Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben unsere Lehren aus der Krise gezogen und werden alles daransetzen, wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit wieder miteinander zu verbinden. Das ist die Politik der sozialen Marktwirtschaft.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Das heißt für uns auch: starke Mitbestimmung und soziale Partnerschaft. Ohne sie ist soziale Marktwirtschaft nicht denkbar. Es kommt darauf an, dass niemand zurückgelassen wird,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

denn die Gesellschaft zusammenzuhalten ist mehr denn je unsere Aufgabe. Deshalb dürfen wir nicht nur einen Schutzschirm für Banken, sondern müssen ihn auch für den Mittelstand und die Arbeitsplätze aufspannen.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Es ist verwunderlich, wenn einige Banken schon wieder Milliardengewinne bekannt geben, aber gleichzeitig ihre wertlosen Schrottpapiere auf Kosten der Steuerzahler in einer Bad-Bank unterbringen wollen. Hier passt vieles nicht zusammen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das liegt am Steinbrück! – Zurufe der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion, und Jürgen Gansel, NPD)

Immer mehr Menschen fordern eine Ordnung, die wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit verbindet. Hier liegen die großen Chancen auch für den Freistaat Sachsen.

(Zurufe der Abg. Dr. André Hahn und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Wenn wir den von Thomas Jurk eingeschlagenen Weg weitergehen, ist diese Ordnung auch erreichbar. Deshalb muss auch diese sozialdemokratische Handschrift noch erkennbarer werden.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Erstens mit ökologischer Industriepolitik. Ökologische Industriepolitik wird ein Wachstumstreiber des 21. Jahrhunderts werden.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Deshalb ist sie ein wesentlicher Faktor in einer Zukunftsstrategie für den Freistaat. Ökologische Industriepolitik ist ein Ansatz, um ökonomische Vernunft mit ökologischem Verantwortungsbewusstsein zu verbinden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das war jetzt ein Sprachspiel!)

Umwelttechnik hat sich dabei zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt. Im globalen Wettbewerb werden jene Länder und Regionen vorn liegen, die bei den Effizienztechnologien, den erneuerbaren und alternativen Energien und dem Rohstoffrecycling führend sind. Wir haben dafür gesorgt, dass Sachsen in diese Bereiche investiert und somit dauerhafte Arbeitsplätze entstanden sind.

Für eine positive wirtschaftliche Entwicklung werden Human- und Umweltkapital sowie Energiekosten zu entscheidenden Produktionsfaktoren. Deshalb stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für diesen Gesamtansatz, der Wirtschafts- und Umweltpolitik miteinander verbindet. Damit wird der Freistaat Sachsen ökonomisch und ökologisch zum Vorreiter. Allein in den letzten Jahren sind in dem Bereich circa 7 000 hoch produktive und innovative Arbeitsplätze entstanden. Nach aktuellen Prognosen werden allein in den nächsten Jahren

mindestens 24 500 weitere Arbeitsplätze entstehen können. Unser Ziel ist es, den Freistaat Sachsen in den kommenden zehn Jahren durch gezielte Ansiedlung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen zum Zentrum von Umwelt- und Energietechnik zu machen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das sollte schon in den letzten 20 Jahren passieren!)

Zweitens mit guter Arbeit und gerechten Löhnen für alle. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist für uns das Hauptanliegen im Bereich der sozialen Gerechtigkeit und der Teilhabe an der Gesellschaft. Wir sind nicht bereit, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern werden sinnvolle Beschäftigung unterstützen. Mit unserem Projekt „Kommunal-Kombi“ wurde der Einstieg in den sozialen Arbeitsmarkt gemacht. Kein anderes Bundesland gibt so viel Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik aus wie Sachsen.

(Vereinzelt Beilfall bei der SPD und Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Herr Bolick, wir sind damit zufrieden.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Wir werden bis Ende dieses Jahres 6 300 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze – und damit den Menschen wieder eine echte Chance auf Teilhabe am sozialen Leben und eine Arbeit, von der man leben kann –, geschaffen haben. Wer arbeitet, muss so viel verdienen, dass er seine Familie ernähren kann. Wenn Firmen aber weit unter Tarif bezahlen oder Lohn- und Zeitarbeit zu modernen Lohnsklaven werden, müssen wir handeln.

