Sie, meine Herren von den Koalitionsfraktionen, haben ebenfalls festgestellt, dass es in Sachsen wesentlich mehr kleine Unternehmen als in den alten Bundesländern gibt. Diese können eben oftmals eine komplexe Ausbildung nicht alleine leisten. Deshalb muss die Verbundausbildung stärker gefördert werden. Ich finde es löblich, dass Sie das in Ihren Reden schon erwähnt haben.
Des Weiteren haben wir viele Unternehmen, die im Bereich der neuen Technologien tätig sind. Heute werden dort Innovationen entwickelt und morgen werden Fachkräfte gebraucht. Doch eine passfähige Ausbildung gibt es einfach nicht, so dass in Zukunft entweder Fachkräfte teuer eingekauft werden müssen oder die Unternehmen abwandern.
Klinger ist mein Name! Es ist leider so, dass in Sachsen viele Leute einfach überbetrieblich für die Arbeitslosigkeit ausgebildet werden, Herr Lämmel. Aber es reicht eben nicht aus, irgendwelche Förderprogramme aufzulegen. Es geht doch um Ausbildung mit Qualität. Es geht um Ausbildung, die eine Zukunft in der Erwerbsarbeit sichert. Eine effektive Ausbildungsförderung muss deshalb mit der Wirtschaftsförderung abgestimmt sein. Jetzt kommt eine Idee, die ich schon in meinen letzten Reden erwähnt habe. Ich werde sie hier nochmals anbringen: Es ist die Idee einer Zukunftskommission, einer Kommission, die sich nicht nur einmal im Jahr trifft, sondern die kontinuierlich arbeitet und die sich über Bedarf und Trends der Wirtschaft, der Fachkräfte und deshalb auch der nötigen Ausbildung und deren Förderung verständigt. Sicherlich, es wird Vorschläge geben, die Geld kosten, Geld, das wir angeblich nicht haben. Aber wer einfach so 300 Millionen Euro für die Zukunft der Landesbank ausgeben kann, der sollte auch noch zehn Millionen Euro für die Zukunft der sächsischen Jugend übrig haben – es sei denn, Sie haben die Jugend schon abgeschrieben.
Aber es scheint so zu sein, dass doch langsam die Einsicht kommt, meine Damen und Herren: Wir stehen am Scheideweg, entweder so weiter wie bisher oder eben der Zukunft zugewandt, und ob Sie wirklich klotzen oder kleckern, das werden die kommenden Wochen zeigen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon am 11.05. ging unser Antrag mit der Drucksachennummer 4/1613 in den Geschäftsgang. Am 09.06. dann, also fast einen Monat später, zogen die Regierungsparteien mit einem inhaltlich fast identischen Antrag nach. Wir werden Ihrem Antrag ebenso wie den Änderungsanträgen zustimmen und darüber hinaus für den Zeitraum nach der Bundestagswahl eigene parlamentarische Initiativen einbringen, schon um sicherzustellen, dass Sie sich nicht nur zu Wahlkampfzwecken der Thematik widmen. Dazu ist der Komplex berufliche Erstausbildung viel zu wichtig. Ob mit Blick auf das künftige Fachkräftepoten
zial des Freistaates, ob mit Blick auf die persönlichen Perspektiven der jungen Menschen oder ob mit Blick auf das Abwanderungsproblem in Sachsen, es handelt sich um eines der wichtigsten Themen überhaupt.
Gerade in Sachsen muss die Ausbildungsförderung in einem engen Zusammenhang mit der Mittelstandspolitik stehen. Aber mittelstandspolitisch wurden völlig falsche Weichen gestellt, nicht zuletzt durch die expansionswütige EU-Osterweiterung. Aber das hat meine Fraktion ja schon öfter angesprochen und wird es auch in Zukunft tun.
Meine Damen und Herren! Die „Freie Presse“ vom 09.06. berichtete, dass derzeit dreieinhalb Anwärter auf einen ausgeschriebenen Ausbildungsplatz kämen und noch 29 234 Jugendliche – also, ich habe wahrscheinlich die gleichen Zahlen wie Herr Lämmel – im Freistaat unversorgt seien. Es ist äußerst fraglich, ob diesem Problem durch eine Reduzierung der Förderpolitik rein auf die Ausbildung ohne Berücksichtigung der Rahmenbedingungen überhaupt beizukommen ist.
CDU und SPD sprechen von einer Intensivierung der Ausbildungsoffensive, ohne dies jedoch zu konkretisieren. Ich möchte hierzu feststellen, dass eine Intensivierung der bisherigen Förderinstrumente vielleicht zu Kostenersparnissen führt, doch das eigentliche Hauptproblem der mangelnden Ausbildungsstellen – ich meine jetzt die betrieblichen Ausbildungsstellen – wird nicht gelöst. Diese Feststellung trifft übrigens auch die Studie des ISG Dresden zur beruflichen Bildung im Freistaat.
Einstiegsqualifizierungen, berufsvorbereitete Maßnahmen und überbetriebliche Plätze können nicht als Erfolge interpretiert werden, meine Herren und Damen. So etwas ist pure Selbsttäuschung. Es ist zwingend nötig, dass wir die Jugend in Sachsen halten. Allein im Jahr 2003 haben uns fast 3 500 unserer Kinder verlassen, um in einem anderen Bundesland eine Lehrstelle anzutreten. Sachsen überaltert, meine Damen und Herren!
