Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Jetzt kommt Ihre Frau Schavan (CDU) und fordert für jede Schule 100 000 Euro für den Ausbau. Welche Frechheit! Wer soll das finanzieren? Die Länder in ihrer Hoheit! Nein, wir haben dazu einen Vorschlag unterbreitet. Setzen Sie sich im Bundestag mit dafür ein, die Gewerbesteuerumlage zu verändern und sie vor Ort zu belassen und für den Bund einmal auszusetzen. Dann hätten wir 4 Milliarden Euro, was schon immer der Vorschlag der Linken ist. Ein solches Handeln wäre dann auch seitens unserer Staatsregierung erforderlich.

Drittens brauchen wir ein Programm – das haben wir Ihnen im Zusammenhang mit dem Haushalt vorgeschlagen – für Bildung, ökologischen Umbau, Gesundheit, Forschung und Technologie. Ich habe auch schon gesagt, dass das Wirtschaftsministerium dabei der Organisator sein muss, um auch die kleineren Firmen einzubinden. Das fehlt bisher. Das kritisieren wir. Ich wiederhole es nicht.

Aber zum Schluss: Denken Sie doch einmal mit! Ich will keine Krise herbeireden. Wir wissen aber, dass sich alle Leiharbeiter über die Jahreswende beim Arbeitsamt melden. Das sind Tausende in Sachsen, allein bei Ihnen in der Nähe, Herr Bolick, 4 500 in Limbach durch Automotive. Wir brauchen also ein solches öffentlich gefördertes Arbeitsprogramm, wie es in Dänemark und Schweden bereits existiert.

Wenn Herr Walter von der Deutschen Bank recht hat, dass das Wachstum auf minus 4 % abbricht, muss man wissen, dass ein Rückgang um 1 % 350 000 Arbeitslose bedeutet, und das mal vier! Jeder zehnte Arbeitslose ist ein Sachse. Dann wissen Sie, worauf Sie sich auf dem Arbeitsmarkt vorbereiten müssen, und da reichen die Maßnahmen nicht aus.

In diesem Sinne werden wir uns täglich wieder sprechen. Die Krise wird länger dauern.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich frage die FDP. – Bitte, Herr Morlok.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der gestrigen Haushaltsplandebatte zum Einzelplan 07 habe ich gedacht, der wirtschaftliche Sachverstand wäre bei den Linken angekommen. Ich muss heute Morgen nach der Rede von Frau Lay erleben, dass er zumindest nicht bei allen Linken angekommen ist. Sie haben uns wieder einmal ein Arbeitsmarktprogramm vorgeschlagen, so nach dem Motto

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

„Da sollen doch am besten die Unternehmen alle Arbeitslosen einstellen und am besten auch noch in staatlichen Unternehmen, dann wäre das Problem der Arbeitslosigkeit schon gelöst.“

(Caren Lay, Linksfraktion: Wer hat das gesagt?)

Frau Lay, das haben wir alles schon einmal gehabt, das hieß DDR, und das ist in der Pleite des Staates geendet. Diese Programme machen keinen Sinn.

Lieber Kollege Brangs, wenn Sie einmal Ihr Feindbild ablegen würden

(Zuruf von der SPD: Das sagt der Richtige!)

und in der Lage wären, eine Debatte auch zu verfolgen, dann würden Sie nämlich merken, wie differenziert wir uns mit der Staatsregierung auseinandersetzen.

(Stefan Brangs, SPD: Stimmt das Feindbild, stimmt das Weltbild!)

Ich hatte ja gerade die Bundesregierung kritisiert mit ihren Hilfen für die Großkonzerne und ausdrücklich die Staatsregierung gelobt, dass sie eben die Lücke geschlossen und ein Programm für den Mittelstand aufgelegt hat. Das ist Ihnen wohl entgangen?

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Das war heute Morgen in der Aktuellen Debatte, Sie können es gern im Protokoll nachlesen. Wenn man es zweimal gehört hat, kann man es auch besser verstehen.

