Meine Damen und Herren! 2,75 Milliarden Euro muss der Freistaat Sachsen im Ernstfall für die Fehlspekulationen der Sächsischen Landesbank aufbringen; 2,75 Milliarden Euro, meine Damen und Herren, die gänzlich anders zu gebrauchen wären! Ich denke beispielsweise an das Kombi-Lohnmodell, das nach unserer Ansicht Ansätze für eine gerechte Arbeitsmarktpolitik bietet: drei Jahre in einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit, bei der zudem Rentenansprüche erworben werden. Aber auch hier findet man allenfalls nur politisches Versagen; denn das KombiLohnmodell wurde lediglich als steuerfinanziertes Wahlkampfinstrument der schwarz-roten Koalition missbraucht, läuft es doch im kommenden Jahr schon wieder aus.
Dem aber nicht genug. Die ganze Dramatik Ihrer Politik offenbarte sich wieder einmal am 3. Juni, also erst vor wenigen Tagen. In der Bundestagsdrucksache 16/13325 musste die Bundesregierung zugeben, dass mit Stand September 2008 – mittlerweile dürfte es leider noch viel schlimmer sein – schon circa 6,8 Millionen Menschen in 3,5 Millionen Bedarfsgemeinschaften Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialgeld beziehen. Mit der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie mit der Hilfe zum Lebensunterhalt sind mittlerweile sogar etwa 8 Millionen Menschen in 4,4, Millionen Haushalten auf Transferleistungen angewiesen.
Meine Damen und Herren, „Wer zahlt die Zeche?“ lautet die Frage. Als NPD sagen wir natürlich: Die sollten die Verursacher zu tragen haben, und die sind eindeutig auszumachen. So waren es 2001 SPD und GRÜNE unter Kanzler Gerhard Schröder, die mit der Freistellung von der Steuer auf Veräußerungsgewinne Finanzspekulationen in diesem Ausmaß erst ermöglichten. 2004 – ebenfalls noch Rot-Grün in Regierungsverantwortung – wurde unter dem Druck der EU, und wie schon zuvor unter dem erneuten Beifall von CDU und FDP, das sogenannte Investmentmodernisierungsgesetz durchgepeitscht. Das begünstigte Firmenübernahmen mithilfe von Fremdkapital, erhöhte die erzielbare Eigenkapitalrendite der Fonds und trug dadurch zur weiteren Aufblähung der unproduktiven Finanztransaktionen durch Firmenübernahmen bei – von der destruktiven Wirkung dieser Übernahmen für die deutsche Volkswirtschaft und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz abgesehen.
Die Zeche für diese verfehlte Politik, meine Damen und Herren, zahlten und zahlen wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger und leider nicht die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft.
Eine sozial gerechte Krisenbewältigung ist mit Ihnen allen jedenfalls nicht zu bewerkstelligen, denn hierzu bedarf es endlich wieder einer Wirtschaft, die dem Volke zu dienen hat und nicht umgekehrt, und es bedarf einer Politik, die endlich die Spekulanten und nicht das Volk besteuert.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich, bevor ich auf die Vorschläge der Linksfraktion eingehe, kurz etwas zur aktuellen Situation sage. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir auch das zur Kenntnis nehmen.
Ich habe bereits während der letzten Debatte vor einem Monat angesprochen, dass im Mittelstandsbarometer 2009 89 % der Mittelständler sagen, dass sie im laufenden Jahr die Zahl ihrer Beschäftigten konstant halten oder sogar steigern wollen. Wir hatten im März dieses Jahres 2 800 Unternehmen mit Kurzarbeit und 54 000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Aber es gehört auch zur Wahrheit, darauf aufmerksam zu machen, dass die Zahl der Anmeldungen zur konjunkturbedingten Kurzarbeit seit März deutlich abnimmt. Wie wir in dieser Woche in der Zeitung lesen konnten, hat zum Beispiel Infineon die Kurzarbeit bereits ausgesetzt. Der private Konsum auch hier im Freistaat Sachsen ist ungebrochen.
Wir sollten aufpassen, dass wir als Politik nicht den Fehler begehen, die Konjunktur in Sachsen und in Deutschland kaputt zu reden.
Natürlich gibt es Arbeitsplatzverluste. Die Zahl der Erwerbstätigen ist vom vierten Quartal letzten Jahres zum ersten Quartal dieses Jahres um 17 000 gesunken. Das sind 0,9 %. Für die Betroffenen ist das natürlich eine schwere Situation, aber mit 1,9 Millionen Erwerbstätigen haben wir in Sachsen immer noch deutlich mehr Erwerbstätige als beispielsweise Anfang 2005. Auch diese Zahlen passen nicht zu einem Katastrophenszenario.
