In diesem zu Aktenzeichen Vf 99-I-08 vor dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen geführten Organstreitverfahren sprach der Verwaltungsgerichtshof
am 21. November 2008 ein weiteres Urteil. In diesem wurde festgestellt, dass der Antragsgegner – der 2. Untersuchungsausschuss bzw. die Ausschussmehrheit – die Antragsteller dadurch in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 54 Abs. 3 der Sächsischen Verfassung verletzt haben. Er hat die Realisierung mit dem entsprechenden Antrag zur Ausschussdrucksache durch 121 gestellte Beweisanträge respektive die Ladung dieser Zeugen – so die Ladung des Zeugen, des Rechtsanwaltes Sommer – abgelehnt.
Im selben Urteil wurde mit großer Prägnanz die Reichweite des Schutzes der Minderheit in einem Untersuchungsausschuss ausgeführt. Dieses Urteil hat auch für künftige Tätigkeiten des Untersuchungsausschusses im Freistaat Sachsen grundsätzliche Bedeutung und sollte richtungsweisend für andere Länder der Bundesrepublik Deutschland sein. Nachdem sich der Ausschuss – aus den eingangs bereits reflektierten prinzipiellen rechtlichen und rechtspolitischen Erwägungen – definitiv darauf verständigt hatte, dem Sächsischen Landtag einen Abschlussbericht vorzulegen, obgleich wegen der faktischen Halbierung des ihm verfügbaren Untersuchungszeitraumes nur ein partieller Abschluss der Untersuchung absehbar war, verständigte sich der Ausschuss über das Verfahren auf die Erstellung des Abschlussberichts.
In einer dazu kontrovers geführten Aussprache wurde schließlich Einvernehmen dahin gehend erzielt, dass die Landtagsverwaltung einen ersten Teil des Abschlussberichtes erarbeitet, der statistische Angaben sowie Darstellungen des Gangs der Untersuchungen ohne inhaltliche Wertung enthält. Weiter wurde entschieden, dass die einsetzenden Fraktionen bis zum 2. Juni 2009 die Möglichkeit erhalten, einen eigenen Vorlageteil eines entsprechenden Einsetzungsberichtes einzubringen. Davon haben die drei Fraktionen zu Zeiten der eingebrachten Entwürfe durch die drei Obleute Caren Lay, Dr. Jürgen Martens und Johannes Lichdi Gebrauch gemacht. Diese Vorlage wurde in der 36. und letzten Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses am 9. Juni 2009 unmittelbar im Anschluss an die Vernehmung des Zeugen Dr. Sommer – als das von der einsetzenden Minderheit unterbreitete Material, also den Entwurf des betreffenden Teils des Abschlussberichtes, der die wertende Feststellung beinhalten sollte – eingebracht.
Die Koalitionsfraktionen beantragten daraufhin, einen von ihnen vorgelegten Gegenentwurf zum zweiten Teil des Abschlussberichtes als ersetzenden Änderungsantrag zu behandeln. Mit einem Stimmenergebnis von 11 : 7 : 0 wurde beschlossen, dass die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Entwurfsfassung zum Teil II bestätigt wird. Damit war eine Abstimmung über den ursprünglichen Entwurf der Fraktionen DIE LINKE, FDP und GRÜNE hinfällig. Die Sprecher dieser Fraktionen erklärten nach dieser Abstimmung, dass sie von dem ihnen nach § 23 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz eingeräumten Recht zur Vorlage eigener Berichte Gebrauch machen werden. Hiernach wurde in der Gesamtabstimmung zu den Teilen I und II des Abschlussberichtes ein Stimmen
ergebnis von 10 : 7 : 1 festgestellt. Ein Mitglied der CDUFraktion erklärte seine Stimmenthaltung damit, dass es ohne vorherige Kenntnisse über ein Minderheitenvotum eine Abstimmung zum Abschlussbericht für nicht akzeptabel erachte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten innerhalb der vom Ausschuss bestimmten Frist den im Band III – von III – Ihnen vorliegenden abweichenden Bericht mit den entsprechenden Anlagen vor. Des Weiteren überreichten die Fraktion der FDP und die Fraktion der NPD einen eigenständigen abweichenden Bericht. Diese beiden abweichenden Berichte befinden sich ebenfalls im Band III von III.
Im Band I von III ist der Teil I respektive der Berichtsteil der Verwaltung, den der Ausschuss ohne Änderung bestätigt hat, enthalten sowie in Teilen in diesem Band und zu Teilen im Band II von III der Bericht der Koalitionsfraktionen.
Festzustellen ist, dass es zwischen den Wertungen, welche die Koalitionsfraktionen CDU und SPD zum einen, die einsetzenden bzw. die Oppositionsfraktionen zum anderen aus dem Gang der Untersuchung bzw. Aufnahme ableiten, gravierende Unterschiede gibt, die zweifellos in der weiteren Debatte über diese Unterrichtung des 2. Untersuchungsausschusses im Sächsischen Landtag noch deutlich werden. Sie zu reflektieren will sich der Ausschussvorsitzende aus Gründen der Neutralität und aus Zeitgründen enthalten.