Als Sie heute Morgen in Ihrer ersten Wortmeldung von der Managerkrise gesprochen hatten, habe ich Ihnen ausdrücklich Beifall geklatscht. Das ist Ihnen offensichtlich auch entgangen.

(Stefan Brangs, SPD: Nein!)

Ich hatte auch Herrn Minister Unland beigepflichtet, der gesagt hat: Wir brauchen kein Konsumprogramm, weil wir damit nur neue Schulden haben, die die nachfolgenden Generationen belasten.

Ich setze mich sehr wohl sehr differenziert mit der Politik der Staatsregierung auseinander. Aber man muss überall dort, wo Kritik berechtigt ist, auch Kritik üben.

Jetzt komme ich zu dem lieben Kollegen Martin Dulig. Ich habe den Zwischenruf so verstanden, dass, wenn die Initiative für das Programm vom Ministerpräsidenten kommt, er dann auch für die Umsetzung sorgen müsse. Meine Kritik in diesem Zusammenhang am Wirtschaftsminister würde also fehlgehen. Da verstehe ich auch, warum die SPD in der Wirtschaftspolitik so schwach dasteht. Wenn sie der Auffassung ist, dass für die Umsetzung des Konjunkturprogramms ihr eigener Minister nicht zuständig wäre und man deswegen den Ministerpräsidenten kritisieren müsse, dann, lieber Martin Dulig, wäre es vielleicht im Interesse Sachsens besser, der SPDMinister Jurk zieht sich zurück und der Ministerpräsident macht es gleich selbst.

(Beifall bei der FDP – Staatsminister Thomas Jurk: Ha, ha!)

Wird von den GRÜNEN das Wort gewünscht? – Frau Hermenau, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Dieses Bürgschaftsprogramm der Staatsregierung wird wahrscheinlich nicht viel Schaden anrichten. Aber die Frage ist ja nicht, ob es das tut, sondern ob es viel nützt. Daran habe ich zumindest meine Zweifel.

Ich finde, die erste Aufgabe müsste es sein, die Auftragsbücher zu füllen, und zwar mit vernünftigen und richtigen Produkten oder Arbeitsdienstleistungen.

(Zuruf von der Linksfraktion: Jawohl!)

Weil Sie den GRÜNEN immer nicht glauben – das haben wir in den letzten zwei Tagen erlebt –, nehme ich einmal einen Ihrer eigenen Vordenker, Prof. Miegel. Der ist nun wahrlich kein GRÜNER. Prof. Miegel hat – erst heute ist es noch einmal in der Zeitung nachzulesen, wenn Sie das im Detail interessiert – verlauten lassen, dass die Kapitalmarktkrise gar nicht hätte passieren können, wenn Kapital eine Rückbindung an ethische und kulturelle Werte gehabt hätte.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Wer erzählt denn solchen Quatsch?)

Jetzt ist die Frage: Wer redet denn immer am meisten mit der Wirtschaft, und wer denkt denn, dass er weiß, wie die Wirtschaft funktioniert? Wer setzt denn die Kultur- und Wertedebatten? Da dürfen Sie einmal in sich gehen. Jetzt kommt die Weihnachtszeit, das ist eine gute Phase dafür.

Miegel sagte, die gegenwärtige Krise führe allen – außer der Sächsischen Union – ganz drastisch vor Augen, dass es so nicht weitergehe. Er spricht von der Obsession des Wachstums. Das sind ganz neue Töne. Er meint, dass das unbegrenzte Wachstum eben nicht in der Logik dieses ökonomischen Systems liegt, weil es auf endgültigen Verbrauch programmiert ist.

Mein Vorschlag ist: Laden Sie Herrn Miegel ein – da haben Sie ja keine Berührungsängste –, hören Sie ihm zu und kommen Sie danach Anfang Januar wieder und lassen uns noch einmal neu diskutieren; denn wir haben auch eine Konsum- und Produktkrise. Sie müssen die Infrastruktur klimaertüchtigen.

