Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

wie man mit der Schuldfrage umgeht. Aber in einem, hatte ich gedacht, wären wir uns doch wohl einig, dass wir eine Lehre daraus zu ziehen haben. Diese Lehre ist: Der Staat ist nicht der Banker. Das sollte man der Wirtschaft überlassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Jetzt müssen Sie doch bereit sein, zumindest anzuerkennen, dass ein Grundsatz unserer Partei ist – und es dabei auch in der Krise bleibt –: Wir setzen auch in der Krise auf die soziale Marktwirtschaft. Weltweit hat die soziale Marktwirtschaft

(Alexander Delle, NPD: Sozial?!)

den Menschen den größten Wohlstand gebracht. Wir weisen weiter darauf hin, was die Aufgabe des Staates ist.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Da kann man viel aufzählen. Dazu gehört auch, für sozialen Ausgleich zu sorgen. Dazu gehört auch die innere Sicherheit. Es gehören die Bildung, die Landesverteidigung oder die Terrorabwehr dazu. Es gibt – weiß Gott! – genug Aufgaben.

Ich will vielleicht einmal ein Bild verwenden, das nicht von mir ist. Wir hatten kürzlich eine Veranstaltung in Bautzen, auf der der Bundestagspräsident Prof. Lammert ein Bild brachte, das ich hier einmal verwenden will. In der Wirtschaft sollte dem Staat klar sein, dass seine Rolle die des Schiedsrichters ist, darüber zu wachen, dass ein Wettbewerb stattfindet und dass dieser fair ist.

Das ist vergleichbar, wenn ich das Bild des Schiedsrichters jetzt mit verwende, dass der Schiedsrichter dafür zu sorgen hat, dass Mannschaften gegeneinander spielen und die Regeln einhalten. Das ist die Rolle des Staates.

Der Bundestagspräsident hat darauf hingewiesen, wo die Gefahren liegen. Die Gefahr liegt eindeutig darin, dass der Schiedsrichter beginnt, selbst die Tore schießen zu wollen. Dann stelle man sich vor, wie ein solches Spiel stattfindet. Deshalb möchte ich ausdrücklich sagen: Die Rolle des Staates ist nicht die des Unternehmers.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Aber auch nicht die des Schiedsrichters!)

Es ist nicht ganz leicht, in den Situationen in diesem Jahr ab und zu auf den Grundsatz hinzuweisen. Ich meine, den braucht man, um abzuwägen, worum es hier bei dem Mirkoelektronikstandort in Sachsen geht. Das haben wir den Diskussionen der letzten Wochen und Monate entnommen: Es gilt unter anderem herauszufiltern, welche Unternehmen in unserem Land bestimmend sind. Man spricht von einer Systemrelevanz. Darüber müssen wir diskutieren.

Wie ist das in Sachsen? Ohne Zweifel hat die Mikroelektronik in Dresden eine Sonderstellung. Es gibt keine anderen Bewerber, Mitbewerber in Sachsen.

Wie ist das in der Bundesrepublik? Relativ übersichtlich, und wir werden weiter dafür werben, dass auch die Bundesregierung, die sich augenscheinlich Tag und Nacht zurzeit mit der Rettung von Opel beschäftigt, das so sieht. Bei allem Verständnis für Opel. Aber Opel – das liegt doch klar auf der Hand – ist ein Bewerber in einem Wettbewerb. Mitnichten ist dort eine Systemrelevanz zu erkennen, so sehr das jetzt vielleicht auch ein fleißiger Arbeiter von Opel bedauern mag. Aber das ist zunächst einmal anzuerkennen. Anders beim Mikroelektronikstandort, völlig anders.

Jetzt will ich eins ganz offen sagen zu dem Vorwurf, dass Stanislaw Tillich ein Provinzpolitiker sei. Ich glaube, es ist gerade ein großer Vorteil in dieser Zeit, dass Stanislaw Tillich an die neun Jahre auf europäischer Ebene gearbeitet hat.

(Beifall bei der CDU)

Er hat etwas geschafft, was ich am heutigen Tag hier einmal herausstellen will, weil er nämlich viele Jahre daran gearbeitet hat. Daran hat sein Vorvorgänger Kurt Biedenkopf gearbeitet. Daran hat Georg Milbradt gearbeitet. Stanislaw Tillich ist es gelungen, auf europäischer Ebene endlich Verständnis dafür zu entwickeln, dass es sich um einen einmaligen Industriestandort in Europa handelt. Es ist ihm gelungen, dass anerkannt wird, dass die Mikroelektronik in Dresden als eine Industrie von europäischem Rang bezeichnet wird.

(Beifall bei der CDU)

Nun hoffen wir natürlich auch, dass die Europäische Union bei allem Bemühen, Qimonda hier zu retten, dazu steht. Aber heute darüber zu befinden ist einfach zu früh.

Aus meiner Argumentation heraus wird es Ihnen doch wohl auch klar sein, dass es mit der CDU-Fraktion nie einen Beschluss zu einer Staatsbeteiligung gibt, weil eine Staatsbeteiligung für uns kein Wert an sich ist.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Nie?!)

