Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Auch die prozentuale Steigerung der Zahl der Betriebe, die ökologisch wirtschaften, um 66 % klingt toll. Damit haben wir in Sachsen nun 339 Ökohöfe, was knapp 5 % der landwirtschaftlichen Betriebe Sachsens entspricht. Ich erspare mir an dieser Stelle, die Augenwischerei weiter zu kommentieren.

Hier wurde offensichtlich nach dem Motto verfahren: Statistiken liefern die Fakten, mit denen die Wahrheit glaubwürdig verschleiert werden kann.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die Wahrheit, meine Damen und Herren, ist weniger schmeichelhaft. Zwar arbeiten seit anderthalb Jahren Expertengruppen gemeinsam mit dem SMUL in dem Projekt „Landwirtschaft in Sachsen hat Zukunft“, in dem auch der Ökolandbau eine Rolle spielt; Informationen auf den Internetseiten des Freistaates sucht man jedoch vergebens. Folgt man dem angegebenen Link, erhält man folgende Information: „Die von Ihnen aufgerufene Seite existiert leider nicht auf dem Server des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft.“ Was soll man dazu sagen?

Meine Damen und Herren! So sieht also die Zukunft der sächsischen Landwirtschaft aus Sicht des SMUL aus – nicht gerade sehr einfallsreich.

Sucht man dagegen im Internet unter Ökolandbau allgemein, so erscheint bei Google bereits an achter Stelle ein Link, der zum Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen führt. Auf der Website des Zentrums liest man Folgendes: „Der Ökoring und die Verbände der Landesvereinigung Ökologischer Landbau Niedersachsen, Bioland, Demeter, Naturland und Ökoobstbau Norddeutschland, haben 2002 eine gemeinsame Trägergesellschaft gebildet.“ Und jetzt kommt es: „Das Land Niedersachsen unterstützt das Kompetenzzentrum im Rahmen von Projektförderung.“

Meine Damen und Herren, ich habe diese Stelle zweimal gelesen und mir dabei verwundert die Augen gerieben. In einem Bundesland, das von CDU und FDP regiert wird, gibt es ein vom Land unterstütztes Kompetenzzentrum für den ökologischen Landbau. Stellen Sie sich vor: Der Ökolandbau erfährt dort die Unterstützung derjenigen, die hier mit beiden Füßen auf der Bremse stehen, wenn es um konkrete Unterstützung der ökologisch arbeitenden Landwirtschaft geht.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Und wo ist die Sozialdemokratie?)

Doch was tut dieses Kompetenzzentrum, welche Aufgaben und Ziele werden mit ihm verfolgt? Es handelt sich hierbei um einen Dienstleister, der Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Handwerk, Verarbeitung und Handel berät, Vermarktungsprojekte initiiert und die Forschung im Bereich Ökolandbau koordiniert. Zusätzlich werden Seminare zu den Bereichen Anbau, Verarbeitung und Vermarktung angeboten sowie Beratungskräfte aus- und fortgebildet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, warum folgen wir in Sachsen nicht dem niedersächsischen Beispiel? Ihr Berichtsantrag stellt die Frage nach Möglichkeiten zur Unterstützung des ökologischen Landbaus. Bitte schön, mit unserem Antrag liefern wir Ihnen die Antworten.

Erstens. Zunächst braucht der Ökolandbau einen eigenständigen Haushaltstitel im sächsischen Haushaltsplan.

Zweitens. Ein Kompetenzzentrum nach dem Vorbild von Niedersachsen sollte in Zukunft die aktuellen Aufgaben der Branche erarbeiten und umsetzen. Unterstützung aus

einer Hand wird die positive Entwicklung der Branche ebenso beschleunigen wie die investive Förderung der Anschaffung von landwirtschaftlichen Geräten für den ökologischen Pflanzenschutz und die bodenschonende Bearbeitung.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, meine Fraktion wird Ihrem Antrag die Zustimmung nicht verweigern. Da unser Antrag dort beginnt, wo die Ideen der Regierungskoalition enden, freuen wir uns natürlich sehr auf Ihre Zustimmung. Wir können auch gern die Anträge fusionieren und im Paket gemeinsam abstimmen lassen.

Diese Zustimmung wäre gleichzeitig die Anerkennung der enormen Leistungen unserer sächsischen Ökobetriebe für Klima-, Landschafts- und Umweltschutz, für gesunde Böden, Wasser und Luft, für gesunde Ernährung unserer Menschen, für die nachhaltige Entwicklung ländlicher Räume und für die Schaffung von zukunftssicheren Arbeitsplätzen. Ich denke, das wäre gerade im Advent ein tolles Signal, das aus diesem Haus hinausginge.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Danke schön. – Jetzt folgt die CDU-Fraktion; Herr Abg. Heinz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Endlich mal wieder ein Thema, bei dem jeder mitreden kann, nämlich Essen und Trinken – wenn es auch mit der Erzeugung schon wieder etwas schwieriger ist. Die Erzeugung oder der ökologische Landbau ist, wie wir alle wissen, eine ganzheitliche, moderne Form der Landwirtschaft oder der Landbewirtschaftung. Das Interesse daran nimmt ständig zu und die positiven Auswirkungen auf Boden, Wasser und – na, Klima lasse ich mal lieber weg – sind sicherlich unbestritten – unabhängig davon, ob man damit alle Menschen, die hier in Sachsen wohnen, bei hundertprozentiger Umstellung auf Ökolandbau auch entsprechend ernähren könnte. Das könnte man ja mal an anderer Stelle eruieren.

