Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Nein, beides gehört natürlich zusammen. Sie wissen ja, dass die Eltern die Wahl haben, je nachdem, wie viel sie verdienen. Wenn Sie einmal § 31 des Einkommensteuergesetzes nachlesen, werden Sie feststellen, dass das, was ich Ihnen erzählt habe, dort steht.

Deutschland ist das einzige Land, in dem das Kindergeld keine familienpolitische Leistung ist, sondern diese einkommensteuerliche Funktion hat, die ich versucht habe, Ihnen zu erläutern: dass man Geld zurückbekommt, damit das Existenzminimum der Familie frei bleibt. Das ist Sinn und Zweck. Wenn Sie § 31 Einkommensteuergesetz nachlesen, werden Sie das sehen.

Zweiter Punkt: Jetzt reden wir über die zweite Baustelle, nämlich über Hartz IV. Wer keine Arbeit in diesem Lande hat, der bekommt von der Gemeinschaft der Steuerzahler das Arbeitslosengeld II gezahlt. Jeder soll genügend für Essen, Kleidung und Wohnung haben.

Wie wird Hartz IV berechnet? Man schaut sich 5 000 Haushalte in Deutschland an. Dann schaut man sich die unteren 10 % derjenigen an, die jeden Tag auf Arbeit gehen, also sechs Uhr aufstehen und 40 Stunden arbeiten gehen, und sagt: Das, was die unteren 10 %, die jeden Tag arbeiten gehen, bekommen, soll jemand erhalten, der keine Arbeit hat, also von Arbeitslosengeld II lebt. Das ist die Berechnungsgrundlage. Insofern ist der Bedarf für das Existenzminimum abgedeckt. Das ist der Grundgedanke.

Jetzt haben wir den Existenzminimumbericht gehabt. Die Folge daraus ist, dass im nächsten Jahr auch die Hartz-IVSätze steigen, so wie das Kindergeld steigt. Im nächsten Jahr rechnet man mit 356 Euro und 2010 dann mit 364 Euro.

Hartz-IV-Empfänger bezahlen bekanntermaßen keine Einkommensteuer. Deswegen ist das Kindergeld bei ihnen auch ein Durchlaufposten, aber das Existenzminimum ist dort gewährleistet.

Herr Krauß, es gibt noch einmal den Wunsch, eine Zwischenfrage zu stellen. Gestatten Sie?

Frau Schütz, ja.

Herr Krauß, geben Sie mir recht – da Sie gerade darauf eingegangen sind, dass ja Hartz IV steuerfrei ist –, wie es dann sein kann, dass das Kindergeld als Einkommen angerechnet und eben nicht freigehalten wird, wie Sie es uns hier gern offerieren?

Ich habe gesagt, das ist ein Durchlaufposten. Der kommt übrigens noch zu der Höhe des Betrages hinzu. Dazu können Sie vielleicht auch noch eine Zwischenfrage stellen. Ich habe gesagt, es ist ein Durchlaufposten, der dort keine Rolle spielt.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Ich wünsche mir Frau Nicolaus zurück! – Beifall bei der Linksfraktion)

Das ist in Ordnung. Ich hoffe, das liegt nicht an meiner Frisur, Herr Pellmann.

(Zurufe von der Linksfraktion – Unruhe bei allen Fraktionen)

Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, dass die Linkspartei den Familien, die täglich arbeiten, die Kindergelderhöhung neidet.

(Falk Neubert, Linksfraktion: Unverschämt! – Glocke der Präsidentin)

Entschuldigung, dieser Eindruck hat sich mir irgendwie aufgedrängt. Ich habe den Eindruck, Sie versuchen diese beiden Gruppen gegeneinander auszuspielen. Das halte ich für sehr problematisch.

Was ist denn das Grundproblem, über das wir mehr reden sollten? Wir haben in diesem Haus schon darüber gesprochen. Es handelt sich um die Berechnung der Hartz-IVSätze für Kinder. Derzeit sagt man, ein Kind in einem Haushalt, in dem beide Eltern arbeitslos sind, bekommt 80 oder 60 % des Anteils, den ein Erwachsener bekommt. Da muss man eben den Bedarf des Kindes individuell berechnen, wie man es bei den Erwachsenen auch macht. Man schaut: Wie sieht es in einem normalen Haushalt aus, in dem die Eltern jeden Tag arbeiten gehen? Das sollte er auch bekommen. Das Gleiche haben wir schon mit einem Antrag gefordert, der von den GRÜNEN eingebracht wurde, dem auch wir zugestimmt haben. Ich erinnere auch an die Arbeits- und Sozialminister, die das beschlossen haben. Sie haben gesagt, wir wollen kindgerechte Hartz-IV-Sätze berechnen. Wir sind auch seit Oktober mit dem Bund darüber klar, nämlich beim Bildungsgipfel hier in Dresden. Alle Länder und die Bundesregierung haben beschlossen, diesen Weg zu gehen, kindgerechte HartzIV-Sätze zu berechnen. Ich denke, das ist der richtige Ansatz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass Sie bei diesem Thema auch auf ein paar sächsische Themen eingegangen wären, denn wir haben deutliche Entlastungen für Eltern. Ich erinnere an das letzte Kindergartenjahr, in dem Eltern bis zu 1 500 Euro pro Jahr nicht zahlen müssen. Was für eine große Leistung das für uns war, wissen Sie. Ein Schwerpunkt im Landeshaushalt war, dass wir Eltern entlasten.

