Wahl des Präsidenten und weiterer Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen (gemäß § 3 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen)
Meine Damen und Herren! Gemäß § 3 Abs. 3 Sächsisches Verfassungsgerichtshofgesetz wählt der Sächsische Landtag den Präsidenten, weitere Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Aussprache in geheimer Wahl mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder.
Im ersten Aufruf wählen wir zunächst den Präsidenten und weitere ordentliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Hierzu berufe ich aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission: von der Fraktion der PDS Frau Roth als Leiterin, CDU Herr Colditz, SPD Frau Dr. Raatz, NPD Herr Schmidt, FDP Herr Dr. Martens
Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache die als Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes vorgesehenen Kandidaten aufgeführt sind. Sie können sich zu den Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung entscheiden. Wer die erforderliche Zweidrittelmehrheit – das sind 83 Jastimmen – erhält, ist gewählt. Wir beginnen mit der Wahl. Nach Alphabet rufe ich auf:
Meine Damen und Herren! Sind Abgeordnete im Saal, die ich noch nicht aufgerufen habe? – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen folgenden Ablauf vorschlagen: Die Wahlkommission nimmt jetzt die Auswertung der Wahlscheine vor. Wir setzen unsere Beratung mit der Behandlung der ersten Großen Anfrage fort. Nach der Großen Anfrage erfolgt die Bekanntgabe des Ergebnisses der Richterwahl. Der zweite Wahlgang, also der für die Wahl der Stellvertreter, schließt sich an. Bei der Auswertung des Ergebnisses der Wahl der Stellvertreter bitte ich Sie, im Saal zu bleiben, weil im Anschluss daran die Vereidigung aller von uns neu gewählten Richter stattfindet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge der ersten Runde: CDU, SPD, PDS, NPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rechtzeitig zu Beginn des Polnischen Jahres in Deutschland bzw. des Deutschen Jahres in Polen, wie es die deutsche Bundesregierung und die Regierung der Republik Polen für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis zum 30. April 2006 vereinbart haben, liegt uns die Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vor. Die Beantwortung der insgesamt 20 Fragen zieht eine alles in allem gute Bilanz der Beziehungen in allen Politikbereichen auf staatlicher, kommunaler, institutioneller und privater Ebene, deren Rahmen insbesondere die Regionalpartnerschaft zwischen dem Freistaat Sachsen und der Woiwodschaft Niederschlesien bildet. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte auf einige Schwerpunkte eingehen, die meines Erachtens hervorhebenswert sind. Dabei beschränke ich mich auf die Bereiche Justiz und Polizei, Brand- und Katastrophenschutz sowie die Wirtschaftsbeziehungen. Mein Kollege Marko Schiemann wird nachher noch einige ergänzende Bemerkungen dazu machen.
Zu begrüßen sind die regelmäßigen Kontakte und der Informationsaustausch im Bereich der Justiz, unter anderem zur gemeinsamen Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und zur Rechtshilfe bei Straftaten. Positiv werden die erweiterten Möglichkeiten der Kooperation durch das Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen der Bundesrepublik und der Regierung der Republik Polen über die Zusammenarbeit der Polizei- und Grenzschutzbehörden in den Grenzgebieten bewertet. Unter anderem gibt es Kooperationen bei der Prävention
und der Bekämpfung von Straftaten, bei der Überwachung des Verkehrs sowie bei der Aus- und Fortbildung der Bediensteten. Gemeinsame Übungen und Polizeistreifen sind vielerorts bereits die Regel.
Im Juli 2002 wurde zwischen der Republik Polen und dem Freistaat Sachsen eine Vereinbarung über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen geschlossen. Damit wurde ein rechtliches Fundament für die seit Jahren praktizierte gute Zusammenarbeit mit polnischen Einsatzkräften gelegt. Während der Hochwasserkatastrophe in Sachsen im Jahr 2002 waren polnische Einsatzkräfte auf sächsischer Seite unter anderem bei Pumparbeiten in Gebäuden entlang der Elbe im Einsatz – ein beredter Beweis für diese gute Zusammenarbeit.
