Ich mache mir allerdings wenig Hoffnung, dass die Sächsische Staatsregierung in ihrer jetzigen Zusammensetzung sich irgendwann einmal darauf besinnt, europäisches Minderheitenrecht umzusetzen. Schließlich wurden bislang alle Anträge der Opposition, die in diese Richtung zielten, abgelehnt.
Ich glaube, wir haben es hier mit einem Wahrnehmungsproblem zu tun. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, mit welchen Vertretern des sorbischen Volkes sich jeweils die Staatsregierung trifft und wie resigniert die Vertreter schon sind, wenn es um das sorbische Schulwesen geht; denn Tatsache ist, dass trotz der vielen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen der Anpassungsdruck auf das sorbische Volk steigt. Gerade im Kontext der demografischen Entwicklung sehen wir einen dringenden Handlungsbedarf für eine weitere Unterstützung der Sorben.
Die Europäische Konvention für regionale Minderheitensprachen, die von der Bundesrepublik unterzeichnet wurde, verpflichtet auch den Freistaat zum Schutz ebendieser Sprachen, von denen einige allmählich zu verschwinden drohen.
Es zeigt sich, dass die bisherigen Maßnahmen zum Schutz der sorbischen Kultur und Sprache mitnichten die angedachten Wirkungen entfalten konnten.
Die Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag ist wiederum etwas lieblos ausgefallen und wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Das ist doch bedauerlich, weil im Bereich der Kindertagesstätten auch mit Unterstützung der Staatsregierung mit dem Witaj-Konzept eine gute Grundlage gelegt wurde. Nun ist es leider so, dass dieses Konzept in der Schule nicht fortgesetzt werden kann, wenn das Schulnetz dafür nicht mehr vorhanden ist. Wir investieren also in die frühe Bildung und verschenken dann die guten Ergebnisse in der weiteren Entwicklung.
Meine Damen und Herren! Kultusminister Wöller lässt verkünden, der von Teilen der Vertreter des sorbischen Volkes bestehende Wunsch nach der Wiedereröffnung der Mittelschulen begründet allein kein öffentliches Bedürfnis. Dieser Satz in seiner Stellungnahme zum Antrag zeigt mir, dass Kultusminister Wöller das Prinzip des Minderheitenrechts auch nicht ansatzweise verstanden hat.
Im Minderheitenrecht geht es nicht um ein allgemeines öffentliches Bedürfnis, sondern eben um den Schutz dieser Minderheit. Aus unserer Sicht ist angesichts der Bedrohung der Identität des sorbischen Volkes dringend ein Minderheitenschulgesetz notwendig. Ich verspreche an dieser Stelle, in der 5. Legislaturperiode werden wir ein solches Gesetz einbringen, und bis hierher werden wir dem Antrag der Linksfraktion zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sicherung der Rechte der Sorben, insbesondere der Bewahrung und der Weiterentwicklung der sorbischen Sprache und Kultur gemäß Artikel 6 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen, kommt die Staatsregierung gewissenhaft nach. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen der §§ 2 und 4a des Schulgesetzes bereits mehrere Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und andere rechtliche Regelungen erlassen. Verschiedene staatliche Behörden, darunter die Sächsische Bildungsagentur, hier insbesondere die Regionalstelle Bautzen, oder das Sächsische Bildungsinstitut befassen sich mit der inhaltlichen Weiterentwicklung der sorbischen Schulen. Auch die Mitarbeiter des Sächsischen Staatsministeriums
Der Erhalt und die Förderung der sorbischen Sprache und damit auch der sorbischen Kultur liegen mir persönlich am Herzen. Herr Kollege Schiemann ist schon darauf eingegangen und ich teile seine Auffassung.
Sprache ist für die kulturelle Entwicklung des sorbischen Volkes von zentraler Bedeutung. Mein letztes Gespräch mit Vertretern des sorbischen Volkes fand Ende Februar im Sorbischen Gymnasium in Bautzen statt. Dort war es mir ein wichtiges Anliegen, die Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig dafür zu gewinnen, sich für einen Lehrerberuf zu entscheiden, um die sorbische Sprache damit weiter in die Zukunft zu tragen.
Wenn Sie mich zu Recht gefragt haben, was denn das sächsische Staatsministerium macht, um das in besonderer Weise zu fördern, dann kann ich Ihnen deutlich sagen – das habe ich in dem Rahmen dort noch einmal bekräftigt –: Wir geben Einstellungsgarantien. Das heißt, wir denken nicht nur darüber nach, sondern wir geben bereits jetzt jedem jungen Menschen, der diesen Lehrerberuf ergreift und die Lehrerausbildung in Angriff nehmen will, die Einstellungsgarantie. Er weiß also, dass er fest und sicher seinen Arbeitsplatz in der Tasche hat. Ich glaube doch, dass das ein besonderes Anliegen ist und eine besondere Förderung, die darin zum Ausdruck kommt.
Sicherlich ist darüber nachzudenken, wie wir das künftig noch besser tun können. Das ist ein klares Bekenntnis zur sorbischen Sprache und zur sorbischen Kultur. Deswegen geben wir das Versprechen gern.
