Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Gibt es nach den Ausführungen der Ministerin noch Aussprachebedarf der Fraktionen? – Nein, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort; Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei Frau Staatsministerin Dr. Stange und Herrn

Prof. Mannsfeld für ihre fachbezogenen Beiträge bedanken. Bei den anderen Rednern der Fraktionen verwundert mich natürlich schon, dass Sie, Frau Werner, den Klimaschutz ins Spiel bringen und Sie, Frau Raatz, über die mangelnde Finanzierung des Industriemuseums sprechen. Vielleicht sollten Sie mit Ihrer Oberbürgermeisterin, Frau Ludwig, sprechen, dass dort die entsprechende Finanzierung durch die Stadt Chemnitz sichergestellt wird. Herr Gerstenberg, Sie bemühen Herrn Luther. Sie alle haben nicht verstanden, worum es der FDP-Fraktion im Kern geht.

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Es geht darum, dass wir eine zusätzliche, ergänzende Komponente zum BAföG schaffen wollen. Frau Staatsministerin, ich hatte auch gesagt, dass wir eine rechtliche Änderung brauchen, damit diese Stipendien nicht auf das BAföG angerechnet werden. Die Blickrichtung der FDPFraktion ist ja gerade – Frau Ministerin, Sie hatten es angesprochen –, dass sich 30 % der Abiturienten nicht für ein Hochschulstudium entscheiden, aus welchen Gründen auch immer. Einer der Gründe ist, dass eine Finanzierung nicht möglich ist.

Ich denke, dass solch ein Stipendiensystem in Sachsen die Möglichkeit schaffen würde, dass vor allem für begabte junge Menschen, die die Voraussetzungen für ein Hochschulstudium haben, die Aufnahme eines Studiums finanziell untersetzt werden kann. Gerade herausragende Leistungen im Abitur sollten belohnt werden. Da wäre ein solches Stipendiensystem als ergänzende Komponente genau das Richtige.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann Ihre Argumentation, Frau Werner, nicht nachvollziehen. Sie sagen, dass solch ein Stipendiensystem die soziale Differenzierung verstärkt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die sächsische FDP hat zum Ziel, dass wir gerade durch das Stipendiensystem allen Abiturenten, wenn sie begabt sind, den Zugang zum Hochschulstudium ermöglichen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Eines habe ich noch vergessen: Herr Prof. Mannsfeld, wir hatten vorhin davon gesprochen, warum wir das nicht in den Haushaltsberatungen beantragt haben. Der Grund liegt einfach darin: Gestern wurde der Haushalt durch die CDU/SPD verabschiedet. Das war ihr letztes großes Werk. Sie sind ab heute frei und können dem Antrag der FDP-Fraktion zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. Das war das Schlusswort. Somit kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/13927 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei einer überschaubaren Anzahl von Zustimmungen ist der Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgearbeitet.

Erklärung zu Protokoll

Hochverehrte Kollegen von der FDP, es muss doch schön sein, wenn man in zahlreichen Parlamenten in Fraktionsstärke vertreten ist. Dann ist die Arbeit nicht ganz so anstrengend und der Arbeitsaufwand nicht so hoch, als wenn man jedes Mal das Rad selbst erfinden müsste.

Die sächsische FDP lässt uns heute über einen Antrag debattieren, der bereits im November 2007 im liberalen Stipendienlabor in Nordrhein-Westfalen von der dortigen FDP in Gestalt ihres intellektuellen Leuchtturms Andreas Pinkwart zur endgültigen Reife gelangt war. In mehreren Pressekampagnen – darunter auch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und im „Handelsblatt“ – trat er bislang an die Öffentlichkeit; im April 2008 trug er sein Begehren auch auf der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, GWK, vor.

Die Resonanz war wenig ermutigend. Da sich aber die FDP bereits weit vorgewagt hatte, sprach der nordrheinwestfälische FDP-Mann schließlich sogar davon, dieses Projekt – wenn nötig – allein durchzuziehen. Damit dies nicht passiert, werden jetzt wahrscheinlich die bundesdeutschen Länderparlamente, in denen die FDP noch vertreten ist, mit jeweils dem gleichen Antrag traktiert.

