Neben einer unverständlichen Sprache sind es Dinge wie Ausflüchte, Abschweifungen oder Hinhaltetaktiken, die junge Menschen einfach abschrecken.
Auf der anderen Seite finden wir sehr wohl politisches Engagement bei konkreten, das Leben der jungen Menschen betreffenden Themen vor, und zwar nicht nur im egoistischen Sinne, sondern auch bei globalen Problemen.
Der Zugang von Jugendlichen zur Politik ist erlebnishaft. Dem muss die etablierte Politik auch entgegenkommen. Die Teilnahme zum Beispiel an einer Demonstration gegen Krieg oder an Unterschriftensammlungen sind für junge Menschen konkret erfahrbare Prozesse. Daran besteht auch ein hohes Interesse. Politik muss Spaß machen, aber nicht Spaß im negativen Sinne, der nur Party und Konsum bedeutet, sondern Politik muss Raum bieten für Spontaneität und Lebendigkeit, für Humor und Sinnhaftigkeit. Herr Krauß, so gewinnt man junge Menschen für Politik und politisches Engagement.
Ich komme zum vorgelegten Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN. Erstens finde ich es sehr schön, dass Sie viele Ideen aus dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf übernommen haben, so die Festschreibung der konkreten Rechte für Kinder und Jugendliche in die Sächsische Verfassung, ebenso die Absenkung des Wahlalters, auch wenn wir einen Schritt weitergehen wollten, aber der Schritt an sich ist natürlich richtig. Auch die Einbeziehung der jungen Menschen in alle sie betreffenden Planungen, Vorhaben und Entscheidungen ist längst überfällig.
Das hieße dann, dass junge Menschen endlich nicht mehr auf die Gutmütigkeit und das Entgegenkommen der kommunalen Verwaltungen angewiesen sind. Wie gesagt, das ist ein längst überfälliger Schritt. Dem können wir nur zustimmen.
Aber um ein umfängliches Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen vorzulegen, fehlen mindestens noch zwei Punkte. Erstens sehen Sie keine eigenständige Regelung für die Unterstützung und Einrichtung eigener politischer Interessenvertretungen vor. Ich spreche hier ausdrücklich nicht von den sogenannten Jugendparlamenten, sondern gerade von offenen, projektorientierten Formen, die – Frau Herrmann, Sie haben es angesprochen – eben auch eine größere Schicht an jungen Menschen erreichen können und keine bloße Kopie von Erwachsenenpolitik sind.
Wir hatten in unserem Gesetzentwurf eine entsprechende Regelung vorgeschlagen, die den jungen Menschen die Wahl der passenden Form offengehalten hätte.
Zweitens wollen Sie das sächsische Kita-Gesetz ändern. Das ist an dieser Stelle sicherlich sinnvoll. Konsequenterweise hätten Sie aber – das habe ich im Ausschuss schon deutlich gemacht – auch das Landesjugendhilfegesetz ändern müssen. Denn eben gerade da, wo sich junge Menschen bewegen, nicht nur in der Kita, sondern im gesamten Bereich der Jugendhilfe, muss Mitbestimmung gewährleistet werden. Gerade die Jugendhilfe – wir haben das ja bei den Debatten zum Dritten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht gehabt – soll in Zukunft stärker als bisher als Bildungsakteur in Erscheinung treten, ähnlich wie es in den letzten Jahren mit der Kita passiert ist. Ich hätte da schon ein klares Statement von Ihnen erwartet.
Ja, dennoch wollen wir uns auch bei dieser Kritik dem Grundanliegen natürlich nicht verschließen. Wir werden der Initiative unsere Zustimmung geben. Kinder und Jugendliche müssen endlich aus ihrem Objektstatus befreit werden. Sie sind Subjekte der Politik, also behandeln wir sie auch endlich so!
Legen wir den jungen Menschen nicht weiter Steine in den Weg, sondern befördern wir politisches Engagement da, wo es keimt, wo es vorhanden ist! Es kann schließlich kein Ziel des Sächsischen Landtages sein, Menschen von Politik abzuhalten.
Die SPD hat keinen Redner gemeldet, die NPD ebenfalls nicht. Die FDPFraktion; Frau Schütz. Nehmen Sie sich Zeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch die FDPFraktion befürwortet selbstverständlich eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen. Wir hatten im April 2006 einen entsprechenden Gesetzentwurf in diesem Hohen Hause selbst eingebracht in der Hoffnung auf eine breite Zustimmung.
