Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

lich der Frage des Schutzes von Berufsgeheimnisträgern. Es ist Ihnen, der wunderbaren SPD, entgangen, dass auch die Journalisten in großem Umfang zur Auskunftserteilung verpflichtet werden. Journalisten sollen jetzt vom Bundeskriminalamt befragt und um Auskunft gebeten werden – zum Beispiel Fragen zum Informanten, wie er recherchiert hat, diese und jenes. Journalisten werden auch vor geheimen Ermittlungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Online-Durchsuchung oder dem Großen Lauschangriff, nicht geschützt. Journalisten behindern aber nicht die Gefahrenabwehr, sondern sie decken Missstände auf, was dem Staat oft gegen den Strich geht, woran aber ein dringendes öffentliches Interesse besteht.

Da Ihnen das vielleicht nicht so geläufig ist und ich es gern tue – das gebe ich zu –, zitiere ich noch einmal aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Fall „Cicero“: „Eine Durchsuchung in Presseräumen stellt wegen der damit verbundenen Störung der redaktionellen Arbeit und der Möglichkeit einer einschüchternden Wirkung eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit dar. Auch können potenzielle Informanten durch die begründete Befürchtung, bei einer Durchsuchung könnte ihre Identität festgestellt werden, davon abgehalten werden, Informationen zu liefern, die sie nur im Vertrauen auf die Wahrung ihrer Anonymität herzugeben bereit sind.“

Überdies liegt in der Beschaffung staatlichen Wissens über die im Bereich journalistischer Recherche hergestellten Kontakte ein Eingriff in das Redaktionsgeheimnis vor, dem neben dem Vertrauensverhältnis der Medien zu ihren Informanten eigenständige Bedeutung zukommt. Das sollte auch die sächsische Sozialdemokratie interessieren, die ja seit vier Jahren Koalitionspartner einer Partei ist, die es sich zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, Journalisten vorsätzlich einzuschüchtern.

Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Ärzte. Deren Schweigepflicht ist essenziell für Patienten. Sie wird in diesem Gesetz einfach weggewischt.

Meine Damen und Herren! Alles in allem, auch wenn Sie mir nicht gefolgt sind, bitte ich Sie: Verhindern Sie mit uns, dass Sachsen im Bundesrat für dieses verwerfliche Gesetz stimmt!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Danke. – Nach den Einbringungen spricht nun die CDU-Fraktion. Herr Kollege Bandmann, bitte.

(Unruhe im Saal)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz über das Bundeskriminalamt wird kommen und es ist auch notwendig.

(Zuruf von der SPD: Beifall! – Zurufe von der Linksfraktion)

Die jüngsten Terroranschläge in Indien haben sehr deutlich gemacht, dass der Staat bei der Gefahrenabwehr handlungsfähig sein muss. Dazu gehört, dass die gewählten Volksvertreter den Staat mit den dazu notwendigen Instrumenten der Gefahrenabwehr und zur Bekämpfung von Gefahren ausstatten müssen. Immer wieder ist Medienberichten zu entnehmen, dass die Terrorcamps im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet auf Hochtouren laufen. Es ist nicht auszuschließen, dass es Marschbefehle gen Deutschland gibt.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Wenn Sie, Herr Lichdi, in Ihren Ausführungen von vermeintlichen, angenommenen Gefahren palavern, dann ist Ihnen offensichtlich entgangen, dass einer der Kofferbomber von Köln vor wenigen Tagen zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und der andere im Libanon einsitzt.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Wenn Sie das nur noch als Fiktion begreifen und die Gefahren, die bei einem erfolgreichen Anschlag für die betroffene Bevölkerung entstehen können, völlig ausblenden, dann träumen Sie Ihren Traum weiter!

(Beifall bei der CDU)

Machen wir uns nichts vor: Wenn Europa im Fokus von Terroristen steht, ist auch die Bundesrepublik Deutschland im Fadenkreuz. Wir wünschen uns das nicht, aber wir müssen als verantwortliche politische Vertreter dies zur Kenntnis nehmen und entsprechende Schlüsse daraus ziehen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzt die Gefahr von Anschlägen in nächster Zeit eher zu- als abnehmend ein. Das Bundeskriminalamt soll mit Befugnissen ausgestattet werden, die längst jede Polizeibehörde hat. Keiner von Ihnen kann verhehlen, dass die Länder dringend Unterstützung bei der Abwehr der Gefahren des internationalen Terrorismus brauchen.

(Klaus Bartl, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Die Länder sind weder personell noch technologisch allein in der Lage, derartig große, internationale Terrorlagen zu bewältigen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Oh-Rufe bei der Linksfraktion)

Ich erinnere an eine unlängst dazu geführte Debatte. Die Gewerkschaft der Polizei hat es so formuliert: Der Kampf gegen den Terrorismus sei auch ein Wettlauf gegen Zeit und Technik. Verliert die Polizei diesen Wettlauf, bezahlen die Bürger mit Gesundheit und Leben. – So weit die Polizeigewerkschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir als CDU stellen uns dieser Verantwortung. Wir werden aber auch jene klar benennen, die einen handlungsunfähigen Staat aus ihrem politischen Kalkül heraus bewusst wollen. Die Fiktionen, die hier aufgezeigt worden sind, zeigen bei aller zum Teil prüfenswerten These, dass man bestimmte parteipolitische Formulierungen durchaus unterstellen kann.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, geplante Anschläge im Vorfeld zu vereiteln. Deshalb benötigen wir eine Behörde, die die Koordination der Landesämter in der Hand hat. Im Übrigen ist die Ausstattung des Bundeskriminalamtes mit dieser neuen Aufgabe, wie das bereits angesprochen worden ist, nicht zuletzt im Jahr 2006 im Rahmen der Bund-Länder-Föderalismusreform besprochen worden. Zwischenzeitlich wurde das Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit entsprechend geändert. Der rechtliche Rahmen ist also vorhanden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Innenpolitiker der CDU-Fraktion haben sich sowohl in London als auch in Madrid ein Bild darüber gemacht, welche Folgen die furchtbaren Terroranschläge hatten. Wir haben sowohl mit den Vertretern der zuständigen Sicherheitsbehörden als auch mit politisch Verantwortlichen gesprochen.