Für Sie offensichtlich, aber für uns ist es kein Wert an sich.

Aber eine Staatsbeteiligung – wenn man einmal die Geschichte vom Mikroelektronikstandort insgesamt in Dresden anschaut, dann hat sich die Staatsregierung beim Aufbau, bei Investitionen in ganz unterschiedlicher Weise immer sehr wesentlich daran beteiligt – unterstützt, verbürgt, alle Möglichkeiten, die man sich nur denken kann.

Meine Fraktion wird die Staatsregierung darin unterstützen – auch wenn die Zeit knapp wird –, daran zu arbeiten; weil wir möchten, dass diese Schlüsseltechnologie in Europa, in der Bundesrepublik Deutschland und hier im Freistaat Sachsen erhalten bleibt.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Abg. Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich zunächst bei Wirtschaftsminister Thomas Jurk bedanken. Von Anfang an hat er alles getan, um den drohenden Zusammenbruch von Qimonda zu verhindern. Unzählige Gespräche auf allen Ebenen dienten nur einem Ziel: eine Perspektive für dieses Unternehmen und seine Mitarbeiter zu schaffen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Es wäre schön gewesen, wenn alle Verantwortungsträger dies mit genauso viel Engagement getan hätten. Erst als Qimonda und Infineon die Vereinbarungen im Finanz- und Businessplan nicht mehr einhalten konnten oder wollten, gab es für die Insolvenz keine Alternative mehr. Es gab keine privaten Investoren, die in größerem Umfang bei Qimonda einsteigen wollten; und Blankoschecks über Steuergelder sollten wir wegen der auffallenden Zurückhaltung der Muttergesellschaft Infineon, der Marktlage und der Fehler des Managements nicht ausstellen. Die Anstrengungen haben auch nach der Insolvenz nicht nachgelassen. Wir müssen die vielen Arbeitsplätze und den Hochtechnologiestandort für Sachsen, Deutschland und Europa erhalten. Die heutige Sitzung dagegen trägt zur Rettung von Qimonda nichts bei.

(Beifall bei der SPD)

Ja, es wurde hier bereits auf den politischen Stil eingegangen. Was ist es für ein politischer Stil, wenn man bereits in der letzten Woche geplant hat, eine Sondersitzung durchzuführen, obwohl wir gerade eine Plenarsitzung hatten?! Wir hätten doch über einen Dringlichen Antrag sprechen können. Man wollte nichts anderes als heute dies als politisches Schaulaufen zu nutzen – nichts anderes!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der Linksfraktion und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Weil innerhalb der Linken die 31 Stimmen wahrscheinlich nicht mehr zusammengekommen sind, wurden die GRÜNEN sozusagen als notwendige Stimmenbeschaffer hinzugezogen. Es tut mir leid, liebe Antje Hermenau, starke Worte allein nützen nichts, da braucht man schon Substanz.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn man anderen ein schlechtes Zeugnis ausstellen will, muss man aufpassen, dass man unter dem eigenen Rede

manuskript nicht die Beurteilung „Am Thema vorbei!“ stehen hat.

(Beifall bei der SPD – Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, ja. Das bewerten andere!)

Nehmen Sie doch bitte Ihren Antrag, verteilen Sie ihn und zeigen Sie, was darin steht! Der erste Teil ist erfolgt. Thomas Jurk hat heute in seiner Rede genau das erfüllt, was Sie im ersten Teil wollten.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Wenn der zweite Teil das Konzept ist, das Sie vorschlagen, dann ist Ihnen die Staatsregierung bereits meilenweit voraus.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Sie sprechen von der Minderheitsbeteiligung. Das tut Thomas Jurk ebenfalls. Aber Thomas Jurk hat in seiner Rede vorhin deutlich gemacht, welche Bedingungen notwendig sind und wie er sich diese Beteiligung vorstellt. Von Ihnen: nichts, keine Substanz.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Der vorliegende Antrag suggeriert: Heute wird im Landtag eine Entscheidung über Qimonda getroffen, und wer unserem Antrag nicht zustimmt, arbeitet gegen den Erhalt von Qimonda. – Dies ist beides falsch.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Hier wird heute keine Entscheidung über die Zukunft von Qimonda gefällt, und der Antrag ist in dieser Form auch nicht zustimmungsfähig. Diese Sondersitzung ist der durchsichtige Versuch, in einer komplizierten Lage mit einfachen Botschaften Punkte zu machen. Sie wollen den Eindruck erwecken, die Verantwortlichen würden nichts tun. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD, und bei der CDU)

Aber bei allen Bemühungen vonseiten des Wirtschaftsministers muss man auch sagen: Die Grundbedingungen für das Unternehmen sind und bleiben ungünstig. Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch in der Chipbranche tiefe Spuren. Der Umsatz der inländischen Hersteller von Mikrochips wird nach Schätzungen 2009 um knapp ein Viertel schrumpfen. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf Qimonda bleiben. Das Geschäftsjahr, das am 30. September 2008 endete, hat Qimonda wahrscheinlich mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Euro beendet.