Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Wird von der SPD das Wort gewünscht? – Herr Brangs, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich muss man sich dazu zu Wort melden und ein paar Dinge gerade rücken. Das kann man ja so nicht stehen lassen.

Ich will gern bei meinen Lieblingskollegen von der FDP anfangen. Es ist bezeichnend, dass Sie sich hier hinstellen und nichts anderes tun, als gegen die Staatsregierung zu wettern, alles schlechtzureden, darauf hinzuweisen, dass all das, was an Überlegungen angestellt worden ist, nicht ausreichend ist, aber im Bund nehmen Ihre Lobbyisten die Leistungen der Bundesregierung gern entgegen und sind froh darüber, dass sie Kredite abfinanziert und Bürgschaften angeboten bekommen. Das sind genau dieselben, die immer für die FDP die großen Plakatserien starten. Insofern würde mich interessieren, worauf Ihre Kritik begründet ist, besonders am Wirtschaftsminister. Ich kenne aus den Gesprächen mit den sächsischen Wirtschaftsverbänden keine Kritik, ganz im Gegenteil.

Als Nächstes nenne ich das Thema Kommunal-Kombi. Das scheint ja ein Running Gag zu werden, denn in den letzten Tagen war er oft das Thema.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Es ist einer!)

Es ist eben kein Running Gag, denn was wir geschaffen haben, ist ein sinnhaftes Instrument. Deshalb zunächst an die Kollegen der Linken, damit sie sich etwas beruhigen: Ich habe mir aufgeschrieben, dass Kollegin Lay gesagt hat, wir hätten nur den ersten Arbeitsmarkt im Blick. Gleichzeitig wird aber von der gleichen Fraktion geäußert, dass die Mittel im Kommunal-Kombi nicht ausreichend seien.

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir in Sachsen im Jahr 2009 14,8 Millionen Euro und im Jahr 2010 21 Millionen Euro eingestellt haben, also rund 35 Millionen Euro an Landesmitteln, und zurzeit sind bereits rund 2 000 Stellen besetzt. Dass nicht mehr belegt sind, liegt einfach daran, dass wir teilweise Probleme mit der Haushaltsführung der Kommunen und der Landkreise haben, weil diese Pläne nämlich stellenwirksam werden müssen.

Es gibt aber Hinweise, dass im nächsten Jahr, wenn neue Stellenpläne vorgelegt werden, wesentlich mehr Kommunen und Landkreise diese Maßnahmen in Anspruch nehmen werden. Der Muldentalkreis – –

(Zuruf von der CDU: Den gibt es nicht mehr!)

(Zuruf von der CDU: Den gibt es nicht mehr!)

Den gibt es nicht mehr. Vielen Dank für den Hinweis. – Der ehemalige Muldentalkreis hat die ihm zur Verfügung stehenden Stellen bereits zu fast 100 % ausgeschöpft.

Deshalb ist es ganz wichtig, dass man von dieser Stelle aus sagt: Es gibt ein Konjunkturprogramm in Sachsen, und das ist der Doppelhaushalt, den wir gestern verabschiedet haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Wenn man sich diesen Doppelhaushalt ansieht, stellt man fest, dass das eine klare Erfolgsgeschichte ist. Dass die LINKE das nicht hören will, ist mir schon klar. Aber wir investieren 3 Milliarden Euro. Noch einmal: 3 Milliarden Euro werden in Sachsen investiert.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Mit rund 20 % ist die Investitionsquote in Sachsen die höchste aller Länder in der Bundesrepublik. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Und dann wird hier tatsächlich allen Ernstes behauptet, wir würden nichts tun.

Bei den Investitionen geht es um so wichtige Infrastrukturbereiche wie den Straßenbau, die Hochschulen, den Schulhausbau. Genau das finanzieren wir mit Steuergeldern. Nun muss mir doch einmal jemand hier im Sächsischen Landtag erklären, was daran falsch ist. Das ist, finde ich, in Zahlen gegossene Politik der CDU/SPDRegierung.

Als wir festgestellt haben, dass der Abschwung am Horizont erkennbar wird und teilweise auch schon einen Schritt auf uns zugekommen ist, haben wir begonnen gegenzusteuern.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Genau das ist Politik: dass man gegensteuert, dass man die Chancen erkennt, dass man eben nicht abwartet und nur jammert, sondern Angebote schafft, dass man den Menschen im Land sagt: Jawohl, wir haben verstanden, wir müssen etwas im Bereich der Automobilindustrie tun, wir müssen etwas für die Wirtschaftsbereiche tun, in denen viele Arbeitsplätze angesiedelt sind, und wir müssen dort auch gezielt Maßnahmen einleiten, damit der Staat auch investieren kann und dadurch auch Produktion ermöglicht wird. Damit senden wir den Menschen im Land auch ein Signal, dass nicht alles, was wir hier tun, schlecht sein kann.

Dass der sächsische DGB-Vorsitzende das Mittelstandsstabilisierungsprogramm begrüßt, überrascht mich überhaupt nicht. Er hat die Zeichen der Zeit erkannt, leider Gottes manche hier im Sächsischen Landtag nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteilt der Linksfraktion das Wort; Herr Zais, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brangs, lassen wir doch nach der Haushaltsdebatte und Ihren großen Worten wieder etwas Luft ab. 3 Milliarden Euro Investitionen. Sie wissen wie ich, dass wir in den Jahren 2007 und 2008 schon je 1 Milliarde Euro weniger Investitionen als früher hatten. Und wir gehen schweren Zeiten entgegen, wie das Prof. Bolick sagte. Es ist also keine Lobeshymne.

