Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

Weiteren Redebedarf kann ich nicht erkennen. Also rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 4/2905 auf,

der den Punkt 3 des Antrages der Linksfraktion.PDS ersetzen soll. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmen dafür, ohne Stimmenthaltung und bei einer großen Anzahl von Gegenstimmen ist dieser Änderungsantrag abgelehnt worden.

Es gab, meine Damen und Herren, von der Fraktion GRÜNE den Wunsch, punktweise abzustimmen. Wir stimmen also über Punkt 1 und 2 gemeinsam und über Punkt 3 extra ab. Besteht dazu Ihr Einverständnis? – Wenn dem so ist, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Linksfraktion.PDS in der Drucksache 4/2862, und zwar zunächst über die Punkte 1 und 2. Wer diesen Punkten zustimmen kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Danke. Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Für-Stimmen sind diese Punkte dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Punkt 3. Wer diesem Punkt zustimmen kann, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Danke. Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Punkt 3 mehrheitlich abgelehnt worden.

Damit, meine Damen und Herren, sind alle drei Punkte mehrheitlich abgelehnt worden. Es erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 6

Förderung des Einsatzes biogener Treibstoffe

Drucksache 4/2871, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: CDU, SPD, Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun den Fraktionen CDU und SPD als Einreicherinnen das Wort. Herr Abg. Heinz, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fossile Brennstoffe haben bekanntlich zwei große Nachteile: Zum einen ist ihr Vorrat endlich und zum anderen ist die Nutzung mit Schäden für das Klima verbunden. Ich möchte an die CO2-Problematik erinnern. Zwei weitere Punkte kommen erschwerend hinzu, nämlich eine Abhängigkeit von Weltmarktpreisen und die politische Verfügbarkeit, sofern man selbst nicht über eigene Rohstoffvorkommen verfügt.

Wir haben schon vor längerer Zeit das Problem der nachwachsenden Rohstoffe zum Thema in diesem Hohen Haus gemacht und möchten uns heute auf das Teilgebiet

biogene Kraftstoffe beschränken. Ich möchte Sie dazu etwas allgemeiner in die Thematik einführen. Mein Kollege Thomas Schmidt wird dann die Auswirkungen in den Landwirtschaftsbetrieben etwas näher beleuchten.

Zu den biogenen Treibstoffen zählt man Rapsmethylester, gemeinhin als Biodiesel bekannt, Ethanol, Methanol, Pflanzenöle sowie nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren hergestellte Kraftstoffe, also künstlich erzeugte Hochleistungstreibstoffe, bei denen Biomasse mittels Wirbelschichtvergasung in ihre Bestandteile zerlegt und anschließend zu Kohlenwasserstoffen synthetisiert wird.

Der Einsatz biogener Treibstoffe erfolgt bereits mit stetig steigender Tendenz. So wurden nach einer Erhebung der Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement im Jahre 2004 zirka 476 Millionen Liter Biodiesel an öffentlichen Tankstellen getankt, was einer Zunahme um 32 % im Vergleich zum Jahr 2003 entspricht. Mittlerweile belaufen sich die Produktionskapazitäten für Biodiesel in Deutsch

land auf zirka 1,5 Millionen Tonnen. Im nächsten Jahr wird die Kapazität auf zwei Millionen Tonnen anwachsen. Der Absatz ist gesichert. Damit werden auch die von der EU vorgeschriebenen Mengenziele zum Einsatz biogener Kraftstoffe für das Jahr 2010 schon jetzt nahezu erfüllt.

Allerdings möchte ich an dieser Stelle vor der Illusion warnen, dass derzeit sämtliche fossile Energieträger durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden können. Dies wird nur durch den Einsatz eines Energiemixes, in dem erneuerbare Energien einen wichtigen Bestandteil bilden, möglich werden.

Es gibt nach wie vor große Potenziale. Allein in Sachsens Landwirtschaft wurden im Jahre 1990 mehr als 98 Millionen Liter Diesel verbraucht. In der deutschen Landwirtschaft insgesamt waren es mehr als zwei Milliarden Liter. Solche Märkte weiter mit biogenen Kraftstoffen zu versorgen sollte angesichts stetig steigender Rohölpreise eine vordringliche Aufgabe sein und auch im Interesse der landwirtschaftlichen Betriebe selbst liegen.

Allerdings möchte ich auch hier vor überzogenen Erwartungen warnen. Selbst wenn man auf der gesamten Ackerfläche Sachsens – das sind immerhin 720 000 Hektar – Raps anbauen würde, wäre die deutsche Landwirtschaft nur in der Lage, rund 14 % des Primärenergiebedarfs Deutschlands zu decken.

Abgesehen von der Unabhängigkeit vom Rohölmarkt bedeutet der Einstieg in die Bioethanolproduktion eine Stabilisierung des Getreidepreises auf einem betriebswirtschaftlich akzeptablen Niveau. Insofern besteht für die Landwirtschaft die Chance, die Überschussproblematik auf dem Lebensmittelsektor deutlich zu entschärfen, was gemäß den Gesetzen von Angebot und Nachfrage auch zu Preiserhöhungen der anderen von den Landwirten erzeugten Produkte führen müsste.

