deren Verhalten mit möglichst vielen Verboten und Regeln zu steuern wäre und die so weit wie möglich aus der Natur auszusperren sind. Nein, vielmehr gilt, im Sinne von Freiheit und Verantwortung auf diese Menschen zu setzen und sie auf dem Weg des Natur- und Artenschutzes durch Inhalt und Auftreten der Umweltpolitik sprichwörtlich mitzunehmen. Nur eine Umweltpolitik mit den Menschen und für die Menschen wird in der Bevölkerung die Akzeptanz für die Ziele der Umweltpolitik, Natur- und Artenschutz, langfristig und nachhaltig sichern. Davon sind wir überzeugt.
Die positiven Entwicklungen und erzielten Erfolge sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in Zukunft unermüdliche Anstrengungen notwendig sind, um für weitere gefährdete Arten ebenfalls positive Entwicklungen zu bewirken. Nur wenn es gelingt, die Bevölkerung mehrheitlich für den Naturschutz zu begeistern, werden unsere politischen Bemühungen um den Erhalt von sachsentypischen Landschaften und seiner seltenen Tiere und Pflanzen von Erfolg gekrönt sein.
Wer die Natur kennt und sie schätzen gelernt hat, wird auch bereit sein, sich für ihren Schutz einzusetzen. Dazu gehört die Erkenntnis um die vielen Schutzanstrengungen und vielen, vielen positiven Erfolge in einer „Weißen Liste“. Deshalb bitte ich um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Das war die einreichende Fraktion. Was die Fraktion der CDU dazu meint, wird jetzt vorgetragen von Herrn Abg. Clemen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe FDPFraktion, erst einmal ganz herzlichen Dank für das Lob für 18 bzw. 19 Jahre CDU-Umweltpolitik.
Der Antrag, meine Damen und Herren – das kann ich nicht verhehlen –, hat auch einen gewissen Charme. Aber wir werden ihn trotzdem ablehnen, weil wir der Meinung sind, dass wir noch nicht an dem Punkt sind, mit unseren Bemühungen hier „Weiße Listen“ aufstellen zu können, sondern dass wir noch eine ganze Menge Aufgaben vor uns haben. Denn, meine Damen und Herren, in Sachsen hat in den letzten Jahrzehnten die Zahl der ausgestorbenen, vom Aussterben bedrohten oder in ihrem Bestand gefährdeten Arten stark zugenommen. War in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schon ein Verlust von 67 Pflanzenarten festzustellen, so stieg dieser zwischen 1950 und 2000 nochmals rapide auf 101 Arten an. Hauptursache für den Bestandsrückgang der Pflanzen- und Tierarten ist die Zerstörung ihrer Lebensräume. Bei dem Antrag zu den Bodenbrütern wurde vorhin bereits umfangreich darauf hingewiesen.
In den dicht besiedelten Teilen Mitteleuropas, zu denen auch Sachsen gehört, sind die Intensivierung der Landnutzung, die Inanspruchnahme von Flächenversiegelungen und Verkehr sowie Schadstoffemissionen in die Luft und in die Gewässer von besonderer Bedeutung. Über die Hälfte aller in Sachsen vorkommenden Lebensraumtypen gelten als gefährdet, nicht zuletzt auch – das wurde in diesem Hohen Hause bereits oft diskutiert – durch das erhebliche Maß an Flächenversiegelungen, die nach wie vor in Sachsen stattfinden. Deshalb wurde in den vergangenen Jahren sehr intensiv an den entsprechenden Artenschutzprogrammen gearbeitet, und dabei wurden viele Millionen Euro in die Hand genommen. Einige Erfolge
Lassen Sie mich dennoch einige Beispiele für erfolgreiche Wiederansiedlungen bzw. die Stärkung von Population anführen: das Würfelnatterprogramm, das Flussperlmuschelprogramm, das Lachsprogramm als erfolgreichstes Wiedereingliederungsprogramm, das Wiederansiedlungsprogramm des atlantischen Lachses in Deutschland, das Aalprogramm und – es wurde bereits von der FDPFraktion erwähnt – bei allen Schwierigkeiten auch das Wolfsprojekt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine andere wichtige Maßnahme ist die Ausweisung und Umsetzung von Natura 2000, die einen umfassenderen Ansatz beinhaltet und die Auswirkungen aller menschlichen Aktivitäten auf die Artenvielfalt berücksichtigt. Hierbei geht es um den Erhalt und die Weiterentwicklung bedrohter Tier- und Pflanzenarten, jedoch nicht um die Wiederansiedlung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist der Ansatz zu begrüßen, über die Erfolge guter Arbeit im Bereich des Artenschutzes zu berichten und diese zu dokumentieren. Aufwand und Nutzen müssen dabei aber in einem vernünftigen Verhältnis stehen, zumal die Erfolge von Artenschutzmaßnahmen bereits in vielfältiger Weise dokumentiert werden, zum Beispiel im Sächsischen Umweltbericht. Die Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen sowie die Erfolgskontrolle und Weiterentwicklung müssen deshalb Vorrang haben.