Die Hoffnung war damals nicht unberechtigt, da CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag 2004 eine klare und unmissverständliche Vereinbarung getroffen hatten. Sie lautete – ich zitiere –: „Junge Menschen sollen verstärkt die Möglichkeit haben, sich aktiv und eigenverantwortlich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen und ermutigt werden, sich mit allen politischen Fragen zu beschäftigen.“
Leider stimmten dann im Januar 2007 CDU und SPD unserem Gesetzentwurf nicht zu. Trotz einer bemerkenswerten Rede von Frau Kollegin Weihnert knickte die SPD am Ende ein und erfand hierfür einen interessanten neuen Ablehnungsgrund: technische Gründe; sie wurden gerade zitiert. Was die CDU betraf, muss ich nach dem heutigen Redebeitrag von Herrn Krauß auch wieder feststellen: Die
(Beifall des Abg. Prof. Dr. Andreas Schmalfuß, FDP, bei der Linksfraktion und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)
Die Redebeiträge von Herrn Prof. Schneider und Herrn Schiemann 2007 zu unserem damaligen Gesetzentwurf waren offenbar kein Ausrutscher, wie Herr Krauß das heute bestätigte. Konservativ sein heißt für die CDU in Sachsen anscheinend immer noch, am besten alles so zu lassen, wie es ist, gesellschaftliche Realitäten schlichtweg zu ignorieren. Dazu kann ich den Kollegen nur sagen: Machen Sie einfach so weiter, die Quittung haben Sie ja bei den Kommunalwahlen in diesem Jahr schon erhalten.
„Es ist ein schlechter Witz, einerseits das Desinteresse der Jugend an der Politik zu beklagen und sie andererseits von der politischen Mitentscheidung fernzuhalten.“ Das sind nicht meine Worte, sondern es waren die Worte von Frau Weihnert 2007, und diese Kritik von ihr, an die CDU-Fraktion gerichtet, damals insbesondere an Herrn Schneider in der Debatte zu unserem damaligen Gesetzentwurf, ist aktueller denn je.
Herr Krauß verwies in unserer heutigen Debatte auch wieder auf die Jugendarbeit in Sport- und Kulturverbänden, Vereinen und Jugendfeuerwehren. Das ist selbstverständlich wichtig, keine Frage. Dies alles kann aber echte demokratische Mitbestimmung nicht ersetzen, und diese findet nun einmal bei Wahlen statt. Das sollte endlich auch bei der CDU angekommen sein.
Im Übrigen ist mit der Schulschließungspolitik der letzten Jahre auch dazu beigetragen worden, dass diese vielzitierte Verbandsarbeit massiv beeinträchtigt ist. Mit Schulschließungen sind nicht nur weite Wege für die Schüler verbunden, sondern auch schlechtere Möglichkeiten für Vereine, den Kontakt mit den Jugendlichen, den Schülern zu pflegen. Darüber können wir ja am Freitag in der von uns beantragten Aktuellen Debatte noch einmal ausführlich diskutieren.
Was nun den konkreten Gesetzentwurf der GRÜNEN betrifft, unterstützen wir, wie schon ausgeführt, die Absenkung des Wahlalters bei den Kommunalwahlen auf 16 Jahre. Wir sind auch gegen die Zugangskriterien bei den Kindertageseinrichtungen und unterstützen hier ausdrücklich den geforderten ganztägigen Besuch des Kindergartens, wie er im Artikel 4 beschrieben ist. Aber einzelne Punkte des Gesetzentwurfes, wie die Absenkung des Mindestalters für Einwohneranträge auf 14, scheinen uns doch etwas über das Ziel hinauszuschießen, denn – das möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen – Kinder und Jugendliche müssen nicht allein für ihre Interessen streiten. Wie viel Mitverantwortung wir ihnen auch geben, es bleibt nun einmal auch in unserer Verant
wortung, sie in ihrer Entwicklung und für ihre Bedürfnisse zu begleiten., mit für sie zu streiten und keine Diskussion aufzumachen, wer in welchem Altersspektrum für seine eigenen Interessen allein einsteht, denn hier ist es gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Das war die Runde der Fraktionen. Ich frage, ob von der Staatsregierung jemand das Wort wünscht. – Herr Staatsminister Kupfer, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich bedanke mich zunächst für die sachliche Diskussion zu diesem Thema. Herr Kollege Krauß hat umfangreich erläutert, was auch Frau Clauß über mich hier sagen wollte, deshalb gebe ich meine Rede zu Protokoll.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Ich frage nun, ob der Berichterstatter des Ausschusses noch einmal das Wort ergreifen
möchte. – Das kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zur Einzelberatung, und da es keine Änderungsanträge gibt, möchte ich Ihre Zustimmung bekommen, dass wir über die einzelnen Artikel zusammengefasst abstimmen können. Sind Sie damit einverstanden? – Gut, dann verfahren wir so.
