Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Lämmel, auch wenn er mein Koalitionspartner ist, kurz ein wenig widersprechen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Na, na!)

Ich glaube nicht, dass sich Sachsen mit MecklenburgVorpommern vergleichen sollte, was Forschungsintensität und Forschungslandschaft betrifft.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Wir müssen ganz ehrlich sagen: Da haben wir doch eine wesentlich bessere Ausgangsposition gehabt

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Richtig!)

und haben sie noch.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Trotz Herrn Lämmel!)

Zu Herrn Schmalfuß: Ich meine, Herr Gerstenberg hat schon gesagt, es war der reine Wahlkampf. Ich sage, an Ihnen sind wahrscheinlich aktuelle Entwicklungen, was Forschung und Entwicklung betrifft, komplett vorbeigelaufen. Schauen Sie in den Bundeshaushalt, schauen Sie sich die Zahlen an und schauen Sie sich auch die Initiativen an und dann betrachten Sie einmal die Diskussionen, die zwischen Bund und Ländern geführt werden, wenn es eben um Themen geht wie Wissenschaft oder auch Schule und Bildung! Allein daran können Sie schon ermessen, wie schwierig es war – das war auch einer der Punkte, den ich in meinem ersten Beitrag benannt habe –, diese Innovationsinitiative auf den Weg zu bringen. Dass Rot-Grün Technologien unterdrückt, das ist ja nun der größte Blödsinn, den ich je von Ihnen gehört habe. Das muss ich Ihnen wirklich einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Lachen des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Ich muss sagen, wenn Politik dazu in der Lage wäre, alles zu unterdrücken, dann wäre das ganz schlimm. In Deutschland ist dem nicht so. Wir wissen, dass es zwei Forschungsfelder gibt, die ständig in der Diskussion sind: Das ist die Atomkraft – Sie haben gesagt Rönt

genstrahlen etc. – und das ist die Gentechnik. Ich denke, dass es wesentliche Gründe gibt, warum man sehr vorsichtig mit diesen Themen umgeht und zum Teil eben auch manche Technologien staatlich nicht unterstützt und fördert.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Herr Hilker hat kritisiert, dass man Stärken stärkt. Da muss ich sagen: Das verstehe ich nicht. Wenn man begrenzte Mittel hat, muss man sich auf Wesentliches konzentrieren. Dann, denke ich, ist es logisch, dass wir unsere Stärken stärken. Denn so, wie wir es in der Vergangenheit hatten, dass wir alles gleich machen, kommen wir eben zu dem Mittelmaß, das wir nicht wollen. Aber das ist auch das Problem Ihrer Partei, dass Sie eben im Endeffekt alles gleich machen wollen. Damit kommen wir gerade auf den Wissenschaftsgebieten nicht weiter.

Deswegen haben wir uns auch schon im vergangenen Jahr in der Koalitionsvereinbarung als Koalitionspartner verständigt, dass es darum geht, Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung als vorrangige Aufgabe der Forschungsförderung zu sehen. Das heißt, dass wir unsere Stärken entsprechend stärken. Dabei müssen die Netzwerke auch unter Einbeziehung der Hochschulen zu Exzellenzclustern weiterentwickelt werden. Diese Exzellenzcluster werden im Endeffekt auch unsere Kompetenzen bündeln und Sachsen auf dem Wissenschafts- und Forschungsgebiet weiterbringen. Diese müssen wir dann mit den Instrumenten der Wirtschaftsförderung synergetisch verknüpfen. Damit haben wir dann hoffentlich einen Beitrag zur Eliteförderung im Forschungsbereich geleistet. Allein das ist Inhalt der Koalitionsvereinbarung und ich denke, auch heute noch so aktuell wie im vergangenen Jahr.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Natürlich klingt das gut. Aber wie wollen wir dieses Ziel in Sachsen ganz konkret erreichen? Sicher, ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung ist die Innovationsinitiative der Bundesregierung. Dabei können wir jetzt nur hoffen, dass unsere Universitäten eine gute Lobby haben und damit auch Aussicht auf Erfolg. Denn ich denke, einige von uns wissen, wie so etwas läuft. Das wurde ja auch von Herrn Schmalfuß angesprochen, der anscheinend schon sehr viele Forschungsanträge geschrieben und gestellt hat. Da weiß man, dass es, wenn man bei der DFG einen Forschungsantrag stellt und eben keine Lobby hat und auch wenig bekannt ist, zunächst sehr schwer ist, in Förderschwerpunkte hineinzukommen. Wenn man eine gute Lobby hat, ist es wesentlich leichter. Nun hoffe ich, dass unsere Universitäten Fürsprecher finden, damit wir die Innovationsinitiative auch nach Sachsen holen können.

