Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Na, dann wollen wir doch gleich mal schauen, Herr Colditz. Wie war das in Mügeln? Dort lassen Sie eine neugebaute Schule schließen und dafür eine neue Schule bauen.

(Thomas Colditz, CDU: Es sind drei Schulen!)

Schauen Sie sich das an. Das alles soll mit Fördermitteln geschehen, die vom Freistaat vergeben werden. Was ist das für eine Praxis, die Sie umsetzen wollen?

Das Schulnetz in Sachsen ist kein flächendeckendes Schulnetz mehr. An den Förderschulen können Sie es sehr deutlich nachweisen, weil dort die Fahrtwege für die Schüler extrem sind, sich die Busse oftmals in einer Schleife bewegen und die Kinder an verschiedenen Standorten umsteigen müssen oder abgeholt werden.

Das nächste Problem betrifft die Mittelschulen. Das, was von Ihnen immer als besonderes Herzstück benannt wird, lassen Sie am Rande kläglich vergehen. Schauen Sie sich die Schülerzahlen der Anmeldungen von März 2009 an. Dazu gab es eine Kleine Anfrage, in der man sich das genau anschauen kann. Hier sind Sie gezwungen, perspektivisch einzügige Mittelschulen in Flächen und Größenordnungen zuzulassen,

(Zuruf des Abg. Thomas Colditz, CDU)

weil Sie sonst in den Mittelschulen kein Schulnetz mehr haben, das flächendeckend sinnvoll für die Schüler zu erreichen ist.

(Zuruf des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Nehmen wir die Gymnasien. Sie haben von den durchschnittlichen Schülerzahlen gesprochen. Das ist alles sehr schön und gut. Nur, wenn ich mir die Gymnasien in Leipzig anschaue – die Stapel der Beschwerden von Eltern in meinem Büro häufen sich –, ist es so, dass die Eltern nicht einmal mehr ihren Erstwunsch erfüllt bekommen, auch nicht ihren Zweitwunsch, sondern sie werden jetzt schon auf den Drittwunsch abgeschoben, weil die Schule in ihrer Nähe, an die die Kinder gehen könnten, an denen sie möglicherweise auch die Klassenkameraden wiederfinden, überhaupt nicht mehr über die Kapazitäten verfügt, um diese Schüler aufnehmen,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

und das obwohl in der Stadt Leipzig fast 50 % der Gymnasien geschlossen worden sind, und zwar auch über Mitwirkungsentzüge des Freistaates Sachsen, also auch von der CDU.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jetzt ist er aber verlegen, der Herr Colditz! Das sieht man!)

Herr Dulig ist gerade nicht im Saal, aber er hört mich sicherlich irgendwo: Ich finde es toll, dass Sie von Konzepten und von neuen Konzepten sprechen. Sie hatten jetzt fünf Jahre Zeit und haben bisher

(Stefan Brangs, SPD: Nicht immer wieder die gleiche Leier!)

acht Gemeinschaftsschulen auf den Weg gebracht. Es ist löblich, dass es das überhaupt gibt. Aber das Konzept, das Sie hier ansprechen, habe ich noch nicht gesehen. Darüber würde ich gern mit Ihnen in diesem Hohen Haus diskutieren. Wie viele Jahre brauchen Sie denn noch, um ein Konzept zu erarbeiten, in dem die Veränderung dieser Schullandschaft eindeutig enthalten ist und in dem Sie Ihre Überlegungen, die Sie dann haben, wenn Sie in der Regierung sind, darlegen?

(Stefan Brangs, SPD: Gemeinschaftsschule!)

Das waren jetzt fünf Jahre. Regiert haben Sie allerdings nicht wirklich, sondern Sie waren nur dabei. Sie haben das nicht durchsetzen können.

(Beifall bei der Linksfraktion – Stefan Brangs, SPD: Das ist nur der Neid!)

Deshalb ist dieses Thema für uns brisant, es ist notwendig, nicht zuletzt deshalb, weil wir heute den letzten Schultag haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird von der SPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die NPD? – Die GRÜNEN? – Auch nicht. Dann frage ich nochmals die FDP. – Die CDU?

Meine Damen und Herren! Von den Fraktionen wird nicht mehr das Wort gewünscht. Ich erteile Herrn Staatsminister Prof. Wöller das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist doch sehr verwunderlich, dass die FDP-Landtagsfraktion ein Thema zum Gegenstand der heutigen Debatte macht, das keines ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Was? Das stimmt, für Sie nicht!)

Denn der politisch aufmerksame Beobachter muss doch bemerkt haben: In den letzten beiden Jahren haben CDU und SPD keine Schulschließungen veranlasst – nicht eine einzige. Warum versucht man dann eine angebliche Schulschließungspolitik der Staatsregierung zu sehen?

