Protokoll der Sitzung vom 14.07.2005

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, PDS)

Warum spricht hier Herr Bartl von Herrn Hausbacher? Weil er die Sachverhalte nicht kennt. Demgegenüber stelle ich fest: Es hat von mir kein Verhandlungsangebot von 35 Millionen Euro gegenüber Herrn Hausbacher oder anderen Personen gegeben und ich habe auch niemanden beauftragt, dieses Verhandlungsangebot abzugeben. Alle anders lautenden Behauptungen sind falsch. Bereits die Höhe der Ergebnisse des Wertgutachtens des Rechnungshofes für die MDL – auch darüber wurde hier schon gesprochen – zeigt doch, wie abwegig die Vorstellung des Herrn Hausbacher über den Wert seiner Anteile ist. Ich bin gern bereit, diese Feststellung vor dem Untersuchungsausschuss zu bekräftigen und dies auch im Detail zu erläutern. Dort gehört es auch hin. Sie haben diesen Untersuchungsausschuss, die PDS und die NPD, extra zu diesem Zweck eingesetzt.

(Klaus Tischendorf, PDS: Ein schönes Bild!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Klaus Bartl, PDS, steht am Mikrofon.)

Nein! Ich gestatte keine Zwischenfrage. Ich habe Ihnen aber im Weiteren etwas vorzutragen, damit es im Untersuchungsausschuss möglich wird, diese

Dinge umfassend aufzuklären, und zwar auf sachlicher Grundlage. Ich möchte Ihnen eine eidesstattliche Versicherung, eine Versicherung an Eides statt, von Dr. Georg Schildge vorlesen, der an dem Gespräch teilgenommen hat.

„In Kenntnis über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Versicherung an Eides statt gebe ich, Dr. Georg Schildge, folgende Erklärung ab.

Erstens. Am 16.04.2005 traf ich anlässlich des Landespresseballs in Dresden zufällig und ohne vorherige Verabredung Herrn Staatsminister Dr. Metz, welcher mir seit einigen Jahren persönlich bekannt ist. In den frühen Morgenstunden des 17.04.2005 bat mich Herr Staatsminister Dr. Metz um die Teilnahme an einem Gespräch zwischen ihm und Herrn Waldow, den ich bis dahin nicht kannte. An diesem Gespräch war ich durchgängig anwesend, habe mich jedoch daran, jedenfalls soweit es den obigen Sachverhalt betrifft, mangels eigener Erkenntnisse und dessen Einzelheiten nicht beteiligt.

Zweitens. Das Thema des Gespräches zwischen Herrn Staatsminister Dr. Metz und Herrn Waldow waren unter anderem auch Sachverhalte aus dem Bereich der Sachsen LB bzw. der MDL. Insgesamt war mein Eindruck, dass dieses Gespräch mehr als unverbindlich und sondierend zu bezeichnen war, insbesondere auch auf den Ort und die vorgerückte Zeit, in der es geführt wurde, dagegen aber keinesfalls den Charakter von Vergleichsverhandlungen hatte. Die Zahl 35 Millionen wurde meiner Erinnerung nach in diesem Gespräch zwar erwähnt, aber nicht als Ansatz für eine gütliche Beilegung der laufenden Streitigkeiten.

(Lachen des Abg. Dr. Volker Külow, PDS)

Ein Vergleichsangebot hat Herr Dr. Metz in diesem Gespräch weder Herrn Waldow noch einer dritten Person unterbreitet.

Drittens. Ein Mandat zur Führung von Vergleichsverhandlungen in seinem Namen oder im Namen dritter Personen hat mir Herr Staatsminister Dr. Metz zu keinem Zeitpunkt erteilt.

Dresden, den 14. Juli 2005

Dr. Schildge“

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, ich möchte Sie bitten, diese Versicherung an Eides statt dem Untersuchungsausschuss zuzuleiten.

(Staatsminister Dr. Horst Metz übergibt dem Präsidenten das Schreiben. – Beifall bei der CDU)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der NPD, „Die Zukunft der Sächsischen Landesbank nach der Kapitalerhöhung“, abgeschlossen.

