Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das alles, meine Damen und Herren, zeigt: Ökolandwirtschaft ist eine Zukunftsbranche. Aus diesem Grunde finde ich es überaus unterstützenswert, dass in der Dresdner Erklärung, die zur ökologischen Landwirtschaft abgegeben wurde, auch die Gleichstellung der ökologischen Landwirtschaft mit anderen Zukunftsbranchen gefordert wird. Das wäre sicherlich ein Schritt, für den sich auch der Sächsische Landtag aussprechen sollte.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Das alles, meine Damen und Herren, wären gute Gründe, um auf Ökolandwirtschaft zu setzen. Aber was ist der Fall? In der Tat – Frau Kollegin Deicke hat es schon angedeutet – gewinnt man den Eindruck, dass die Koalition das Thema aus den Augen verloren hat. Es ist schade, dass es dieses Antrages bedarf, um sich das Thema wieder in Erinnerung zu rufen.

(Michael Weichert, GRÜNE: Zweimal zurückgezogen!)

Dafür sprechen jedenfalls die Zahlen; denn eine Erfolgsstory war der ökologische Landbau in Sachsen bisher nicht.

In Deutschland wirtschafteten Ende des Jahres 2007 über 18 000 landwirtschaftliche Betriebe ökologisch. Für Sachsen weist die Statistik ganze 339 landwirtschaftliche Betriebe aus, die auf ökologischer Basis wirtschaften. Sachsen liegt beim Ökolandbau deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Es ist bereits darauf hingewiesen worden. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 5,1 % der Agrarfläche. In Sachsen sind es lediglich 3,1 % der Fläche, die ökologisch bewirtschaftet werden. Dabei hatte der Landesentwicklungsplan von 2002 das Ziel verankert, den Ökolandbau bis 2012 auf 10 % der Agrarfläche auszuweiten. Davon, meine Damen und Herren, sind wir weit entfernt.

Ich habe auch das Gefühl, dass das Ziel klammheimlich aufgegeben wurde, sonst hätte Ihr Antrag ambitionierter ausfallen müssen.

Nehmen wir uns ein Beispiel an unserem Nachbarland Brandenburg: Hier werden schon über 10 % der Fläche ökologisch bewirtschaftet.

Hinzu kommen mangelnde Möglichkeiten der Verarbeitung der Ökoprodukte in Sachsen, mit denen wir regionale Wertschöpfungspotenziale vergeben. Diese schlechte Bilanz, meine Damen und Herren, ist aus unserer Sicht das Ergebnis einer unzureichenden Unterstützung durch die Staatsregierung.

Meine Fraktionskollegin Elke Altmann hat das seit vielen Jahren angemahnt und viele Anträge zu diesem Thema gestellt.

Ich erlaube mir auch an dieser Stelle, die besten Genesungswünsche für unsere Kollegin auszusprechen.

(Beifall bei der Linksfraktion, den GRÜNEN und der FDP)

Sie hat die mangelnde Umstellungsförderung kritisiert, viele Maßnahmen zur Unterstützung der ökologischen Bauern eingefordert und immer wieder eine bessere, problembezogene Unterstützung vorgeschlagen.

Meine Damen und Herren! Der Ökolandbau in Sachsen hat Reserven und wir müssen sie schnellstmöglich nutzen. Die Formulierung der Staatsregierung in den Stellungnahmen zu den vorliegenden Anträgen, sie wolle den Ökolandbau auch weiterhin angemessen finanziell und fachlich unterstützen, halten wir wirklich für Euphemis

mus. Von einem Weiterhin und einem Weiter-so kann wirklich keine Rede sein, wenn wir uns die Zahlen ansehen. Wir brauchen kein zahmes Weiterhin, wir brauchen einen mutigen Neubeginn im Interesse des Ökolandbaues in Sachsen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zwei weitere Problemkreise kurz benennen. Sie sind vom Kollegen Weichert von der GRÜNE-Fraktion auch schon angerissen worden. Das eine ist in der Tat die Problematik, dass der Anbau von gentechnisch verändertem Mais zunimmt. Das erhöht einfach die Hemmschwelle bei der Umstellung von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft. Ich glaube, das kann man hier nicht einfach so abtun, denn das war ja auch Thema beim Strategieworkshop „Ökolandbau“. Dort ist das Thema von den Betroffenen selber auch artikuliert worden. Deswegen kann man nicht darüber hinweggehen.

Auch im Interesse der Ökobauern fordert DIE LINKE daher ein Verbot des Genmaisanbaues. Aber schon die Herausbildung gentechnisch freier Regionen würde den Ökobauern mehr Sicherheit schaffen und es würde sie nicht länger im Regen stehen lassen.

Eine weitere Baustelle will ich Ihnen nennen. Der Ökoboom geht derzeit an den Direktvermarktern vorbei. Das finden wir sehr bedauerlich. Laut ZMP stagnierte der Umsatz der Ökodirektvermarkter im Jahr 2007 nach zwei rückläufigen Vorjahren. Der Anteil beträgt aktuell nur noch 10 % des Ökomarktes. Das finden wir sehr bedauerlich; denn regionale Strukturen des Ökolandbaus mit Hofläden würden der ökologischen Landwirtschaft, den regionalen Wirtschaftskreisläufen und damit auch Sachsen wirklich gut tun.

