Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Das wäre auch ein Thema für unseren Landtagsfachausschuss, in dem wir uns mit den Inhalten sachlich auseinandersetzen wollen. Diesen Weg haben Sie nicht gewählt und, ich denke, auch nicht gewollt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Über die Bedeutung der Bildung im frühen Kindesalter haben wir in diesem Hause schon sehr oft gesprochen. Wir sind uns dabei in großen Teilen einig. Mit dem sächsischen Bildungsleitfaden haben die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertageseinrichtungen ein hervorragendes Instrument zur Umsetzung der Bildungsziele in guter Qualität an die Hand bekommen. Herr Neubert, wir sind uns auch darin einig, dass es zu deren Umsetzung der entsprechenden materiellen und personellen Ressourcen bedarf. Das sind wir nicht nur unseren Kinder, sondern vor allem auch

vielen sehr engagierten Erzieherinnen und Erziehern schuldig.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Frau Firmenich, jetzt möchte Ihnen eine Dame eine Frage stellen.

Nein, zu diesem Thema nicht; wir haben hin und her diskutiert. Ich bringe meine Rede jetzt zu Ende.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Der Freistaat Sachsen hat dazu seinen Beitrag geleistet. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Die Zuständigkeit für dieses Thema liegt eben nicht allein beim Freistaat Sachsen, sondern in erster Linie bei den Trägern der Einrichtungen, den freien wie den kommunalen. Wenn der Freistaat die Finanzierung für den verbesserten Betreuungsschlüssel allein übernehmen würde, hieße das zum einen, den Trägern in ihre Zuständigkeiten hineinzuregieren, und zum anderen, ihnen einen Teil ihrer Verantwortung abzunehmen. Das halte ich für das falsche Signal.

Sie können sicher sein, dass wir sehr bedauert haben, dass es nicht gelungen ist, rechtzeitig vor der Haushaltsbeschlussfassung im Dezember einen Konsens mit der Trägerebene, speziell mit den Kommunen, herbeizuführen. Unser Ministerpräsident, Stanislaw Tillich, hat sich zu diesem Thema bekannt und er wird das Ziel weiter im Auge behalten. Darauf können Sie vertrauen. Es ist unsere Aufgabe, die kommenden Monate zu nutzen,

(Zuruf des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

um uns mit den Trägern der kommunalen Ebene tiefgründig über den gesamten Themenkomplex zu beraten. Wenn die Bürgermeister verstehen, dass ein qualitativ hochwertiges Bildungs- und Betreuungsangebot für die Kinder nicht in erster Linie ein Kostenfaktor, sondern ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil ist, dann werden wir auch zu Vereinbarungen kommen, die es ermöglichen, die Empfehlungen des Evaluationsberichtes gemeinsam umzusetzen. Die kommunale Ebene ist gesprächsbereit.

Ich bin sehr optimistisch, dass es uns im nächsten Doppelhaushalt gelingen wird. Den Grundstein dafür haben wir mit unserem Entschließungsantrag zum Doppelhaushalt 2009/2010 gelegt. Er sieht eine Evaluation der KitaFinanzierung rechtzeitig vor dem nächsten Doppelhaushalt vor. Bis dahin gilt der beschlossene Haushaltsplan für die Jahre 2009/2010. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller – Caren Lay, Linksfraktion: Das war kein überzeugender Beitrag!)

Für die SPDFraktion spricht Frau Dr. Schwarz; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf den Abschlussbericht zur „Evaluierung der Personalausstattung“ usw. usf. Ihre Unterpunkte a) und b) beziehen sich auf die Empfehlungen, wie sie am Schluss des Berichtes nachzulesen sind.

Zu den sechs Empfehlungen zur Personalausstattung halte ich zunächst fest, dass es keine konkrete Empfehlung für einen bestimmten Schlüssel gibt. Drei Empfehlungen beziehen sich auf die Tagespflege. Die haben Sie unter den Tisch fallen lassen, weil unter anderem eine Empfehlung, zum Beispiel die Vernetzung der Tagespflegepersonen und -qualifizierung, ein Projekt ist, das die Staatsregierung gemeinsam mit den Kommunen verfolgt. Auch bei den Empfehlungen zur Fachberatung und zur Umsetzung des Bildungsplanes befinden sich sowohl die kommunale Ebene als auch die Staatsregierung auf einem guten Weg.

Es wurde schon gesagt, dass sich die Empfehlungen vor allem an die Kommunen richten, deren Pflichtaufgabe die Ausgestaltung des Kindertagesstättengesetzes ist. Ebenso richten sich die Empfehlungen an die freien Träger von Kitas.

Zu Ihrem Punkt c): Bis 31.03. soll die Staatsregierung einen Gesetzentwurf mit dem Personalschlüssel 1 : 12 für den Kindergarten vorlegen. Sie wissen ganz genau, dass das unrealistisch und populistisch ist. Des Weiteren wundere ich mich, dass Sie damit Ihre eigene Programmatik verlassen. Sie haben ja die Forderung nach einem viel niedrigeren Schlüssel für den Kindergarten und auch nach Veränderungen im Schlüssel für Hort und Krippe.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Da muss man es wie die SPD machen!)