Wir haben dieser Wirtschaftsweise jedenfalls unabhängig davon seit Langem schon unsere besondere Förderung und Unterstützung angetan. Das drückt sich in bundesweit höchsten Fördersätzen für die Umstellung und Beibehaltung dieser Produktionsweise aus. Auch in der neuen Förderperiode werden wir die Option, die uns die EU gibt, die Landwirte 20 % über den akzeptierten Sätzen zu unterstützen, ausnutzen.

Die Zahlen wurden schon genannt. Nun kann man ja jede Statistik nach verschiedenen Richtungen interpretieren. Ich bin schon froh, dass Sie uns keine Fälschung oder Beschönigung unterstellen; trotzdem ist eine Steigerung um 100 % erst einmal nicht von der Hand zu weisen – wenn auch das Ausgangsniveau relativ niedrig ist.

Wir sind im Vergleich mit dem gesamtdeutschen Niveau so schlecht nicht. Das hat auch etwas mit den natürlichen Produktionsbedingungen zu tun. Gerade in Produktionsgebieten mit risikobehafteter Witterung kann man sich durchaus überlegen, seine Betriebsstrategie mehr auf

Prämien- als auf Ertragsoptimierung auszurichten, um immer ein gewisses Einkommen auf der sicheren Seite zu haben. Das erklärt zum Beispiel, warum in Brandenburg der Anteil an Ökobetrieben relativ hoch ist.

Ich möchte noch zum Ausdruck bringen, dass die Ökobetriebe in der Regel mehr Arbeitskräfte als konventionelle Betriebe benötigen. Da die Produkte der Ökobetriebe in der Region vermarktet werden, werden regionale Kreisläufe geschlossen. Für uns sind das keine Lippenbekenntnisse, sondern auch unsere neuen Förderrichtlinien drücken das aus. Großzügige Förderung ist das eine; die landwirtschaftlichen Unternehmer müssen das Angebot natürlich auch annehmen, und die Kunden müssen die Produkte im Laden kaufen. Wir haben dafür jedenfalls reichlich Geld in den Landeshaushalt eingestellt.

Man kann sich trefflich darüber streiten, was der bessere Weg ist: ein eigener Titel oder alle Maßnahmen unter einem großen Dach. Auf alle Fälle ist bis jetzt noch kein Fördermittelantrag mangels Geld oder mangels eines passenden Förderprogramms abgelehnt worden.

(Beifall des Abg. Thomas Schmidt, CDU)

Im Sinne eines Vorwurfs an uns wird immer wieder auf die Gentechnik verwiesen. Dazu möchte ich klarstellen: Welche gentechnisch veränderten Organismen werden denn im Freistaat Sachsen zurzeit angebaut? Um die 1 000 Hektar Mais. Sagen Sie uns einmal, wie viele Hektar Mais zurzeit im ökologischen Landbau angebaut werden – wir werden schnell feststellen, dass die Gefahr der Vermischung kaum gegeben sein dürfte.

Zur Statistik habe ich etwas gesagt.

Das angesprochene Kompetenzzentrum in Niedersachsen sollte noch einmal erwähnt werden. Es ist keine Einrichtung des Landes Niedersachsen, sondern eine Selbsthilfeeinrichtung der entsprechenden Verbände und wurde von diesen gegründet. Es steht unseren sächsischen Verbänden nichts entgegen, Ähnliches zu gründen. Entsprechende Fördermittelanträge werden von uns – sofern sie zu den Richtlinien passen, woran ich nicht zweifle – abgearbeitet. Über das Kompetenzzentrum in Niedersachsen wurden im vorigen Jahr ungefähr 500 000 Euro umgeschlagen. Wir können feststellen: Das ist zwar ein etwas anderer Weg, aber den Initiativen der Verbände sind auch hier keine Grenzen gesetzt.

Zum eigenständigen Haushaltstitel habe ich schon etwas gesagt. Nicht der Weg sollte das Maß sein, sondern wir sollten uns das Ziel vor Augen halten, nämlich den Anteil dieser Produktionsform zu steigern und ihm gute Wege in der Praxis zu ebnen.

Zunächst einmal bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche noch einen schönen Abend.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Danke schön. – Die SPD-Fraktion wird durch Frau Dr. Deicke vertreten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir als Koalitionsfraktionen haben diesen Antrag gestellt, damit wir die Entwicklung des ökologischen Landbaues nicht aus den Augen verlieren und um beurteilen zu können, wie sich der ökologische Landbau unter den neuen Förderbedingungen entwickelt hat.

