Protokoll der Sitzung vom 12.03.2009

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Engagement unserer sächsischen Lehrer habe ich in diesem Hohen Hause schon mehrmals gewürdigt. Ich halte es für wichtig, über die Anerkennung und Wertschätzung dieses Berufes in der Öffentlichkeit zu sprechen.

Im derzeitigen Wettbewerb um Lehrer müssen Anreize geschaffen werden. Da sind Überlegungen zur leistungsgerechten Vergütung von Lehrern richtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Übrigen ist es durchaus so, dass die Signale aus der Lehrerschaft selbst gegenüber dieser Überlegung äußerst positiv sind.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Der Umsetzung dieser Überlegung sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Der Freistaat Sachsen ist Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Als solches ist Sachsen an den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst der Länder gebunden. Der Tarifvertrag verpflichtet dazu, bei der Entlohnung der Lehrer die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen und Eingruppierungsgrundsätze zu beachten. Länderspezifische Ausnahmeregelungen, die einzelne Beschäftigungsgruppen privilegieren oder benachteiligen, sind nicht möglich, unabhängig von ihrer Zielsetzung und der Redlichkeit der Motive.

Aufgrund der aktuellen Tarifrechtslage kann bei der individuellen Bemessung der Arbeitgeberleistungen für tarifbeschäftigte Lehrkräfte lediglich eine Differenzierung nach dem Ausbildungsprofil und der Schulform erfolgen, in der der Lehreinsatz erfolgt. Eine Eingruppierung neuer Lehrkräfte nach Kriterien wie zum Beispiel der Ausbildung in einem Mangelfach oder dem geplanten Einsatz in einer unterbesetzten Region ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Es sind allenfalls Unterscheidungen bei der Festlegung der Eingangsstufe der Entgeltgruppe nach § 16 Abs. 5 des Tarifvertrages der Länder möglich. Gleiches gilt für einseitige Kürzungen der laufenden Bezüge der Lehrkräfte, deren Lehrerfolge und erzieherische Leistungen nur durchschnittlich oder gar unterdurchschnittlich sind.

Laut der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes der Länder vom 1. März dieses Jahres ist die Einführung einer Leistungsbezahlung nach § 18 TV-L im tariflichen Bereich nicht zu erwarten. Auf Verlangen einer der Gewerkschaften – das wurde vom Kollegen Seidel dargestellt – wurde das erst im Jahre 2006 tarifvertraglich verankerte Leistungsentgelt wieder aus dem Bemessungskatalog der Vergütung von Lehrkräften gestrichen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Rückschritt, und das bedauere ich ausdrücklich.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall bei der FDP)

Solange die vorstehend beschriebenen Regelungen Bestand haben, bleibt es bei einer tarifgebundenen Vergütung der Lehrkräfte. Um Lehrern dennoch positive Anreize zu geben, honoriert das Kultusministerium herausragende pädagogische Leistungen mit außertariflichen Leistungsprämien.

Herr Kollege Herbst, Sie müssen, um genau zu sein, schon unterscheiden zwischen Leistungsentgelten und Leistungsprämien.

(Torsten Herbst, FDP, nickt.)

Sachsen – das möchte ich betonen – ist eines der wenigen Länder, die von dieser Form der individualisierten Leistungsbezahlung Gebrauch machen. Das ist wenigstens ein Element, das in die richtige Richtung geht und das es auszuformen und weiterzuentwickeln gilt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, meine Damen und Herren, bin ich offen, dies unabhängig von der jetzt getroffenen tarifvertraglichen Regelung gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern in die notwendige und damit in die richtige Richtung weiter fortzuentwickeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf?

Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zum Schlusswort, Herr Herbst.

