Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jetzt nicht, ich spreche gerade mit Herrn Lichdi.

(Leichte Heiterkeit)

Zur Wasserrahmenrichtlinie: Sie haben zwar deutlich darauf hingewiesen, dass unser Bericht ausweist, dass wir die Ziele nicht erreicht haben. Das ist richtig, dazu haben wir den Bericht ja auch erstellt, so wie wir dafür auch verantwortlich sind. Gleichzeitig heißt das aber nicht, dass wir schlecht sind, denn wenn Sie es richtig gelesen haben und vor allen Dingen den Quervergleich mit anderen Elbe-Anrainer-Ländern gelesen haben, dann stehen wir nicht schlechter da, sondern wir stehen sogar leicht besser da – zugegebenermaßen noch nicht gut genug. Und dass wir keine Querbauwerke in Sachsen haben – von den 300, von denen Sie gesprochen haben –, ist auch eine Tatsache. Das heißt also, wir haben aufgrund einer gewissen Historie und historischer Beschlüsse der klugen Stadtväter von Dresden und letztendlich aller Elbe-Anrainer im Freistaat Sachsen keine Querbauwerke auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen. Deswegen, glaube ich, sind wir an dieser Stelle tatsächlich vorbildlich.

Herr Staatsminister, möchten Sie noch die Anfrage des Abg. Scheel beantworten?

Ja, jetzt soll Herr Scheel das Wort bekommen, bevor ich meinen Abschlusssatz sage.

Vielen Dank, Herr Tillich. – Können Sie mir denn sagen, wie viele Minister der Elbeanrainenden Länder anwesend waren?

Sie haben mich ja auf Mecklenburg-Vorpommern ganz besonders angesprochen; deswegen habe ich Ihnen die Antwort dazu gegeben. Anwesend waren meines Wissens Sachsen-Anhalt, Sachsen, und das war es auch schon.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Aber Sie haben mich ja auf die besondere

Vertretung der rot-roten Regierung hingewiesen; ich wollte Ihnen nur sagen, warum ich sie vertreten musste. Jetzt zu Staustufen und Elbehäfen bzw. Elbehäfen in der Tschechischen Republik nur ein Hinweis, meine Damen und Herren: Nicht die Elbehäfen werden darüber entscheiden, ob die Elbe-Staustufen gebaut werden – sie werden sie nicht finanzieren –, sondern diese Entscheidung hat die Tschechische Republik zu treffen und ich gehe nach wie vor davon aus, wie ich es ausdrücklich betont habe, dass wir genauso wie in der Vergangenheit auch zukünftig an der UVP-Planung von der Tschechischen Republik formal beteiligt werden, und wir werden unsere Beteiligung letztendlich auch geltend machen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Danke schön. – Gibt es daraufhin seitens der Fraktionen nochmals einen erweiterten Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort. Es haben das Schlusswort die Fraktionen der CDU und der SPD zusammen 5 Minuten und die FDP danach ebenfalls 5 Minuten. Frau Windisch, Sie sind mir angekündigt worden; bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Flusssystem wie das der Elbe ist eine hoch komplexe Einheit. Nutzungskonflikte sind dabei nicht ausgeschlossen. Die wirtschaftliche Nutzung der Wasserstraße Elbe weckt aus der Sicht der Hafen- und Schifffahrtswirtschaft natürlich Begehrlichkeiten nach einem möglichst ganzjährig berechenbaren und kalkulierbaren Wasserstand. Herr Staatsminister Tillich hat in seinem Redebeitrag noch einmal deutlich gemacht, wie die Beziehung zwischen Staatsregierung und Hafengesellschaft ist. Deshalb ist es unredlich, der Staatsregierung Falschspiel vorzuwerfen. Die Äußerung von tschechischer Seite ist möglicherweise unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit zu verstehen; denn die Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter auf sächsischer Seite weckt natürlich auch in Tschechien, wo flussaufwärts ab Hrˇenskó nur noch 1,40 Meter gegeben sind, Begehrlichkeiten auf eine technische Erhöhung des Wasserstandes. Entsprechende Äußerungen kann man den dortigen Gesellschaften nun einmal nicht verbieten. Am Ende entscheiden aber andere.

Die geplanten Staustufen sind im Übrigen keine neuzeitliche Erfindung. Elbe und Moldau bestehen auf tschechischer Seite aus einer ganzen Kaskade von Stauanlagen, ohne die derzeit die Schiffbarkeit des Flusses an über 300 Tagen im Jahr undenkbar wäre. Es handelt sich hierbei auch um nationales Gewohnheitsrecht, das wir von sächsischer Seite aus nicht außer Kraft setzen können. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben dem Erreichten hinsichtlich der Verbesserung der Gewässergüte, also der Senkung der Schadstofffracht, steht die Verbesserung der Ökologie und der Gewässerstruktur ganz oben auf der Agenda. Die Reduzierung der Querbauwerke, vor allem der Wehre in den Zuflüssen, ist bereits angesprochen worden. Dies ist im Interesse der Durchgängigkeit der Fließgewässer fortzusetzen. Nur so kön

nen die Flussfische in ihre Laichgebiete gelangen, haben Amphibien und andere in den Uferzonen lebende Tiere artgerechte Lebensräume.