Auch dieses redundante Wiederkäuen des gleichen Problems in verschiedenen hochbezahlten Landtagen ist eine der Schwächen des hiesigen Föderalismus.

Was Sie, meine Damen und Herren von der FDP, unter dem Aufbau eines leistungsorientierten sächsischen Stipendiensystems verstehen, haben Sie in der Einbringungsrede verdeutlicht. Wir wissen, dass der einzige Rohstoff, der in Deutschland vermehrbar ist, die Bildung und Ausbildung junger Menschen ist. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, wenn mehr begabte deutsche Studenten in den Genuss deutscher oder sächsischer Stipendien kämen. Es wäre auch wünschenswert, wenn man dafür, wie der bereits zitierte Herr Pinkwart dem „Handelsblatt“ mitteilte, „ein paar Millionen in die Hand nehmen“ könnte, mit denen dann die Akademikerquote in der Bundesrepublik von heute gut 20 % auf 40 % eines Jahrgangs zu steigern wäre.

Ausgerechnet Herr Pinkwart und jetzt auch die sächsische FDP wollen nun als Ergänzung zum BAföG-System, das auf sozialen Kriterien basiert und gegenwärtig etwa 17 % der zwei Millionen Studierenden alimentiert, eine zusätzliche, leistungsbezogene Förderung in Form von Stipendien einführen. Einer der Gründe dafür soll der Anreiz

sein, das Studium in der Regelstudienzeit abschließen zu können.

Im Antrag können wir dazu erfahren, dass die Umstellung auf das Bachelor-/Master-Studienmodell zu steigenden Studienbelastungen geführt habe, vor allem was die Anwesenheit betrifft. Ganz vergessen wurde dabei zu erwähnen, dass gerade die Einführung der Studiengebühren ganz erheblich dazu beigetragen hat, dass ein erheblicher Prozentsatz der Studierenden nebenbei arbeiten muss.

Und wer hat in Nordrhein-Westfalen, wo der bereits mehrfach erwähnte Herr Pinkwart unter der hochtrabenden Bezeichnung „Innovationsminister“ firmiert, am 16.03.2006 dem Hochschulfinanzierungsgerechtigkeitsgesetz, auf gut Deutsch: der Einführung der Studiengebühren, zugestimmt? – Ihre Kollegen von der nordrheinwestfälischen FDP. Genau dieses Gesetz bezeichnete Minister Pinkwart als das fairste in Deutschland.

Ausgerechnet diese FDP, die mit solchen Gesetzen nicht nur für eine vermehrte Anwesenheit der Studierenden in den Hörsälen, sondern auch in Fabrikhallen und an Discounter-Kassen sorgte, will es jetzt Stipendien regnen lassen, damit sich wenigstens die Hochbegabten auf das Studium konzentrieren können.

In dem in Ihrem Antrag zitierten Sachstandsbericht der GWK lesen wir, dass das derzeitige sächsische Stipendienwesen vorrangig Promovenden sowie osteuropäische Studenten unterstützt. Es wäre aber zunächst vernünftiger, wenn man bei knappen Haushaltskassen die deutschen Studierenden unterstützen würde. Das hat auch nichts mit nationaler Verengung zu tun, denn es wird überall so gehandhabt, nur nicht in Deutschland. Sie werden einwenden, dass nur mit Stipendien ausländische Studenten nach Deutschland gelockt werden könnten, die wir angeblich so nötig bräuchten. Wenn das so wäre, dann müssten Stipendiennehmer aus Osteuropa vertraglich verpflichtet werden, zehn oder zwölf Jahre nach Abschluss des Studiums in Deutschland zu arbeiten, wie eine Zeit lang Studierende der Medizin, die den Numerus clausus nicht erfüllten und statt dessen einen Quotenplatz der Bundeswehr in Anspruch nahmen und sich verpflichten mussten, zwölf Jahre als Stabsarzt zu dienen.