Angesichts sinkender finanzieller Mittel ist die Erstellung einer weiteren Liste mit belastbaren Daten momentan nicht zielführend. Umfangreiche Erhebungen und Auswertungen der Daten führen zu einem kaum vertretbaren Verwaltungsaufwand, der zulasten der Facharbeit geht. Ein zusätzlicher Nutzen für die betroffenen Arten bzw. die Förderung ihrer Erhaltung resultiert meiner Ansicht nach daraus nicht. Deshalb sollten wir den Antrag nicht unterstützen.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Verehrter Kollege Günther! Ich hatte meinen Redebeitrag zur Großen Anfrage der GRÜNEN zum Thema Biodiversität am gestrigen Tag eingeleitet mit der Vermutung, dass nicht alle umweltpolitischen Anträge, die in jüngster Zeit üppig ins Haus flattern, Ergebnis einer ernsthaften und inhaltlichen Auseinandersetzung mit konkreten sächsischen Problemen sind.
Nach meinem gestrigen Redebeitrag fühle ich mich in meiner These noch einmal bestätigt. Wer zum wiederholten Mal den anthropogenen Einfluss auf die Klimaerwärmung verniedlicht und zum Artenrückgang lapidar bemerkt – womit wir dann bei dem jetzt in Rede stehenden Antrag der FDP-Fraktion wären –, dass es erdgeschichtlich immer ein Auf und Ab in der Artenvielfalt gegeben hätte, der verkennt völlig die außerordentliche Dramatik der Gesamtentwicklung, wie sie sich gegenwärtig vollzieht.
Herr Günther, natürlich sind in der Vergangenheit Arten ausgestorben und neue entdeckt worden. Das Entscheidende aber ist, heute ist die Geschwindigkeit des Artensterbens tausendmal höher als zu früheren Zeiten. Im „Spiegel Online“ heißt es dazu in einem Artikel aus dem Jahr 2006: „Biologen beobachten derzeit das größte Artensterben seit 65 Millionen Jahren.“ Es kommt hinzu, dass natürliche Wanderungs- und Anpassungsstrategien, mit denen Pflanzen und Tiere beispielsweise auf klimatische Veränderungen reagieren, sich im Zeitraum von mehreren hundert oder tausend Jahren und nicht innerhalb weniger Jahrzehnte vollziehen.
Unter dem Eindruck Ihrer Argumentation, Herr Günther, hatte ich nicht übel Lust, den heutigen Antrag der FDPFraktion abzulehnen. Gott sei Dank konnte ich eine Nacht darüber schlafen und mich wieder beruhigen. Nähern wir uns diesem Antrag nun vorbehaltlos und werten nur den Text selbst. Mit einem guten Willen ist ein positiver, pädagogisch wertvoller Ansatz in Bezug auf die stärkere Mobilisierung der Menschen für Artenschutzfragen erkennbar. Ich habe weiterhin den Eindruck, dass sich Ihnen die Funktion von Roten Listen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten nicht erschließt.
Seit inzwischen zwei Jahrzehnten haben sich Rote Listen als ein in der Gesellschaft anerkanntes Instrument für die objektive
Beurteilung des Gefährdungsgrades von Pflanzen- und Tierarten etabliert. Sie genießen Akzeptanz. Der hohe Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung führt dazu, dass ihre Botschaften über die Medien mit großer Aufmerksamkeit kommuniziert und von der Politik aufgegriffen werden. Das beweist auch die Diskussion in dieser Woche in diesem Haus. Allein dadurch haben Rote Listen das Potenzial, Artenschutzprogramme zu initiieren. Sie geben grundlegende Hinweise, wo ein Handlungsbedarf im Artenschutz besteht.
Schließlich produzieren die Roten Listen bedrohter Vögel nicht nur negative Meldungen. Es wird ebenso dargestellt, welche Arten sich in ihrem Bestand erholen und somit in der Gefährdungskategorie herabgestuft werden konnten.
Vielleicht kann man diese positiven Bewertungen noch deutlicher herausstellen – darüber kann man sicherlich diskutieren.