Meine Damen und Herren! Der ökologische Landbau hat unsere Unterstützung verdient. Er hat unsere fachliche, symbolische und finanzielle Unterstützung verdient. Er hat sicherlich mehr verdient als den lapidaren Berichtsantrag, den die Koalition hier ursprünglich eingereicht hat. Letzteres haben Sie wahrscheinlich auch selbst erkannt und einen Änderungsantrag zu ihrem eigenen Antrag gestellt, dem man nicht widersprechen muss, der aber auch wenig mehr Substanz zu bieten hat.

Wir hätten uns die Debatte heute im Grunde sparen können; denn die eigentliche Entscheidung ist aus meiner Sicht gestern getroffen worden. Sie wurde in die falsche Richtung getroffen. Dort hatten nämlich die GRÜNEN einen Änderungsantrag zum Haushalt gestellt, in dem sie all das eingefordert haben, was tatsächlich wichtig und richtig im Interesse der ökologischen Landwirtschaft wäre. Es geht um ein Kompetenzzentrum, es geht um eine Verbesserung der Beratung und vieles andere mehr. Dieser Antrag wurde leider abgelehnt. Es ist uns aber heute Anlass, dem Antrag der GRÜNEN wieder in der Hoffnung zuzustimmen, dass das durch eine entsprechende Nachtragsfinanzierung vielleicht doch noch sichergestellt werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Danke schön. – Herr Despang spricht für die Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ökologisch bewirtschafteten Flächen in Sachsen sind in den letzten Jahren um fast 100 % angestiegen. Sie haben sich also verdoppelt. So steht es jedenfalls in der Stellungnahme zum Antrag der Koalition. Es klingt für den ersten Moment wie ein riesiger Erfolg. Tatsächlich liegt der Freistaat Sachsen bei der ökologischen Landwirtschaft aber immer noch weit hinter den anderen Bundesländern und vor allem auch weit hinter der europäischen und weltweiten Konkurrenz. – So weit, so schlecht. Diese Tatsache ist bekannt.

Dass die Koalitionsfraktionen nun aber plötzlich mit dem vorgelegten Berichtsantrag den Anschein erwecken wollen, der Freistaat Sachsen wäre ein Musterland in der Förderung des ökologischen Landbaues, kann ich für meine Fraktion nur zurückweisen.

Fakt ist, dass sich Politik und die Regierung eines Landes an den Ergebnissen messen lassen müssen. Mit gerade einmal knapp über 3 % ökologisch bewirtschafteter Fläche ist das Ergebnis Sachsens aber denkbar schlecht. Eine wesentliche Ursache dafür ist die fehlende Verlässlichkeit in der Landespolitik, denn eine Förderung wurde bisher nur nach Kassenlage gewährt. Dass es sich um Politik nach Kassenlage handelt, hat die sächsische Regierung spätestens mit der Aussetzung der Umstellungsförderung im Jahr 2005 bewiesen. In dieser Zeit haben viele Landwirte in anderen Bundesländern und bei unseren osteuropäischen Nachbarn umgestellt, aber kaum sächsische Betriebe.

Glücklicherweise stellt nun auch Sachsen wieder Geld für die Umstellungsförderung zur Verfügung, und die Koalition jubelt, dass Sachsen einen der höchsten Fördersätze je Hektar anbietet. Aber, meine Damen und Herren, die Versäumnisse der Vergangenheit sind kein Grund, in einen solchen Jubel zu verfallen. Ein Land mit einer bis heute so gering ökologisch bewirtschafteten Fläche wie Sachsen kann es sich natürlich leisten, so hohe Fördersätze zu zahlen.

Eine weitere Ursache für den geringen Anstieg ist aber auch die Fehleinschätzung des Entwicklungspotenzials in der Ökobranche durch die Entscheidungsträger in der Regierung. Wer den ökologischen Landbau weiterhin nur einseitig an den Produktionskosten messen lassen will, kann zu keinem vernünftigen Ergebnis kommen. Es ist eine Tatsache, dass der Ökolandbau deutlich mehr Arbeitsplätze auf der Fläche schafft. Mehr Erwerbsmöglichkeiten auf dem Land wiederum rechtfertigen selbstverständlich eine umfassende Förderung.

Wir begrüßen es natürlich, dass in den neuen Förderperioden nun auch Dauerkulturen und Gemüseanbau mit höheren Fördersätzen berücksichtigt wurden. Darin liegt ein erhebliches Potenzial für Sachsens Ökolandbau, aber

die Umstellung ist in diesen Unternehmen häufig schwieriger. Die höheren Fördersätze sind also gerechtfertigt und nötig. Ebenso wichtig ist aber, dass die Förderung auch beibehalten wird. Das Denken in bisherigen Förder- und Legislaturperioden muss beendet werden. Es darf keinesfalls zu einem erneuten Antragsstopp oder einer unsicheren Förderung nach 2013 kommen. Aus diesem Grund unterstützt die NPD-Fraktion auch die Forderung nach einem eigenständigen Haushaltstitel für den Ökolandbau.

Grundsätzliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Ökolandbau ist aber, unabhängig von der Förderpolitik eines Landes eine grundsätzliche Korrektur der Handelspolitik. Ökoprodukte sind genauso wie alle anderen Agrarprodukte dem ungesunden Preiskampf des Weltmarktes ausgesetzt, der politisch mit einer Stärkung der heimischen Erzeugnisse bekämpft werden muss.

Wir Nationaldemokraten wollen keinen unbegrenzten Import und Export von Nahrungsmitteln. Eine Biotomate beispielsweise aus Spanien, die vor dem Verzehr durch ganz Europa gefahren wird, bevor sie auf den Tisch kommt, hat die Bezeichnung „Bio“ schon lange nicht mehr verdient.

Gerade der Aspekt des Schutzes von Umwelt und Natur in der Landwirtschaft steht und fällt mit der Nähe vom Erzeuger zum Verbraucher. Aus unserer Sicht ist es deshalb dringend notwendig, die bisher unbegrenzten Warenströme endlich zu bremsen und der fortschreitenden Liberalisierung der Märkte Einhalt zu gebieten. Mit einer solchen Weichenstellung werden gleichzeitig auch Arbeitsplätze in unserer Heimat gesichert; denn Arbeit bedeutet Einkommen und Einkommen bedeutet, dass sich die Menschen auch Produkte mit höheren Preisen aus ökologischen Produktionen leisten können. Die Folge ist eine funktionierende regionale Wirtschaft bei gleichzeitigem Schutz der Naturräume in unserer Heimat.

Die Kombination von ökonomischem Landbau und Heimatbezug ist eine ideale Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen, Arbeitsplätze zu schaffen und das Geld der Menschen im eigenen Land zu halten. Das setzt aber voraus, dass wir in Sachsen erst einmal genügend Ökobauern haben.

Also ist die Umstellungsförderung in Verbindung mit einer verbesserten Beratung umstellungswilliger, aber auch bereits tätiger Ökobauern die Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Branche.

Wir als NPD-Fraktion sehen im Ökolandbau eine Chance, die in Sachsen unbedingt stärker genutzt werden sollte. Dies ist aber nur durch eine Sicherung der finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den Ökolandbau zu erreichen.

In diesem Zusammenhang sehen wir auch die Notwendigkeit eigener weiterer Fördertatbestände für spezielle Investitionen in Ökobetrieben, wobei wir entsprechende Fördertatbestände nicht allein auf bodenschonende Maschinen begrenzen würden.

Dem Antrag der GRÜNEN wird meine Fraktion selbstverständlich zustimmen, bei dem nichtssagenden Antrag der Koalition werden wir uns der Stimme enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die Runde eins der Aussprache beendet die FDP, und wie nicht anders zu erwarten, spricht Herr Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich den ersten Redemeldungen gelauscht habe, liebe CDU-Fraktion, dachte ich: Kann es sein, dass Ihnen diese Debatte von der SPDFraktion aufgedrückt wurde?

(Zuruf von der CDU: Nein!)

Ich hatte da so meine Bedenken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Landwirtschaft ist Wirtschaft. Dazu zählt auch die Öko-Landwirtschaft. In einer funktionierenden Wirtschaft bestimmt nur einer, und das ist der Kunde.

Der ökologische Anbau in Sachsen – das wurde von meinen Vorrednern schon mehrmals erzählt – ist gewachsen: sensationell von 1,6 % auf 3,14 % hochgeschossen!

(Zuruf des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Diese Entwicklung ist keine typisch sächsische. In ganz Europa ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die ihre Flächen ökologisch bewirtschaften, angestiegen: als Reaktion auf die gestiegene Nachfrage nach ökologisch angebauten Lebensmitteln und die guten Preise, die für diese Waren derzeit erzielt werden können.

Wir hatten den Antrag der Koalitionsfraktionen schon im September auf der Tagesordnung. Er wurde damals aber abgesetzt. Dieser Antrag findet unsere Zustimmung wie auch der heute von der Koalition zu ihrem eigenen Antrag eingereichte Änderungsantrag.

Sich ein grundsätzliches Bild über die stattgefundene Entwicklung zu machen ist für zukünftige Strategien, Schwerpunktsetzungen in Haushalten usw. von Bedeutung. Für etwas Verwirrung in unserer Fraktion hat allerdings der neue Abs. 2 Punkt 3 gesorgt. Sie wollen nun den Absatz von sächsischen Öko-Produkten weiterhin fördern – das ist ja richtig – und die Fachverbände bei ihren Vermarktungsaktivitäten unterstützen; auch richtig. Warum Sie dann aber gerade im Haushaltstitel Agrarmarketing um 25 % gekürzt haben – was wir als Liberale scharf kritisiert haben –, wird uns sicher Staatsminister Kupfer noch erklären können.