Für uns als SPD ist der ökologische Landbau ein umweltpolitischer Schwerpunkt. Das haben wir in diesem Hause immer deutlich gemacht. Dem ökologischen Landbau muss nicht nur deshalb Aufmerksamkeit geschenkt werden, weil die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten stetig steigt. Vor allem unter Umweltgesichtspunkten hat der ökologische Landbau große Bedeutung. Ökologischer Landbau setzt auf Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt schafft er überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze.

In der Diskussion um den ökologischen Landbau kommen wir immer wieder auf das gleiche Thema, nämlich die Frage nach der Förderung. Klar ist: Der ökologische Landbau kommt nicht ohne staatliche Förderung aus. Infolge des weitgehenden Verzichts auf synthetische Düngemittel bzw. chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel kommt es zu Mindererträgen. Diese müssen ausgeglichen werden.

Meine Damen und Herren! Sachsens Förderpolitik hat in den vergangenen Jahren positiv zur Entwicklung des ökologischen Landbaues beigetragen. Doch obwohl die sächsischen Prämien im Bundesvergleich recht gut abschneiden, stellt sich die Frage: Reicht das schon? – Die Antwort ist eindeutig: Nein!

Die jüngsten Berechnungen der Landesanstalt für Landwirtschaft haben belegt, dass die Zuzahlungen nicht ausreichen, um die Einkommensdefizite auszugleichen. Hier besteht also Handlungsbedarf. Zurzeit zahlen überhaupt nur noch drei Bundesländer eine auf zwei Jahre begrenzte Umstellungsprämie – neben Thüringen und Rheinland-Pfalz auch Sachsen.

Nach einer zweijährigen Förderlücke – in den Jahren 2005 und 2006 – zahlt der Freistaat Sachsen seit 2007 wieder die Umstellungsprämie. Das hat sich bereits positiv ausgewirkt. So haben sich die Hektarzuwächse von 2006 zu 2007 im Vergleich zu den Vorjahren praktisch verdoppelt. Mit höheren Prämien, insbesondere während der Umstellung, können das Risiko minimiert und der Anreiz zur Umstellung weiter gesteigert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im April dieses Jahres gab es eine Fachregierungserklärung zum Thema Landwirtschaft. Darin hat der damalige sächsische Landwirtschaftsminister, Herr Prof. Wöller, das Thema Ökolandbau leider nur gestreift. Beim Nachlesen des Protokolls der Fachregierungserklärung habe ich allerdings einen Satz gefunden, den ich für sehr wesentlich halte; ich möchte ihn zitieren:

„Es ist gemeinsames Anliegen von Politik und Verwaltung, den Unternehmen günstige Rahmenbedingungen zur Nutzung der bestehenden Marktchancen zu verschaffen.

Mein Haus nutzt alle Möglichkeiten, noch bestehende Wettbewerbsverzerrungen für unsere Betriebe weiter abzubauen bzw. zu vermeiden.“

Diese Aussage trifft insbesondere auf den ökologischen Landbau zu. Leider steht Sachsen insoweit im Bundesvergleich noch immer nicht besonders gut da. Aber wir müssen auch anerkennen, dass wir in den vergangenen Jahren schon ein ganzes Stück aufgeholt haben. Dennoch: Wir brauchen mehr Landwirte, die ihre Produktion umstellen. Dafür sollen sie natürlich einen Ausgleich erhalten.

Die von Sachsen angekündigte Prämienerhöhung ab 2009 ist dabei ein wichtiger Schritt. Hier haben EU und Bund die Finger im Spiel. Der Bund wird sich zukünftig noch stärker als bisher im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ an der Unterstützung des ökologischen Landbaues beteiligen.

Meine Damen und Herren! Mit unserem heutigen Antrag und insbesondere unserem Änderungsantrag bringen wir als Koalitionsfraktionen nicht nur zum Ausdruck, dass der ökologische Landbau eine tragende Säule der sächsischen Landwirtschaft ist, sondern wir fordern die Staatsregierung explizit auf, verstärkt Fördermöglichkeiten auszuschöpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Es folgt die Linksfraktion, vertreten durch Frau Lay.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ökologische Landwirtschaft ist gut für die Umwelt; denn sie ist umweltverträglich, schont die Ressourcen, die Böden und das Klima.

(Beifall der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

Ökolandbau ist gut für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weil er Arbeitsplätze schafft und sichert, und das im ländlichen Raum. Ökolandbau ist auch gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher, weil er Lebensmittel mit weniger Rückständen produziert. Der ökologische Landbau ist auch gut für die Wirtschaft. Die Ökobranche boomt; denn sie befördert auch die regionalen Wirtschaftskreisläufe.

(Beifall bei der Linksfraktion)