Protokoll der Sitzung vom 11.03.2009

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Mir ist noch von der Linksfraktion ein Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet worden; Herr Dr. Friedrich.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Sie tauschen sich gerade miteinander aus!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, es ist eine mittlere Härte, nach fast zweieinhalb Stunden angestrengter Debatte immer noch zuhören zu wollen. Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie das offenbar vorhaben.

Kollege Zastrow, Sie haben in Ihrer Rede keinen einzigen konkreten Vorschlag unterbreitet, ich habe immer noch darauf gewartet.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Außer wohltönenden Worthülsen wie „mehr Netto vom Brutto“ ist nichts hängengeblieben. Kein Wunder, wenn Sie sich anstrengen; um mitregieren zu wollen, muss da noch ein bisschen Zuwachs sein.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Hermenau, hat viele praktische Probleme, die wirklich zum Thema passen, sehr plastisch dargestellt. Deshalb will ich es Ihnen nicht allzu schwer machen, werde praktisch meine Rede vorwegnehmen, die ich sonst in der Antragsdebatte gehalten hätte, und mich auf die konkreten Dinge in der kommunalpraktischen Umsetzung konzentrieren.

Ich weiß darüber Bescheid, nicht nur aus dem Kreistag in Nordsachsen, sondern auch aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen, mit Stadträten, mit Gemeinderäten: Überall ist es ähnlich.

Ich darf auf die wesentlichen Punkte in unserem Antrag kommen. Über den ersten Punkt scheint die Zeit hinweggegangen zu sein. Wir fordern tatsächlich eine Aufstockung des Landesanteils am Fördervolumen – das ist korrekt –, allerdings nicht schuldenfinanziert. Die Staatsregierung hat nachgelegt. Sie hat den Landesanteil vergrößert – das ist umfänglich dargestellt worden –, allerdings nicht in der Höhe, wie wir es ursprünglich vorgeschlagen haben.

Wichtiger aber als diese absolute Höhe ist für uns etwas anderes, nämlich die Art und Weise der Ausreichung der Mittel. Hier bedauern wir, dass die ursprüngliche Position des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und des Landkreistages, die sehr wohl nachvollziehbar war, nämlich einen großen Teil dieser Mittel über eine Investpauschale auszureichen, in den Kompromiss- oder

Konsensverhandlungen am Ende nicht durchgeschlagen ist.

Ich darf daran erinnern: Die kommunalen Landesverbände haben nicht ohne Grund im Dezember, im Februar auch noch mit dem Brief des stellvertretenden Geschäftsführers Ralf Leimkühler vom SSG, der an deutlicher Positionierung nichts zu wünschen übrig ließ, eine Abkehr von der jetzt gefundenen Förderung über die Fachprogramme verlangt und einwohnerbezogene Invest- oder Infrastrukturpauschalen gefordert.

Aus unserer Sicht war das eine richtige, eine berechtigte Forderung. Man hätte schlicht und einfach die Dinge, die bereits jetzt im Haushaltsbegleitgesetz stehen, im Jahre 2009 auf etwa 130 bis 150 Millionen Euro aufstocken müssen, und auch im nächsten Jahr, in dem jetzt eine Null glänzt – im Jahre 2010 sind ja bekanntlich keine Landtagswahlen –, hätte es eine solche Pauschale geben müssen; vielleicht etwas geringer dotiert mit 80 bis 100 Millionen Euro. Das wäre vernünftig gewesen. Damit hätte sich das harte und ungelöste Problem der Darstellung der kommunalen Eigenmittel zumindest sehr stark relativiert.

Für uns wären 10 % an kommunalen Eigenmitteln die absolute Schmerzgrenze gewesen, nicht nur für die Not leidenden Kommunen, sondern generell für die Kommunen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Kurz und gut: Die Landesverbände werden selbst wissen, warum sie sich auf diesen aus meiner Sicht höchst problematischen Kompromiss eingelassen haben. Es ist dennoch unverständlich, dass Frau Ludwig als Verhandlungsführerin des SSG diesen Kompromiss auch noch in großen Tönen lobt.

Ich bleibe bei Nordsachsen. Ich kann nicht verstehen, dass Landrat Czupalla aus Nordsachsen im Kreistag lang und breit über das ungelöste Problem der Eigenmittel schwadroniert und dem hoch verschuldeten Landkreis eine problematische Kreditfinanzierung in Höhe von 4,5 Millionen Euro aufs Auge zu drücken versucht, derweil er auf Verbandsebene diesem Kompromiss aber offenbar zugestimmt hat.

In unserem Antrag schlagen wir drittens die hälftige Freigabe des kommunalen Vorsorgefonds vor. Mein Kollege Sebastian Scheel hat darüber bereits gesprochen. Ich bedaure, dass die Staatsregierung diesem Gedanken einer zumindest teilweisen Freigabe – ob es die Hälfte sein muss, sei dahingestellt, aber einen Teil hätte man in die Hand nehmen können – nicht nähergetreten ist. Ich sage ganz ausdrücklich, dass DIE LINKE nicht von einer Auflösung spricht. Wir haben diese Vorsorgebildung allerdings in kommunaler Hand in der seinerzeitigen Haushaltsdiskussion sehr wohl begrüßt.