Meine Damen und Herren! Das Außenhandelsvolumen hat sich sehr dynamisch entwickelt. Betrug das Handelsvolumen 1993 noch 233 Millionen Euro, erreichte es im Jahr 2003, also zehn Jahre später, fast 1,4 Milliarden Euro. Haupthandelsgüter sind Fahrgestelle, Karosserien, Motoren und Fahrzeugteile. Zu beobachten ist, dass sächsische Unternehmen die in den mittel- und osteuropäischen Ländern bestehenden Kostenvorteile durch die Bildung von Provisionsverbänden mit Partnern in diesen Ländern nutzen.
Meine Damen und Herren! Aus meinem persönlichen Erleben als Abgeordneter eines Grenzkreises kann ich mich an kein kommunalpolitisches oder kulturelles Ereignis der letzten zehn Jahre erinnern, an dem nicht auch polnische Partner teilnahmen, mit denen sich von persönlichem Vertrauen geprägte Beziehungen entwickelten, die die gegenseitige Annäherung befördern.
Die Tatsache, dass sich die deutsche Stadt Görlitz gemeinsam mit ihrer polnischen Schwesterstadt Zgorzelec
für das Projekt „Kulturhauptstadt Europa 2010“ bewirbt, ist nicht nur ein hervorragender Beweis für das Zusammenwachsen dieser beiden Städte, sondern auch ein Beweis für die gute Kooperation zwischen dem Freistaat und der Republik Polen, insbesondere der Partnerwoiwodschaft Niederschlesien.
Das Konzept der Europastadt Görlitz/Zgorzelec, das auf Kultur, Bildung und die Künste als Grundlage europäischen Zusammenlebens setzt, verkörpert wie kein anderes die Idee der europäischen Einigung: eine europäische Stadt zweier Nationen, zweier Sprachen, zweier Kulturen. Die Stadt hat ihre Chance in der Bewerbung um die nationale Nominierung zur „Kulturhauptstadt Europa 2010“ mit einem starken Konzept gewahrt. Mit der Auswahl durch eine unabhängige Expertenjury der Kultusministerkonferenz hat Görlitz ein wichtiges Etappenziel erreicht und gehört nun zu den Favoriten in der Endrunde um die Bewerbung „Kulturhauptstadt Europa 2010“.
Im Ringen um die Erreichung dieses Ziels können sich die Görlitzer der leidenschaftlichen Unterstützung ihrer Nachbarn jenseits der Neiße sicher sein.
Meine Damen und Herren! Wenn wir im Rahmen der Diskussion zu dieser Großen Anfrage so selbstverständlich über unsere guten Beziehungen zu Polen sprechen, deren Details in dankenswerter Ausführlichkeit in der Antwort der Staatsregierung vor uns ausgebreitet werden, so komme ich gerade in diesem Jahr nicht umhin, noch einmal unsere gemeinsame schmerzliche Vergangenheit in Erinnerung zu rufen.
Meine Damen und Herren! 60 Jahre nach Beendigung des von Deutschland entfesselten furchtbarsten Krieges in der Geschichte der Menschheit, dessen erstes Opfer Polen war, rücken wir als gute Nachbarn in der Gemeinschaft der freien Völker Europas immer enger zusammen. Das hätte im Mai 1945 niemand auch nur im Entferntesten zu träumen gewagt. Dazu haben die christlichen Kirchen beider Länder einen entscheidenden Beitrag geleistet.
Noch zur Zeit der kommunistischen Herrschaft, im November 1965, wagten es die katholischen Bischöfe Polens, einen Hirtenbrief an ihre deutschen Amtsbrüder zu senden, der in dem entscheidenden Satz gipfelte: „Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung.“ – Ein mutiger Schritt, der in Polen nicht nur auf Zustimmung stieß. Die im Schoß der evangelischen Kirchen Deutschlands von Präses Dr. Lothar Kreißig gegründete „Aktion Sühnezeichen“ führte Hunderte Jugendliche aus der Bundesrepublik und später auch aus der DDR mit jungen Polen zu Pilgerfahrten und Arbeitseinsätzen an den Stätten der früheren Konzentrationslager zusammen. Keine Frage, dass diese Aktivitäten von Stasi und polnischem Geheimdienst argwöhnisch verfolgt wurden.