Ich rufe auf die

2. Aktuelle Debatte

Verzichtserklärung des Ministerpräsidenten bezüglich des Länderanteils aus einer eventuellen Erhöhung der Mehrwertsteuer

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der GRÜNEN das Wort.

Die weitere Reihenfolge: CDU, PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Frau Hermenau, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Jetzt, wo es wirklich wichtig wird, flieht die Hälfte des Hauses. Es geht darum, dass in der letzten Woche, als wir diese Debatte beantragt haben, der Ministerpräsident gesagt hat, er wäre der Meinung, man könnte aus Ländersicht auf seinen Anteil der Erhöhung der Mehrwertsteuer verzichten. So, wie es letzte Woche klang, wäre ich fast versucht gewesen, Ihnen, Herr Prof. Milbradt, beizupflichten, wenn es wirklich darum gegangen wäre, einen signifikanten Fortschritt bei der Absenkung der Lohnnebenkosten zu erreichen, wie Sie es zwar im Fernsehen immer wiederholt versucht haben darzustellen, wie es aber nicht der Wahrheit entspricht. Denn Sie machen im Prinzip den zweiten Schritt vor dem ersten und Sie gefährden, finde ich persönlich, Herr Milbradt, Ihren eigenen Ruf als Finanzwissenschaftler, indem Sie diese gar nicht wirklich stattfindende Reform versuchen mit Ihren eigenen Sprüchen über die Absenkung der Lohnnebenkosten zu tarnen. Ich halte dies für ein großes Problem; deswegen thematisieren wir es heute. Was hier abläuft, geschieht auf dem Rücken der sächsischen Bevölkerung.

Die Reformen werden verschoben. Frau Merkel hat in diesen Tagen klar gemacht: Es wird keine Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre geben. Die „Kopfpauschale“ in der Krankenversicherung wird auf irgendwann verschoben; man weiß aber nicht, wie sie finanziert werden soll. – Das aber wären wirkliche Angriffspunkte für die Lohnnebenkostenabsenkung gewesen.

Stattdessen wird nicht sauber gegenfinanziert und eine Absenkung der Arbeitslosenversicherung erwogen. Was ist, wenn es zum Beispiel zu Überwälzungsverlusten kommt, wenn der Einzelhandel und andere nicht in der Lage sind, das in die Preise umzusetzen? Oder was ist zum Beispiel, wenn dann eine Unterfinanzierung auftritt? Eine Absenkung um 2 % bei der Arbeitslosenversicherung wird natürlich bedeuten, dass man fast die ganze Summe aus der Mehrwertsteuer braucht, und vielleicht läuft es sogar auf ein Defizitär hinaus. Platz für 25 % zur Sanierung der Landeshaushalte ist da jedenfalls nicht vorhanden.

Ich kann Ihnen aus der Erfahrung berichten – egal, ob Sie an der Mehrwertsteuerschraube drehen oder ob wir es an der Ökosteuer gemacht haben: Man kann auch Reformen damit verschieben, indem man Geld in zu reformierende Systeme steckt. Ich halte es für ein massives Problem – und das Zeitfenster schließt sich in fünf bis

sechs Jahren –, wenn die Dynamik der Sozialausgaben nicht begrenzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber die Ministerpräsidenten verstecken sich im Geleitzug und der Spruch der CDU „Erst das Land und dann die Partei“ hat wahrscheinlich zu bedeuten: Es war jedes einzelne Bundesland gemeint, aber nicht unser Deutschland.

Die Haushaltssanierung in den Ländern kommt natürlich einigen Landesfürsten der CDU, die in Schwierigkeiten stecken, sehr zupass: Nordrhein-Westfalen – Herr Rüttgers, Hessen – Herr Koch, Thüringen – Herr Althaus oder Herrn Oettinger in Baden-Württemberg. Aber was heißt das denn? – Es heißt: Es wird weiter verzögert, Personal und Subventionen abzubauen. Es heißt: Die Sanierung der maroden Länderhaushalte einiger CDUFürsten, vor allem in Westdeutschland, wird durch die Mehrwertsteuer, die Verteuerungen, durch kinderreiche Familien, Studenten, Rentner, Arbeitslose, Handwerker und die Tourismusbranche finanziert.