Ich kann es sehr kurz machen. Die unterschiedlichen Auffassungen der Fraktionen sind sehr deutlich geworden. Ich nehme wohlwollend zur Kenntnis, dass der Kultusminister durchaus unser Anliegen im Grundsatz unterstützt. Das trifft offenbar auch für die CDU-Fraktion zu, nur die anderen Fraktionen sind anderer Auffassung. Da müssen wir eben bis nach dem Wahltag warten und schauen, was danach kommt.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir stimmen jetzt über die Drucksache 4/14825 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Zustimmungen und keinen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mit sehr großer Mehrheit abgelehnt worden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Gentechnikfreie Regionen fördern – Verbraucherwillen respektieren

Drucksache 4/14829, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die einreichende Fraktion beginnt. Danach gibt es die gewohnte Reihenfolge nach der Größe der Fraktionen. Herr Weichert für die Fraktion GRÜNE eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Gentechnisch veränderte Organismen sind bereits in den meisten Lebensmitteln enthalten, sich dagegen zu wehren, ist Kraftverschwendung.“ Diesen Unfug höre ich immer wieder von Befürwortern der Agrogentechnik, allen voran natürlich die großen Saatgutkonzerne, die damit ein Milliardengeschäft machen.

Dieses Argument zu unterstützen kommt aber einem Verrat an den sächsischen Verbrauchern gleich. Der überwiegende Teil der Konsumenten lehnt nämlich gentechnisch veränderte Lebensmittel ab und sieht in den Gentec-Pflanzen keinen Nutzen, der es rechtfertigt, die menschliche Gesundheit und die Vielfalt in der Natur damit aufs Spiel zu setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vier von fünf Bürgerinnen und Bürgern lehnen den Einsatz der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ab. Da gleichzeitig kein Verbraucher gentechnisch veränderte Nahrungsmittel will, wollen auch die meisten Lebensmittelverarbeiter und Lebensmittelhändler gentechnisch freie Rohstoffe oder Produkte haben.

Meine Damen und Herren! Es kommt noch besser. Wie ich Ihnen gleich zeigen werde, ist die Behauptung, Gentechnik sei nicht aufzuhalten, auch noch schlicht falsch. Das heißt, wer das behauptet, ignoriert nicht nur die Interessen unserer sächsischen Bürger, sondern verkauft sie auch noch für dumm. Ich finde, das ist ziemlich dreist.

Sachsenweit wurde im Jahr 2007 auf 76 170 Hektar Mais angebaut. Der Anbau von GT-Mais entsprach im Jahr 2008 mit 952,6 Hektar nur einem Anteil an dieser Fläche von 1,15 %. Nur zehn der insgesamt rund 7 000 sächsischen Landwirtschaftsbetriebe setzen auf Gentechnik. Das sind gerade einmal 0,14 % aller Unternehmen in diesem Bereich. Sie werden zugeben, dass von großer Verbreitung und Akzeptanz bei den Landwirten

derzeit keine Rede sein kann. Das ist auch gut so, denn ohne Gentechnik ist inzwischen ein Qualitätsmerkmal, das von Käufern beachtet und nachgefragt wird. Nicht von ungefähr hat der ökologische Landbau in den vergangenen Jahren zweistellige Zuwachsraten erzielen können.

Auch die Mehrzahl der konventionellen Landwirte hat mit Gentechnik nichts am Hut. Das muss an dieser Stelle noch einmal deutlich gesagt werden. Deren Arbeit und den Verbraucherwillen wollen wir mit diesem Antrag schützen. Warum das notwendig ist, meine Damen und Herren, zeigt ein Blick in die Presse der vergangenen Tage.

In der „LVZ“ vom 19. März 2009 wird Staatsminister Kupfer mit den Sätzen zitiert: „Genveränderter Mais unterliegt strengen Kontrollen. Wenn eine Gefährdung bestünde, wäre es nicht erlaubt worden, ihn anzubauen.“ Jetzt kommt es: „Wenn wir gentechnikfreie Zonen umsetzen müssten, müssten wir auch Apotheken verbieten.“

Sehr geehrter Herr Minister Kupfer, Kritiker unseres Berufsstandes halten Unwissenheit und Selbstvertrauen für die Grundvoraussetzung, als Politiker erfolgreich zu sein. In einigen Fällen befürchte ich, sie haben recht.