Unsere polnischen Freunde, mit denen wir uns als Mitglieder der evangelischen und katholischen Studentengemeinden der DDR Ende der sechziger Jahre in Warschau, Leipzig und Rostock trafen, waren später Ak
tivisten der Solidarnosc, die mit ihrer mutigen Streikbewegung das Ende der kommunistischen Diktatur in Europa einzuläuten begann.
Meine Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, dass mein verstorbener Freund Günter Särchen aus meiner Heimatstadt Wittichenau, ein Mitbegründer der „Aktion Sühnezeichen“ in der DDR, für sein Engagement zur Versöhnung zwischen Deutschen und Polen 1990 durch den polnischen Präsidenten Tadeusz Mazowiecki mit dem Kommandeurskreuz zum Verdienstorden der Republik Polen, dem höchsten Orden für Ausländer, ausgezeichnet wurde; lange bevor man ihn zu Hause in Deutschland für würdig befand, mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet zu werden. Meine Damen und Herren! Wenn auch schon manches erreicht wurde, ist noch viel für die Verbesserung unserer Beziehungen mit Polen zu tun. 50 Partnerschaften von Städten und Gemeinden aus Sachsen und Polen sowie 93 Schulpartnerschaften sind Zahlen, die noch verbesserungsfähig sind. Das gilt auch für das Erlernen der Sprache des anderen, die für die Verständigung unverzichtbar ist, wobei uns die Polen sichtbar überlegen sind. Gemeinsame Kindertagesstätten und Schulen könnten hilfreich sein, die andere Sprache zu erlernen. Dabei sind aber noch viele bürokratische Hürden zu überwinden. Unser Ministerpräsident gibt uns in dieser Hinsicht ein leuchtendes Beispiel, das zur Nachahmung herausfordert. Er bemüht sich intensiv, die polnische Sprache zu erlernen. Meine Damen und Herren, deshalb begrüße ich auch den Vorschlag der polnischen Regierungsbeauftragten Irina Lipowicz, die arbeitslose oder nicht ausgelastete sächsische Lehrer nach Polen eingeladen hat, um den Deutschunterricht an polnischen Schulen zu verbessern. Zur Begründung führte die Warschauer Politikerin die große Nachfrage nach Deutschunterricht in ihrem Heimatland ebenso an wie den sehr persönlichen Beitrag, den diese Lehrer für ein besseres deutsch-polnisches Verhältnis leisten könnten. Für die berühmte, fachkompetente und lebenserfahrene PDS-Abgeordnete Julia Bonk ist das allerdings eine falsche Diskussion, wie ihrer Antwort in der „SZ am Sonntag“ zu entnehmen ist, da wir in Sachsen nach ihrer Meinung nicht zu viele Lehrer, sondern zu wenig Lehrerstellen hätten. Frau Bonk, wir haben zu wenige Kinder. Ihre Kolleginnen Frau Mattern und Frau Kagelmann haben das begriffen.
Meine Damen und Herren! Wir wollen gute Beziehungen mit unserem Nachbarn Polen. Deshalb sind wir für offene Grenzen und keine neuen Mauern, wie die NPD sie fordert. Das hatten wir schon einmal.
Wir wollen aber Ordnung an der Grenze und kein VisaChaos à la Joschka Fischer, das der organisierten Kriminalität Tür und Tor öffnet.
Deshalb müssen wir unseren Freunden in Polen auch ganz ehrlich sagen: Eine verfrühte Aufhebung der Personenkontrollen im Sinne des Schengener Abkommens ab 2007, ohne dass die entsprechenden Voraussetzungen bestehen, wäre für unsere Nachbarschaft alles andere als nützlich,