Ein weiteres Treffen in Bautzen von Mitarbeitern meines Hauses und der Sächsischen Bildungsagentur ist für den 20. März geplant. Bei diesem Treffen kommt es darauf an, jenen Eltern und Schülern, die daran interessiert sind, den zweisprachigen sorbisch-deutschen Bildungsgang vom Kindergarten über die Grundschule bis zur Mittelschule bzw. zum Gymnasium zu ermöglichen. Den Bewohnern des sorbischen Siedlungsgebietes steht es frei, sorbischsprachige Kindergärten und Schulen zu besuchen. Es gibt viele Gründe, die den Wechsel von sorbisch-deutschen Grundschulen zu einsprachigen deutschen Mittelschulen oder Gymnasien rechtfertigen. Der im Antrag geschilderte Abwanderungstrend aus dem zweisprachigen sorbischdeutschen Bildungsgang kann nicht mit dem Schülertransport begründet werden.
Die Sächsische Staatsregierung wird weiterhin ihre Möglichkeiten nutzen, die Schüler zur Fortsetzung ihres zweisprachigen Bildungsganges zu ermutigen. Die Evaluierung des Konzeptes 2plus wird ein Weg dahin sein. Was die Wiedereröffnung der sorbischen Mittelschulen in Panschwitz-Kuckau und Crostwitz betrifft, so besteht tatsächlich absehbar kein öffentliches Bedürfnis mehr. Die Landkreise und kreisfreien Städte stellen Schulnetz
pläne für ihr Gebiet auf, sie verzeichnen den jährlichen Schulbedarf und die Schulstandorte. Der Schulnetzplanungsträger hat bislang kein entsprechendes öffentliches Bedürfnis für die Mittelschulen Panschwitz-Kuckau und Crostwitz angezeigt. Das sorbische Schulnetz destabilisierende Maßnahmen sind meinem Haus nicht bekannt. Auch die in der Begründung des Antrages genannte Schülerbeförderung bündelt nur bereits bestehende Angebote, die zu den Aufgaben des Landkreises gehören. Die verfassungsmäßig verankerten Rechte des sorbischen Volkes sind aufgrund der bestehenden Regelungen und Festlegungen gewahrt. Daher bitte ich den Antrag abzulehnen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Erhebt sich Widerspruch? – Das sehe ich nicht. Herr Kosel, bitte, für die einreichende Fraktion das Schlusswort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den Diskussionsrednern der demokratischen Fraktionen, die ausschließlich – auch das ist bezeichnend – heute in der Debatte das Wort ergriffen haben, für das Bemühen um eine wirklich konstruktive Debatte bedanken. Die Debatte hat aber nicht nur gezeigt, dass es noch unterschiedliche Auffassungen zwischen den einzelnen Fraktionen gibt, sondern auch, dass es noch eine Menge Unklarheiten gibt. Deshalb ist es nötig, die minderheitenschulpolitische Debatte bezüglich des sorbischen Schulwesens in diesem Hohen Haus weiterzuführen.
Ich möchte Ihnen, Herr Kollege Schiemann, sagen, dass es mich und die anderen Kollegen der Linksfraktion aus der Lausitz irritiert und beleidigt hat, wenn Sie uns vorwerfen, wir hätten eine – wann auch immer – kontra
produktive Haltung zum sorbischen Schulwesen eingenommen. Das ist uns zumindest bisher nicht bekannt gewesen und entspricht auch nicht den Realitäten. Wenn Sie auf Panschwitz-Kuckau anspielen, haben wir uns seinerzeit – trotz eigener Bedenken – ausdrücklich zu der Tangentenvariante des Sorbischen Schulvereins bekannt, weil es der gemeinsame sorbische Kompromissvorschlag war.
Wir stehen nach wie vor zu der Auffassung, dass eine politische Entscheidung zu treffen ist, die noch vor Beginn des neuen Schuljahres wirksam werden kann. Deshalb sind wir nicht ganz zufrieden, wenn die Debatte teilweise nach dem Motto lief: „Schön, dass wir mal darüber geredet haben!“ Es darf nicht dabei bleiben, dass wir heute nach dieser Debatte auseinandergehen und nichts passiert. Ich möchte in diesem Zusammenhang, da wir den 10. Jahrestag des aktuellen Sächsischen Sorbengesetzes begehen, ausdrücklich auf die Einbringungsrede des damals zuständigen Ministers Prof. Meyer Bezug nehmen, der gesagt hat, dass es „unsere Pflicht als Demokraten und Europäer ist, die Sorben beim Erhalt ihrer Identität nachhaltig zu unterstützen“.
Danke schön. – Meine Damen und Herren! Nach dem Schlusswort kommt die Abstimmung. Ich lasse abstimmen über die Drucksache 4/14363 und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Und die Gegenprobe! – Danke. Und die Enthaltungen? – Bei Enthaltungen und Zustimmung dennoch mit Mehrheit abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
16. Tätigkeitsbericht 2007/2008 des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – Berichtszeitraum: 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2008