(Cornelia Falken, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Dafür gibt es nur zwei Gründe: erstens, der FDP fällt nichts mehr ein, und zweitens, die FDP betreibt puren Populismus.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte.

Frau Falken, bitte.

Ich finde es sehr schön, dass Sie die Frage heute zulassen, denn ich war sehr

sauer, als Sie es gestern nicht getan haben. Das wollte ich nur anmerken.

Bitte die Frage!

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass im Landkreis Leipzig die Schulschließungen im Berufsschulbereich, die gerade auf Kreisebene beschlossen worden sind, nur im Schnellschuss passiert sind, weil die Kreisräte das Geld aus dem Konjunkturpaket II für die Böhlener Berufsschule haben wollten? Ist Ihnen ferner bekannt, dass die drei Schulleiter, die jetzt ihre Schulen erhalten können, genau dieses Konzept erarbeitet haben?

Frau Abg. Falken, Sie als Mitglied des Sächsischen Landtages müssten eigentlich wissen, wie die Verantwortlichkeiten im Land geregelt sind. Für die Schulnetzplanung sind die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ohne Geld!)

die darüber diskutieren und diese verabschieden. Wir müssen das von der Förderpolitik klar trennen. Ich werde im Rahmen der Aktuellen Debatte noch einmal darauf eingehen. Die Träger der Schulnetzplanung debattieren und entscheiden und nicht die Sächsische Staatsregierung. Das hat sie nicht getan, wie ich es eben ausgeführt habe.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Jetzt nicht, danke. – Meine Damen und Herren! Zurück zur beantragten Aktuellen Debatte. Der FDP-Fraktion fällt nichts mehr ein. Sie betreibt puren Populismus.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD – Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren! Sie schüren Angst, und zwar – das ist das Schlimme – aus reiner Wahlkampftaktik.

(Widerspruch bei der FDP)

Wir lassen gern mit uns über Bildungspolitik reden. Ich finde es wichtig, dass wir in diesem Hohen Haus sehr oft darüber diskutieren. Aber das Thema Bildung, meine Damen und Herren, ist mir zu wichtig, als es auf dem Rücken der Eltern und Schüler auszutragen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir müssen diese Debatte ernsthaft führen. Ich habe bei Ihnen ernste Zweifel, ob Sie das tun und ob Sie dazu gewillt sind. Aber eines stimmt: Wir haben in Sachsen eine demografische Entwicklung. Sowohl die Staatsregierung als auch der Sächsische Landtag haben sich ausführlich und intensiv in Kommissionen mit der Demografie auseinandergesetzt. Ich habe manchmal den Eindruck, wenn ich die Debatte – nicht nur in Sachsen, sondern in

ganz Deutschland – verfolge, dass sie in Bezug auf Demografie wirkt, als wenn das irgendein fernes Thema ist, das wie ein Naturereignis, quasi wie das Wetter, über uns hereinbrechen würde und noch Jahre von uns entfernt liegt.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Demografie und Sachsen sprechen, insbesondere über Demografie und Bildungspolitik, dann sprechen wir hier über eine zwanzigjährige Vergangenheit. Diese demografische Entwicklung hat stattgefunden, und sie hat in der Form stattgefunden, dass wir es mit einer halbierten Schülergeneration zu tun haben. Das wurde von keiner Fraktion in diesem Hohen Haus bezweifelt.

Aber genau so aufmerksam, wie ich die Debatten in diesem Hohen Haus über Demografiekommissionen verfolgt habe, gilt auch für die Staatsregierung: Die Politik muss sich darauf einstellen. Wir müssen handeln, und zwar verantwortungsbewusst und vorausschauend. Das haben wir getan. Ich gebe zu, weil ich es in meiner Region selbst erlebt habe: Die notwendigen Schulschließungen waren kein Zuckerschlecken. Es war ein schmerzhafter Einschnitt, der notwendig, aber der mit Blick in die Zukunft richtig war, denn wir haben jetzt eine Grundlage, auf der wir aufbauen können. Wir haben verantwortungsbewusst gehandelt. Dieses verantwortungsbewusste Handeln vermisse ich leider manchmal bei Ihnen, Herr Herbst.

Dieser Transformationsprozess, meine Damen und Herren, hat nicht dazu geführt, dass die Qualität der Bildung gelitten hat, im Gegenteil. Eltern, Schüler und Lehrer waren weiter motiviert und sie haben diese Veränderung positiv gestaltet. Hierfür noch einmal mein ganz herzlicher Dank an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich sage es offen und klar: Die vorausschauende Politik der Staatsregierung hat dazu geführt, dass wir jetzt in Sachsen über ein stabiles Schulnetz verfügen, auf dem wir aufbauen können. In den meisten Fällen lässt es eine sichere Zukunftsplanung zu.