Mir als Ausschussvorsitzendem und Berichterstatter verbleibt, mich zuerst ausdrücklich und herzlichst bei allen Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, insbesondere des Sekretariats des 2. Untersuchungsausschusses, zu bedanken, die die Ausschusstätigkeit mit großem persönlichem Engagement und hoher Einsatzbereitschaft unterstützt haben.
Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit bei den Beauftragten der Staatsregierung. Diese Aufgabe war zunächst durch Herrn Gierl vom Sächsischen Staatsministerium der Finanzen, später durch Herrn Leisner vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und in Vertretung durch Herrn Dr. Falk vom Sächsischen Staatsministerium des Innern wahrgenommen worden.
Wir bedanken uns für kooperative Zusammenarbeit beim Vertreter des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Herrn Schneider und beim Geheimschutzbeauftragten des Sächsischen Landtages Dr. Schröder.
Nicht zuletzt gelten der Dank des Ausschusses und sein großer Respekt den die Tätigkeit des Ausschusses begleitenden Stenografen. Ich darf anmerken, dass der Bericht ausweist, dass die Sitzungen des Ausschusses immerhin insgesamt 178 Stunden und 2 Minuten dauerten, wovon 108 Stunden und 45 Minuten auf Beweiserhebungen entfielen. Zumindest Letztere mussten wortwörtlich mitstenografiert werden.
Mir als Ausschussvorsitzendem und Berichterstatter verbleibt, den Sächsischen Landtag zu bitten, die Unterrichtung des 2. Untersuchungsausschusses in Gestalt der vorliegenden Abschlussberichte und abweichenden Berichte zur Kenntnis zu nehmen. Der Untersuchungsausschuss hat nach dem parlamentarischen Untersuchungsausschussrecht die Rolle des Ermittlers und das Parlament die Rolle des Entscheiders. Ungeachtet dessen befinden sich beide darüber hinaus – so jedenfalls die gesicherte Kommentierung und Rechtsprechung – in der Rolle des Bewerters.
Wir haben die Hoffnung, dass das vom Ausschuss vorgelegte Material bei den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten dieses Hohen Hauses Beachtung und eigene Resonanz, jedenfalls auch Nachdenken in diese oder jene Richtung, ausgelöst hat oder noch auslösen wird. Der Ausschuss hat sich, das darf ich abschließend noch mit Dank an alle Mitglieder des Ausschusses und meinen Stellvertreter Prof. Dr. Schneider sowie die Obleute der Fraktionen im Besonderen betonen, nach Kräften bemüht, der Aufgabenstellung des Landtages gerecht zu werden. Dass dies nur partiell gelungen ist, ist gewiss nicht von ihm zuerst zu verantworten.
Meine Damen und Herren! Nun kommen wir zur Aussprache selbst. Die Fraktion der Linken hat jetzt das Wort. Frau Lay, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 2. Untersuchungsausschuss und der sogenannte Sachsensumpf gehörten sicherlich zu den spannendsten Kapiteln in der laufenden und scheidenden Legislaturperiode.
Dabei ging es um Vorwürfe, die für einen Tatort reif waren: Korruption und Bestechlichkeit, Rotlicht und Machtmissbrauch, Sex and Crime. Das alles ist sicherlich für so manchen interessanter als Durchführungsverordnungen und Rechtsbestimmungen, insbesondere für die Journalisten.
Wir haben uns als eine der einsetzenden Fraktionen von Anfang an bemüht, die Dinge sachlich zu betrachten. Es ist gut, dass wir in der letzten Sitzung dieser Legislaturperiode noch einmal die Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Allerdings bietet der Abschlussbericht, den die Koalition mehrheitlich beschlossen hat, keine gute Grundlage. Das Einzige, worüber sie verlässlich Auskunft gibt, sind die Borniertheit und der Autismus der Koalition, insbesondere der CDU. Es ist mir ehrlich gesagt ein einziges Rätsel, wie man derart an der Realität der Aktenlage und der Zeugenaussagen vorbeischreiben kann.
Sie wiederholen die Märchen der Staatsregierung, als sei in den letzten zwei Jahren nichts passiert. Nehmen wir die angebliche Verfassungswidrigkeit des Einsetzungsauftrages, die von der Staatsregierung behauptet wird. Leipzig hat das klar entschieden. Sie drehen es im Abschlussbericht jedoch so, als hätte die Staatsregierung einen Teilerfolg erzielt. Allerdings haben Sie – CDU und SPD – mit uns gemeinsam gegen die Staatsregierung geklagt.
Nun komme ich zum Kernpunkt dieser Märchenstunde: Sie versuchen, die Schuld auf eine verselbstständigte Referatsleiterin zu schieben.
