Protokoll der Sitzung vom 15.05.2009

Ich bin Herrn Staatsminister Kupfer aber auch dankbar, dass er neben den Kindertageseinrichtungen die Kindertagespflege mit angesprochen hat. Das ist ein Thema, das uns am Herzen liegt, weil es ein sehr flexibles familiennahes Angebot ist, zum Beispiel für eine Verkäuferin oder eine Bäuerin, die schwierige Arbeitszeiten hat, vielleicht um vier oder fünf Uhr anfängt, und nicht in der Lage ist, einen Kindergarten aufzusuchen, weil der noch geschlossen ist.

Deswegen ist es in der Tat eine Möglichkeit, die Kinderbetreuung auf dem Land so zu organisieren. Es ist natürlich auch ein Arbeitsplatz, der damit entsteht, denn die Kindertagesmutter wird ja dann bezahlt.

Mein Wunsch wäre, dass es noch mehr Gemeinden gebe, die Kindertagespflegestellen in die Bedarfspläne aufnehmen, und dass man die Eltern einfach mal fragt: Was wollt ihr für eine Kinderbetreuung haben? Wollt ihr eine Krippe haben? Das ist vollkommen in Ordnung. Wollt ihr eine Kindertagespflegestelle haben? Darüber freuen wir uns auch. – Bitte schön, lasst die Eltern entscheiden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein zweites wichtiges Thema aus dem Sozialbereich wurde angesprochen, das ist die medizinische Versorgung. Nun hat Frau Altmann diese nur auf das Krankenhaus beschränkt. Ich halte das für einen Fehler. Wir haben sehr viele Ärzte – Hausärzte, niedergelassene Ärzte –, die sich im ländlichen Raum engagieren. Wir waren das erste Bundesland, das sich mit dem Thema Ärztemangel 2004 beschäftigt hat, das erste Bundesland, dass die Initiative aufgegriffen und darüber gesprochen hat: Wie können wir der Unterversorgung im ländlichen Raum begegnen? Wie können wir unsere Hausärzte und niedergelassenen Ärzte, Fachärzte, die wir haben, stärken?

Ich will Ihnen ein paar Elemente vortragen, was bei uns dazugehört. Wie können wir die Hausärzte und die Fachärzte stärken? Dort haben sich Frau Staatsministerin Clauß und auch ihre Vorgängerin sehr stark eingebracht, und zwar bei den Stipendien. Denjenigen, die Medizin studieren wollen, haben wir gesagt: Wenn ihr in eine unterversorgte Region geht, dann bekommt ihr während des Studiums ein Stipendium.

Wir haben das Schwester-AGnES-Modell – das ist schon angesprochen worden –, bei dem wir jetzt in die Regelfinanzierung übergehen und wo die Schwestern dem Arzt Aufgaben abnehmen können.

Wir haben ein ähnlich gelagertes Modell, das sogar mehr in Anspruch genommen wird. Das sind die sogenannten Versorgungsassistenten des Hausarztes. Davon sind in Sachsen mittlerweile 90 ausgebildet. Sie können dem Arzt Tätigkeiten, die dieser sonst übernommen hätte, abnehmen und den Arzt in seiner Arbeit unterstützen.

Wir haben ja nicht das Problem, dass wir sagen müssen, dass die Zahl der Ärzte in letzter Zeit gesunken ist, sondern sie ist seit 1990 kontinuierlich gestiegen. Allerdings müssen die Ärzte Tätigkeiten verrichten, die zum Teil auch von anderen übernommen werden könnten. Die Ärzte werden also zum Teil mit Bürokratie überlastet.

Lassen Sie mich fortsetzen. Wir haben finanzielle Anreize bei der Praxisübernahme für diejenigen geschaffen, die sich in Bereichen niederlassen, in denen es eine Unterversorgung gibt.

(Zuruf von der Linksfraktion)

Das kommt darauf an. Dazu gibt es verschiedene Annahmen. Aber dieses Modell wird auch angenommen, natürlich. Ich denke nur an den Bereich, aus dem der Minister kommt. Dort hat man die Möglichkeit geschaffen, die Versorgung wieder sicherzustellen.

Wir haben die Hausärzte am Förderprogramm für Investitionskosten kleiner und mittelständischer Unternehmen beteiligt. Dort kann ein Arzt bis zu 200 000 Euro Investitionskosten bekommen. Eine Arztpraxis ist letzten Endes auch ein kleines Unternehmen, das Beschäftigte vorhält, und sollte deshalb auch wie ein Unternehmen behandelt

werden. Außerdem gibt es zinsvergünstigte Darlehen aus dem Programm zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung. Wenn also eine Niederlassung in einem offenen Planungsgebiet erfolgt, kann man zinsvergünstigte Darlehen in Anspruch nehmen. Das ist wichtig, weil die Ausstattung einer Arztpraxis natürlich auch „ein bisschen Geld“ kostet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich konnte Ihnen zeigen, dass wir in Sachsen gut aufgestellt sind. Die Staatsregierung ist sehr engagiert, wenn es darum geht, Ärzte auf das Land zu bringen und dort zu halten. Wir werden die Staatsregierung auf diesem Weg unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Herr Dr. Rößler?