Letztlich geht es in unserem Antrag um das Problem, das vor allem Kollegin Hermenau noch einmal sehr deutlich angesprochen hat, nämlich die konjunkturpaketkonforme

Definition des Begriffs Zusätzlichkeit und die absolute Unschärfe in den Förderbedingungen.

Auch hier braucht man nur einen Blick in das pralle Leben zu werfen. Bei uns in Nordsachsen ist es so, dass eine Sitzung die andere jagt. Wir haben zwei voll besetzte Prioritätenlisten – nicht nur der Landkreis, sondern auch die 36 kreisangehörigen Gemeinden und Kommunen. Die Alarmstufe Gelb ist für die Verwaltung sozusagen der Dauerzustand; sie stehen kurz vor dem Kollaps.

Das Ergebnis sind diese Listen. Sie sind alle gnadenlos überzeichnet. Bei uns ist die Infrastrukturliste mit 150 %, die Bildungsinfrastrukturliste mit etwa 100 % überzeichnet. Warum? Weil man schlicht und einfach nicht weiß, was durch das Sieb, durch den Rost fällt, und weil völlig unklar ist, wie dieses finanzstatistische Kriterium der Zusätzlichkeit der Investitionen am Ende zuschlagen wird oder nicht. Kein Wunder, dass die Kommunen nach der Methode „Windhundrennen“ für sich jeweils ein Maximum herauszuholen versuchen und den unklaren staatlichen Vorgaben ihrerseits mit unklaren und überlangen Prioritätenlisten kontern.

Nun könnte die Situation theoretisch dadurch aufgelöst werden, dass die Landräte den Verteilungsprozess in ihrem Landkreis moderieren und mit den Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ein Einvernehmen über die tatsächlichen Prioritäten im Landkreis XY herstellen. Allein der Zeitablauf wird das wohl nicht zulassen. Im Übrigen sind die Landräte bekannterweise nicht die Vorgesetzten der Bürgermeister. Es wird also nicht so sein – obwohl dies wünschenswert wäre –, dass ein solches Verhandlungsergebnis im Sinne eines Regionalfonds zustande kommt.

Deshalb ist ein Ergebnis heute bereits absolut vorhersehbar. Die Bewilligungsstellen, also die SAB im Zusammenwirken mit den Landesdirektionen und mit den Landräten, werden am Ende über die Verteilung der Gelder entscheiden; definitiv. Es werden nicht die Kommunen sein, nicht die Bürgermeister und zuallerletzt die Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte.

Ganz deutlich wird das beispielsweise mit der Absicht der Staatsregierung, in die Schulhaussanierung nur noch solche Standorte einzubeziehen, die auf eine langfristige Standortsicherheit verweisen können. Kollegin Weihnert hat dankenswerterweise dieses Problem sehr deutlich dargestellt, sodass ich mir das hier ersparen kann.

Abschließend möchte ich eine wichtige Schlussfolgerung für kommende Landtagsdebatten ziehen. Ich glaube, aus der ganzen jetzigen Konjunkturdebatte lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass in der kommenden FAGDiskussion Wichtiges passieren muss. Natürlich wird jetzt ein Drittel, vielleicht auch nur ein Viertel des Investitionsstaus in den Kommunen abfinanziert. Das klingt wenig, ist aber dennoch ein großer Sprung. Es wird aber so bleiben, dass es auch ab 2011 in den Kommunen noch einen erheblichen Investitionsstau geben wird.

Es sollte deshalb ein strategisch-politisches Ziel des 5. und des 6. Sächsischen Landtages sein, über mehrere Wahlperioden hinweg zuverlässig in den Kommunen diesen Investitionsstau abzufinanzieren. Wohlgemerkt sollte dabei das Spannungsverhältnis zu Bevölkerungsschwund und demografischem Wandel austariert werden.

Ich wünsche mir deshalb, dass dieses gegenwärtig ungelöste Problem im kommenden FAG oder vielleicht im kommenden Haushaltsbegleitgesetz zuverlässig und nachhaltig gelöst wird. Über eine Verankerung einer entsprechenden Investitionspauschale oder Infrastrukturpauschale sowie über die intelligente Einführung eines demografischen Faktors würde ich mich freuen. Darüber wurde lange gesprochen. Ich glaube, dass diese Veränderungen im FAG in den Jahren 2010/2011 tatsächlich verankert werden können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielen Dank für den Beifall. Ich werde in der nächsten Haushaltsrunde 2010/2011 definitiv nicht mehr mit von der Partie sein. Daher sei mir dieser bescheidene Wunsch gestattet: Meine Nachfolger sollen dieses Problem lösen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die CDU-Fraktion signalisiert noch einmal einen Aussprachebedarf. – Herr Dr. Rößler, bitte.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen heute die notwendigen Beschlüsse zu unserem Zukunftsinvestitionsgesetz fassen, damit die Investitionen aus dem Konjunkturpaket II so schnell wie möglich bei den Kommunen ankommen. Deshalb geht es uns um Tempo.

