Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

ausufernden zweiten Arbeitsmarkt mit öffentlicher Finanzierung – nach Vorstellung der Linken – in einer Größenordnung initiiert, die eine reguläre Beschäftigung kaum noch attraktiv macht und zu sozialen Verwerfungen führt,

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

die im Hinblick auf das individuelle Bildungsniveau des Einzelnen und dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gerechtfertigt ist.

Mit dem massiven Mittelansatz im Haushalt des SMWA zum Kommunal-Kombi befürchten wir das. Der Minister hat es gelobt – wir sehen es etwas anders. Von circa 9 000 Stellen in Deutschland entfallen mittlerweile circa 3 500 auf Sachsen. Damit haben wir zwar einen Spitzenplatz; aber ich wünsche mir Spitzenplätze eigentlich woanders.

(Beifall der Abg. Steffen Flath, CDU, und Stefan Brangs, SPD)

Das ist für mich eine echte Disproportion und diese Plätze konzentrieren sich vor allem auf die Städte Leipzig und Zwickau. Wir dürfen natürlich nicht dahin kommen, überdimensionierten Kommunalunternehmen mittels des Kommunal-Kombis hoch subventionierte Arbeitskräfte zuzuführen. Das kann nicht die Lösung der Krise sein,

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

und ich bin mir sicher, wie die Handwerksmeister vor Ort darauf reagieren werden.

Ein abschließendes Wort sei mir noch zu der Frage Investitionsfähigkeit unserer sächsischen Wirtschaft gestattet. Sachsens Unternehmen verfügen über eine hohe Innovationskraft und werden in vielen Bereichen durch Förderprogramme und die Möglichkeiten unserer Hochschulen und Universitäten, aber auch durch vielfältige Forschungsinstitute unterstützt. Wir müssen diesen Willen unserer Unternehmen, Forschungsergebnisse und Technologien für ihren Wettbewerbsvorteil zu nutzen, auch weiterhin unterstützen. Besonders im Bereich der einzelbetrieblichen Forschung und Entwicklung, aber auch der Verbund-FundE muss es uns gelingen, nicht nur in den Hochtechnologien unseres Freistaates sinnvolle Projekte in sächsischen Unternehmen zu fördern, sondern auch unsere Technologiezentren liegen mir hier am Herzen. Die Technologiezentren haben diese Aufgaben in den letzten Jahren sehr gut begleitet.

(Heiterkeit des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Leider sind sie seit mehr als zwei Jahren durch die gegen den Sachverstand veränderten Förderbedingungen von dieser Aufgabe fast völlig ausgeschlossen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, sehr schlimm!)

Wenn wir über die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft reden, brauchen wir aber genau diese Technologiemittler wieder aktiv im Prozess. Deshalb fordern wir die zugesagte Unterstützung unserer sächsischen Technologiezentren bei der Vorbereitung entsprechender Techno

logietransferprojekte und Maßnahmen im Bereich der Verbund-FundE. Hier liegen seit Jahren ursprüngliche Innovationsvorteile vollständig brach.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen ist insgesamt auch in der Krise gut aufgestellt und kann gemeinsam mit dem sächsischen Mittelstand Chancen für die Zeit nach der Rezession ergreifen. Wir werden unsere Wirtschaft nachhaltig unterstützen und Rahmenbedingungen schaffen, die Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung sichern. Hierbei sind wir auf einem guten Weg und werden diesen auch weiterhin konsequent fortsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort; Herr Dulig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab gestern eine gewisse Aufregung, wie ich zumindest medial verfolgen konnte, dass es so viele Regierungserklärungen gibt. Die Aufregung habe ich nicht verstanden – das ist doch die Gelegenheit, sich über Politik auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Stefan Brangs, SPD – Zurufe von der Linksfraktion)

Die Kritik kommt doch nur daher, dass man keine Antworten hat, und das hat man genau an Ihrer Rede, Frau Lay, gemerkt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie sind am Ende nach fünf Jahren!)

Denn wenn Sie der Rede von Thomas Jurk tatsächlich zugehört haben, dann kommt man zu einem anderen Ergebnis. Fünf Jahre mit einem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister machen einen gravierenden Unterschied.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wo denn?)

Das kann man zum Beispiel am Ministerium selbst sehen.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Bis 2004 war dieses Ministerium ein reines Wirtschaftsministerium. Was bis dahin immer vergessen wurde: Der Wirtschaftsminister ist auch ein Arbeitsminister.

(Zuruf von der Linksfraktion: Was?)

Dieser Aspekt hat vorher keine Rolle gespielt. Da wurden nur rote Teppiche für Investoren ausgerollt und Betriebsräte eher als notwendiges Übel betrachtet. Heute besteht ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Minister und Gewerkschaften. Es gibt ein offenes Ohr für die Belegschaft von Unternehmen.

Fünf Jahre sozialdemokratisch geführtes Ministerium bedeuten auch eine gute Wirtschaftsbilanz. Vier Jahre der Amtszeit waren von einer außergewöhnlichen Entwicklung geprägt: Sinkende Arbeitslosenzahlen und starkes Wirtschaftswachstum haben diese Jahre bestimmt. Sach

sen war beim Wirtschaftswachstum an der Spitze aller Bundesländer.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Na!)

Man könnte sagen: Da war es einfach, Wirtschaftsminister zu sein. Aber Thomas Jurk hat es sich nicht einfach gemacht und den Dingen ihren Lauf gelassen. Wir haben den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder seine Lebenschancen verwirklichen kann. Sozialer Aufstieg muss für alle möglich sein. Thomas Jurk selbst steht glaubhaft für diesen Weg.

Natürlich ist Wachstum weiterhin notwendig. Es kommt aber darauf an, was wächst und wo etwas wächst. Auch hier haben wir entscheidende Weichen gestellt, und das ist in der Rede von Thomas Jurk auch deutlich geworden.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Wir haben mit der Weichenstellung nicht nur aus sozialdemokratischer Perspektive das Richtige getan. Die aktuelle Krise zeigt: Blindes Vertrauen in Wachstum und in Märkte ohne Regeln hat letztlich katastrophale Folgen. Diese Folgen spüren wir auch in Sachsen überall. Die Weltfinanzwirtschaft und – mit etwas Zeitverzögerung – die Weltwirtschaft haben einen Systeminfarkt erlitten. Die Krise lehrt uns, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Wir müssen genauer hinsehen. Mit dem Systeminfarkt ist ganz offensichtlich geworden, dass sich Märkte eben nicht am besten selbst regulieren und auf staatliche Koordination verzichten können.

Wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit sind für uns die zwei Seiten derselben Medaille. Wer über Ordnungspolitik redet, der darf nicht über Insolvenz und Marktbereinigung reden. Ordnungspolitik heißt nicht nur Deregulierung, Privatisierung und Steuersenkung. Wer heute über Opel, Märklin oder Schiesser im Bund oder Qimonda, Palla oder Enka in Sachsen spricht, der spricht nicht nur über Absatzzahlen und Bilanzen, sondern auch über die Zukunft von Tausenden Menschen und ihrer Familien.

Ordnungspolitik heißt deshalb für uns: Kampf für neue Chancen und Kampf um jeden einzelnen Arbeitsplatz.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der Staatsregierung)

Was müssen wir tun, um das System vor Krisen zu schützen? Erstens. Die Märkte brauchen Spielregeln, die sie selbst nicht schaffen können. Zweitens. Der Markt allein schafft keine Gerechtigkeit und keine Solidarität. Deshalb brauchen wir den solidarischen und handlungsfähigen Sozialstaat.

(Höhnisches Lachen des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Drittens. Das Streben nach Wachstum um jeden Preis ist falsch. Es geht um Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Wir setzen dem blinden Streben nach immer Mehr eine Innovationsstrategie mit den zentralen Ansätzen Ressourceneffizienz und Innovation entgegen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Gerade in den Zeiten der Krise kommt es auf Mut und Selbstvertrauen an. Es gibt keinen Grund, jetzt in Furcht zu erstarren. Wir können voller Zuversicht in die Zukunft schauen. Wir haben in den vergangenen Jahren durch unsere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik die richtigen Weichen gestellt und wichtige Veränderungen eingeleitet, um den Freistaat zukunftsfähig zu machen.

Aufgrund der Zeit möchte ich mich auf wenige Schwerpunkte konzentrieren. Erstens. Wir haben in der EUFörderpolitik umgesteuert. Im Rahmen der EU-Förderung haben wir nicht länger nur in Beton investiert, sondern vor allem in die Köpfe. Zweitens. Wir stärken regionales Wachstum. Die einseitige Ausrichtung auf zentrale Leuchttürme wurde zugunsten regionaler Wachstumskerne und regionaler Wirtschaftskreisläufe geändert, zum Beispiel mit dem Programm „Regionales Wachstum“. Drittens. Wir haben eine aktive Arbeitsmarktpolitik eingeführt. Durch den sozialen Arbeitsmarkt – Stichwort Kommunal-Kombi – konnten Tausende Langzeitarbeitslose wieder in die Gesellschaft integriert werden. Viertens. Wir haben Forschung und Entwicklung ausgebaut. Wir haben gemeinsam mit der Koalition den Ausbau der sächsischen Forschungslandschaft vorangetrieben. Diese Entwicklung haben wir durch einen Innovationsfonds und einen Hightech-Gründungsfonds nachhaltig vorangebracht.

Dies alles haben wir bei einem ausgeglichenen Haushalt geschafft, der uns nun auch einen gewissen Spielraum für die Zukunft einräumt. Gleichzeitig haben wir in die Zukunft investiert:

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wo?)

in Gemeinschaftsschulen, Kitas, kostenfreies Vorschuljahr. Es gibt also keinen Grund zu Furcht und Angst, für übertriebene Schwarzmalerei. Wir sind gut aufgestellt. Wenn wir die begonnenen Weichenstellungen fortsetzen, werden wir gestärkt aus der Krise hervorgehen können.

(Jürgen Gansel, NPD: Amen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben unsere Lehren aus der Krise gezogen und werden alles daransetzen, wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit wieder miteinander zu verbinden. Das ist die Politik der sozialen Marktwirtschaft.