(Dr. Matthias Rößler, CDU: Nein!)

Meine Damen und Herren, dann stelle ich fest, dass die Aussprache zur Fachregierungserklärung beendet ist. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, dass wir den Tagesordnungspunkt 2, dessen Aufnahme heute Morgen beschlossen worden ist, jetzt anschließen.

Ich rufe also auf

Tagesordnungspunkt 2

Bericht der Staatsregierung zu den Steuerschätzungen 2009

Zur Vorabinformation: Es wurden folgende Redezeiten für die Fraktionen zur Aussprache vereinbart: CDU 16 Minuten, Linksfraktion 12 Minuten, SPD 7 Minuten, NPD 5 Minuten, FDP 5 Minuten, GRÜNE 5 Minuten.

Ich übergebe nun das Wort an den Staatsminister der Finanzen, Herrn Prof. Unland.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit gestern Nachmittag liegen die Ergebnisse der Steuerschätzung vor, und ich möchte Sie über die wichtigsten Eckpunkte informieren und auf das hinweisen, was in den nächsten Tagen noch passieren wird.

Zunächst möchte ich die Differenzen zwischen den Schätzungen, die im letzten Jahr, nämlich im November 2008, vorlagen, und den Schätzungen, die gestern veröffentlicht wurden, aufzeigen. Danach müssen wir im Jahr 2009 insgesamt mit Mindereinnahmen von 45 Milliarden Euro rechnen. Davon entfallen auf die Bundesländer 16,5 Milliarden Euro und auf die Kommunen 7,6 Milliarden Euro.

Gestatten Sie mir, dass ich eine kurze Analogie treffe: Die Länder sind mit 16,5 Milliarden Euro dabei. Das ent

spricht dem sächsischen Haushalt. Damit müssen sämtliche Bundesländer in diesem Jahr fertig werden.

Die Zahlen im nächsten Jahr sehen dramatischer aus. Im Jahr 2010 rechnen wir mit 84,7 Milliarden Euro Mindereinnahmen. Davon entfallen auf die Länder 33,4 Milliarden Euro – das ist zweimal der sächsische Haushalt – und auf die kommunale Ebene 10,7 Milliarden Euro.

Die Steuermindereinnahmen setzen sich aus zwei großen Komponenten zusammen. Da sind zum einen die Steuerrechtsänderungen – sie machen etwa ein Drittel der Gesamtsumme aus – und zum anderen als größter Effekt die Konjunkturabschwünge, die wir bundesweit inzwischen merken. Deshalb möchte ich den Konjunkturabschwung näher beleuchten.

Im November 2008 sind wir noch davon ausgegangen, dass wir ein Wirtschaftswachstum in Deutschland von 0,2 % haben werden. Im Januar dieses Jahres – Sie erinnern sich – hat der Bund einen Nachtragshaushalt verabschiedet. Dort ging man schon von einem Wirtschaftsabschwung von 2,25 % aus.

Die Lage hat sich seitdem dramatisch geändert. Der jetzigen Mai-Schätzung liegt ein Konjunktureinbruch von

6,0 % zugrunde. Damit haben wir seit dem Zweiten Weltkrieg den mit Abstand stärksten Konjunktureinbruch. Sie erinnern sich vielleicht an das Jahr 1975, das Jahr der ersten Ölkrise. Damals hatten wir einen Konjunktureinbruch von „nur“ – so muss man inzwischen sagen – 0,9 %. Die jetzige Schätzung, vom Mai, geht von 6,0 % aus.

Auf der anderen Seite – Sie sehen das an der dynamischen Entwicklung der Zahlen – ist die Situation extrem volatil. Wenn man sich anschaut, wie sich die verschiedenen Wirtschaftsforschungsinstitute verhalten, stellt man fest, dass selbst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung dazu übergegangen ist, keine Konjunkturprognosen für 2010 mehr abzugeben, obwohl es eigentlich dafür bezahlt wird. So sieht zurzeit die Situation aus.

Ich habe gestern formuliert: Wir müssen darauf reagieren, dass die Situation mehr als undeutlich ist. Ich habe gesagt, dass wir deshalb den Haushalt 2009/2010 auf Sicht fahren werden. Das heißt, wir müssen uns darauf einstellen, möglichst schnell reagieren zu können, wenn sich die Zahlen eventuell weiter verschlechtern oder auch verbessern.

Was bedeutet das jetzt für den sächsischen Haushalt 2009/2010? Wir können die vorliegenden Zahlen, die ich eben genannt habe, nicht pauschal auf unseren Haushalt übertragen. Wir müssen eine detaillierte Regionalisierung durchführen. Warum das so ist, möchte ich kurz erläutern, und ich werde Ihnen vier Gründe dafür nennen.

Erstens: Wir haben bei der Aufstellung des Haushalts eine andere Basis für die konjunkturelle Entwicklung angenommen. Sie erinnern sich, dass bei der NovemberSchätzung von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 % ausgegangen wurde. Wir haben damals mitten in der Diskussion über den neuen Doppelhaushalt die Zahl deutlich nach unten revidiert. Als Basis haben wir damals minus 0,8 % angenommen. Damals bin ich gescholten worden, dass ich so pessimistisch sei.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Aber nicht von uns!)

Heute muss ich eingestehen, dass das immer noch dazu optimistisch war.

Das Zweite sind Steuerrechtsänderungen. Wir haben in unserem Doppelhaushalt Steuerrechtsänderungen berücksichtigt. Wir haben die Pendlerpauschale, die allein hier in Sachsen aufgrund eines richterlichen Beschlusses in Höhe von über 30 Millionen Euro ausgezahlt werden musste, in den Doppelhaushalt eingepreist. Wir werden jetzt analysieren müssen, welche Steuerrechtsänderungen nicht eingepreist waren und welche berücksichtigt sind. All das muss in den kommenden Tagen noch analysiert werden.

Der dritte Grund sind Sonderbelastungen. Auch hier haben wir in unserem Doppelhaushalt die gerade beschlossenen Tariferhöhungen eingepreist, sodass diese neutral bezüglich der Haushaltsstruktur aufzufassen sind.

Der vierte Grund sind spezielle Einflüsse. Hier haben wir in Sachsen, im Gegensatz zum Beispiel zu Bayern, demografische Einflüsse zu berücksichtigen.

Wir werden diese vier Bereiche in den nächsten Tagen analysieren. Wir werden die Ergebnisse in Bezug auf unseren Doppelhaushalt berücksichtigen. In etwa zwei Wochen kann ich Ihnen dann detailliert sagen, welche Einflüsse auf unseren Doppelhaushalt durchschlagen werden. Aber – das kann ich jetzt schon sagen – wir werden erhebliche Einbrüche sehen. Das betrifft auch unseren Doppelhaushalt, so konservativ wir ihn auch aufgestellt haben.

Das heißt, wir werden handeln müssen. Ich möchte drei Bereiche nennen, die wir anpacken müssen.

Das Erste sind Haushaltsrücklagen. Wir hatten in den letzten zwei Jahren eine sehr gute Konjunktur. Wir haben deshalb Haushaltsrücklagen ansparen können. Sie wissen – Sie haben vielleicht den Haushalt noch vor Augen –, wir haben 370 Millionen Euro zurückgelegt.

Zweitens. Wir hatten im Jahr 2008 zahlreiche Projekte, die wir noch nicht abschließen konnten. Das ist das sogenannte Übertragungsverfahren. Projekte, die im letzten Jahr begonnen worden sind, laufen noch in dieses Jahr hinein und müssen bezahlt werden. Dazu haben wir Gelder aus dem Jahr 2008 in das Jahr 2009 übertragen. Wir werden in sogenannten Resteverfahren diese Gelder dann teilweise für Rechnungen ausgeben. Zurzeit verfolgen wir die Entwicklung sehr intensiv. Nach meinem Gefühl wird einiges an Geld übrig bleiben, das wir im Jahr 2009 für Projekte aus dem Jahr 2008 nicht benötigen. Der Abschluss dieses Resteverfahrens wird in den nächsten zwei, drei Wochen erfolgt sein, sodass ich Ihnen dann auch genau erklären kann, wie viele Gelder wir vielleicht für die Deckung des jetzigen Haushalts nutzen können.

Allerdings sind die Einbrüche so stark, dass wir – drittens – Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen ergreifen müssen. Dabei wird jedes Ressort gefordert sein, allerdings unter einer Maßgabe, nämlich dass wir die Investitionen auf hohem Niveau beibehalten müssen. Ich glaube, es wäre jetzt das falsche Signal an die sächsische Wirtschaft, wenn wir die Investitionen absenken würden. Sie wissen, wir haben allein im Doppelhaushalt in diesem Jahr 3,5 Milliarden Euro an Investitionen vorgesehen. Im nächsten Jahr sind es rund 3,3 Milliarden Euro. Dieses Niveau wollen wir beibehalten, um die sächsische Wirtschaft zu stützen.

(Starker Beifall bei der CDU)

Hinzu kommt, dass wir gerade dass Konjunkturprogramm II unterschrieben haben. Es läuft gerade an. Auch hier sind Mittel erforderlich, auch hier ist es angebracht, diese Mittel auszureichen, um die sächsische Wirtschaft zu stützen.

Um es kurz zusammenzufassen: Ich werde Ihnen in etwa zwei Wochen Zahlen vorlegen können, wie es in diesem und im nächsten Jahr aussehen wird. Die Maßnahmen werde ich – das verstehen Sie – zunächst im Kabinett mit