Sie fordern, dass das von Ihnen konzipierte Stipendium unabhängig vom Elterneinkommen ausschließlich auf der Basis von Leistungskriterien zu vergeben sei. Meine Fraktion, die NPD, hält es nicht für sinnvoll, dass Studierende, deren Eltern problemlos – die Betonung liegt hier auf problemlos – ein Studium finanzieren könnten, in den automatischen Genuss eines Stipendiums kommen. Das ist kein Sozialneid, aber angesichts immer knapper werdender Haushaltskassen sollten staatliche Stipendien ausschließlich Bedürftigen zugute kommen.

Stiftungen der Parteien, Kirchen, Arbeitgeber und Gewerkschaften können da anders verfahren, und auch diese elf großen Begabtenförderungswerke erhalten 2008 immerhin 113 Millionen Euro.

Man merkt dem Antrag übrigens an, dass er schon längere Zeit in der Schublade verstaubte, bevor er jetzt in Sachsen wieder herausgehoben worden ist. Sie favorisieren in Ihrem Antrag ein Dreisäulenmodell aus Bund, Freistaat und Privatwirtschaft. Ein Engagement des Bundes wird aus Ihrer Sicht durch den Umstand gerechtfertigt, dass Sachsen einen erheblichen Teil des akademischen Nachwuchses für ganz Deutschland ausbildet. Da Ihr Projekt in allen Bundesländern umgesetzt werden soll, werden diese ihre Anträge natürlich ähnlich begründen, sodass dieses Argument nicht zieht.

Das Argument, dass ein schnell und erfolgreich abgeschlossenes Studium im Interesse der Wirtschaft läge, die deswegen bereit sein müsse, Stipendien zu vergeben, wirkt noch konstruierter. Gerade Sie behaupten doch immer zu wissen, wie Wirtschaft und Unternehmer ticken, und da schreiben Sie blauäugig, dass sächsische Unternehmen, deren Gewinne auf ganzer Breite zurückgehen, kräftig ins Stipendienfüllhorn hineinbuttern werden, damit Studierende zügig lernen.

Nein, wenn von Unternehmen Stipendien, insbesondere in den sogenannten MINT-Fächern, also den Bereichen Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik, in den Nachwuchs in Form eines Stipendienzuschusses investiert werden sollen, dann müssen diese Stipendiaten sich selbstverständlich vertraglich verpflichten, einen auch für den Stipendiengewährer lukrativen Zeitraum beim Unternehmen und damit auch in Sachsen zu bleiben. Denn gerade den Absolventen dieser Fachbereiche werden nach einem guten Abschluss ihres Studiums nicht nur deutschlandweit, sondern weltweit viele Türen offen stehen.

Vor diesem Hintergrund sollte sogar überlegt werden, ob ein Student, der auf Kosten des deutschen Steuerzahlers ein kostenintensives Studienfach absolviert, nicht für dessen Kosten aufkommen sollte, wenn er nach seinem Studium oder nur einer kurzen Arbeitsspanne das Land verlässt. Das wäre angesichts der hohen Auswandererzahlen ein Bereich, in dem Sie viel Geld für Stipendien zusammentragen könnten, und das wäre das Schließen einer Gerechtigkeitslücke, die für jedermann nachvollziehbar wäre.

Ihr Antrag ist überholt, nicht ausgereift und nicht sozial. Deswegen wird ihn meine Fraktion, die NPD, leider ablehnen müssen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Zukunftsbranche Ökologischer Landbau gezielter fördern

Drucksache 4/13928, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ökologischer Landbau im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/11670, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Fraktionen können dazu sprechen. Wir beginnen mit den GRÜNEN als Ersteinreicher. Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn uns der Antrag der Koalition und die um 17 Uhr verbreitete Pressemitteilung des Staatsministers darüber hinwegtäuschen möchten, stellen wir fest: Der ökologische Landbau wird immer noch stiefmütterlich behandelt.