Die natürlichen Uferzonen erhöhen den Hochwasserschutz, der die dritte wichtige Säule der Flussgebietsbewirtschaftung darstellt. Hochwasserschutz und Rückhaltung, Maßnahmen zur mechanischen und biologischen Vorreinigung der in die Fließgewässer eingeleiteten Abwässer, die Reduzierung der Schadstoffeinträge von landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie die Renaturierung der Gewässerrandzonen dort, wo es auch im Interesse der Gesellschaft liegt – all das ist Inhalt eines Maßnahmenbündels zum Schutz des Ökosystems der Elbeeinzugsgebiete, dem sich der Freistaat Sachsen verpflichtet hat und das wir als sächsisches Parlament im Interesse künftiger Generationen aktiv unterstützen sollten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das war das Schlusswort seitens der Koalition. Wird von der FDP-Fraktion das Schlusswort gewünscht? – Sie verzichtet. Danke schön.

Meine Damen und Herren, wir nähern uns den Abstimmungen. Wir haben über zwei Drucksachen zu beraten. Als Erstes rufe ich die Drucksache 4/1426, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, auf. Dazu liegen zwei Änderungsanträge vor.

Der erste Änderungsantrag wird von der Fraktion der GRÜNEN eingebracht. Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen mit unseren Änderungsanträgen den Koalitionsantrag ergänzen. Zu Punkt 4 habe ich vorhin gesprochen; es geht um die Beteiligung Sachsens an den entsprechenden Firmen. Herr Staatsminister Tillich, Ihre Äußerung, dass Tschechien über den Bau entscheidet, ist richtig. Dennoch bleibt aus unserer Sicht die Frage zu beantworten, ob es sein kann, dass politische Lobbyarbeit für die Staustufen mit Geldern sächsischer Steuerzahler finanziert wird, wenn sich die Sächsische Staatsregierung zugleich dagegen wendet, möglicherweise auch noch in einem grenzüberschreitenden Verfahren. Ich erhoffe mir insoweit eine Klarstellung. Herr Staatsminister Jurk hat jetzt leider die Räumlichkeiten verlassen. Zu den Punkten 5 und 6. Wie haben sich die Wasserstände entwickelt? Wir wissen aus Sachsen-Anhalt, dass sich in den neunziger Jahren die Zahl der Tage, an denen die Elbe nicht schiffbar war, dramatisch und dauerhaft erhöht hat. Wir würden gern wissen, wie sich die entsprechende Entwicklung in Sachsen darstellt. In der Abschichtung siebziger Jahre, achtziger Jahre, neunziger Jahre und Jahre ab 2000 können wir einen klaren Trend erkennen, der unserer Auffassung nach offensichtlich durch den Klimawandel verursacht ist. Wenn Sie mir nicht glauben wollen, rate ich Ihnen – ich habe es schon öfters gesagt –, in die Studie des Landesamtes für Umwelt und Geologie vom Februar zu schauen; dort ist es nachzulesen.

Frau Windisch und der Herr Staatsminister haben gesagt, dass wir an 345 Tagen im Jahr eine Fahrrinne von 1,60 Meter haben. Das ist heute noch so. Ob das aber in zehn oder zwanzig Jahren noch der Fall sein wird, steht aus unserer Sicht in Frage. Dann ist der Bau von Staustufen noch illusorischer und noch wahnwitziger als ohnehin. Wir wünschen uns, dass das in der Öffentlichkeit entsprechend dargestellt und aufgearbeitet wird.

Zu Punkt 7 unseres Änderungsantrages. Wir erkennen an, dass sich die Staatsregierung in das tschechische Verwaltungsverfahren eingebracht hat. Von daher verstehen wir nicht, warum Sie dem nicht zustimmen können. Das wäre eine Klarstellung, dass Sie sich tatsächlich dort beteiligen.

Unter Punkt 9 fordern wir die Beteiligung des Umweltausschusses. Wenn wir uns hier alle einig sind, verstehe ich nicht, warum die Staatsregierung ihre Stellungnahme nicht auch dem Umweltausschuss vorlegen kann, bevor sie den tschechischen Behörden im Rahmen eines Planungsverfahrens zugeleitet wird.

Summa summarum: Wir stellen oft konfrontative Anträge, Herr Tillich. Aber das ist beileibe keiner. Eigentlich sollten Sie dem zustimmen können.

Vielen Dank!

Danke schön. – Möchten die Fraktionen dazu Stellung nehmen? – Frau Windisch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was würde sich ändern, wenn wir dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen würden? An der Tatsachenlage faktisch nichts! Es ist müßig zu spekulieren, was wäre, wenn. Wir sind gegen die Errichtung von Staustufen. Deshalb müssen wir keine Studien oder sonstigen Untersuchungen zu der Frage in Auftrag geben, was nach der Errichtung von Staustufen passieren würde. Also haben sich diese Punkte in Ihrem Änderungsantrag erledigt. Zu den Punkten 8 und 9 Ihres Änderungsantrages. Es bleibt festzuhalten, dass es keine Veranlassung gibt, die Staatsregierung per Beschluss des Landtags zum pflichtgemäßen Handeln aufzufordern. Es sei noch einmal grundsätzlich festgehalten, dass es sich bei der Abgabe von Stellungnahmen im Rahmen einer grenzüberschreitenden UVP um Verwaltungshandeln handelt.