Staatsminister Thomas Jurk hat aktiv die Ausweitung der Mindestlohnregelung auf weitere Teilbranchen unterstützt. Das wollten Sie natürlich nicht sehen, Frau Lay.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Dennoch halten wir an unserer Forderung fest: Sachsen und Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten knapp fünf Jahren

(Zurufe der Abg. Dr. André Hahn und Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Sachsen moderner, innovativer und leistungsfähiger gemacht. Thomas Jurk hat als Wirtschafts- und Arbeitsminister dazu einen großen Teil beigetragen.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Deshalb wird Sachsen die wirtschaftliche Krise auch gut überstehen, denn wir geben sozialdemokratische Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wir werden uns weiter für nachhaltiges Wirtschaften im Rahmen der ökologischen Industriepolitik einsetzen. Wir stehen für gute Arbeit statt Billiglöhnen und Abschaffung von

Mitbestimmung und Kündigungsschutz. Wir sind die Garanten für mehr Bildung und Forschung in Sachsen.

(Vereinzelt Beilfall bei der SPD und Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Ganz anders würde es aussehen, wenn in Sachsen eine schwarz-gelbe Koalition regieren würde. Schwarz-Gelb ist nun einmal das Modell von gestern. Die Konservativen und Marktradikalen wissen das selbst. Ihr Programm – Steuersenkung, schwacher Staat, freies Spiel der Märkte – ist eine Vorstellung von der Welt, die gerade krachend gescheitert ist.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Es gibt in Sachsen auch keine Mehrheit für diese Koalition. Herr Zastrow und auch Herr Flath trommeln zwar schon eine ganze Weile dafür, und manche eigene, selbst bezahlte Umfrage gibt ihnen recht;

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Was wollt ihr denn?)

aber die Zeichen der Zeit gehen in eine ganz andere Richtung. Nicht die Ansätze von vorgestern brauchen wir für eine positive Zukunft, sondern eine Renaissance einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik, die auf staatliche Intervention und Anreize für eine höhere Nachfrage setzt. Der maßlose Kasino-Kapitalismus hat sein Ende gefunden. Wir stehen für diese nachhaltige und sozial gerechte Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in Sachsen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir auch!)

Thomas Jurk ist als Wirtschafts- und Arbeitsminister der Garant dafür.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Im Wirtschaftsministerium gab man nur zögerlich den Titel der Fachregierungserklärung bekannt und wollte die Opposition wohl etwas im Unklaren lassen, worüber Sachsens oberster Krisenverwalter denn nun sprechen würde. Der floskelhafte Titel lautet nun: „Antworten auf die Konjunkturkrise – Innovation als Motor für Wachstum und gute Beschäftigung“. Die Redenschreiber des Ministeriums dürften aufgeatmet haben, brauchten sie ihre altbekannten Satzbausteine doch nur etwas zu variieren und mit ein paar Gute-Laune-Parolen aufzupeppen. Das hervorstechendste Merkmal der Ministerrede ist deshalb wieder einmal die Mischung aus gähnender Inhaltsleere und krasser Problemverdrängung.

Wie soll man aber auch eine Wirtschaftspolitik in Krisenzeiten verkaufen, die gar keine gestaltende und zupackende Wirtschaftspolitik ist? Statt Visionen für einen grund

legenden Politikwechsel zu entwickeln, der sich an den wirtschaftlichen und sozialen Interessen von Volk und Land orientiert, bot der Staatsminister nichts als Wortgeklingel. „Innovation“ hat er nun als Motor für Wachstum und Arbeitsplätze ausgemacht. Wie Hohn muss das für die Mitarbeiter von Qimonda klingen, die jetzt den Weg in die Arbeitslosigkeit antreten, weil sich die ordnungspolitischen Geisterfahrer der Staatsregierung weigern, deren hochinnovative Arbeitsplätze durch staatliches Engagement zu stützen.

Viel war von Minister Jurk über den Segen landeseigener Konjunkturprogramme zu hören. Doch wenn man sich die „Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur im Freistaat Sachsen“ ansieht, stellt man erstaunt fest, dass viele der Programme bis zum 31.12.2009 befristet sind, zum Beispiel das Mittelstands-Stabilisierungsprogramm oder das Programm „BBS Liqui“ zur Liquiditätssicherung für mittlere und kleinere Unternehmen. Die Befristung dieser Programme bis Ende 2009 lässt vermuten, dass die Staatsregierung ernsthaft glaubt, der größte Konjunktureinbrauch der deutschen Nachkriegsgeschichte sei in wenigen Monaten schon ausgestanden. Diese Einschätzung lassen aber nicht einmal die vom Ministerium selbst veröffentlichten Zahlen zu. Im Baugewerbe, in der Industrieproduktion, im Groß- und Einzelhandel und anderswo sind sachsenweit Umsatzeinbrüche und Stellenabbau zu beklagen.