Doch allein eine staatliche Förderung der exzellenten Forschung reicht nicht, um Elite zu fördern und im Land zu halten.

Wie erreicht man also Exzellenz? Einige meiner Kollegen haben sich dazu schon geäußert. Natürlich denke ich, dass man zunächst entsprechende Forschungsschwerpunkte vorzuweisen hat, die zur Struktur und auch zur Historie der Region oder des Landes passen und dann Impulse an die Wirtschaft senden können. Damit kommen wir wieder zu dem Thema Schwerpunktsetzung.

Zum anderen brauchen wir exzellente Fachleute, die wir selbst ausbilden, aber dann auch in Sachsen halten müssen. Dazu gehört eine gute Betreuung. Damit sind wir wieder bei dem Thema Personal an den Hochschulen, das zum Teil ein trauriges Kapitel ist. Ich hoffe, dass wir auf diesem Gebiet ein bisschen weiterkommen.

Promotionen oder Weiterbildungen für unsere Studenten müssen dann an Attraktivität gewinnen, sodass sie motiviert sind, auch diese Richtung einzuschlagen.

Auf der anderen Seite müssen wir gleichfalls Fachleute nach Sachsen holen, die international anerkannt sind und ein ausgezeichnetes Renommee haben.

Wie kommen Spitzenkräfte nach Sachsen? Natürlich dann, wenn sie attraktive Bedingungen vorfinden, wenn sie sehr gut ausgestattete Forschungseinrichtungen vorfinden, – –

Bitte zum Schluss kommen.

Ich komme gleich zum Schluss.

wenn eine motivierte Forschergruppe an ihrer Seite steht, aber natürlich auch ein ordentliches Gehalt geboten wird. Da, denke ich, müssen wir noch einmal über die W-Besoldung nachdenken. Denn die ist, glaube ich, nicht unbedingt das, was die Leute nach Sachsen zieht.

Auf jeden Fall werden wir als SPD-Fraktion – und ich denke auch als Koalition – die Initiativen unserer Universitäten unterstützen, in dem Innovationsprozess oder in dem Exzellenzcluster bzw. im Bildungsprozess mitzuwirken und das, was in unserer Macht steht, –

Bitte zum Schluss kommen!

– auch tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Herr Hilker, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manchmal hilft ein Blick

zurück auch, um nach vorn schauen zu können. Wenn wir uns an den Beginn der neunziger Jahre erinnern, da gab es im Freistaat Sachsen die Initiative, in möglichst allen, auch ländlichen Regionen Innovation, Forschung und Entwicklung zu ermöglichen. Gerade deshalb wurde ein Programm zur Förderung für Technologiezentren und Technologiegründerzentren aufgelegt. Gerade deshalb wurden Forschungs-GmbHs auch im ländlichen Raum gefördert.

Wenn wir uns die Entwicklung der letzten Jahre ansehen, können wir feststellen, dass das, was dort aufgebaut wurde unter der CDU-Mehrheitsregierung, aber auch im letzten Jahr unter der Koalitionsregierung, eben nicht fortgeführt wurde, und die Potenziale, auch wenn sie dort gering sind, nicht weiter gefördert wurden.

Manchmal hilft auch ein Blick in die jüngere Vergangenheit. Sehen wir uns die Biotechnologie-Offensive an. Der Freistaat Sachsen hat in sechs Jahren zweieinhalb Millionen Euro investiert, und es wird immer wieder dargestellt, dass man die Zahl der Arbeitsplätze verdreifacht hat. Abgesehen davon, dass Gutachten im Umfang von über einer Million Euro in diesem Zusammenhang ausgegeben wurden – die meisten Gutachten wurden übrigens nicht umgesetzt, weil sie erst während der Initiative in Auftrag gegeben wurden –, hat sich die Zahl der Arbeitsplätze real um 600 erhöht und wir mussten feststellen, dass es in den Jahren der Biotechnologie-Offensive immer wieder Haushaltssperren gab, und die Leute an den Universitäten, zum Beispiel im Bereich der Biochemie oder der Biomedizin, haben sich beschwert, dass sie sich Sachmittel und entsprechende Großgeräte eben nicht kaufen konnten und dass die Forschung in bestimmten Bereichen nicht weitergehen konnte.