Wenn Herr Brangs von einer Managerkrise gesprochen hat, bin ich – wenn ich mir die letzten zwei Tage ansehe – der Meinung, dass wir auch eine Führungskrise in der Politik haben, zumindest hier in Sachsen. Sie haben es als Wirtschaftsminister nicht geschafft, das aufzubrechen, was Sachsen rückschrittlich macht, nämlich, wenn die Union zum Beispiel nicht auf Leute wie Miegel hört. Ich finde das fatal, aber nehme das zur Kenntnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile das Wort der CDUFraktion; Herr Flath, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Kollegin Hermenau, ich will gern den Ball aufnehmen und mich auch bemühen, an der Debattenkultur hier im Hohen Haus zu arbeiten. Deshalb habe ich mich jetzt zu Wort gemeldet; denn es geht um die wirtschaftliche Lage in Sachsen, um die möglichen Folgen der Finanzkrise, darum, wie die Staatsregierung hier gegensteuert.

Ich will seitens der CDU-Fraktion sagen: Ich glaube, in einer solchen Situation ist es wichtig, dass wir einen guten Finanzminister und einen guten Wirtschaftsminister haben. Das wird wichtig sein, um in dieser Krise handlungsfähig zu bleiben.

Ich will noch einmal daran erinnern, was unser Ministerpräsident Stanislaw Tillich am letzten Wochenende kundgetan hat und was mit der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen zusammenhängt. Das hatte ich vom Gedanken her bei der Grundsatzdebatte zum Haushalt aufgenommen. Es gibt einen aktuellen Anlass; denn zur Stunde, heute und morgen, treffen sich die 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel und werden über die wirtschaftliche Lage in Europa debattieren. Sie werden aber wahrscheinlich auch Beschlüsse fassen zum Klimaschutzpaket für den Zeitraum von 2013 bis 2020. Nach dem, was ich am letzten Wochenende in Brüssel erfahren habe, geht es dabei sehr viel um Sachsen. Dort geht es um die Automobilindustrie, um die Braunkohleverstromung und um die zukünftigen Bedingungen für die sogenannten energieintensiven Industrien in Sachsen.

Nun könnte man sagen, dass wir ein kleines Land sind, uns aber eine starke wirtschaftliche Basis erarbeitet haben. Deshalb will ich die Gelegenheit dieser Aktuellen Debatte nutzen, noch einmal das Signal von Stanislaw Tillich zu verstärken, und zwar in Richtung unserer Bundeskanzlerin und der Bundesregierung, daran zu arbeiten oder einmal darüber nachzudenken.

Sie wissen, ich war fünf Jahre Umweltminister. Ich habe die Aufgabe sehr, sehr ernst genommen. Ich habe mich viel mit Klimaschutz und Zertifikatehandel beschäftigt. Aber ich glaube, es ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man darüber sprechen muss, wie sinnvoll es ist, einen europäischen Zertifikatehandel zu installieren. Ich glaube, es ist Zeit zu erkennen, dass man, wenn man Klimaschutz betreiben will, das weltweit tun muss. Es gibt kein europäisches Klima, es gibt nur ein Klima auf diesem Planeten.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und der Staatsregierung)

Ich fürchte, dass dieser Zertifikatehandel in Brüssel unter französischer Ratspräsidentschaft missbraucht wird für eine Wirtschaftspolitik, die zu einer Vertreibung wichtiger Industrien aus Sachsen führt. Das können wir nicht dulden. Deshalb mein Signal nach Brüssel von dieser Stelle aus dem Hohen Haus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Frau Lay.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch mich reizt es, vor der Rede des Ministers – ich bin gespannt, welche es sein wird – noch einmal das Wort zu nehmen. Ich denke, auf einige Argumente, die in dieser Debatte gefallen sind, muss man eingehen.

Ihnen, Herr Brangs, der Sie diesen Doppelhaushalt als Konjunkturprogramm gerühmt haben, möchte ich einfach sagen: Dieser Doppelhaushalt ist vielleicht eine Schlaftablette, aber sicherlich kein Konjunkturprogramm. Die Investitionsquote in Sachsen sinkt. 1 Milliarde Euro wird 2009 gegenüber 2007 weniger investiert. Das alles, meine Damen und Herren, kann doch wirklich kein Konjunkturprogramm sein!

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)