(Caren Lay, Linksfraktion: So ist es!)

Wer die Staatsregierung zur Stiefmutter hat, der hat nicht viel Gutes zu erwarten. Für das gute Gewissen des Landwirtschaftsministers, der sich gern mit glücklichen Kühen auf Biohöfen fotografieren lässt, muss die Ökobranche genug herhalten. Gleichzeitig muss sie mit dem Abbau der Landwirtschaftsberatung in den Ämtern für Landwirtschaft und mit der Reduzierung der staatlichen Forschungsaktivitäten in Sachsen leben.

Ein weiteres Problem ist der Schmusekurs der Staatsregierung mit der Agrogentechnik. Ökologisch wirtschaftende Landwirte bekommen keine Unterstützung beim Schutz ihrer Produktlinien vor Einträgen von gentechnisch veränderten Organismen. Das Märchen von der friedlichen Koexistenz der Anbauformen wird hartnäckig aufrechterhalten, obwohl man im SMUL sehr wohl weiß, dass sich Auskreuzung und Verunreinigungen nicht verhindern lassen.

Während der Podiumsdiskussion „Gentechnikfreies Sachsen“, die ich am 26. November in Pillnitz moderierte, forderte ein Vertreter des SMUL das Entgegenkommen der Biobauern. Ein bisschen Verunreinigung lasse sich eben leider nicht verhindern. Meine Damen und Herren, ich frage Sie, wie der Ökolandwirt das seinen Kunden erklären soll.

Während also die Staatsregierung stark wachsende Branchen sonst schnell mit einem Clustermanagement beglückt und Fördermittel bereitstellt, macht sie sich im Fall der ökologischen Landwirtschaft nicht die Mühe. Ganz im Gegenteil: In den Jahren 2005 und 2006 wurde die Umstellungsförderung gänzlich eingestellt. Die Folge war der oft als „Tillich-Knick“ bezeichnete Stillstand bei der Produktionsumstellung.

Meine Damen und Herren! Dass die Umstellung seit 2007 wieder gefördert wird und ab 2009 noch einmal erhöht werden soll, begrüßen wir ausdrücklich. Ich freue mich, dass es sich gelohnt hat, immer wieder auch an diesem Pult auf die eklatante Differenz zwischen Landesentwicklungsplan und dem tatsächlichen Handeln der Staatsregierung hingewiesen zu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Doch, meine Damen und Herren, die Umstellungsförderung allein reicht nicht aus. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket, das zum nachhaltigen Wachstum der ökologischen Erzeugung in Sachsen beiträgt. Warum? In Deutschland ist die Nachfrage nach Bioprodukten pro Jahr um rund 15 % – und das ist abgerundet – angestiegen. Biolebensmittel sind in allen Handelsketten gelistet und liegen voll im Trend. Durch die starke Nachfrage und das nicht ausreichende Angebot werden zunehmend Bioprodukte aus anderen Bundesländern nach Sachsen und aus dem Ausland nach Deutschland importiert.

Meine Damen und Herren! Wenn wir jetzt nicht Gas geben, machen andere das Geschäft. Da reicht es eben nicht, einen Berichtsantrag zu stellen und die Staatsregierung zur Selbstbeweihräucherung aufzufordern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Das beginnt dann schon bei der Beantwortung der ersten Frage. Zwar wuchs von 2000 bis 2007 die ökologisch bewirtschaftete Fläche um 98 %. Das klingt ja total klasse, entspricht aber laut Statistik nur 3,14 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche insgesamt. Im Landesentwicklungsplan von 2003 war noch von 10 % der Fläche bis zum Jahr 2010 die Rede.

Auch die prozentuale Steigerung der Zahl der Betriebe, die ökologisch wirtschaften, um 66 % klingt toll. Damit haben wir in Sachsen nun 339 Ökohöfe, was knapp 5 % der landwirtschaftlichen Betriebe Sachsens entspricht. Ich erspare mir an dieser Stelle, die Augenwischerei weiter zu kommentieren.