Was ist das nur für eine billige Argumentation, möchte ich Sie fragen? Denn wenn diese Argumentation stimmen würde, dann müssen Sie sich natürlich auch Folgendes fragen lassen: Was wäre das für eine Staatsregierung, die ihre Behörde so wenig im Griff hat? Was wären das für Minister, die sich von einer einzigen Mitarbeiterin so an der Nase herumführen lassen?
Sie haben also die Wahl, Herr Minister: entweder Ihre eklatante Führungsschwäche zuzugeben oder einzugestehen, dass diese Argumentation eine einzige Hilfskrücke ist.
Dass wir als LINKE den Verfassungsschutz kritisieren, steht ja nun außer Frage. Deswegen waren wir es auch, die die entscheidende Klage geführt haben.
Aber der Untersuchungsausschuss hat es eindeutig belegt. Erstens. Es gab keine wesentlichen Unterschiede in der Arbeit des OK-Referates zu den anderen Referaten des Verfassungsschutzes. Die Arbeitsweise des Referates – auch in den entscheidenden und strittigen Ermittlungsschritten – war mit der Hausspitze abgestimmt. Ich komme also zu dem Schluss: Die These von der Verselbstständigung des OK-Referates hat sich als falsch erwiesen.
Was jedoch aus meiner Sicht stimmt – da bin ich wieder beim Beyer/Irrgang-Bericht –, das ist die Tatsache, dass die Fachaufsicht durch die Ministerien komplett versagt bzw. gar nicht erst stattgefunden hat.
Es fängt an bei der Abwesenheit von entsprechenden Rechtsvorschriften. Weiter geht es mit dem regelrechten Desinteresse beider Minister für das, was im OK-Referat passierte und ermittelt wurde. Das behaupteten sie jedenfalls in der Zeugenbefragung.
Es hat weder unter der Amtsführung von de Maizière noch unter Dr. Buttolo Einwände gegen Kritiken an der Arbeitsweise des OK-Referates gegeben. Im Gegenteil wurde die vielfach kritisierte Referatsleiterin Frau
Henneck von Dr. Buttolo für ihr besonderes Engagement mit einer Prämie ausgezeichnet. Jetzt soll sie an allem schuld sein. Das ist doch absolut unglaubwürdig, meine Damen und Herren.
Zuerst führt die Koalition bzw. damals noch die CDU die OK-Beobachtung durch den Verfassungsschutz unter großem Tamtam ein, und dann kümmert sich kein Mensch mehr darum.
Auch hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten, Herr Buttolo: Entweder ist das die Wahrheit, dann müssten Sie den Wählerinnen und Wählern allerdings erklären, warum hier im Sächsischen Landtag überhaupt Gesetze verabschiedet werden. Oder Sie und Ihr Vorgänger haben das Referat gar nicht so am langen Gängelband laufen lassen, wie Sie es in der Befragung behauptet haben. Dann müssten Sie uns allerdings erklären, was Sie wirklich wussten.
Das gilt auch und insbesondere für die sogenannte Teebeutel-These, nach der der Polizeibeamte Wehling zugleich Hinweisgeber und Zeuge gewesen sein soll. Da hat sich der inzwischen neue Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Herr Boos, zwar eine schöne Legende zusammengereimt – leider ist sie falsch.
Wer im Ausschuss nur ab und an die Ohren gespitzt hat, der weiß doch: Die Reduzierung der Akten auf den Fallkomplex Abseits III ist unzulässig. Die Akten dieses Fallkomplexes stellen lediglich einen Bruchteil der gesamten Aktenlage dar. Ohnehin lag der Schwerpunkt der Arbeit auf Abseits II Vogtland. Abseits III kam erst viel später als Ermittlungsgegenstand dazu.
Fest steht auch, dass sich Abseits III nicht auf Gemag reduzieren lässt, wobei hier auch noch unklar ist, wie viele Quellenaussagen in die Akte Gemag eigentlich eingeflossen sind.
Die Gespräche von Schlapphüten mit Polizei und Staatsanwaltschaft standen im Übrigen auch regelmäßig auf der Tagesordnung. Wehling war kein Einzelfall.
Die These, der Kern der Akten basiere im Wesentlichen auf zweimal verwendeten Aussagen der Quelle Gemag, ist schon deshalb falsch, weil mit ihm erst kurz vor dem Abschluss der Arbeit des OK-Referates überhaupt geredet worden ist.
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Die TeebeutelThese eignet sich bestenfalls für die Märchenstunde in der Kuppel der nahegelegenen Yenidze, nicht jedoch für den Abschlussbericht hier im Sächsischen Landtag.
Meine Damen und Herren! Sie werden verstehen, dass ich als Mitglied der PKK auch zu der Frage Stellung beziehen werde, ob und wie die PKK ausreichend informiert wurde. Der Abschlussbericht der Koalition stellt fest, dass die Unterrichtungspflichten des Staatsministeriums des Innern bzw. die Anforderungen an diesen – Zitat – „überspannt“ seien. Verstöße gegen Informationspflichten konnten angeblich nicht festgestellt werden.