Ob für die Darstellung der Fortschritte im Naturschutz eine „Weiße Liste“ als Gegenstück zu einem gemeinhin anerkannten Instrument die geeignete Form sein soll, wage ich sehr zu bezweifeln. Im Übrigen erschließt sich aus dem Antrag nicht genau, ob Sie die „Weiße Liste“ als regelmäßige Berichterstattung verstehen wollen. Aber natürlich kann die Staatsregierung berichten. Ja, es gibt Erfolge im Artenschutz. Das bestreitet keiner. Es gibt Institutionen – wie beispielsweise die Sächsische Landesstiftung für Natur und Umwelt –, die aktiv eine wirksame Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit betreiben, um auf ebensolche Erfolge im Artenschutz hinzuweisen. Dazu zählen beispielsweise Aktionen zur Fledermaus, Flussperlenmuschel, Haselmaus oder zum Glühwürmchen.
Naturschutzvereine engagieren sich mit eigenen Aktionsprogrammen für Wolf, Hamster & Co. Viele weitere Vereine bringen sich ein und verdienen Anerkennung und Respekt. Über all das kann man, wie gesagt, berichten. Das soll die Staatsregierung auch tun. Auf welcher Grundlage sie dies tut, möchte ich gern ihr selbst überlassen.
Insgesamt ist das Anliegen des Antrages sehr durchschaubar. Zu mehr als einer müden Enthaltung kann sich meine Fraktion nicht aufraffen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Lesen des Antrages hatte ich den Eindruck, dass Sie damit Ihrem Parteifreund Minister Sander aus Niedersachsen eine sächsische Kopie entgegensetzen wollen. Als ich die entsprechende Pressemitteilung aus Niedersachsen mit der Begründung Ihres Antrages verglichen habe, musste ich über die zum Teil wortgleiche Übernahme schon etwas schmunzeln.
Das tut nichts weiter zur Sache. Herr Günther, Sie haben sich natürlich – aber insbesondere sehr verbal – für Ihren Antrag ins Zeug gelegt. Auf den ersten Blick könnte man deswegen sogar geneigt sein, sich Ihren Forderungen anzuschließen.
Es hat etwas für sich, einmal zu sehen, welche Erfolge all die politischen und ehrenamtlichen Anstrengungen zeigen. So oder so ähnlich haben Sie es in Ihrer Begründung geschrieben bzw. abgeschrieben.
Beim genaueren Hinsehen habe ich mich allerdings gefragt, ob im Freistaat für die Erstellung einer sogenannten „Weißen Liste“ wirklich zurzeit so dringender Handlungsbedarf besteht. Wir haben gestern sehr intensiv über Biodiversität diskutiert. An einem Punkt waren sich alle Fraktionen einig: Wir müssen im Freistaat Sachsen im Bereich Artenschutz noch enorme Anstrengungen unternehmen. Hier besteht wirklich dringender bzw. dringenderer Handlungsbedarf. Ich denke, dass diese Probleme erst einmal gelöst werden sollten. Dafür sollten die vorhandenen finanziellen und personellen Mittel eingesetzt werden.
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen: Auf keinen Fall wird das, was Sie in Ihrem Antrag als Zielsetzung – eine Aufwertung des Tierschutzes – benennen, mit einem Bericht und der Erstellung einer „Weißen Liste“ zu erreichen sein. Sicher meinen Sie auch gar nicht den Tierschutz, sondern den Artenschutz. Ich erkläre Ihnen gern einmal den Unterschied, Herr Günther: Als Tierschutz werden alle Aktivitäten des Menschen bezeichnet, die darauf abzielen, Tieren ein artgerechtes Leben ohne Zufügung von unnötigen Leiden, Schmerzen und Schäden zu ermöglichen.
Der Tierschutz zielt auf das einzelne Tier und seine Unversehrtheit ab. Beim Tierschutz liegen demzufolge die Schwerpunkte auf der sach- und artgerechten Haltung, dem Umgang sowie der Nutzung von Tieren durch den Menschen; so viel dazu.
Richtig und wichtig ist, dass die in Sachsen bisher aufgenommenen Artdaten weiter vervollständigt werden. Das gilt insbesondere auch für wichtige Artengruppen wie Brut- und Gastvogelarten sowie für Säugetiere. Das LfULG stellt im Internet Artendaten in Form von Artenlisten bereit. Diese werden ständig vervollständigt. Damit sind bereits jetzt Gefährdungsaussagen analog der von Ihnen geforderten sogenannten Weißen Liste möglich – aber noch nicht für alle Artengruppen.
Meine Damen und Herren! Wir haben in Sachsen viel zu tun, um den Artenschutz endlich voranzubringen. Der FDP rate ich abschließend, sich erst einmal mit den Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen, bevor sie einen solchen Antrag einbringt.