Des Weiteren sei darauf verwiesen, dass es nicht, wie in der Begründung zu Punkt 8 des Antrags vermerkt ist, erst einer Erklärung Sachsens gegenüber Tschechien bedarf, im UVP-Verfahren überhaupt beteiligt werden zu wollen. Tschechien hat bereits 2000, als die anderen beiden Staustufen in Rede standen, das heißt zu einem Zeitpunkt, als Tschechien noch nicht Mitglied der EU war, die sächsische Stellungnahme zum geplanten Ausbau dieser Staustufen eingeholt und wohl auch berücksichtigt; denn es ist nicht zur Realisierung dieses Projektes gekommen. Wir gehen davon aus, dass sich Tschechien jetzt – als Mitglied der EU – an die entsprechenden EURichtlinien hält.

Noch eine Bemerkung zur Ehrlichkeit hinsichtlich der Zielerreichung: Jawohl, es ist so, dass in einigen Ab

schnitten – das sind die Elb-Abschnitte, die wir hier vor unserer Tür haben – die Zielerreichung unwahrscheinlich ist. Oder wollen wir die Brühlschen Terrassen renaturieren? Oder wollen wir die Wasserfront von Schloss Pillnitz wieder naturnah gestalten? Die Elbe ist nicht nur Natur-, sondern auch Kulturlandschaft, von Menschenhand geschaffen. In einer Kulturlandschaft wird es immer Bereiche geben, in denen das gesellschaftliche Interesse an der Bewahrung des Geschaffenen höher wiegen wird als die Ziele der Renaturierung.

In diesem Sinne können wir dem Landtag nur empfehlen, diesen Antrag abzulehnen.

Danke schön. – Gibt es weitere Meinungen zu diesem Änderungsantrag? – Herr Kollege Scheel, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Wir sind durchaus bereit, mit Punkt 4 des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitzugehen. Zu Punkt 5 würde ich Ihnen empfehlen, noch einmal im Internet zu recherchieren; dort ist das nachlesbar. Das soll für uns kein Grund sein, den Punkt vollkommen abzulehnen.

Zu Punkt 6 würde ich Ihnen empfehlen, Ihren Bundesumweltminister zu fragen. Da es sich um eine Bundeswasserstraße handelt, ist er dazu wahrscheinlich aussagefähiger.

Bei Punkt 7 gibt es ein Gutachten. Es hat ein Planfeststellungsverfahren gegeben. Da könnten wir einmal einen bilateralen Austausch machen.

Punkt 8 ist auf jeden Fall per Gesetz geregelt. Das bedarf nicht noch einer Extraregelung hier im Landtag, sondern das muss eigentlich passieren.

Trotz allem werden wir Ihren Antrag nicht ablehnen. Ist das nicht nett?

(Beifall bei der PDS)

Danke schön, Herr Kollege Scheel. – Das war kein konkreter Antragswunsch. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/2371. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe! – Danke schön. Die Stimmenthaltungen! – Bei einer größeren Anzahl von Pro-Stimmen und Stimmenthaltungen ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir haben zum gleichen Grundantrag einen Erweiterungsantrag seitens der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/2375. Wird er noch einmal eingebracht, Herr Scheel? – Das ist nicht der Fall. Möchte jemand aus dem Parlament zu diesem Änderungsantrag Stellung nehmen? – Frau Windisch noch einmal, bitte.

Wir empfehlen, den Antrag abzulehnen. Bereits seit 03.03.2005 steht unter www.bmu.de die Ministererklärung der Elb-Ministerkonferenz und die Bestandsaufnahme zu Gewässergüte und Gewässerstruktur.

Danke schön. – Herr Scheel noch einmal? – Nein. Damit können wir diesen Änderungsantrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 4/2375 zur Abstimmung bringen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei keiner Stimmenthaltung und einer reichlichen Anzahl ProStimmen ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen somit zum Originalantrag, dem Antrag der Fraktionen CDU und SPD, Drucksache 4/1426. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen! – Die Stimmenthaltungen! – Bei wenigen

Gegenstimmen und 2 Stimmenthaltungen hat das Haus dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt. Meine Damen und Herren! Wir haben zwei Anträge. Ich rufe jetzt den Antrag in der Drucksache 4/2218, Antrag der FDP, auf. Die Diskussion war abgeschlossen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe! – Danke schön. Die Stimmenthaltungen! – Danke schön. Bei einer größeren Anzahl von Gegenstimmen und einer geringeren Anzahl von Stimmenthaltungen ist diesem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt 9 ist demzufolge beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Maßnahmenpaket der Staatsregierung zur Verhinderung von Zwangsumzügen beim Vollzug des Sozialgesetzbuches II (Hartz IV) in Sachsen

Drucksache 4/1841, Antrag der Fraktion der PDS