Frau Kollegin Hermenau! In Absprache mit unserem Innenminister darf auch bei Ihnen keine Frage und keine Unklarheit offen bleiben.

Ich komme zuerst zu dem Thema: Unterschrift unter die Verwaltungsvorschrift. Dieses Thema ist schon sehr weit gediehen und befindet sich in einem kommunikativen Verfahren – ein Physiker oder Naturwissenschaftler würde das als iteratives Verfahren bezeichnen – zwischen kommunaler Seite und den beteiligten Staatsministerien, wie beispielsweise dem Finanz- und dem Innenministerium. Dieses Thema ist ganz weit fortgeschritten. Diese Vorschrift kann erst unterzeichnet werden, wenn die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund unterzeichnet worden ist. Das steht leider noch aus, obwohl Sachsen Druck macht. Sobald das vollzogen ist, erfolgt die Unterschrift unter die Verwaltungsvorschrift – das ist ganz klar.

Ich komme zum nächsten Punkt: Stichwort Nachhaltigkeit. Frau Kollegin, hätten Sie mir intensiver zugehört, dann hätten Sie Ihre Lücken schließen können. Sie haben bewusst auf die Einschätzung der weltwirtschaftspolitischen Lage verzichtet. Nachhaltigkeit liegt uns besonders am Herzen. Dieser ganz besondere Begriff stammt aus der

Forstwirtschaft. Er ist dann auf die GRÜNEN übergegangen. Jetzt sind alle Parteien irgendwie nachhaltig und zukunftsorientiert.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Um Gottes willen!)

Die Plausibilität der Nachhaltigkeit wird für die freihändige Vergabe von 100 000 Euro entsprechend geprüft und eingeschätzt. Die Vergabe soll zügig und schnell erfolgen. Das können Sie in den entsprechenden Unterlagen nachlesen.

Ich komme zum nächsten Stichwort: energetische Sanierung. Ich brachte dieses Beispiel als Erster. Auf der kommunalen Seite löste Unruhe aus, dass mindestens 51 % der eingesetzten Bundesinvestitionen der energetischen Sanierung dienen müssen. Das ist natürlich schwierig: Ein guter Bürgermeister hat zuallererst das Dach reparieren lassen, die Außenhaut oder die Fenster erneuern lassen – übrigens kann man die Wärmedämmung und die Dachziegel unter der energetischen Sanierung abrechnen. Probleme bestehen zum Beispiel beim Innenausbau, bei der Sanierung der Schulturnhalle oder beim Anbau beispielsweise für Computerkabinette. Dann wird es schwierig.

Woran liegt das? Es ist ein Ausfluss der Arbeit der Föderalismuskommission I. Die Länder haben gesagt: Wir wollen für die Schulen zuständig sein. Vergibt der Bund nun Fördermittel an Schulen – Stichwort Landessache –, muss man sich verschiedene Konstruktionen einfallen lassen, damit es nicht zu einer Kollision mit unserer Verfassungsrealität kommt, die in diesem Hohen Hause unterschiedlich bewertet wird. Es können Konflikte entstehen. Deshalb machen uns die 51 % für energetische Sanierung das Geschäft auf den Prioritätenlisten nicht leichter.

Ich möchte nun ein Beispiel bringen: Wir haben im Landkreis Meißen das Gymnasium Nossen. Wenn wir daraus ein Kreisgymnasium machen – ich nehme einmal die Größenordnung von 4 Millionen Euro – und keine energetische Sanierung vornehmen möchten, wird es schwierig, die Prioritätenliste neu zu ordnen. Das liegt aber nicht an uns. Das sind die Verfassungsrealität und das Ergebnis der Föderalismuskommission I. Wenn der Bund das Geld für Schulen ausgeben möchte, muss man das mit der energetischen Sanierung begründen.

Ich komme zum letzten Punkt, dem Referenzzeitraum. Natürlich wollen wir für den Freistaat Sachsen den bestmöglichen Referenzzeitraum. Das ist der Zeitraum über die letzten fünf Jahre.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Dieser wird auf die Drei-Jahres-Periode heruntergerechnet. So viel vielleicht zur Erklärung.

Sofern Sie mit diesen vier Antworten zufrieden sind – gegeben auch in Absprache mit dem Innenminister –, kann ich mir gut vorstellen, dass die GRÜNEN, wenn wir zum Tagesordnungspunkt 5 gelangen, der von uns vorgelegten Beschlussempfehlung zustimmen. Dann kann das

Geld so schnell wie möglich an die Kommunen ausbezahlt werden. Die Bewilligungsbescheide sollen spätestens am 15. Mai verschickt werden.