Herr Kollege, Sie haben mich offenbar nicht richtig verstanden. Ich habe gesagt, dass man beides verbinden muss, aber dass mir Ihre Kostenfreiheit ohne Konzept einfach zu wenig ist.
Das war ein Statement. Ich unterhalte mich gern über die detaillierte Ausgestaltung, wenn wir es beschlossen haben. Dass in unserem Gesetzentwurf überhaupt nichts dazu steht, ist einfach falsch. Es steht drin, dass das Mittagessen in den Tagesablauf integriert sein muss. Es steht auch drin, dass es mitnichten nur finanzielle Engpässe sind, dass Kinder nicht am Mittagessen teilnehmen können. Ich habe bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfes sehr deutlich auf den Bildungsanspruch hingewiesen. Diese Dinge haben wir hier schon diskutiert. Ihr Statement nur darauf zu reduzieren halte ich für falsch.
Unser Gesetzentwurf hat zwei Zielrichtungen. Es geht um Leute, die bisher aus finanziellen Gründen nicht daran teilhaben können, und für andere geht es um eine Entlastung. Ich komme noch zu einigen anderen Dingen, die aufgeworfen worden sind. Ich möchte nicht die Diskussion aus der Haushaltsdebatte wiederholen. Das ist Bestandteil unseres alternativen Haushaltes. Ich möchte mich nur wiederholen, weil die 200 Millionen Euro als ungeheuerlich große Summe hingestellt worden sind. Das ist vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen eigentlich nur noch Schall und Rauch; das wissen Sie selbst.
Ich möchte nur darauf hinweisen: Es gab im November letzten Jahres eine Sonderregierungserklärung, zu der wir einfach mal um 21:00 Uhr einberufen worden sind und auf der uns mitgeteilt wurde, dass von Sachsen 340 Millionen Euro zur Unterstützung der Banken bereitgestellt werden, weil Herr Tillich gerade von Berlin kam, wo ein paar Milliarden bereitgestellt wurden, um die Banken abzuschirmen. Ich meine, über solche Dimensionen sprechen wir gerade, über Konjunkturprogramme mit einem Vielfachen des Geldes, welches wir hier gerade in die Diskussion bringen; und das wissen Sie genauso, Herr Krauß. In dieses Verhältnis muss man das setzen.
Zu Herrn Gerlach noch eine Bemerkung – Frau Falken ist schon auf die 5 Millionen Euro für das kostenfreie Mittagessen eingegangen –: Ich hatte den Punkt in die Haushaltsverhandlungen eingebracht, was man damit alles bezahlen will. Von Ihrer Fraktion kam die Aussage, dass man damit das kostenlose Mittagessen im Einzelfall finanziert. Dazu gab es, wie ich mich erinnere, heftige Widerworte von Frau Dr. Raatz bzw. von jemand anderem aus Ihrer Fraktion, dass es damit überhaupt nicht finanziert werden solle. Ich nehme einfach mal zur Kenntnis, dass es dazu unterschiedliche Aussagen gibt. Wir werden ohnehin schauen müssen, wie sich das realistisch umsetzt. Uns greift es zu kurz, ganz klar, sowohl für das kostenlose Mittagessen als auch für die Lernmittelfreiheit;
und die Kritik am kostenfreien Vorschuljahr, Herr Gerlach, war nicht, dass verdienende Eltern daran teilhaben, sondern dass die Personalschlüsselverbesserung in den Kindertagesstätten damit vom Tisch gewischt würde. Das war das Problem.
Gibt es weiteren Diskussionsbedarf? – Wenn dies nicht der Fall ist, frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Dr. Wöller, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der Linksfraktion eingebrachte Gesetzentwurf stellt einen untauglichen Ansatz dar, die Mittagsversorgung an sächsischen Kindertageseinrichtungen und Schulen zu verbessern.
Untauglich deshalb, weil die damit verbundenen Maßnahmen wenig zielgerichtet und im Effekt nicht hilfreich sind. Nach Artikel 22 der Sächsischen Verfassung zählen Pflege und Erziehung der Kinder zu den natürlichen Rechten der Eltern. Hierzu gehört selbstverständlich auch eine gesunde Ernährung. Die allermeisten Eltern werden ihrer Verantwortung gerecht. Sie sorgen dafür, dass ihre Kinder frisches und abwechslungsreiches Essen auf dem Teller haben.