Ich habe es in dieser Debatte auch schon öfter gesagt: Es geht ja auch nicht um die soziale Marktwirtschaft, um die Regeln, die wir in der sozialen Marktwirtschaft haben. Die soziale Marktwirtschaft hat nämlich nicht versagt. Versagt haben Einzelne im Management großer Firmen. Ich nenne Opel, Qimonda, Frau Schaeffler, ich nenne Quelle, wo es auch Managementfehler gibt. Bei Karstadt ist es das gleiche Problem. Das hat alles mit der Finanzkrise nichts zu tun. Hier ist auch der Staat nicht aufgefordert, Geld hineinzugeben. Wenn er das nämlich nicht tut, spart er Geld und muss sich nicht so stark verschulden. Wir sind der Auffassung, dass die Staatsverschuldung das größere Risiko für die zukünftigen Generationen ist.
Wir haben gestern gehört, dass die Neuverschuldung im Bundeshaushalt 86 Milliarden Euro betragen soll. Daran wird schon deutlich, dass hier die Zeche – und danach ist ja gefragt – die künftigen Generationen zahlen, weil hier nämlich auf Pump gewirtschaftet wird, während die künftigen Generationen alles zurückzahlen müssen.
Zu den Lösungsvorschlägen der Linksfraktion. Wir haben kürzlich den Bundesparteitag der Linken gehabt und dort die Angebote gehört: Hartz-IV-Regelsatz 500 Euro, derzeit 350 Euro. Sie wollen also in dieser Krise den Hartz-IV-Regelsatz um sage und schreibe 43 % erhöhen.
Wer soll da als junger Mensch noch eine Ausbildung antreten? Wir sind in meinem Unternehmen gerade dabei, Lehrlinge im Beruf Betonbauer einzustellen. Da bekommt man im 1. Lehrjahr 518 Euro. Im Bäckerhandwerk bekommt man im 1. Lehrjahr 345 Euro, im 3. Lehrjahr 450 Euro. Wen von den langzeitarbeitslosen Jugendlichen wollen Sie da noch bewegen, eine Ausbildung einzugehen, wenn man für das Daheimsitzen und das Nichtstun mehr Geld bekommt als für die Ausbildung? Das ist doch eine total verfehlte Politik!
Im sächsischen Einzelhandel verdienen 60 % weniger als 10 Euro pro Stunde. Wenn Sie diesen Mindestlohn bei den
Margen im Einzelhandel jetzt einführen würden, hätten Sie nichts anderes als Arbeitslosigkeit in Größenordnungen. Ihre Vorschläge sind ein gigantisches Arbeitsplatzvernichtungsprogramm.
Außerdem haben wir in Ihrem Wahlprogramm auch das Ziel „Vergesellschaftung der Banken“ gelesen. Was war denn die erste Bank in Deutschland, die in der Finanzkrise Pleite ging?
Herr Morlok, können Sie mir bitte sagen, wie viele Arbeitsplätze seit Einführung des Mindestlohnes im Baugewerbe zusätzlich geschaffen worden sind?
Durch die Einführung des Mindestlohnes im Baugewerbe sind keine neuen Arbeitsplätze geschaffen worden. Ich kenne das aus dieser Branche. Dadurch wird nur die Wettbewerbssituation viel, viel schwieriger. Wir sind selbst als Unternehmen in Westdeutschland tätig. Der wirtschaftliche Vorteil, den wir vorher gehabt haben, hat sich deutlich verringert. Also, auch hier ist ganz klar: Der Mindestlohn im Baubereich hat den Wettbewerbsvorteil der sächsischen Wirtschaft verschlechtert. Das war ein Bärendienst, den uns die Bundesregierung da erwiesen hat.
Aber noch einmal zum Thema Vergesellschaftung der Banken. Wir waren schon dabei. Die Sachsen LB war die erste Bank, die pleite ging. Dies Sachsen LB ist doch, glaube ich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, staatlich gewesen. Können wir uns darauf einigen, dass es eine Staatsbank war, die als erste pleite ging? Das lag an der kollektiven Verantwortungslosigkeit der Geschäftsführung unter der Verantwortung der Herren Milbradt und Metz. Jetzt frage ich Sie einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion: Stellen Sie sich doch einmal vor, Herr Milbradt und Herr Metz hätten die Verantwortung für die Deutsche Bank gehabt. Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre die Deutsche Bank jetzt auch pleite. Ich bin froh, dass sie privat ist, und das soll sie auch bleiben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Frau Kollegin Lay, Sie hoben an und wollten eigentlich – so glaube ich – zu Ihrem Lieblingsthema Arbeitsmarkt sprechen. Dann fiel Ihnen ein, dass gestern und heute in der „Bild“-Zeitung
die Debatte über die Mehrwertsteuererhöhung herumgeisterte, und deswegen haben Sie dann schnell auf eine Bewerbungsrede Ihrer eigenen Person für die anstehende Bundestagswahl umgelenkt.