Wenn es der Freistaat wirklich ernst damit meint, jedem Ausbildungssuchenden auch einen Ausbildungsplatz zu verschaffen, dann müssen wir uns zu einer bisher von Ihnen noch nicht erwähnten Entscheidung durchringen. Subventionsmentalität oder Mitnahmeeffekte hin oder her, ohne die direkte Zuschussförderung wird es uns angesichts der vorherrschenden Lage nicht gelingen, eine ausreichende Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze zu schaffen. Ich denke, der Schwerpunkt Berufsausbildung in Sachsen rechtfertigt aber eine solche Entscheidung. Die direkte Zuschussförderung ist seit 1999 um weit mehr als 15 Millionen Euro gesunken – das sind etwa 60 % –, von 24,4 Millionen Euro auf nur noch fünf Millionen Euro im Jahr 2003.
Glauben Sie mir bitte – es wurde auch schon angesprochen –, Sie werden den arbeitslosen Berufsanfängern nicht erklären können, warum Sie einerseits einer skandalgebeutelten Landesbank Kapitalerhöhungen in dreistelliger Millionenhöhe zuschieben, aber die Zusatzförderung für betriebliche Ausbildung kontinuierlich herunterfahren.
Ich möchte noch einen weiteren Vergleich anstellen und bitte Sie, jetzt genau zuzuhören. Die NPD hält es für einen Skandal, dass in Sachsen jährlich weit mehr Millionen Euro für abgelehnte Asylanten ausgegeben werden als für die Förderung der beruflichen Erstausbildung.
Hier stehen 53 Millionen Euro Gesamtaufwendungen für Ausbildung rund 63 Millionen Euro Asylkosten gegenüber, nachzulesen im gerade von Ihnen verabschiedeten Haushalt,
Einzelplan 03, Titelgruppe 63, Frau Lay. Ich versichere Ihnen, dass auch davon jeder Haushalt in Sachsen erfahren wird.
Ich gestatte keine Zwischenfragen. – Noch einmal zu den Altbewerbungen, die wir in unserem Antrag auch berücksichtigt hatten. Wir begrüßen es außerordentlich, dass das Kabinett bei den neuen Förderrichtlinien zur beruflichen Erstausbildung die Lösung der Altbewerbungsproblematik in den Mittelpunkt stellt oder stellen will. Wir werden die Umsetzung dieser neuen Richtlinien genau beobachten und uns je nach Bedarf kritisch dazu äußern.
Meine Damen und Herren! Der Ursprungsantrag ist aus unserer Sicht zwar nicht optimal, aber es freut uns, dass wir etwas anstoßen konnten. Deshalb wird unsere Fraktion diesem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Koalitionsfraktionen heißt „Ausbildungsoffensive 2005“. Diese scheint, wenn man das Handeln der Staatsregierung und auch die Äußerungen einiger Minister der Staatsregierung sieht, dringend erforderlich. Ich begrüße es ausdrücklich, dass der Ministerpräsident das Thema Lehrstellenmarkt zur Chefsache macht. Es schien auch sehr notwendig zu sein, dass dieser Schritt erfolgt. Allerdings hoffe ich, dass das nicht nur Worte sind, sondern wirklich Taten folgen.
Die Situation – und das haben alle Redner geschildert – ist schwierig. Da gibt es kein Drumherumreden. Wir haben strukturelle Probleme mit unserem dualen Ausbildungssystem, mit der Ausbildung generell und wir
In dieser Situation ist es umso wichtiger, dass auch die Staatsregierung ihre Hausaufgaben macht. Das, was sie machen kann, zum Beispiel den Unternehmen Klarheit geben, nach welchen Kriterien gefördert wird, das sollte sie rechtzeitig machen. Wenn ich mir den Eiertanz um die aktuelle Förderrichtlinie anschaue, muss ich sagen, dass hier die Hausaufgaben nicht gemacht wurden.
Seit Dezember, Herr Jurk, liegen in Ihrem Hause die Empfehlungen der entsprechenden Arbeitsgruppe vor. Am Dienstag haben Sie die Förderrichtlinie der Presse vorgestellt – jetzt, unmittelbar zu dem Zeitpunkt, zu dem die Unternehmen schon längst planen, ob sie ausbilden oder nicht.
Ja, Herr Jurk, aber die neue soll zum 1. Juli in Kraft treten. Sie können doch nicht von einem Unternehmen erwarten, dass es innerhalb weniger Tage entscheidet und sich umorientiert, wenn es gegebenenfalls mit Förderungen rechnet. Das funktioniert doch nicht, Herr Jurk.
Der Witz an dieser Geschichte: Nicht nur die Unternehmen haben keine Planungssicherheit, diese Richtlinie ist noch nicht einmal verfügbar, obwohl sie bereits der Presse vorgestellt wurde. So kann man das nicht machen, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der FDP – Karl Nolle, SPD: Das stimmt doch nicht! – Dr. André Hahn, PDS: Ist ja unerhört!)
Informieren Sie sich einmal bei den Partnern, die mit in der Arbeitsgruppe saßen, Herr Nolle, bevor Sie hier unqualifizierte Bemerkungen machen.
Man konnte ja in der Zeitung lesen, dass diese Richtlinie mit allen Partnern gemeinsam erarbeitet und abgestimmt wurde.
Nur, was ist denn die Wahrheit? – Diese Partner haben zum Teil erst aus der Zeitung erfahren, was in dieser Richtlinie steht. Ihnen liegt sie ebenfalls nicht vor.
Herr Nolle, was die SPD mit dem Thema Ausbildungsplatzabgabe gemacht hat, müssen wir hier nicht mehr auswalzen. Das war alles andere als eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese wird zu keinem einzigen Ausbildungsplatz mehr führen.