3. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz – SächsHSG)
Die 2. Beratung fand am 13. November 2008 statt. Es wurde gegenüber der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses eine Änderung vorgenommen. Deswegen besteht heute die Notwendigkeit einer 3. Lesung. Ihnen liegen die Änderungen als Drucksache 4/13880 vor.
Meine Damen und Herren! Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich frage trotzdem, ob das Wort gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Dann lasse ich über das Gesetz Hochschulen im Freistaat Sachsen abstimmen. Wer diesem Gesetz die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und einer großen Anzahl von Stimmen dagegen ist das Gesetz aber mehrheitlich angenommen und damit als Gesetz beschlossen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte als Ausschussvorsitzender trotz der sehr kontrovers und manchmal auch mit Vehemenz geführten Verhandlungen allen Ausschussmitgliedern danken, dass wir das Gesetz noch in diesem Plenum verabschieden können und dass es uns gelungen ist, diese Fragen in einem Abstimmungsmarathon zu klären. Es ist mir ein Anliegen, heute noch einmal dafür Dank zu sagen.
Der jetzt beschlossene Gesetzentwurf fällt in entscheidenden Punkten hinter das bisher gültige Gesetz zurück.
Erstens. Die im Zuge der friedlichen Revolution erkämpften und mühsam eingeführten demokratischen Mitwirkungsrechte der Hochschulangehörigen sind in diesem Gesetz weitgehend außer Kraft gesetzt.
Zweitens. Die vorgesehenen zentralistisch-hierarchischen Strukturen sind in der Wissenschaft – das lehren alle historischen Erfahrungen, auch in der DDR – kontraproduktiv und führen zum Niedergang der Wissenschaft.
Drittens. Die vom Gesetz geschaffenen Möglichkeiten externer Einflussnahme durch den Hochschulrat bedrohen die Freiheit der Wissenschaft und sind insofern womöglich verfassungswidrig.
Als Mann, der sein Leben lang der Wissenschaft gedient hat, konnte ich diesem Gesetz unmöglich zustimmen.
Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 1, 3. Lesung des Hochschulgesetzes, endgültig abgeschlossen.
1. Aktuelle Debatte: Scheitern des sächsischen Paragrafenprangers – Verpasste Chance zur Entlastung der Bürger und Unternehmen von Bürokratie
2. Aktuelle Debatte: Strohfeuer oder Konjunkturpaket? Die Haltung Sachsens zum Investitionsprogramm der Bundesregierung
Die Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt festgelegt: CDU 36 Minuten, Linksfraktion 26 Minuten, SPD 12 Minuten, NPD 12 Minuten, FDP und
Scheitern des sächsischen Paragrafenprangers – Verpasste Chance zur Entlastung der Bürger und Unternehmen von Bürokratie
Zuerst hat die Fraktion der FDP das Wort, danach CDU, Linksfraktion, SPD, NPD und GRÜNE. Die Debatte ist eröffnet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bürokratie ist die moderne Geißel unserer Zeit; sozusagen als Frucht staatlicher Regulierungswut und Kontrollsucht bestimmt sie weite Teile unseres Lebens. Überall, wenn man sich im Land umhört, wird man zu einem übereinstimmenden Bild kommen. Viele Menschen werden sogar sagen, dass es inzwischen noch schlimmer ist als früher, und wie Sie alle wissen, war die DDR eine echte Bürokratiehochburg.
Die Rolle der Bürokratie in unserer Gesellschaft lässt sich an sehr vielen interessanten Zahlen festmachen. Auf 80 Milliarden Euro werden in Deutschland die Bürokratiekosten, die der Gesellschaft entstehen, pro Jahr geschätzt. Etwas mehr als die Hälfte – 46 Milliarden Euro davon – müssen die Unternehmen in Deutschland tragen.
Für Sachsen werden die Kosten, die durch Bürokratie entstehen, auf jährlich circa 3 Milliarden Euro geschätzt. Ganz besonders betroffen sind natürlich die kleinen Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern, die die enormen Bürokratieanforderungen nicht so einfach wegstecken können. Man schätzt beispielsweise, dass allein 64 Arbeitsstunden pro Jahr und Beschäftigten durch Bürokratie in den Kleinunternehmen verloren gehen und Bürokratiekosten bei Unternehmen von bis zu neun Mitarbeitern in Höhe von rund 4 300 Euro pro Jahr erwirtschaftet werden müssen. Das ist eine Menge „Holz“ – vor allem für Kleinunternehmer und Freiberufler.
Deshalb ist es ja auch allgemeiner politischer Konsens, vor allem in Wahlkampfzeiten, dass der Bürokratieabbau eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart ist.
In der Praxis zeigt sich jedoch ein völlig anderes Bild. Anstatt dieses Land zu entbürokratisieren, breitet sich die Bürokratie auf allen politischen Ebenen immer weiter aus. Wenn wir uns beispielsweise das deutsche Steuerrecht anschauen, gibt es dort inzwischen mehr als 2 500 Vorschriften, und nahezu monatlich kommen neue Modifikationen hinzu.
Es ist aber noch viel mehr als diese riesige Anzahl von Vorschriften. Es ist vor allem jede Verlässlichkeit und jede Berechenbarkeit verloren gegangen, da sich Gesetze und Vorschriften permanent ändern und keinen längeren Bestand mehr haben. Im Jahr 2008 wurde beispielsweise die 30-prozentige degressive Abschreibungsmöglichkeit für Investitionsgüter abgeschafft. Mit dem neuen, gerade erst in dieser Woche beschlossenen Steuerrechtsänderungsgesetz wird sie für 2009 wieder eingeführt, aber dann mit 25 %. „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“, das scheint die Strategie der Regierungen zu sein. Wer soll das noch verstehen? Nicht einmal Steuerberater sehen da durch, gleich gar nicht die Bürger. So kann es, meine Damen und Herren, beim besten Willen nicht weitergehen!
Es kommt inzwischen immer häufiger vor, dass der Staat weit über das Ziel hinausschießt und die Regelungswut sehr urige Blüten treibt. Beispielsweise muss Mecklenburg-Vorpommern eine Seilbahnverordnung ratifizieren. Wir alle wissen, dass es in diesem Land wahrscheinlich wenige Berge gibt, die eine Seilbahn vertragen würden.
Der Bund hält es für absolut dringend notwendig, die Staatsangehörigkeit von Pferden zu regeln, und hat dafür eine Viehverkehrsverordnung geschaffen. Ganz besonders gefällt mir die Vibrationsrichtlinie der Europäischen Union, die Arbeitnehmer besser vor rüttelnden Maschinen schützen soll. Auch nicht schlecht ist das Anliegen der Brüsseler Bürokraten, eine Mindestabstandsnorm für Leitersprossen festzulegen oder Regelungen zur Größe von Traktorsitzen zu bestimmen. Aber ob die Fürsorge des Staates wirklich so weit gehen muss, dass man eine Brandschutznorm für Damenunterwäsche festlegt? Meine Damen und Herren, ich weiß nicht so recht. Es stimmt zwar, dass es in der Europäischen Union einen Fall gab, bei dem einer Dame der BH beim Kochen am Herd nahezu abgefackelt wäre – warum man aber aus einem Einzelfall ein Massenphänomen konstruieren muss, ist mir nicht klar. Ich stelle mir schon die Frage, ob unsere Verwaltungsbeamten nicht etwas Besseres zu tun haben sollten.