Herrn Lichdi, der sich jetzt gerade außerhalb des Plenums, auf der Besucherterrasse aufhält, sei gesagt:

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Er ist auf dem Weg nach Indien!)

Ein Stadtrat der GRÜNEN in London sagte dazu, dass zum Beispiel Videoüberwachung keine Frage von Menschenrechten ist. Das ist nämlich ein Bereich, den Sie in der Innenpolitik in Sachsen immer wieder als Zeug vom Beelzebub heftig brandmarken.

Ich möchte mich der Auffassung anschließen, dass der Streit auf Bundesebene zum BKA-Gesetz sehr fahrlässig war. Er kostete Zeit – und dies auf Kosten der Sicherheit. Wir müssen zu einer Verlässlichkeit der Sicherheitspolitik in unserem Vaterland Bundesrepublik Deutschland zurückkehren. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass man sich mit unserer Heimat, mit unserem Vaterland identifiziert.

Herr Bartl hat zwischenzeitlich gelernt. Er spricht nicht mehr, wie die NPD, von der „BRD“, wie er das die ersten Jahre gemacht hat. Aber „dieser Republik“ zeigt er immer noch sein distanziertes Verhältnis zu unserer deutschen Heimat.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Ich denke, das zeigt, inwieweit man hier versucht, sich zu positionieren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das ist aber nicht verboten, Herr Bandmann! – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Es ist nicht verboten. Aber es ist ja auch nicht verboten, darauf einmal hinzuweisen. – Das Gesetz scheiterte

zunächst im Bundesrat. Das ist bekannt. Ausführungen dazu wurden gemacht.

Herr Lichdi, der Frau Kollegin Raatz aus Ihrer überzogenen Arroganz heraus hier vorzuwerfen, sie dürfe sich dazu nicht äußern und keine Meinung haben, und ihr zu unterstellen, dass sie keine fachliche Kompetenz habe, das zeigt doch, welche Geisteshaltung Sie in diesem Hohen Haus wieder einmal vortragen!

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, die Union und die SPD auf Bundesebene haben sich geeinigt. Hochrangige Vertreter von Bund und Ländern haben an einer vernünftigen Lösung mitgewirkt. Ich sage Ihnen, ich kann mit diesem Kompromiss sehr gut leben.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Die wenigen, aber dringenden Fälle einer OnlineDurchsuchung können jederzeit nach einer richterlichen Genehmigung vorgenommen werden. Dies muss zeitnah möglich sein. Es gibt Verfahren, wie man einen derartigen richterlichen Beschluss einholen kann. Es ist auch sachgerecht, dass ein Richter die letzte Entscheidung darüber hat, welche aus einer Online-Durchsuchung gewonnenen Daten verwendet werden dürfen und welche nicht.

Eines haben Sie, Herr Kollege Lichdi, unterschlagen: dass es bei dem Innenverhältnis – das Gebäude, das Sie hier gezeichnet haben – eben nicht nur um Daten geht. Es geht vor allem – wenn man es herunterbricht, sind es primär auch Daten – um die Nutzung der Computer für die Online-Telefonie, die Verschlüsselungstechnik, die damit verbunden ist, und die Möglichkeiten, dass der Staat in der Lage sein muss, mit den neuen technischen Möglichkeiten Schritt zu halten und entsprechend früher an die Informationen zu kommen und nicht zu sagen: Kryptisch verschlüsselt, wir kommen an die Informationen nicht mehr heran.

Sie wollen aber genau dieses Feld ausschließen.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Sie müssten uns noch einmal deutlich erklären, wo Sie dabei Ihre Bedenken haben und weshalb Sie letztlich offensichtlich billigend in Kauf nehmen, dass man für Terrorismus einen Freiraum schafft.

Ich denke, es ist sachgerecht, dass der Richter die letzte Entscheidung hat. Ich gehe auch davon aus, dass das Gesetz am 19. Dezember im Bundesrat die Beschlussfassung passieren, anschließend vom Bundestag beschlossen werden wird und wie geplant zum 1. Januar 2009 in Kraft tritt.

Ich weiß, meine Damen und Herren von der Opposition – FDP, Linke und GRÜNE –, Sie lassen sich mit diesem Kompromiss in Ihren Überlegungen nicht besänftigen. Ich gehe davon aus, dass Ihnen insbesondere – Herr Bartl hat das ja deutlich ausgeführt; auch der Kollege von den GRÜNEN hat dies getan – das Zeugnisverweigerungsrecht, das nur Seelsorger, Strafverteidiger und Ärzte

absolut vor Überwachung schützt, ein Dorn im Auge ist. Aber auch dazu sage ich: Es ist ein Richter notwendig.