Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Wir haben uns das noch einmal angesehen und mussten zu unserem Entsetzen feststellen, dass der Kollege Apfel hier über die Familien

politik des Dritten Reiches gesagt hat, dass sie – Zitat – „nicht menschenverachtend, sondern in Wirklichkeit sozial, familienfreundlich und vor allem erfolgreich war“.

Frau Präsidentin, ich denke, dass man diese Bemerkung hier nicht so stehen lassen kann. Ich möchte Sie in aller Höflichkeit bitten, dass dieser Vorgang noch einmal geprüft wird und die entsprechenden Konsequenzen daraus gezogen werden.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Frau Lay, ich habe das bereits in Auftrag gegeben.

(Caren Lay, Linksfraktion: Entschuldigung!)

Ja, das war also sozusagen eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung. So muss ich das jetzt werten und lasse das an dieser Stelle so stehen.

Ich gebe zur Kenntnis, dass das geprüft wird.

(Caren Lay, Linksfraktion: Vielen Dank!)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz von Nichtrauchern im Freistaat Sachsen (Sächsisches Nichtraucherschutzgesetz – SächsNSG)

Drucksache 4/13699, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Drucksache 4/14313, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend

(Allgemeine Unruhe und Bewegung im Saal)

Meine Damen und Herren! Es fällt mir schwer, in dieser Unruhe hier zu arbeiten. – Vielen Dank.

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die einreichende Fraktion FDP und danach die gewohnte Reihenfolge. Bitte, Herr Günther, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass ich mich als Raucher mit Gesetzen zum Nichtraucherschutz beschäftigen muss, klingt paradox, ist es aber nicht. Ich werde Ihnen im Folgenden darlegen, warum.

Wie schon unser Gesetzentwurf vom 16. April zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Einraumgaststätten ist auch der vorliegende Gesetzentwurf meiner Fraktion eine Folge der übertriebenen Regelungswut der Staatsregierung.

Seit Beginn der Diskussion über ein Sächsisches Nichtraucherschutzgesetz hat sich meine Fraktion für eine einfache, unbürokratische und bürgernahe Lösung eingesetzt: die Kennzeichnungspflicht.

Auch wenn Sie es, verehrte Damen und Herren, nicht hören wollen: Wir Liberalen trauen den Bürgerinnen und Bürgern zu, dass sie selbst entscheiden, ob sie eine Rauchergaststätte betreten wollen oder nicht, wenn diese gekennzeichnet ist, genauso wie es ein Grund für Raucher sein wird, eben diese Gaststätte aufzusuchen. Die Kennzeichnungspflicht wäre der schnellste und günstigste Weg gewesen, so etwas zu regeln.

Es musste aber unbedingt ein bürokratisches Gesetzesmonster her mit den verschiedensten Ausnahmetatbeständen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau daran krankt das geltende Nichtraucherschutzgesetz. Es hat mich nicht verwundert, dass der Sächsische Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz in vielen Bereichen für verfassungswidrig erklärt hat. Nicht nur die Beschränkungen für Einraumgaststätten sind entfallen, jetzt darf sogar in Diskotheken wieder geraucht werden. Mit dem Ihnen jetzt vorliegenden Gesetzentwurf halten wir uns exakt an die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes.

Unser Ziel ist es, für die Gaststätten- und Diskothekenbetreiber so schnell wie möglich die notwendige Rechtssicherheit zu schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Die Staatsregierung wollte uns in diesem Wettlauf noch überholen und hat später einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes eingebracht. Danach sollte man in Spielhallen rauchen dürfen, da der Verfassungsgerichtshof auch dieses Verbot gekippt hat.

Offenbar ist man sich in der Regierungskoalition uneins,

(Stefan Brangs, SPD: Was?)

ob man entweder über das Ziel hinausgeschossen ist oder zu kurz greift. Jedenfalls habe ich von Ihrem Gesetzentwurf seit langer Zeit nichts mehr gehört.

Wir haben von Beginn an auf die Probleme dieses geltenden Gesetzes hingewiesen. Auch unsere Mahnung, nicht immer absehbare Entscheidungen der Verfassungsgerichte abzuwarten, verhallte ungehört.

(Stefan Brangs, SPD: Nein!)

Doch. In der Debatte um den Gesetzentwurf zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Einraumgaststätten am 18. Juni hat der Herr Abgeordnetenkollege

Alexander Krauß von der CDU noch gesagt, dass man gut beraten sei, eine Entscheidung in der Sache abzuwarten.

Liebe Abgeordnete der CDU und der SPD, es ist entschieden: Der Drops ist gelutscht, der Dachs sitzt im Bau. Es ist entschieden: Es ist verfassungswidrig. Wie lange wollen Sie noch warten mit Ihren Entscheidungen?

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, und das liegt jetzt schon wieder ein Vierteljahr zurück. Den Gesetzentwurf der Staatsregierung habe ich hier auf der Tagesordnung jedenfalls nicht entdecken können. Ich weiß nicht, ob im Präsidium etwas durchgerutscht ist. Ich glaube es nicht.

Die schwarz-rote Koalition ist schon beim Sächsischen Verfassungsschutzgesetz trotz vorheriger Warnungen vom Verfassungsgerichtshof abgestraft worden. Auf Bundesebene hat man es auch nicht besser gemacht. Beim Thema Pendlerpauschale reichte Schwarz-Rot nicht einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtshofes, nein, erst das Bundesverfassungsgericht musste Ende letzten Jahres ein Machtwort sprechen.

Das bloße Reagieren auf höchstrichterliche Entscheidungen, anstatt selbst zu agieren, ist ein Armutszeugnis der Politik der Großen Koalitionen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion – Torsten Herbst, FDP: Groß sind sie nicht!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Man hat manchmal das Gefühl: Sie machen keine Gesetze, sondern Gerichtsvorlagen. Wahrscheinlich wird auch hier in Sachsen bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode gar nichts passieren. Wir können das nicht hinnehmen. Wir lassen die Gaststätten- und Diskothekenbetreiber nicht im Regen stehen, auch nicht beim Rauchen.

Ich gehe sogar noch weiter. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung enthielt die Erweiterung auf Spielhallen. Laut Pressemeldungen vom Montag ist der Umsatz in Spielbanken in Sachsen im Vergleich zu 2007 um 20 % eingebrochen. Grund sei unter anderem auch das Rauchverbot.

Wenn Sie den Betroffenen schnell helfen wollen, warum haben Sie dann nicht einfach einen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf geschrieben. Das wäre einfach und schnell gegangen. Stattdessen wird hinter verschlossenen Türen – jedenfalls beim Thema Rauchen – weiter diskutiert, welche Ausnahmen man noch aufnehmen könnte. Ich habe gehört, dass auch von Rauchen an Berufsschulen die Rede ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie viele Ausnahmen wollen Sie noch? Am einfachsten wäre es gewesen, das Gesetz komplett abzuschaffen. Das war nicht gewollt. Ich kann Sie daher nur auffordern, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Verzögerungen und unausgegorene Gesetzentwürfe bringen den betroffenen Gaststättenbetreibern gar nichts. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die CDU-Fraktion erhält das Wort. Herr Krauß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zuerst mit einer positiven Nachricht zum Thema Nichtraucherschutz beginnen: Die Zahl jugendlicher Raucher ist seit 2001 deutlich gesunken.

(Beifall des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und des Staatsministers Frank Kupfer)

Frank Kupfer und Kollege Tillich haben Recht.

2001 rauchten noch 28 % der Zwölf- bis 17-Jährigen. Derzeit sind es nur noch 15 %. Die Zahl der jugendlichen Raucher hat sich also fast halbiert. Ich glaube, das ist eine positive Nachricht. Die besondere Beschäftigung mit dem Thema Nichtrauchen und Nikotinkonsum hat sich also gelohnt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich freue mich über die Unterstützung der Kollegen.