Seit 1990 wurden in Sachsen bekanntlich mehr als tausend Schulstandorte dicht gemacht, und fast an jeder Schule hing auch eine Turnhalle oder zumindest ein Gymnastikraum. Diese Schulschließungen waren mit Sicherheit kein Beitrag, um die sportliche Betätigung von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen. Schulschließungen führten leider auch zum Wegfall von Vereinen, zum Weggang von engagierten Übungsleitern; denn nicht selten sind gerade Pädagogen und eben nicht nur Sport
lehrer in diesem Bereich aktiv und unterbreiten aus meiner Sicht eigentlich unverzichtbare Angebote. Und der Zwang zur Benutzung des allzu häufig trainingsunfreundlichen Schülerverkehrs ist einem kontinuierlichen sportlichen Engagement auch nicht gerade förderlich.
Im Übrigen trägt auch der Sportunterricht selbst nicht immer dazu bei, das Interesse an körperlicher Betätigung zu stärken; denn der Ausfall im Fach Sport liegt nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt der anderen Fächer.
Wie aus der Antwort auf eine Große Anfrage meiner Fraktion bereits in der letzten Legislaturperiode hervorging, sieht die Staatsregierung die Ursache dafür in einer Unterbewertung des Faches Sport durch die Schulleiter und die Eltern. Bei Engpässen in der Unterrichtsversorgung werde häufig zuerst das Fach Sport gekürzt, da die Eltern hier am wenigsten intervenieren würden. Außerdem zögen sich ältere Sportlehrer aufgrund der körperlichen Belastung zunehmend aus dem Sportunterricht zurück und unterrichteten verstärkt in ihrem zweiten Fach.
Ich meine, hier muss das Kultusministerium endlich handeln, zum Beispiel durch die Einstellung junger Absolventen. Der derzeitige Ausfall jedenfalls ist nicht länger hinnehmbar, und die Folgen sind einfach zu sehen. Die gesundheitlichen Untersuchungen ergeben von Jahr zu Jahr eine wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Haltungsschäden und Übergewichtigkeit. Auch Herr Wöller hat darauf in seinem Beitrag hingewiesen. Hier könnte durch gezielte sportliche Betätigung sehr viel zum Positiven entwickelt werden.
Es gibt aber auch noch einen anderen Punkt, der das organisierte Sporttreiben insbesondere im Kinder- und Jugendbereich zunehmend bedroht. Ich meine die in vielen Orten steigenden Nutzungsgebühren für die kommunalen Sportstätten. Dies ist aus meiner Sicht ein Kardinalproblem des Sports im Freistaat Sachsen. Von allen Seiten wurde und wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass hier dringender Klärungsbedarf besteht. Die Staatsregierung hat bislang jedoch nichts unternommen, um den Anstieg der Sportstättengebühren endlich zu stoppen. Im Gegenteil, selbst jenen Kommunen, die aus eigenem Entschluss im Interesse des Sports ganz oder teilweise auf die Erhebung von Sportstättengebühren verzichten, werden immer wieder Steine in den Weg gelegt. Regierungspräsidien und Landratsämter verlangten in den letzten Jahren bei der Genehmigung der kommunalen Haushalte zunehmend eine Konzentration auf die sogenannten Pflichtaufgaben und forderten in förmlichen Auflagen zum Genehmigungsbescheid die Erhöhung bzw. die Erhebung von Gebühren, also letztlich auch bei den Sportstätten.
Leidtragende dieser Entwicklung sind vor allem jene Vereine, die besonders viele Kinder und Jugendliche in ihren Reihen haben; denn hier sind die Beitragseinnah
men entsprechend gering, die Gebühren pro Stunde Hallennutzung sind jedoch in vielen Orten gleich oder nur gering differenziert. Das führt dazu oder kann zumindest dazu führen, dass sich Vereine zunehmend von der Nachwuchsarbeit abwenden. Das jedoch – und dann sind wir uns hoffentlich alle einig – wäre genau das falsche Signal.