(Andreas Lämmel, CDU: Wer hat denn die Karre in den Dreck gefahren?)

Das heißt, der Reformstau West wird nicht wirklich angepackt und die Sachsen zahlen einen hohen Preis, und sie zahlen ihn umsonst. Und Sie geben Ihren Namen dafür her und stehen dafür gerade.

Nun gibt es eine Aktualisierung. Sie haben heute in der Zeitung durchblicken lassen, dass Sie der Meinung sind, Sachsen – inzwischen hat sich Herr Althaus mit Thüringen angeschlossen – könnte ganz auf den Länderanteil verzichten. Das Problem bleibt jedoch trotzdem bestehen. Zum Beispiel haben die Rentner in Westdeutschland noch andere Einkünfte – aus Immobilienbesitz, Aktienbesitz oder Betriebsrenten. Sie sind in der Lage, mit einer Teuerung anders umzugehen. Die Rentner in Ostdeutschland haben dies zum überwiegenden Teil nicht, sie leben nur von der Rente. Die Menschen, die jetzt in Rente gehen, waren zehn oder 15 Jahre arbeitslos aufgrund der Arbeitsmarktpolitik der neunziger Jahre.

Das heißt: Wir haben uns in den nächsten Jahren in Sachsen – übrigens nicht nur bei den Rentnern – zu vergegenwärtigen, dass die Einkommensentwicklung sehr niedrig sein wird. Die Kaufkraftentwicklung wird sehr niedrig sein; wir bleiben aber über Jahre auf der höheren Mehrwertsteuer sitzen. Dabei wird ausgerechnet, was es denn an Arbeitsplätzen bringen würde, wenn man die Arbeitslosenunterstützung um 2 Prozentpunkte absenken würde: Das bringt für ganz Deutschland Pi mal Daumen zirka 150 000 Arbeitsplätze; das würde heißen – jedenfalls nach dem Bevölkerungsanteil der Sachsen – etwa 8 000 für Sachsen.

Aber das Hotel- und Gaststättengewerbe würde unter der Mehrwertsteuererhöhung extrem leiden. Die Handwerker – außer vielleicht der Lebensmittelproduktion – werden extrem leiden. Der Einzelhandel wird extrem leiden und personenbezogene Dienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen und auch der Einzelhandel neigen dazu, bei Problemen immer erst einmal zu entlassen. Das heißt, die 8 000 Arbeitsplätze, die durch diese ganze Aktion der Mehrwertsteuererhöhung theoretisch auf Sachsen zukommen könnten, werden wahrscheinlich durch den Entlassungsboom gleich wieder aufgefressen. Ich halte überhaupt nichts davon, so vorzugehen. Das Beste wäre, Sie verzichteten nicht auf irgendeinen Länderanteil, Herr Prof. Milbradt. Das Beste wäre, Sie verzichteten auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen hier über Mehrwertsteuerpunkte, die es eigentlich noch gar nicht gibt. Wir verteilen sozusagen das Fell eines Bären, der noch gar nicht erlegt ist. Frau Hermenau hat uns bereits eine ganze Menge Rezepte gegeben, wie wir es besser machen könnten. Frau Hermenau, ich muss zugestehen: Im Finanzausschuss machen Sie ab und zu ganz vernünftige Vorschläge. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie – Sie hatten ja die Möglichkeit, weiter im Bund zu sitzen – nach Sachsen gekommen sind, weil man hier doch noch vernünftige und solide Finanzpolitik machen kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich habe ja noch gar nichts Richtiges gesagt.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ja, bitte.

Hatten Sie die Frage jetzt zugelassen?

Bitte, Herr Morlok.

Hinsichtlich der Verteilung des Bären, bevor er erlegt wurde: Geben Sie mir Recht, dass die Person aus diesem Haus, die damit angefangen hat, der Ministerpräsident war?

Ich habe noch nicht gehört, dass zur Bärenjagd geblasen wird. Aber vielleicht bezwecken die GRÜNEN damit, dass wir uns einmal etwas mehr mit dem Bundeshaushalt befassen; und das möchte ich jetzt tun.