Jene Familien aber, in denen es tatsächlich Defizite bei der Ernährung gibt, erreichen Sie mit dem vorgesehenen Gesetz kaum. Bei Familien und Alleinerziehenden, die Leistungsgewährungen nach SGB II und SGB XII erhalten, würde das kostenlose Mittagessen von dem jeweils geltenden Regelsatz bzw. der Regelleistung abgezogen; denn dieser umfasst auch Anteile für den Lebensmittelaufwand. Eine Kürzung des Regelsatzes aber dürfte
viele Eltern davon abhalten, ihre Kinder an einer kostenlosen Mittagsversorgung in der Schule teilnehmen zu lassen.
Die meisten dieser Eltern würden vermutlich der vollen Regelleistung den Vorzug geben, und damit, meine Damen und Herren, läuft das Gesetz ausgerechnet bei den bedürftigen Kindern ins Leere.
Da aber beides Bundesrecht ist, entzieht sich ein solches Vorhaben der unmittelbaren Kompetenz dieses Hauses. Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Linksfraktion ist nicht nur wenig zielgerichtet, er ist auch unwirtschaftlich. Die Initiatoren des Gesetzentwurfes gehen davon aus, dass die gesamte Maßnahme 198 Millionen Euro pro Jahr kosten würde. Ein Berechnungsschema ist dem nicht beigefügt. Wir wissen also nicht, ob diese knapp 200 Millionen Euro tatsächlich ausreichen, und wir haben, wie ausgeführt, berechtigte Zweifel daran, ob tatsächlich Hilfsbedürftige das Angebot annehmen werden. Aber wir können schon jetzt absehen, dass jene Eltern entlastet würden, die ein Mittagessen für ihre Kinder ohne Weiteres finanzieren können. Daher bezweifle ich den sozialpolitischen Effekt dieses Gesetzentwurfes.
Ein kostenfreies Essen für Kinder in Kindertagesstätten und Grundschulen führt nicht zwangsläufig zu einer qualitativ besseren Verpflegung. Das aber, meine Damen und Herren, ist doch der springende Punkt. Es kommt darauf an, dass die zuständigen Träger von Kindertageseinrichtungen und Schulen positiven Einfluss auf die Qualität des Essens nehmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat Qualitätsstandards für die Verpflegung an der Schule erarbeitet. Sie hat ihre Handlungsempfehlungen mit den Ländern abgestimmt und im letzten Herbst der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese DGE-Qualitätsstandards werden in Einrichtungen umgesetzt. Dafür sorgen gemeinsam das Sächsische Staatsministerium für Kultus und das Sächsische Staatsministerium für Soziales. Die Vernetzungsstelle für Kita- und Schulverpflegung arbeitet unter Leitung der DGE, Sektion Sachsen. Sie unterstützt landesweit die Verantwortlichen bei der Optimierung von Verpflegungsleistungen in den Bereichen Kita und Schule. Zugleich fördert sie die Akzeptanz bei allen Beteiligten gegenüber den optimierten Angeboten. Maßnahmen dieser Art sind so, wie Ihr Gesetzentwurf gerade nicht ist, nämlich zielgerichtet und wirtschaftlich effektiv.
Ich empfehle daher, den Entwurf für das „Gesetz zur Sicherung der kostenfreien Mittagsversorgung in sächsischen Kindertageseinrichtungen und Schulen“ abzulehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Anbetracht der Worte des Kultusministers hätte ich mir mein gesamtes Statement für jetzt aufgehoben. Ich hatte schon in meiner Einführungsrede einige Bedenken, dass ich zu stark auf das immer wieder vorgebrachte Argument der angeblichen Gegenrechnung zu Hartz IV eingegangen wäre, bevor das in dieser Runde gesagt wird; denn wir haben es schon vielfältig diskutiert. Nun stelle ich fest, dass ich dies anscheinend immer noch nicht ausführlich genug getan habe, zumindest für Sie, Herr Wöller, als neuer Kultusminister.
