Darüber hinaus leistet der Antrag mit den formulierten Ausgestaltungserfordernissen die Gewähr für eine verfassungskonforme Veranlagungspraxis, so dass die NPDFraktion diesem Antrag zustimmen wird. Wir würden es begrüßen, wenn sich die SPD-Fraktion anschließen könnte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die letzten Debattenreden hört, fallen einem gewisse Gemeinsamkeiten zwischen Sozialisten und Nationalisten auf.
Das wird sehr deutlich hier, aber nicht grundsätzlich, jedoch in dieser einen Frage, nämlich in einer selektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Der Kollege Albrecht hat schon darauf hingewiesen, dass es nicht nur um die Frage der Vermögensverteilung geht, sondern auch um die Frage der Einkommensverteilung, also um die Bemessung der Leistungsfähigkeit.
Frau Dr. Höll, Sie haben ausdrücklich gesagt, Sie wollen die Leistungsfähigkeit berücksichtigen. Wenn aber die unteren 50 % der Einkommensbezieher in Deutschland tatsächlich nur zu 8 % zum Einkommensteueraufkommen beitragen, die anderen aber zu 91,7 %, dann meine ich, dass diese 50 %, wenn Sie 91,7 % der Einkommensteuer schultern, einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen. Dann kann ich nicht nachvollziehen, wenn in diesem Hause argumentiert wird, dass hier eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht gegeben wäre, dass man den Vermögenden etwas wegnehmen müsste. Wegnehmen, das ist genau das, was Sie haben wollen. Sie stellen fest, da gibt es ein paar, die haben ein Großvermögen, und das neiden Sie diesen Leuten. Weil Sie es diesen Leuten
Herr Morlok, können Sie mir zustimmen, dass es im deutschen Steuerrecht einen grundlegenden Unterschied zwischen Vermögen und Einkommen gibt? Wenn Sie jetzt über die Einkommensbesteuerung gesprochen haben, ist das ein Thema. Die Vermögensbesteuerung ist ein anderes Thema, weil aus einem Vermögen eine zusätzliche Leistungsfähigkeit des Individuums erwächst.
Ich stimme Ihnen zu, dass, wenn man die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen in Betracht zieht, man auch auf das Vermögen abstellen kann. Nur, was Sie in Ihrem Beitrag getan haben: Sie haben so getan, als ob die Leistungsfähigkeit aller Steuerpflichtigen sich nach ihrem Vermögen bemisst. Das ist eben nicht der Fall, sondern es ist eben auch so, dass man das Einkommen mit berücksichtigt. Sie haben in Ihrem Beitrag auch vollkommen vergessen, dass ja das vorhandene Vermögen schon einmal besteuert wurde. Es ist ja nicht so, dass das steuerfrei vom Himmel gefallen ist. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass gerade bei den großen Vermögenswerten die hohen Steuersätze zur Geltung gekommen sind. Das heißt, der Staat hat beim Entstehen des Vermögens schon einmal zu 50 % zugelangt. Sie wollen, dass er noch einmal zulangt.
Das ist das Problem, was Sie und auch die Kollegen der NPD-Fraktion nicht verstanden haben. Wir haben, wenn man die Reichensteuer betrachtet, die die SPD jetzt gern einführen möchte, schon wieder einen Steuersatz von 50 %. Was wollen Sie bei den Reichen noch besteuern? Die 50 % sind ja schon erreicht. Selbst wenn Sie das Urteil des Verfassungsgerichtes zum Maßstab nehmen, könnten Sie gar nichts mehr besteuern, weil Sie an der Grenze angekommen sind.
Richtig ist, dass andere Länder eine Vermögensteuer haben. Das wurde schon in der Debatte genannt, ich glaube, von Herrn Delle. Wenn von den 30 OECD-Staaten es nur acht tun, ist diese Steuer vielleicht doch nicht der ganz große Brüller. Das bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen. Eine ganz klare Minderheit bedient sich dieses Instruments. Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass nach der letzten Erhebung im Jahr 1996 gerade mal
4,6 Milliarden Euro an Vermögensteuer zusammengekommen sind. Sie fordern in Ihrem Antrag, was konsequent ist, eine zeitnahe Bewertung des Vermögens. Das heißt, Sie müssen es immer und immer wieder neu bewerten, um eine Steuergerechtigkeit zu gewährleisten.