Es wundert mich schon, dass Sie das tun.

Jetzt zitiere ich den Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung vom 18. Juni 2008. Er sagte: „Wir starten eine Offensive für eine bessere Betreuungsqualität in Kindergärten. Wir wollen 15 Millionen Euro in die Hand nehmen, damit auf eine Erzieherin künftig nur noch zwölf Kinder kommen. Ich werbe bei den Kommunen darum, diesen Betrag auf 30 Millionen Euro zu verdoppeln im Interesse der Kinder.“ Die Kommunen sind diesem Werben nicht gefolgt!

(Stefan Brangs, SPD: Genauso ist es!)

Ich muss noch einmal einer Legendenbildung widersprechen: Wir hätten die Veränderung des Personalschlüssels zugunsten des kostenfreien Vorschuljahres aufgegeben. Das sind zwei verschiedene Schuhe und das wissen Sie ganz genau. Hören Sie auf, dies gegeneinander auszuspielen!

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsminister Thomas Jurk)

Hören Sie damit auf! Es werden sich viele Familien ab 01.03. freuen, dass sie eine Entlastung spüren.

Immer wieder übersehen Sie, dass wir dafür gesorgt haben, dass über den Personalschlüssel hinaus zusätzliches Personal zur Umsetzung des Bildungsplanes zur Verfügung steht. Dafür setzen wir immerhin 14 Millionen Euro ein. Das bedeutet im Vorschuljahr faktisch einen Schlüssel von 1 : 12.

Unbestritten, das wissen wir alle, führt eine bessere Personalausstattung zur Verbesserung der Qualität in unseren sächsischen Kindertagesstätten. Davon müssen wir auch die sächsischen Kommunen überzeugen. Sie wissen doch ganz genau, dass wir gegen deren Willen hier kein Gesetz verabschieden können. Jetzt gilt es, die Kommunen davon zu überzeugen, dank der Entlastungen, die sie durch unser Haushaltsgesetz haben, auch ihren Anteil zur Qualitätsverbesserung einzusetzen.

Die Bedeutung frühkindlicher Bildung ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und damit auch der Anspruch an das Fachpersonal. Ich erinnere Sie daran, dass die Koalition anstrebt, zunächst 20 % der Erzieherinnen zu einem Hochschulabschluss zu bringen. Dann sollten wir uns auch darüber Gedanken machen, wie die Forderung nach mehr Personal umgesetzt werden kann, damit wir genügend Fachkräfte haben. Das ist nämlich gar nicht so einfach. Es gibt jetzt schon Klagen, dass nicht ausreichend Fachkräfte vorhanden sind. Es besteht auch die Gefahr, dass viele Erzieherinnen in die alten Bundesländer gehen, weil dort der Ausbau der Kinderbetreuung erst ansteht. Auch diesbezüglich sind wir gefordert.

Die Veränderungen des Personalschlüssels konnten wir jetzt noch nicht erreichen. Ich habe Ihnen die Gründe dargelegt. Ziel der SPD ist und bleibt es, die Qualität auch mit einer Veränderung des Personalschlüssels zu verbessern. Wir werden uns nicht mit 1:12 im Kindergarten zufriedengeben.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Die NPD-Fraktion verzichtet. Frau Schütz von der FDPFraktion, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich den Antrag inhaltlich teile, ist er heute im Landtag und zu diesem Zeitpunkt wohl nur deshalb richtig, damit Eltern und Erzieher wissen, dass CDU und SPD nicht gewillt sind, die Qualität in den Kitas zu verbessern.

(Beifall bei der Linksfraktion – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)

Inhaltlich haben wir das Thema im Dezember zu den Haushaltsverhandlungen mehrfach diskutiert. Frau Firmenich, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und verlangen, dass wir das im Ausschuss diskutieren sollten, so sage ich Ihnen, dass wir mit dem Antrag in beiden Ausschüssen waren – im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend, dort wollte man es nicht, weil die Zuständigkeiten ins Kultusministerium gewechselt habe, und wir waren mit dem Antrag im Ausschuss

für Schule und Sport. Dort wollte man uns auch nicht haben, weil man dafür noch nicht zuständig sei; finanziell sei es erst zum 01.01. im Kultusministerium. Also, bitte, bleiben Sie hier bei der Wahrheit!