Natürlich können Sie das alles als erfolgreich darstellen, weil sich in diesem Bereich ein neues Zentrum angesiedelt hat. Aber was müssen wir noch feststellen? Es gibt mittlerweile Unternehmen im BiotechnologieBereich, denen fehlen die Fachkräfte und die Facharbeiter, weil die Ausbildungsförderung in diesem Bereich nicht darauf abgestimmt ist, weil wir mehr für die Arbeitslosigkeit überbetrieblich bzw. außerbetrieblich ausbilden als für die Biotechnologie-Unternehmen. Ja, die Zeit, die Starken zu stärken, muss ein Ende haben; und das ist nicht nur eine Forderung der Linksfraktion.PDS. Herr Jurk hat selbst mehrmals im Wissenschaftsausschuss gesagt, dass die Großunternehmen nicht mehr so viele Fördermittel bekommen sollen wie bisher. Die Höchstsumme der Investitionssumme wurde eben um 100 000 Euro gesenkt. Man sagt, Unternehmen können sich mittlerweile auch ansiedeln, weil es hier eine Forschungs- und Entwicklungslandschaft gibt, und es gibt ein Förderprogramm für strukturschwache Regionen, um dort entsprechendes Wachstum zu fördern. Dies heißt, auch den Schwachen etwas zu geben ist selbst Strategie des eigenen Wissenschaftsministeriums.

Das große Problem für Forschung und Entwicklung in Sachsen ist – und so stellen es auch die entsprechenden Verbandsvertreter immer wieder fest –, dass wir hier unter dem Haushaltsdiktat stehen, und damit ist nicht die Summe der Mittel gemeint, die zurückgeht, sondern die Unsicherheit, ob man Fördermittel bekommt.

Wenn Sie permanent Haushaltssperren auferlegen, wenn Sie permanent Minderausgaben haben, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn die Vorlaufforschung in den wenigen sächsischen Unternehmen abbricht oder unterbrochen wird und an den Hochschulen und Universitäten die Forschung in bestimmten Bereichen einfach zurückgeht.

Unsere Aufgaben sind doch klar: Wir wollen Absolventen hier halten. Wir haben dazu eine Innovationsstiftung in der Haushaltsdebatte vorgeschlagen, die Koalition hat dies abgelehnt. Wir haben gefordert, dass Fachkräfte, Facharbeiter für die neuen Bereiche ausgebildet werden. Wir haben dazu Vorschläge vorgelegt. Diese wurden abgelehnt. Wir haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass es in den kleinen und mittelständischen Unternehmen darum gehen muss, Forschung und Entwicklung zu stärken. Dazu brauchen wir die Forschungs-GmbHs, die Technologiezentren und die Technologiegründerzentren. Doch die Förderung wurde reduziert! Meine Damen und Herren von der CDU und von der SPD, ich glaube, wir brauchen auch die Geisteswissenschaften.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Da wundert es mich schon, wenn das Wiedereinstiegsstipendium von Frau Wissenschaftsministerin im Wesentlichen für Frauen im naturwissenschaftlichen Bereich aufgelegt werden soll, wenn ich die Pressemitteilung richtig gelesen habe. Ich glaube, das intellektuelle Niveau einer Gesellschaft kann nicht hoch genug sein, und gerade deshalb müssen wir auch die Geisteswissenschaften fördern. Meine Damen und Herren von der Koalitionsregierung, Sie unterwerfen die Wissenschaft, Sie unterwerfen die Innovation der Kapitallogik. Ich sage Ihnen: Das ist einmalig in Sachsen, das war früher undenkbar, das haben Sie allerdings so noch nicht gesagt. Ich sagen Ihnen: Die Rechnung dafür wird Ihnen in einigen Jahren, spätestens in einigen Jahrzehnten präsentiert werden.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von der Fraktion der NPD das Wort gewünscht? – Der FDP? – Bitte, Herr Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich im Zusammenhang mit unserer heutigen Diskussion auch kurz auf die Förderung der Nanoelektronik durch den Freistaat Sachsen am Beispiel des neuen Fraunhofer-Centers for Nanoelectronic Technologies näher

eingehen; vergleiche hierzu auch die Landtagsdrucksache 4/1558 und 4/1560.

Es ist unbestritten, dass ein derartiges Zentrum hier in Silicon Saxony eine immense Leuchtturmwirkung in die Branche ausstrahlt. Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass durch das CNT direkt kaum neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Nur durch die Einbindung mittelständischer Firmen in die Ausschreibungen und laufende Projekte des CNT kann neben der erwarteten positiven technologischen Wirkung für die maßgeblich beteiligten Firmen auch ein signifikanter Effekt für den sächsischen Arbeitsmarkt erzielt werden.

Hier ist meine Bitte an Sie, Frau Staatsministerin Ludwig: Setzen Sie sich dafür ein, dass mittelständische Unternehmen der Branche Nanotechnologie beim CNT eingebunden werden! Denn derzeit ist es so, dass – bis auf die zwei großen, die wir haben, Infineon und AMD – kaum mittelständische Unternehmen in die Projektarbeit und in die Ausschreibungen eingebunden sind.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Wird von der Fraktion der GRÜNEN noch das Wort gewünscht? – Herr Dr. Gerstenberg, bitte.