestärkt, an dem die Studierenden an ausgewiesenen Positionen beteiligt sind. Auch die Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Bildung wird erweitert. So wird zukünftig eine erfolgreich abgeschlossene Meisterprüfung zum fachgebundenen Hochschulzugang berechtigen. Das finde ich gut. Frau Werner, ich weiß nicht, was daran zu kritisieren ist. Wir öffnen das Bildungssystem und erleichtern jungen Menschen ohne Abitur den Zugang zur Hochschule. Das ist doch der richtige Weg. Darin müssten wir uns doch einig sein.
Auch können zukünftig Leistungen, die von den Studierenden außerhalb des Studiums erbracht wurden, wie zum Beispiel einige Fächer des Fachstudiums bei Erzieherinnen, im Einzelfall auf das Studium angerechnet werden. Damit wird nicht nur die Durchlässigkeit des Bildungssystems verbessert, sondern auch die Möglichkeit eröffnet, Studienzeiten zu verkürzen.
Wir haben auch an der Struktur etliches geändert. Wir als SPD haben auch manches mit Bauchgrummeln einfach mittragen müssen. Mit dem neuen Hochschulgesetz wird eine Struktur geschaffen, um Prozesse zu straffen. Das Konzil wird abgeschafft. Stattdessen wird es zukünftig in der Struktur der Hochschule vier Organe geben: das Rektorat mit dem Rektor mit bis zu drei Prodekanen und dem Kanzler als Leitungsebene, den Senat als akademisches Gremium, den erweiterten Senat als Gremium für die Wahl des Rektors und zum Beschluss der Grundordnung und den Hochschulrat.
Damit bin ich schon bei den Änderungen des Entwurfs des Hochschulgesetzes der Staatsregierung durch die Koalitionsfraktionen. Wir haben im Rahmen der öffentlichen Anhörungen hingehört und die bei uns eingegangenen Stellungnahmen genau gelesen, im Gegensatz zu einigen meiner Kollegen der Oppositionsfraktionen.
Im Ergebnis unserer Beratungen haben die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag vorgelegt – ich habe es vorhin kurz erwähnt –, der wesentliche Punkte der Stellungnahmen und öffentlichen Anhörungen aufgegriffen und umgesetzt hat.
Ein wesentlicher Punkt ist der erweiterte Senat. Ich hätte mir gewünscht, dass etwas mehr darüber gesprochen wird, welche Vorteile ein erweiterter Senat haben kann. Aber da kam von Ihnen, der Linksfraktion und den GRÜNEN, wenig. So wird es künftig einen erweiterten Senat geben, der im Gesetzentwurf bisher nicht vorgesehen war. Der erweiterte Senat setzt sich aus den Mitgliedern des Senats – das sind bis zu 21 Senatoren – sowie mindestens noch einmal der gleichen Anzahl Hochschulangehörigen zusammen. Alles Weitere wird in der Grundordnung geregelt.