Wir hatten bereits damals festgestellt, dass Kindertageseinrichtungen dringend einen besseren Betreuungsschlüssel benötigen. Erzieherinnen benötigen Zeit zum Dokumentieren und zum Vorbereiten. Ich habe es Ihnen damals mit dem „Handwerkszeug“ erläutert, das man den Erzieherinnen in die Hand gegeben hat, dass sie es jetzt aber nicht anwenden können, weil sie nicht die Zeit dafür haben und sie eben nicht Betreuer sind, sondern Pädagogen. Ich glaube, keinem Lehrer würde man Vorbereitungszeit streichen. Im Kita-Bereich tut man das aber eben einmal so. Diese Darstellung der Bildungseinrichtung Kindergarten muss sich auch in der Personalausstattung der Kindertageseinrichtung widerspiegeln.

Wir hatten damals festgestellt, dass man ein kostenfreies Schulvorbereitungsjahr und eine bessere Qualität an Kindertageseinrichtungen nicht gegeneinander ausspielen darf. Anders als die Koalition haben wir als FDP klargemacht, dass nur beides zusammen geht.

Frau Dr. Schwarz, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass wir kein Gesetz gegen die Kommunen machen dürfen, dann frage ich Sie, was mit den 29 Gemeinden ist, die als Optionsgemeinden gehandelt werden und jetzt eine enorme Umlage aus dem FAG zusätzlich abundant zu zahlen haben. Das haben wir auch gegen die Kommunen gemacht. Hier hat die Koalition noch nie ein Blatt vor den Mund genommen, solche Gesetze auch gegen den Willen der Kommunen durchzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits im Dezember war ja offenbar klar, dass Ministerpräsident Tillich mit seiner Regierungserklärung und seiner angekündigten Verbesserung des Personalschlüssels inhaltlich gescheitert ist, und zwar nicht an der Opposition, sondern dieses Mal an den Fraktionen seiner eigenen Koalition, an den Kollegen aus CDU und SPD. Im Übrigen ist die Verbesserung des Personalschlüssels von 1 : 13 auf 1 : 12 in Kindergärten ja nur ein erster Schritt. Hort und Kinderkrippen müssen folgen. Hier haben wir noch einen schweren und letztlich auch teuren Weg vor uns. Das sollten uns aber unsere Kinder tatsächlich wert sein.

Mir ist bewusst, dass an der Stärkung der frühkindlichen Bildung kein Weg vorbeiführen wird. Das bedeutet letztlich mehr Personal für unsere Kinder in den Kindertageseinrichtungen. Wir werden daher dem Antrag der Linken zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Die Runde beschließt Frau Herrmann von den GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, Frau Schwarz hat es zitiert: Ministerpräsident Tillich hat in seiner Regierungs

erklärung versprochen, die Betreuungssituation in den Kindertagesstätten zu verbessern. Getan hat sich nichts. Die Briefe der Erzieherinnen an uns Abgeordnete, die uns in den letzten Wochen erreicht haben, beweisen das. Aber ich habe keine große Lust, über eine Absichtserklärung und die Gründe zu diskutieren, warum und weshalb das Versprechen nun als gebrochen oder als nicht gebrochen zu betrachten ist. Unserer Fraktion geht es um die Inhalte.

Bei den Inhalten ist Herr Tillich schon bei der Regierungserklärung zu kurz gesprungen. Deshalb kann auch der Antrag der Linksfraktion auf der Basis dieser Regierungserklärung nur unvollständige Vorschläge enthalten. So sprechen wir hier lieber über den eigentlichen Anlass des Antrages, nämlich die Evaluation der Betreuungssituation in der sächsischen Kindertagesbetreuung.

Diese unabhängige Studie zeigt klar, was Erzieher, Eltern und Kinder in Sachsen längst wissen und worauf auch hier im Hohen Hause von verschiedenen Fraktionen immer wieder hingewiesen worden ist: Die personelle Situation in den sächsischen Kitas ist unzureichend. Trotz des hohen Engagements der Erzieher ist deshalb ein echter Sprung bei der Umsetzung des Bildungsplanes und damit auch bei mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung nicht machbar. Davon gibt die Evaluierung Zeugnis, und zwar reichlich. Ich möchte auf ein paar Schwerpunkte eingehen.

Insbesondere bei den im Bildungsplan zentralen Aufgaben der Beobachtung und Dokumentation sowie Evaluation und Qualitätsentwicklung sehen die Einrichtungen Probleme. Direkt damit im Zusammenhang steht die mangelnde Zeit der Erzieher für Vor- und Nachbereitung. Verschärft wird diese Situation dadurch, dass im gesetzlich vorgesehenen Betreuungsschlüssel, also Personalschlüssel, keine Fehlzeiten berücksichtigt werden. Angesichts dessen verwundert es auch kaum, dass der Bericht dann feststellt, dass die Leiter ihre eigentlichen Aufgaben aufgrund von Vertretungs- und Springerdiensten nur unzureichend wahrnehmen können.

Auch die festgestellten Defizite bei der Fachberatung sind seit langer Zeit bekannt. Bereits Ende 2007 haben wir festgestellt, dass Fachberatung und Fortbildung für Erzieher unübersichtlich sind und keinerlei Standards aufweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN)