Sie können das Asylrecht nicht an der Zahl derer messen, die es missbrauchen und unter Umständen ohne Er
folg einen Antrag stellen. Das Asylrecht ist für diejenigen da, die Asyl letztendlich auch zuerkannt bekommen haben. Wenn Sie es aber in der Form erhalten wollen, müssen Sie in Kauf nehmen, dass es missbraucht wird.
Herr Morlok, sind Sie nicht auch meiner Auffassung, dass es neben der Anerkennung als Flüchtling, neben Abschiebeschutz auch noch andere rechtsstaatliche Aufenthaltsmöglichkeiten gibt, nämlich die Duldung, und die Mehrheit der Asylbewerber sich gewissermaßen in der Duldung befindet, viele gar nicht abgeschoben werden können und damit eine Rechtsgrundlage vorhanden ist, so dass es völlig korrekt ist, dass diese Asylbewerber in diesem Aufenthaltsstatus hier verbleiben?
Es ist vollkommen korrekt, dass es so ist. interjection: (Beifall bei der PDS, der SPD und den GRÜNEN)
Die Duldung erfolgt im Wesentlichen aufgrund der Bestimmungen der Genfer Konvention. Für meine Fraktion kann ich ausdrücklich sagen, dass wir diese Bestimmungen befürworten und anerkennen. Wenn sich daraus Lasten ergeben, müssen diese Lasten auch getragen werden. (Beifall bei der FDP, der PDS und den GRÜNEN)
Nein, danke, ich würde jetzt gern zum Ende kommen. Zum Thema zurück: Die Staatsregierung will das Verwaltungspersonal reduzieren. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Das ist richtig, das unterstützen wir. Nur, meine Damen und Herren, wer weniger Personal hat, braucht auch weniger Büroräume. Das ist eigentlich logisch. Was macht aber die Staatsregierung? Sie will eine Büroimmobilie ankaufen, nicht irgendeine, sondern die von dem bekannten Biedenkopf-Spezi Barth in Leipzig, zehn Jahre alt, heruntergewirtschaftet, unvermietbar, unverkäuflich. Nicht genug, dass wir diesem Günstling jedes Jahr acht Millionen Euro Miete in den Rachen geworfen haben, jetzt will die Staatsregierung auch noch für das Skandalobjekt 145 Millionen Euro ausgeben. Bei allen Verdiensten von Herrn Biedenkopf – das Geld ist in der sächsischen Wirtschaft besser angelegt. Mittelstand statt Beton lautet die Devise.
Die Unternehmen Sachsens haben gute Ideen, sie müssen diese auch entwickeln können. Die Wirtschaft braucht Beteiligungskapital von Unternehmen der Biotechnologie, der Halbleiterindustrie oder für neue Werkstoffe. Diese Technologieunternehmen werden sich entwickeln, sicherlich nicht alle, aber viele. Sie werden das eingesetzte Kapital zurückzahlen können, deswegen ist auch flüssiges Kapital die richtige Antwort. Wir fordern daher 145 Millionen Euro für ein Technologieforum für sächsische Unternehmen. Der Kapitalstock der sächsischen Wirtschaft ist zu gering. Herr Hilker, Sie haben das nicht begriffen.
Die Förderung ist sehr wohl regional gespreizt und das Verhältnis in Sachsen zu den alten Bundesländern ist aus gutem Grunde umgekehrt, weil der Kapitalstock hier in Sachsen ein anderer ist als in den Altbundesländern. Deswegen müssen wir hier mehr mit Zuschüssen und weniger mit Krediten arbeiten. Das ist im Grundsatz ja auch richtig. Nur, wir stellen fest, dass die Unternehmen in Sachsen, statt im internationalen Wettbewerb mitzumischen, auf Förderbescheide warten. Nicht jeder soll gefördert werden, aber für die, die die Kriterien erfüllen, sollten wir auch das Geld bereitstellen. Doch die Antwort der Staatsregierung ist: 80 Millionen Euro Kürzung in 2006, ich habe es schon angesprochen.
Wir müssen im Freistaat nicht immer nur kofinanzieren. Wir können auch etwas tun ohne den Bund, wenn wir es wirklich wollen. Deswegen fordern wir aus der Landeskasse heraus 80 Millionen Euro zusätzlich für die GA-Förderung in 2006, damit der dramatische Antragsstau endlich abgebaut werden kann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erde ist eine Scheibe. Nach Galileo Galilei hat es noch einige Jahrhunderte und mehrere Ketzerprozesse gedauert, bis der Klerus in Rom von dieser, wie wir ja heute wissen, falschen Vorstellung Abstand genommen hat. Mit einem ähnlichen Beharrungsvermögen wie seinerzeit die katholische Kirche möchte uns die Staatsregierung nun glauben machen, der Bau von Straßen sei die zentrale Bedingung für den Wirtschaftsstandort Sachsen. Das dreifache Ave Maria, das uns aus dem Einzelplan 07 entgegenschallt, heißt Asphalt, Asphalt, Asphalt. Wie anders ist es zu erklären, dass mehr als 50 % des Etats des Wirtschaftsministeriums in den Bereich Verkehr fließen? In den Kapiteln 4, 5 und 6 des Einzelplanes sind exakt 973 456 100 Euro für verkehrliche Ausgaben eingestellt. Das sind 50,81 % der Ausgaben des SMWA.
Meine Damen und Herren! Mehrere Studien haben nachgewiesen, dass der bisher behauptete Zusammenhang von Verkehrsinfrastrukturinvestitionen und regionaler Wirtschaftsentwicklung einer empirischen Überprüfung in Ostdeutschland nicht mehr standhält. Das Staatsstraßenbauprogramm ist überdimensioniert.
Meine Fraktion leugnet nicht, dass es nach wie vor im Bereich des Straßenbaus an bestimmten Stellen Nachholbedarf gibt, beispielsweise im Bereich Umgehungsstraßen. Wer Straßen sät, der wird Wirtschaftswachstum ernten – dieser Glaube ist ein Irrglaube, ein Irrglaube, der uns bald teuer zu stehen kommen wird. Sie erinnern sich noch an die vier Hauptfeinde des Sozialismus: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Das ist dann die fünfte Jahreszeit. – Wenn ich in den letzten Wochen die Zeitung aufschlug, habe ich mich an diese Zeit erinnert. Wenn es zu lange schneit, fehlen den Kommunen im Winter die Mittel für die Schneeberäumung. Im Frühling wird es dann offenbar, dass der Frost seine Spuren hinterlassen hat. Im Sommer wächst die Erkenntnis, dass die Straßen auch unter großer Hitze zu leiden haben und im Herbst, meine Damen und Herren, sollten wir uns vornehmen, über das Straßenbauprogramm noch einmal nachzudenken. Denn wie wir alle wissen, wird die Bevölkerung in Sachsen bis zum Jahr 2020 um 15 % abnehmen. Wenn dann 85 % der Bevölkerung 100 % der Straßen zu unterhalten haben, ist das eine Steigerung der Kosten pro Kopf der Bevölkerung um fast 20 %. Bauen wir aber noch mehr Straßen hinzu, dann wird die Steigerung noch dramatischer.
Fast eine Milliarde Euro fließen 2005 in den Bereich Verkehr. Es hat Anträge von uns und anderen Fraktionen gegeben, innerhalb der Kapitel Umschichtungen vorzunehmen. Wir wollen mehr für den ÖPNV und die Radwege tun. Wir wollen bei den Gemeindeverkehrsfinanzierungsmitteln zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Straßenbau und öffentlichem Verkehr kommen. Hier müsste man übrigens auch sehen können, dass Sachsen ein Bahnland ist und nicht nur ein Autoland. Aber da ist nichts zu sehen. In den Ausschüssen wurden alle Anträge von uns und anderen Fraktionen abgelehnt.
Zum Stichwort Investitionen. Nach gültigem Haushaltsrecht ist jeder Quadratmeter, den wir in Sachsen mit öffentlichen Mitteln versiegeln, eine Investition. Nicht nur im Hinblick auf die zunehmende Versiegelung des Landes scheint mir diese Definition fragwürdig. Wenn wir von dem zur Verfügung stehenden Geld Lehrer bezahlen, Fortbildung organisieren oder es in junge, innovative Betriebe stecken, dann sprechen wir haushaltsrechtlich von konsumtiven Ausgaben. Aber Investition versteht man im Allgemeinen als eine Ausgabe für die Sicherung der Zukunft. Geld, das in Bildung und Ausbildung fließt, ist nach Ansicht meiner Fraktion besser für die Sicherung der Zukunft angelegt als Ausgaben in Beton und Asphalt.
Wenn wir später über den Einzelplan 09 reden, wird es der Herr Minister sicherlich nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass in diesem Doppelhaushalt mehr Geld für den Klimaschutz zur Verfügung steht. Dem Klima in Sachsen, meine Damen und Herren, und auch der Umwelt wäre mehr gedient, wenn hier im Einzelplan 07 eine verantwortungsvolle und künftige Entwicklungen antizipierende Politik stattfinden würde. Mir scheint, die Staatsregierung ist nicht wie ein funktionierender Betrieb strukturiert, sondern eher wie ein Kleingartenverein. Während auf der einen Parzelle mühsam und mit wenig
Geld Klima- und Umweltschutz stattfindet, werden in der anderen Parzelle die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Klima und Umwelt auch künftig mehr als nötig belastet werden.
Herr Staatsminister Jurk, Sie sind neu im Amt und ich sehe es Ihnen nach, dass in Ihrem ersten Haushalt noch nicht alle Hausnummern dort hängen, wo Sie es vielleicht gern selbst sehen möchten. Dazu gehört, den demografischen Wandel und seine Folgen für den Freistaat überall zu berücksichtigen, die Integration des Umweltschutzes in die Wirtschafts- und vor allem in die Energiepolitik, die wissenschaftliche Erkenntnis, dass Straßenbau und Wirtschaftswachstum ab einem bestimmten Sättigungsgrad nicht mehr parallel verlaufen, und die Einsicht, dass es weder machbar noch wünschenswert ist, dass alle Sachsen Auto fahren und wir deshalb mehr für den Schienen- und öffentlichen Verkehr tun müssen, als Bahnland allemal. In diesen Bereichen, Herr Minister, würde ich mir in künftigen Haushalten eine deutlichere Akzentsetzung wünschen.
Meine knappe Redezeit möchte ich als Abgeordneter der Opposition nicht dafür opfern, die Regierung zu loben. Auch dafür lassen sich vereinzelte Ansätze im Haushaltsplan, etwa im Bereich der Wirtschaftsförderung, finden. Wir erkennen das an. Zu verbessern gibt es aber dort noch einiges, vor allem im Haushaltsvollzug. Von daher dürfen Sie gewiss sein, dass wir auch weiterhin Ihre Arbeit kritisch begleiten werden. Wir hoffen dabei auf konstruktiven und an der Sache orientierten Meinungsaustausch hier im Plenum, in den Ausschüssen und bei der Lösung anstehender Probleme.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verkehrshaushalt verrät es: SPD und CDU verstehen unter Verkehrspolitik vor allem eines: Straßen, Straßen und nochmals Straßen. Das, meine Damen und Herren, ist uns als PDS eindeutig zu wenig; denn Sie tun dabei so, als ob Sie noch nie etwas über die verkehrsinduzierende Wirkung eines attraktiven Straßenverkehrs gehört hätten. Attraktive Straßen haben nun einmal eine richtig magnetische Wirkung auf neuen Verkehr, auf noch mehr Autoverkehr. Wenn man das Ganze dann noch mit einem Bus– und Bahnverkehr verbindet, der immer mehr an das finanzielle Gängelband gelegt wird, dann hat das eine verheerende Wirkung.
Sie tun dabei so, als ob nicht längst bekannt wäre, dass Ortsumgehungen in einigen Fällen tatsächlich entlastende Wirkung haben, aber dass man sehr genau schauen muss, dass auch der gegenteilige Effekt nach Jahren eintreten kann: dass durch die veränderte Straßenstruktur in wenigen Jahren dann ein Mehr an Ver
kehr, ein Mehr an Unfällen und damit auch ein Mehr an Emissionen die Folge wären. Mehrere Jahrzehnte verkehrswissenschaftlicher Erkenntnisse sind an Ihrer Verkehrspolitik, Herr Lämmel, wirkungs- und spurlos vorbeigegangen. Auf Stau allein einfach mit einem Mehr an Straßenbau, mit einem unintelligenten Mehr an Straßenbau zu reagieren, das ist ungefähr so weitsichtig, wie einen Kater am Morgen nach einer durchzechten Nacht mit einem weiteren Gläschen Klaren zu bekämpfen. Es mag im ersten Moment helfen; die Rechnung kommt dann einige Stunden später. Herr Milbradt, Sie haben uns gestern vorgehalten, dass es mehrere PDS-Bürgermeister gibt, die vor Ort nach mehr Straßen rufen. Ja, wundert Sie es wirklich, dass die Kommunalpolitiker vor Ort nach jedem Strohhalm greifen? Es war doch die CDU hier in Sachsen und im Übrigen die Verkehrspolitik auf Bundesebene, die durch jahrelange falsche Weichenstellung dafür gesorgt hat, dass die Leute immer abhängiger vom Auto geworden sind, dass die Kommunalpolitiker jetzt vor Ort gar keine andere Chance haben.
Unsere Aufgabe als Landespolitiker wäre es, jetzt die Weichen zu verändern. Wir müssen uns natürlich der zukunftsfähigen Verkehrspolitik zuwenden.
Und, Herr Milbradt, Sie haben uns vorgeworfen, wir könnten die Probleme der Zukunft und der Gegenwart nicht lösen. Ich meine, Ihre Verkehrspolitik schafft Probleme sowohl für die Zukunft als auch für die Gegenwart.
Frau Kipping, ist Ihnen bewusst, dass in unserem Lande 40 Jahre lang so gut wie keine Straßen gebaut worden sind und dass wir einen enormen Nachholbedarf haben?
Mir ist sehr wohl bewusst, dass in 40 Jahren DDR nicht alles so gemacht worden ist, wie wir es heute als PDS vorschlagen; das ist mir sehr wohl bewusst. Aber mir ist auch bewusst, dass Sachsen im Vergleich mit westlichen Bundesländern im Durchschnitt ein dichteres Straßennetz hat und dass dieses dichtere Straßennetz eben mitnichten dazu geführt hat, dass wir geringere Arbeitslosigkeit haben. Wir als PDS haben im Verkehrsausschuss für eine andere Schwerpunktsetzung gestritten. Wir wollen tatsächlich Mobilität für alle, und Mobilität für alle heißt eben,
dass auch die Leute, die nicht selber ein Auto fahren können, mobil sein können. Wir haben dafür gestritten, dass Bus-, Bahn- und Radverkehr stärker gefördert werden, weil diese Verkehrsarten einen ganz praktischen Beitrag zum Klimaschutz, zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung leisten können.