Wir haben die Situation, dass es in vielen Kommunen Stützungen des Essengeldes gibt. Diese Situation haben wir zum Beispiel in Boxberg, wo das Essengeld in Gänze übernommen wird. Es wird mitnichten gegengerechnet. Wir haben in Rheinland-Pfalz, wie ich vorhin sagte, selbstverständlich die Übernahme für Hartz-IV-Empfänger. Es wird nicht gegengerechnet, das ist einfach am Praxistest gescheitert. Selbst wenn jemand auf diese Idee kommen sollte, sind wir in der Politik immer noch Manns genug – dann eben auf Bundesebene, als Sachsen im Bundesrat –, dort aktiv zu werden, damit es nicht zu einer Gegenrechnung kommt. Das ist doch eine Frage des politischen Willens.
Es wie eine Monstranz vor sich herzutragen und als alleinigen Grund für die Ablehnung zu nehmen halte ich für politisch falsch.
Sie bezweifeln die sozialpolitische Zielrichtung. Ich bin etwas verwirrt, dies vom Kultusminister zu hören; denn dieser Gesetzentwurf geht zumindest Hand in Hand mit Bildungs- und Sozialpolitik. Eigentlich hat er sogar das Prä auf der Bildungspolitik, da es eine Integration in das Schulkonzept zur Folge hat; das habe ich vorhin bereits ausgeführt. Dies wäre eigentlich die Argumentationslinie gewesen, die ich vom Kultusminister erwartet hätte.
Zum Abschluss lassen Sie mich noch die Zahlen, die Sie eingefordert haben, nennen. Wir haben 1,60 Euro für den Kindertagesstättenbereich und 2,00 Euro für den Schulbereich konzipiert. Das sind eher hoch gegriffene Durchschnittswerte, die wir angenommen haben. Es kann also tatsächlich auch billiger werden. – So weit zur finanziellen Umsetzung.
Zur Sicherheit stelle ich noch einmal die Frage, ob es weitere Diskussionswünsche gibt. – Dies ist nicht der Fall. Nun frage ich Frau Dr. Schwarz als Berichterstatterin des Ausschusses. – Nein, Sie möchten nicht sprechen. Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Einzelabstimmung. Entsprechend der Geschäftsordnung § 44 Abs. 5 Satz 3 schlage ich Ihnen wie immer vor, über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Aufgerufen ist das Gesetz zur Sicherung der kostenfreien Mittagsversorgung in sächsischen Kindertageseinrichtungen und Schulen (Sächsisches Mittagsversorgungsgesetz – SächsMittagVersG), Drucksache 4/12531, Gesetzentwurf der Linksfraktion.
Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Linksfraktion ab und zunächst über die Überschrift. Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Stimmen dafür und Enthaltungen ist die Überschrift dennoch nicht bestätigt worden.
Wir stimmen ab über Artikel 1 Änderung des Gesetzes über Kindertageseinrichtungen. Wer kann zustimmen? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist Artikel 1 nicht bestätigt worden.
Ich rufe auf Artikel 2 Änderung des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen. Wer stimmt zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten, Artikel 2 ist mehrheitlich nicht bestätigt worden.
Ich rufe auf Artikel 3. Er hat keinen Titel. Wer stimmt Artikel 3 zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Gleiches Stimmverhalten, Artikel 3 ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Damit, meine Damen und Herren, sind sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfes abgelehnt worden und es findet über diesen Entwurf gemäß § 44 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung keine weitere Beratung oder Abstimmung mehr statt. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen und wir beenden den Tagesordnungspunkt 2.
Frau Präsidentin! Ich habe ein wichtiges Anliegen, das, glaube ich, alle Demokraten in diesem Hohen Hause angeht.
Es ist manchmal sehr schwierig, in laufenden Debatten die anderen Landtagsabgeordneten wortwörtlich zu verstehen, insbesondere, wenn sie einen Stil pflegen wie Herr Apfel.
Wir haben uns das noch einmal angesehen und mussten zu unserem Entsetzen feststellen, dass der Kollege Apfel hier über die Familien