Um den Trainings- und Wettkampfbetrieb für Kinder und Jugendliche ohne Abstriche dauerhaft aufrechterhalten zu können, brauchen wir endlich eine rechtliche Klarstellung, und zwar dergestalt, dass im Nachwuchsbereich generell keine Sportstättengebühren erhoben werden oder aber zumindest eine Obergrenze festgeschrieben wird. So wie bisher kann und darf es nicht weitergehen.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung, die ich seit 15 Jahren hier immer wieder gemacht habe. Ich denke, es stünde uns allen gut zu Gesicht, wenn wir den traurigen Zustand, dass die in der Sächsischen Verfassung enthaltene Verpflichtung des Landes zur Förderung der sportlichen Betätigung bis dato noch immer ohne gesetzliche Untersetzung geblieben ist, schnellstmöglich beenden würden. Wie DIE LINKE ist die übergroße Mehrheit der Vereine der Ansicht: Sachsen braucht endlich ein Sportfördergesetz.
Kernpunkt dieses Gesetzes sollte es sein, dass der Sport künftig als Pflichtaufgabe der Kommunen eingestuft wird und nicht mehr als sogenannte freiwillige Leistung dem Rotstift zum Opfer fällt. In einem solchen Sportfördergesetz könnten auch Regelungen zum behindertengerechten Neu- und Umbau von Sportstätten, zur Freistellung von Übungsleitern sowie von Kampf- und Schiedsrichtern oder zur institutionellen Förderung des Landessportbundes sowie des Leistungssports verankert werden.
CDU und SPD haben jetzt fast fünf Jahre Zeit gehabt und nichts unternommen. DIE LINKE wird nach der Landtagswahl nicht nur in dieser Frage entschlossen handeln.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über diese Art der Debatte zum Thema Sport bin ich jetzt sehr betroffen, Herr Hahn.
Sie haben über die Einigkeit des Plenums gesprochen. Auch wenn es lange her ist und wenn es in dieser Legislaturperiode noch keine Fachregierungserklärung zum Thema Sport gegeben hat, so weiß ich, dass unzählige meiner Kollegen nicht reden, sondern tun, und zwar in den Sportvereinen.
Frau Günther-Schmidt, wenn es Ihnen entgangen sein sollte: Unser Staatsminister ist Schirmherr der Paralympics in Wilsdruff – und das seit vielen Jahren.
(Beifall bei der CDU – Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE: Das war seine Bemerkung! – Caren Lay, Linksfraktion: Warum sagt er denn dann nichts dazu? – Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Nein. – „Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit, und er schützt uns durch Vereine vor der Einsamkeit.“ Dieser nicht ganz so ernst gemeinte, aber doch sehr bezeichnende Spruch stammt von Joachim Ringelnatz. Er zeigt: Sport ist eines der wichtigsten Elemente in der Erhaltung und Verbesserung unseres Gemeinwesens. Er vermittelt soziale und gesellschaftliche Kompetenzen auf der einen und das Bewusstsein zur Gesunderhaltung auf der anderen Seite. Durch die Integration in Sportvereine lernen insbesondere Kinder und junge Menschen, Verantwortung zu übernehmen und Teamgeist zu entwickeln. Disziplin, Leistungsbereitschaft und Fairness sind charakterliche Eigenschaften, die bei der Ausübung von Sport, besonders beim Mannschaftssport, in hohem Maße gefordert sind und sich so herausbilden.
Neben dem Elternhaus und der Schule leisten somit auch die sächsischen Sportvereine einen Beitrag zur Erziehung von Kindern und Jugendlichen. An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Ehrenamtlichen in den Sportvereinen.
Was wäre der Sport ohne die unzähligen Eltern und Großeltern, die die jungen Sportler zu Training und Wettkämpfen – oftmals durch die ganze Republik – fahren, ohne die vielen Helfer am Rande von Sportereignissen jeglicher Art, ohne die Übungsleiter und Trainer, ohne die Kampf- und Schiedsrichter? Als Präsidentin eines Vereins mit Nachwuchs- und Bundesligamannschaften weiß ich, dass ohne diese Hilfe nichts möglich wäre.