Selbstverständlich entstehen dabei erhebliche Kosten, die auf zirka eine Milliarde Euro geschätzt werden. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, was es volkswirtschaftlich für einen Sinn macht, den Leuten 4,6 Milliarden Euro wegzunehmen, dafür eine Milliarde Euro auszugeben, um 3,6 Milliarden Euro zurückzugeben. Das sind die Gedanken, die Sie haben. Wenn man wie Sie von einer Staatspartei kommt, die alles staatlich regeln will, ist mir das klar. Sie wollen zurück zu dem, was Sie früher in der DDR gehabt haben: alles verstaatlichen, alles staatlich regeln. Das ist ein Irrweg. Wir brauchen mehr Private und weniger Staat – das ist das Ziel – und sollten nicht klammheimlich durch die Beschäftigten, die die Vermögensteuer erheben und überwachen, den Einfluss des Staates vermehren. Das kann nicht unser Ziel sein. Das ist kontraproduktiv im internationalen Wettbewerb.
Ich kann Sie daher nur dringend davor warnen, diesen Weg weiterzugehen. Der Antrag ist in sich nicht konsequent, denn wenn Sie Ihre aufgeschriebenen Ausnahmetatbestände ernst nehmen und dass Sie über 50 % nicht gehen wollen, dann frage ich mich, wer noch Vermögensteuer zahlt. Die Reichen zahlen sie nicht, weil sie bei 50 % angekommen sind, der Mittelstand zahlt sie auch nicht, den wollen Sie herausnehmen. Wer soll sie dann noch bezahlen?
Das zeigt, warum wir heute darüber reden – Herr Albrecht hat auch schon darauf hingewiesen –: weil Wahlkampf ist und weil Frau Dr. Höll sich profilieren möchte. Das ist der eigentliche Grund der heutigen Debatte.
(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Der Herr Oberlehrer!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Das ist ein ganz spannendes Thema, wie man an den Streitigkeiten zwischen den Reihen erkennen kann. Der Antrag der PDS-Fraktion basiert auf zum Teil veraltetem Diskussionsstand, zumindest aus unserer Sicht, zum Thema Vermögens- und Erbschaftsbesteuerung. Dem Kern nach ist uns das Anliegen in diesem Bereich, einiges neu zu ordnen, nicht fremd. Aber wir machen ganz andere Vorschläge. Am 16. September 2004 legte das DIW ein von uns in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das Vermögensteuermodelle unter Beachtung folgender Leitlinien, die Sie zum Teil in Ihren Antrag aufgenommen haben, untersuchte, nämlich Möglichkeiten der Mindestbesteuerung bei Entzug aus der Ertragsteuerpflicht, keine negativen
Auswirkungen auf die kleinen und mittleren Unternehmen, keine Substanzbesteuerung in Krisenzeiten, kleine Vermögen nicht bemühen – das ist der Oma ihr klein Häuschen, wie Sie versucht haben es zu nennen –, keine Mehrfach- oder Übermaßbesteuerung; dabei geht es um die 50 % des Herrn Morlok.
Unter Maßgabe dieser Leitlinien kam das Gutachten zu dem Schluss, dass je nach Art und Weise und dem Modell der Vermögensbesteuerung 4 bis 7 Milliarden Euro Einnahmen bundesweit theoretisch möglich seien. Das ist weit entfernt von den Traumzahlen, die uns Frau Höll präsentiert hat. Das DIW empfiehlt alternativ, dass wir uns eher um Verbesserungen im Ertragssteuerbereich bemühen sollen. Hinzu kommt, dass sich die Deutsche Steuergewerkschaft gemeldet hat, wie ich finde zu Recht, und auf den hohen administrativen Aufwand hingewiesen hat, der bei einer Wiedereinführung der Vermögensteuer zu bewältigen sei.
Für Sachsen bedeutete das einen relativ hohen Aufwand für relativ wenige Einnahmen. Ich bin immer dafür gewesen, das Steuersystem drastisch zu vereinfachen. Keines ist so komplex, so kompliziert und so durchlöchert wie das deutsche. Ich bin keineswegs entschlossen, wie das manche Kollegen von der Union und einige von der FDP sehen, deswegen ein Stufenmodell bei der Einkommensbesteuerung einzuführen. Das halte ich für verkehrt. Der linearprogressive Tarif in der Einkommensbesteuerung ist meines Erachtens nicht anzutasten. Es ist in sich geschlossen ein gerechtes Modell. Unabhängig davon kann man differenzierter vorgehen, wenn man möchte, dass mehr nach Leistungsstärke besteuert wird. Es gibt übrigens, Frau Höll, auch Einkommen, das aus Vermögen entsteht. Denken Sie zum Beispiel an Mieteinnahmen. Auch dort gibt es Besteuerung.
Die Bündnisgrünen haben sich entschlossen, differenzierter vorzugehen und diese Erkenntnisschübe praktisch zu verarbeiten. Am wichtigsten erscheint es uns, die Grundsteuer B zu einer kommunalen Vermögensteuer weiterzuentwickeln. Wir halten sehr viel davon, das genau ins Auge zu fassen. Wir wollen natürlich immer noch das Ehegattensplitting abschaffen genauso wie eine ganze Reihe von Steuersubventionen, die immer noch existieren und immer wieder im Bundesrat blockiert worden sind. Diese werden jetzt zum Teil angefasst, aber das scheint ein schleppender Prozess über viele Jahre hin zu sein. Ich denke an Pendlerpauschale und Eigenheimzulage. Wir wollen, dass die Erbschaftsteuer angehoben und ausgebaut wird, allerdings mit einigen Modifizierungen.