Da, wie ich eben vorgetragen habe, aus den Reihen der Staatsregierung nicht viel zu erwarten ist, haben sich Landwirte in verschiedenen Teilen Sachsens bereits selbst zu gentechnikfreien Zonen und Initiativen auf der Basis von Selbstverpflichtungserklärungen zusammengeschlossen. Den Bäuerinnen und Bauern steht es frei, sich mit ihren Nachbarn auf die Einrichtung gentechnisch freier Zonen zu verständigen. Landwirte können sich freiwillig gegenseitig dazu verpflichten, auf den von ihnen bewirtschafteten Flächen kein gentechnisch verändertes Saatgut auszubringen. Bereits im September 2005 gründeten auf dieser Basis 20 Landwirte eine gentechnisch freie Region Oberlausitzer Heide und Teichland mit einer Größe von immerhin 30 100 Hektar,

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

und dies mit einer Nutzfläche von 10 500 Hektar.

2007 folgte das östliche Muldental mit elf Landwirtschaftsbetrieben und 4 400 Hektar Nutzfläche. Seit 2008

gibt es die gentechnikfreie Initiative Oberlausitz. Hinzu kommen die Stadtgebiete von Chemnitz und Leipzig, die für ihre städtischen Flächen eine Gentechnikfreiheitsklausel in die Verträge zur Verpachtung ihrer Fläche einfügten. Dasselbe gilt für die landeskirchlichen Flächen in Sachsen. Weitere Initiativen sind in Vorbereitung und ich gebe Ihnen mein Wort, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden alles tun, um Vorhaben dieser Art zu unterstützen und dafür zu kämpfen, den Status „Gentechnikfreie Regionen“ rechtlich zu verankern. Unser Antrag ist dafür ein wichtiger Schritt.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Bemühungen stehen wir nicht allein auf weiter Flur. Allein in Europa gibt es inzwischen mehr als 45 Regierungsbezirke, 230 Regionen und über 4 000 Gemeinden, die sich als gentechnikfrei erklärt haben.

Länder wie die Schweiz verzichten generell auf Agrogentechnik und fahren damit nicht schlecht. Es gibt keine Probleme mit Koexistenz und Kontamination. Zwei Drittel der Schweizer Produkte werben mit dem Siegel „Swissgarantie“ für ihre Gentechnikfreiheit. Die Landwirtschaft hat heute schon erklärt, auch in Zukunft gentechnikfrei bleiben zu wollen.

Doch zurück zu Sachsen: Hier wird derzeit transgener Mais der Sorte MON 810 des Saatgutmultis Monsanto angebaut.

Da Mais zu fast 100 % Fremdbefruchter ist und so weitflächig vom Wind verteilt werden kann, ist die großflächige Pollenkontamination wohl der bedeutendste Risikofaktor bei Mais. Die Reichweite für erfolgreiche Befruchtungen liegt bei circa einem Kilometer, kann jedoch bei entsprechendem Wind und räumlichen Strukturverhältnissen noch weit darüber hinausgehen.

Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund gilt es zu überlegen, wie gentechnikfreie Landwirtschaft wirkungsvoll geschützt werden kann. Eine diskutierte Möglichkeit ist das eigenständige Anbaumanagement der Landwirte einer Region. Das funktioniert so: Bauer A baut auf seinen Flächen Genmais an. Bauer B, der gentechnikfrei arbeiten will, verzichtet auf den Maisanbau und wählt eine andere Feldfrucht. Das klingt gut, funktioniert aber in der Praxis nicht. So wird nur das Problem der Fremdbefruchtung durch transgene Sorten gelöst, Kontamination von landwirtschaftlichen Nutzflächen mit transgenen Pollen findet nach wie vor statt. Bioprodukte, die mit transgenen Maispollen kontaminiert wurden, bekommen Probleme, vom Großhandel oder dem Einzelhandel als Bioware anerkannt zu werden. Umsatzeinbußen sind die Folge.

Deshalb ist sinnvoller die Definition von Gebieten, in denen garantiert gentechnikfrei gewirtschaftet werden kann. Nur so ist die Koexistenz von Gentechnik und ökologischem Landbau zu sichern.

Unser Antrag beschäftigt sich nicht mit Details und Voraussetzungen, die für gentechnikfreie Regionen gelten müssen. Derzeit wird die gentechnikfreie Landwirtschaft