Lebensgewohnheiten und Freizeitverhalten haben sich verändert. Sie sind geprägt von digitaler Vernetzung, Computer und Fernsehen sowie von falschen Ernährungsgewohnheiten. Hierbei kann Sport einen erheblichen Beitrag zur Volksgesundheit leisten. So ist es unsere
landespolitische Zielstellung, den Sport in Sachsen auch weiterhin zu fördern und diese Unterstützung bedarfsgerecht fortzusetzen. Hierzu einige Aspekte:
Vorrangige Zielstellung bei der Unterstützung des Sports sind die Sicherung und der an der Realität gespiegelte Ausbau des Breitensports. Wir diskutieren seit Jahren sehr intensiv über die demografische Entwicklung, die besonders in den neuen Bundesländern – und damit auch in Sachsen – gravierende Auswirkungen hat. Überalterung und rückläufige Geburtenraten – und damit auch Einwohnerzahlen – machen es den Sportvereinen zunehmend schwerer, neue Mitglieder zu gewinnen.
So ist es umso positiver, dass wir in den letzten Jahren – es wurde bereits genannt –, konkret seit 1991, die Zahl der Mitglieder in den Sportvereinen im Freistaat fast verdoppeln konnten. Waren es 1991 noch 326 000 Sachsen – das sind 9,1 % der Bevölkerung, die in Sportvereinen organisiert waren –, so sind es heute bereits 552 000 Personen, also 13,1 % der Sachsen, denen sportliche Betätigung und Leistungsbereitschaft wichtig sind.
Das Miteinander in den Sportvereinen ist es, was wir besonders im Breitensport auch in den kommenden Jahren fördern und unterstützen müssen.
Über den Sport können wir nicht nur unseren Kindern und Jugendlichen Werte vermitteln und zur Gesunderhaltung beitragen. Auch für Senioren stellen Sportvereine Möglichkeiten dar, sich nach der aktiven Beschäftigungsphase mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen für das Gemeinwesen zu engagieren und Anerkennung zu finden. Hier bringt sich der Freistaat ebenfalls aktiv durch finanzielle Unterstützung von Übungsleitern, die Ehrung ehrenamtlich Tätiger oder die Förderung der Landesfachverbände ein. Darüber hinaus unterstützt Sachsen das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ als eine Maßnahme zur gesellschaftlichen Eingliederung von Spätaussiedlern, deren Familien und ausländischen Zuwanderern.
Der Freistaat fördert ebenfalls die Arbeit des Sächsischen Behinderten- und Versehrtensportverbandes sowie des Gehörlosenverbandes. Unsere Fraktion hat konkret hierfür in den letzten Haushaltsverhandlungen 40 000 Euro jährlich gefordert und dies gemeinsam mit dem Koalitionspartner durchgesetzt.
Sport mit Behinderten hat viele Facetten, die es zu fördern gilt und die eine Integration in unsere Gesellschaft ermöglichen, sei es als Freizeitgestaltung, als Therapiebestandteil und nicht zuletzt zur Erhöhung des persönlichen Wertegefühls. Hier, meine Damen und Herren, sollten wir
in Zukunft noch mehr politischen Einfluss nehmen, um den Behinderten- und Versehrtensport zu fördern und die Leistungen behinderter Sportler im Freistaat Sachsen in noch stärkerem Maße zu vermitteln und zu honorieren.
Im Bereich des Breitensports können wir die besten Effekte für die Gesundheit und das Gemeinwohl unserer Menschen erzielen. Hier legen wir den Grundstein für zukünftige Leistungsträger und vermitteln Werte und Leistungsbereitschaft. Mit dem Projekt „KOMM! in den Sportverein“ hat Staatsminister Prof. Dr. Wöller die Initiative der Koalition aufgenommen, welche im aktuellen Doppelhaushalt verankert wurde. Damit schaffen wir für Kinder und Jugendliche zusätzliche Anreize, Mitglied in einem Sportverein zu werden und sich für eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu entscheiden,
und, Herr Dr. Hahn: Gerade in den Gesprächen mit den Sportvereinen ist die Entscheidung getroffen worden, erst einmal nur die Altersklasse 3 zu nehmen;