Sie hätten damit in Sachsen nicht viel machen können; denn über die Mehrwertsteuer wird nicht hier in Sachsen entschieden, sondern auf Bundesebene, wenn auch unter Mithilfe der Länder. In Sachsen selbst ist es auch schwer, zum Beispiel in eine Neuverschuldung einzusteigen. Das haben wir im letzten Jahr im Haushalt geregelt. Also haben Sie sich auf den Bund bezogen in der Hoffnung, dass Ihnen keiner hinterhersteigen kann, was Sie hier eigentlich erzählen.
Sie sprechen von Vermögensabgabe, Sie sprechen von Erbschaftsteuer. Beides wird sich, glaube ich, neu in der Diskussion befinden. Da bin ich völlig bei Ihnen, gar keine Frage. Aber die Erbschaftsteuer ist eine Landessteuer, und wenn in den Ländern keine Initiativen losgetreten werden, um das voranzubringen – dazu hätten Sie verschiedentlich Gelegenheit gehabt –, dann wird wahrscheinlich in dieser Bundesrepublik Deutschland auch keine Diskussion zur Erbschaftsteuer stattfinden.
Übrigens, Sachsen hätte davon relativ wenig, aber die von der Krise schwer gebeutelten Länder Baden-Württemberg und Bayern könnten dadurch ihre Löcher im Haushalt vielleicht mit stopfen.
Was die Vermögensabgabe betrifft, glaube ich, dass die Debatte neu kommen wird, und zwar, wie ich finde, völlig zu Recht. Sie wird deshalb kommen, weil es vielen Leuten, die ein gewisses Vermögen haben, viel lieber ist, eine kalkulierbare Vermögensabgabe zu zahlen, als einer unkalkulierbaren Inflation aufzusitzen. Insofern denke ich, dass wir hier ein Diskussionsklima haben, das wir lange nicht hatten, um über die Vermögensabgabe zu diskutieren.
Aber dann kommt DIE LINKE. Bumm! Mindestlohn 10 Euro pro Stunde. Die 7,50 Euro haben es nicht getan. Hartz IV 500 Euro pro Monat. Dann sagen Sie „keine Mehrwertsteuererhöhung“ und meinen eigentlich auch andere Steuererhöhungen außer der besprochenen Erbschaftsteuer und Vermögensabgabe.
Wissen Sie, das ist altes Denken zulasten der Zukunft, zulasten der nächsten Generation, denn dann müssen Sie in die Neuverschuldung gehen. Sie werden mit Erbschaftsteuer und Vermögensteuer mitnichten die Summen erwirtschaften, die Sie brauchen, um das zu finanzieren, was Ihnen vorschwebt.
Das wissen Sie ganz genau, Frau Runge. Sie können das nachher hier ausführen. Sie werden also in die Neuverschuldung gehen müssen. Und das juckt Sie auch nicht. Das ist Ihnen völlig egal. Das haben Sie schon einmal bewiesen, als Sie einen Staat gelenkt haben, die DDR. Da war es Ihnen auch egal, ob das zulasten der nächsten Generation geht.
Sie haben Zukunft verspielt. Sie können sich ja gern nachher hier beschweren. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass Sie das alles in Kauf nehmen. Das ist Ihnen egal.
Jetzt kommen wir zu der Philosophie dieses gesamten Spiels. Es ist schon so, dass es eine Medaille mit zwei Seiten gibt. Auf der einen Seite der Medaille tummelt sich die FDP und proklamiert immer ein Wachstum, das auch alle Umwelt- und sozialen Kosten sprengt, und auf der anderen Seite tummelt sich DIE LINKE und predigt eine Verteilung, die auch alle Umwelt- und ökonomischen Kosten sprengt. Beides ist maßlos. – Sie beide bedingen sich einander übrigens. Die einen können ohne die anderen gar nicht leben. – Diese Maßlosigkeit führt dazu, dass wir ständig zulasten der nächsten Generation und zulasten der Umwelt Verteilung und Wachstum betreiben, die nicht belastbar sind