Aufgerufen ist das „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Freistaat Sachsen (Sächsi- sches Kinder- und Jugendrechtsgesetz), Drucksache 4/12533, Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE. Wir stimmen ebenfalls über diesen Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE ab, über die Überschrift, über den Artikel 1, Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen, über den Artikel 2, Änderung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen, Artikel 3, Änderung der Sächsischen Landkreisordnung, Artikel 4, Änderung des Sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen und über Artikel 5, Inkrafttreten.
Wer der Überschrift und den Artikeln 1 bis 5 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 2 Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl Stimmen dafür ist diesem Gesetzentwurf dennoch nicht gefolgt worden. Damit haben wir die 2. Lesung beendet. Eine 3. Lesung erübrigt sich in diesem Fall. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 10.
Neben zwei Verfassungsänderungen soll das insbesondere durch eine aktive Beteiligung von Kindern und Jugendlichen am politischen Geschehen auf kommunaler Ebene erreicht werden. Vorgesehen ist zum einen eine Absenkung der aktiven Wahlberechtigung im kommunalen Bereich von 18 auf 16 Jahre.
Zum anderen sollen von den Gemeinden und Landkreisen zwingend Verfahren entwickelt werden, um Kinder und Jugendliche bei allen Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, angemessen zu beteiligen.
Diese Anlagen werden mit einer angeblich notwendigen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention begründet. Artikel 12 dieser Konvention garantiert den Kindern allerdings nur ein Recht auf eine angemessene und altersentsprechende Berücksichtigung ihrer Meinung in allen Angelegenheiten, die das Kind berühren.
Abs. 2 des Artikels 12 der UN-Kinderrechtskonvention bezieht dieses Recht insbesondere auf die Beteiligung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren. Eine Herabsetzung des Wahlalters – wie sie hier vorgeschlagen wird – ist damit also nicht gemeint.
Ein weiteres Argument: Die Berücksichtigung des Kindeswillens ist immer von seinem Entwicklungsstand abhängig. Das muss zum Schutz des Kindes auch so sein. Und das beachten sowohl die UN-Kinderrechtskonvention als auch das deutsche Recht – denken Sie beispielsweise an die sorgerechtlichen Regelungen des BGB.
Der vorliegende Gesetzentwurf allerdings lässt diese notwendige Beschränkung außer Acht. Es ist auch nicht einsichtig, warum der Entwurf Jugendlichen – quasi per Gesetz – die notwendige Einsichtsfähigkeit attestiert, sie aber gleichzeitig auf die Kommunalwahlen beschränkt. Hier geht es um eine „Grenzziehung“.
Diese lässt sich rechtlich und logisch nur dann begründen, wenn die politische Handlungsfähigkeit mit Verantwortlichkeit Hand in Hand geht, also mit der Möglichkeit, für das eigene Handeln auch zur Verantwortung gezogen werden zu können. Das aber setzt zwangsläufig die Volljährigkeit voraus.
Meine Damen und Herren, wenn wir Kinder und Jugendliche wirklich stärker am politischen Leben partizipieren lassen wollen, dann kann dies nur auf kommunaler Ebene geschehen. Dazu sind Strukturen notwendig, in denen sich Kinder entsprechend ihrem Entwicklungsstand einbringen können.
Dem kommunalen Bereich ist es unbenommen, solche Beteiligungsformen für junge Menschen einzurichten. Dafür gibt es in Sachsen bereits gute Beispiele.
Diesen Ansätzen trägt der Gesetzentwurf leider nicht genügend Rechnung. Die Staatsregierung lehnt diesen Entwurf deshalb ab.