Eines, Herr Brangs, ist doch wohl wahr: Jedes Programm wird daran gemessen, ob es für die Kleinunternehmer und den Mittelstand in Sachsen einen Auftrag gibt. Es geht doch nicht darum, dass wir mit den Beschlüssen zum Haushalt Geld geben, sondern entscheidend ist, ob diese Mittel beim Mittelstand als Auftrag ankommen. Wenn wir Autobahnen und Staatsstraßen bauen, ist doch mitentscheidend, wer die entsprechenden Aufträge bekommt. Die sächsischen Unternehmen sind doch größtenteils Subunternehmen. Sie bekommen diese Aufträge doch nicht direkt. Darum geht es. Und da machen wir einmal eine Analyse.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja. Wer fängt denn an – Herr Bolick?

Herr Bolick ist zuerst dran.

Herr Kollege Zais, ich habe vorhin ausgeführt, dass die Stückelung des Programms 10 Millionen Euro beträgt. Glauben Sie, dass 10 Millionen Euro für ein Großunternehmen interessant sind oder für einen Mittelständler?

Für einen Mittelständler ist das schon interessant, glaube ich. Aber die Großunternehmen haben in Sachsen Subunternehmen, und über sie werden auch diese 10 Millionen Euro mitgenommen. Darin sind Sie doch sicherlich meiner Meinung. Sie werden diese nicht liegen lassen und irgendeiner kleinen Firma geben. Das ist auch eine Frage der Qualität, Herr Bolick. Sind Sie darin meiner Meinung?

(Volker Bandmann, CDU: Wollen Sie damit sagen, dass in Sachsen nichts für den Mittelstand getan wird?)

Bitte keine Fragen aus der Runde, sondern am Mikrofon! Dazu hatte sich Herr Brangs gemeldet. Gestatten Sie die Zwischenfrage von Herrn Brangs?

Herr Brangs.

Lieber Kollege Zais, lieber Karl, du hast ja gesagt, es würde alles in den Westen gehen.

Das habe ich nicht gesagt!

Doch, natürlich!

Ich habe gesagt, die Sachsen erhalten solche Aufträge nur als Subunternehmen.

Darf ich meine Frage stellen? Ist dir bekannt, was eines der größten Unternehmen im Bereich des Brückenbaues, des Straßenbaues und des Autobahnbaues ist und wo es herkommt?

(Zuruf von der CDU: Aus Österreich!)

Welches Unternehmen meinen Sie?

Hentschke-Bau aus Bautzen.

Also, ich kenne in Chemnitz die Unternehmen Böcker und STRABAG. Mit STRABAG haben wir ja in Chemnitz große Probleme. Ich kenne Hentschke vom Schild auf der Autobahn, aber ich habe dieses Unternehmen in meiner Nähe noch nicht erlebt. Aber ich danke für die Information, dass es auch große sächsische Brückenbaufirmen gibt.

Wollen wir aber trotzdem die Debatte zurückführen und vielleicht einmal analysieren. Wenn wir davon ausgehen, dass es darum geht, dem Mittelstand gerade in der bevorstehenden Krise zu helfen, ihn mit Aufträgen zu versehen, dann lassen Sie uns doch einmal analysieren: Die Wirtschaftsentwicklung in Sachsen verlief in den zurückliegenden Jahren sehr unterschiedlich. Wir haben Branchen mit Wachstum. Ihnen stehen solche mit stagnierender oder sinkender Wirtschaftskraft gegenüber. Eine dynamische Entwicklung weisen vor allem diejenigen Sektoren auf, die für den Export arbeiten. Das gilt für die Bereiche Automotive, Mikroelektronik, Werkzeug- und Textilmaschinenbau, wobei eine große Abhängigkeit von wenigen Unternehmen in den jeweiligen Regionen festzustellen ist.

Dagegen – und darüber sollten wir uns doch hier unterhalten und streiten – sehen sich die meisten Wirtschaftsbereiche, die von der Binnennachfrage abhängig sind – das ist der übergroße Teil der sächsischen Wirtschaft –, in den letzten zwei Jahren, also in den Konjunkturjahren, mit stagnierendem oder sogar negativem Wachstum konfrontiert. Wir haben deshalb auch insgesamt, Prof. Bolick, in Sachsen eine Wirtschaftsdynamik mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von weniger als 2 %. Trotz der hohen Steigerungsraten in manchen Industriebereichen sind wir im Durchschnitt überhaupt nicht vorwärts gekommen. Der Abstand zu den alten Bundesländern hat sich vergrößert. Das Arbeitsvolumen stagniert und die Steuereinnahmen steigen langsam.

In diesem Zusammenhang muss ich natürlich fragen: Was mache ich, wenn die Räume auseinanderbrechen, mit den Räumen, die eine geringe Binnennachfrage haben, weil es dort niedrige Löhne gibt? Was mache ich mit diesen

Kleinunternehmen? Wie werde ich sie in den kommenden Monaten – zwei Jahre gerechnet – durch die Krise führen? Deshalb haben wir im Zusammenhang mit dem Haushalt zwei Vorschläge unterbreitet. Sie haben zum Inhalt, die Infrastruktur auszubauen und die Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden, in Schulen zu erhöhen.

Jetzt kommt Ihre Frau Schavan (CDU) und fordert für jede Schule 100 000 Euro für den Ausbau. Welche Frechheit! Wer soll das finanzieren? Die Länder in ihrer Hoheit! Nein, wir haben dazu einen Vorschlag unterbreitet. Setzen Sie sich im Bundestag mit dafür ein, die Gewerbesteuerumlage zu verändern und sie vor Ort zu belassen und für den Bund einmal auszusetzen. Dann hätten wir 4 Milliarden Euro, was schon immer der Vorschlag der Linken ist. Ein solches Handeln wäre dann auch seitens unserer Staatsregierung erforderlich.