Wir haben uns natürlich auch mit dem Problem des Spitzensteuersatzes beschäftigt. Wir sind der Meinung, dass wir den Spitzensteuersatz für Privateinkommen und Kapitalerträge von den Einkommen von Personengesellschaften versuchen müssen zu trennen. Man kann über den Spitzensteuersatz in Deutschland nicht vernünftig diskutieren, wenn man jedes Mal den Mittelstand in dieser Frage mit trifft. Das ist ganz klar. Deswegen muss man das voneinander trennen. Wenn man das schafft, hat man die Möglichkeit, etwas erhöhte Einnahmen mit Spitzensteuersatz aus Privat- und Kapitaleinkommen zu haben. Die sollen unserer Meinung nach in die Absenkung der Lohnnebenkosten gesteckt werden. Ich halte es für sinnträchtig, so vorzugehen. Sie erkennen durchaus
vergleichbare Brüche und Intentionen, nämlich nach der Leistungsfähigkeit zu besteuern, aber Sie merken, dass die Lösungsansätze anders sind. Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. Das ist auch klar.
Sie persönlich, Frau Höll – wir kennen uns auch schon länger, da Sie lange im Haushaltsausschuss des Bundestages waren –, müssten es eigentlich besser wissen. Ich möchte Ihnen persönlich mit auf den Weg geben, dass Ihr Ruf auf Dauer darunter leiden wird, wenn Sie besseres Wissen hinter Propaganda verstecken. Ihnen ist bewusst, dass Rot-Grün in den letzten Jahren untere und mittlere Einkommen massiv steuerlich entlastet hat. Das hat in Sachsen durchaus zu Einnahmeeinbußen geführt, und zwar in nicht zu unterschätzender Größenordnung, aber es ist wichtig, dass diese Leute zum Teil ganz aus der Steuerpflicht herausgefallen sind bzw. nur einen ganz marginalen Steuersatz bezahlen müssen. Ich denke, das kann man nicht wider besseres Wissens verschweigen und so tun, als hätten wir nur Vermögende und Reiche irgendwie steuerlich belohnt.
Man muss das im Zusammenhang sehen und kann sich die Welt nicht eklektizistisch zusammenbasteln, wie es einem gerade ins Wahlprogramm passt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ja wohl des Bundestagswahlkampfes unverdächtig, so dass wir uns wieder einmal sachlich diesem Thema zuwenden könnten. Es wäre der Sache wirklich dienlich. Für diesen Antrag müssten uns eigentlich alle Fraktionen des Sächsischen Landtags dankbar sein.
Ebenso müsste er Ihre Zustimmung finden, denn Steuergerechtigkeit haben sich alle auf ihre Fahne geschrieben. Die noch regierende SPD schreibt in ihr Wahlmanifest nicht nur solche bedeutungsschweren Sätze wie „Steuerpolitik ist immer kompliziert“ – wer hätte das gedacht –, sondern ebenso Aussagen wie „Wir wollen gerechte Steuern“. Deswegen gibt es jetzt die so genannte Reichensteuer von 3 %. Außerdem hatte sich Rot-Grün schon 1998 vorgenommen, die Vermögensteuer zu reformieren. Zumindest stand es im Koalitionsvertrag. Aber wie das Leben eben so spielt, ruck, zuck waren sieben Jahre der Regierungszeit vorbei und man ist einfach nicht dazu gekommen. Ständig musste man sich mit Dingen wie zum Beispiel der Beteiligung am völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg oder mit der Agenda 2010 beschäftigen, von der 1998 wirklich noch keine Rede sein konnte.
Der CDU-Fraktion dürfte die Zustimmung ebenso leicht fallen, steht doch im jetzt vorgelegten Regierungsprogramm der CDU 2005 bis 2009 das Streben nach gerechten Steuern nicht nur in der Kapitelüberschrift, nein, es heißt dann auch im Kleingedruckten: „Die Menschen müssen erkennen, dass es bei den Steuern gerecht zugeht.“ Wie wahr, wie wahr!
Sie, Herr Hähle! – Wer also in Verwirklichung dieses Grundsatzes die Mehrwertsteuer um 2 % erhöhen will und damit bereit ist, ohne jede Gegenleistung Hartz-IVEmpfänger und Rentner abzukassieren, der sollte unbedingt etwas dafür tun, dass sich auch Vermögendere angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen können, schon um zu verhindern, dass sich diese ausgegrenzt fühlen.