Ich erinnere an das Landeserziehungsgeld, das vor allem jenen zugute kommt, die geringe oder keine Einkommen haben. Sie erhalten bis zu 300 Euro je Kind und Monat. Das ist für viele Eltern eine sehr große Hilfe. Wir sind nur eines von drei Bundesländern, die das machen.

Die Linkspartei kann jetzt einmal in sich gehen und fragen, was denn wäre, wenn sie das Sagen hätte. Ich habe immer das Gefühl, dass sie das Landeserziehungsgeld so schnell wie möglich abschaffen würde.

(Zuruf von der Linksfraktion)

Sie geben es also zu. Das macht es deutlich.

(Beifall bei der CDU)

Ich hätte mir gewünscht, dass wir einmal mehr über das Bildungswesen reden, denn Bildungspolitik ist vorsorgende Sozialpolitik. Das beste Rezept gegen Kinderarmut

(Zuruf von der Linksfraktion: Zum Thema!)

ist Bildung, Bildung, Bildung. Dann kann man wieder sagen, dass Sachsen das meiste Geld für frühkindliche Bildung ausgibt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Günther-Schmidt, Sie haben schon einmal zwei Fragen gestellt, die gleichen Inhalts waren. Ich hoffe, dass es jetzt nicht wieder die gleiche Frage gleichen Inhalts ist.

Ich hoffe, dass Sie jetzt die Antwort wissen. Ich würde von Ihnen gerne hören, ob Sie einen Zusammenhang erkennen zwischen sozialer Herkunft und Schulbesuch von Förderschulen. Dort sind vom Einkommensniveau her viele arme Kinder untergebracht.

Natürlich gibt es dort einen Zusammenhang.

Danke schön!

Alexander, Krauß, CDU: Lassen Sie mich mal fortsetzen, weil wir nämlich dann auch bei dem Punkt sind. Ich habe gesagt, wir wollen besonders in frühkindliche Bildung investieren. Dann sagt uns der Bildungsmonitor der Bertelsmann-Stiftung, dass in Sachsen das meiste Geld für frühkindliche Bildung ausgegeben wird. Dann steht eben nicht die Frage: Kommt das Kind auf eine Förderschule oder geht es in die normale Grundschule?, sondern dass man schon im Vorfeld dafür sorgt, dass das Kind auf eine Grundschule gehen kann. Das ist das Richtige.

Wir haben – das zeigt der PISA-Test – das beste Schulsystem in Deutschland. Sie versuchen uns ständig das Einheitsbrei-Schulsystem aufzuschwatzen, das anderenorts schon längst gescheitert ist. Das halte ich für problematisch, weil sich dann Kinder nicht richtig, entsprechend ihren Fähigkeiten, entfalten können.

Ich frage mich immer, wie Sie es schaffen, dass Sie Länder in den Vordergrund spielen, in denen es das Einheitsbrei-Schulmodell schon gibt oder in Ansätzen, wenn Sie an Bremen oder so denken. Das sind die, die beim PISA-Test ganz unten stehen.

(Heike Werner, Linksfraktion: Finnland?)

Bremen, meine guten Damen und Herren von ganz links.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Wissen Sie, das ist so, als wenn ein Trainer zwei Spieler hat. Der eine ist der Spitzenspieler, der Stürmer, der ständig Tore schießt. Der andere ist der, den der Trainer immer auf der Reservebank sitzen lässt, weil er im Training versagt.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Jetzt sagen Sie, man soll den Spitzenspieler aus dem Spiel herausnehmen. Er ist zwar der Beste auf dem ganzen Feld und im ganzen Land. Aber man möge einmal ausprobieren, ob das funktioniert, wenn derjenige, der im Training ständig versagt, auf einmal sozusagen der Spitzensportler wäre. Sie würden dieses Bildungssystem vollkommen ruinieren, und das zum Schaden der Kinder, wenn wir das umsetzen würden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das Einzige, was ich bewundere, ist, mit welchem Selbstvertrauen und welcher Chuzpe Sie das immer vortragen und sozusagen das schlechteste System im Bildungswesen ins Gespräch bringen und sagen, das müsse man mal ausprobieren.

Jeder Gebrauchtwarenhändler würde blass werden, wenn er sehen würde, was Sie für ein großes Selbstvertrauen haben, so etwas überhaupt ins Gespräch zu bringen.

(Heike Werner, Linksfraktion: Zum Thema!)

Das ist das Thema,

(Zuruf von der Linksfraktion: Fußball!)

weil es nämlich darum geht, wie wir Kindern helfen können. Da ist Bildung das Hauptthema.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Hauptthema ist Geld!)

Nein, genau das ist der Trugschluss, dem Sie aufliegen, Herr Pellmann. Wir helfen den Kindern am besten, wenn sie eine gute Fördermöglichkeit haben, und zwar schon vor der Schule und in der Schule.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion)

Mit Geld schafft man das leider nicht.