Ein kleines Beispiel aus der Praxis: Derzeit werden mit einer Dezitonne Futterweizen auf dem Markt etwa zehn Euro erlöst. Wenn man den Ölpreis von 52 Cent pro Liter annimmt und den monetären Energiewert des Getreides dagegenstellt, wäre ein Erlös von 20 Euro pro Dezitonne Getreide möglich. Mit der Verwertung über den Energiesektor und den hier genannten Preis kommt man auch dem großen Wunsch der Landwirte einen Schritt näher, nämlich nur vom Erlös ihrer Erzeugnisse leben zu können und sich nicht dauernd für Subventionen rechtfertigen zu müssen, welche in Wirklichkeit eine Subvention des Verbrauchers darstellen.

Bei der Erschließung dieses neuen Marktes kommt der Biomassevergasung eine Schlüsselrolle zu. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass die gesamte Biomasse für die Kraftstoffgewinnung genutzt wird und nicht nur die Stärke wie bei der Bioethanolgewinnung oder nur das Rapsöl wie beim Biodiesel.

Die rot-grüne Bundesregierung betreibt ihre Energiewende nur sehr halbherzig. Dies beweisen zum Beispiel Absatzprobleme bei Bioethanol. Große neu gebaute

Anlagen in Zörbig und in Zeitz haben ihre Produktion stark gedrosselt, weil die in der DIN EN 228 eröffnete Möglichkeit der Beimischung von 5 % Bioethanol zu herkömmlichen Kraftstoffen durch die Ölkonzerne boykottiert wird. Viel lukrativer ist es für die Konzerne, den herkömmlichen Kraftstoff mit horrenden Preisen unters Volk zu bringen. Es ist nötig, die Mineralölkonzerne gesetzlich zu zwingen, die Beimischungsregelung umzusetzen. Hier kann man sich ein gutes Beispiel an Österreich nehmen. Dort wird diese Praxis erfolgreich umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Förderung neuer Technologien bei der Herstellung biogener Treibstoffe ist ein bedeutendes Handlungsfeld. Deshalb ersuchen wir die Staatsregierung mit unserem Antrag, sich für die Ansiedlung von Anlagen zur Gewinnung von Kraftstoffen aus Energiepflanzen und Holz einzusetzen. So könnte zum Beispiel mit der geplanten Anlage in Freiberg einmal mehr die technische und personelle Kompetenz der Sachsen unter Beweis gestellt werden. Die weitere Befreiung von der Mineralölsteuer, die derzeit schon bis 2009 festgeschrieben ist, setzen wir natürlich voraus, um dieses Einsatzfeld weiter voranzubringen.

Ich bitte Sie hiermit um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Martin Dulig, SPD, und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion, bitte. Herr Abg. Gerlach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vom 25. September bis 2. Oktober 2005 finden erneut die Europäischen Biomassetage der Regionen statt. Ziel ist es, eine möglichst breite Öffentlichkeit über die Bedeutung und die Möglichkeiten der Nutzung nachwachsender Rohstoffe zu informieren.

Wir haben in Sachsen Erfolg versprechende Ansätze dazu: Gülle wird zu Strom vergast, Holzabfälle erzeugen Wärme und Strom, und sächsische Firmen sind dabei, zu weltweit führenden Unternehmen der direkten Herstellung von Biodiesel zu werden – nicht nur aus Raps oder ähnlichen Getreidesorten, sondern aus allgemeiner Biomasse, wie zum Beispiel Restholz. Mein Kollege von der CDU hat schon eine Menge dazu gesagt.

Wir müssen uns erinnern: 70 % des heute geförderten Öls werden weltweit im Straßenverkehr verbraucht – eine gigantische Chance für sächsische Unternehmen. Andere Länder gehen da schon mit gutem Beispiel voran. Der Beitrag von Biosprit am gesamten Kraftstoffverbrauch in Spanien wird sich laut Beschluss der Regierung in den nächsten fünf Jahren gegenüber heute versechsfachen. Im Jahre 2010 sollen 5,8 % der Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.

Weltweit führend ist Brasilien. Waren viele Jahre lang schon so genannte Alkoholautos mit etwa einem Drittel im brasilianischen Bestand prägend – ich habe selbst

solche Autos dort gefahren –, so sind heute die Flex-FuelMotoren – ein schwieriges Wort! – führend. Das sind Motoren, die mit Benzin und/oder Ethanol fahren können. Im Jahre 2005 sollen in Brasilien erstmals mehr solche Motoren als herkömmliche verkauft werden.

Auch wenn ein jahreslanges Verbot von Diesel-Pkws, verbunden mit optimalen Bedingungen für die Zuckerrohrernte, diese Entwicklung sicherlich beschleunigt hat, ist der Erfolg doch beeindruckend. Im Jahre 1978 musste Brasilien noch 85 % seines Energiebedarfs aus Erdölimporten decken, im Jahre 2002 waren es nur noch 10 %. Dazu haben nicht nur die eigenen Fundstätten von Erdöl und der massive Ausbau der Wasserkraft beigetragen. Auch die Alkoholflotte im Straßenverkehr hat einen beträchtlichen Anteil daran.

Der neue Präsident Lula startete ein Biodieselprogramm mit einem Investitionsvolumen von immerhin 3,3 Milliarden Euro. Damit will er 45 neue Biodieselanlagen in Brasilien bauen. Das ist inzwischen auch zum Exportschlager geworden. Venezuela wird pro Jahr 300 Millionen Liter aus Brasilien importieren.

Auf den letzten Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen boten die Brasilianer den Deutschen gigantische Lieferungen von Biodiesel an. Die Konditionen sind verlockend. Aber wir können das natürlich nicht mit unserem Land und schon gar nicht mit unseren Produktionsbedingungen vergleichen.

Die Koalition hat sich entschieden, die Potenziale der biogenen Treibstoffe weitgehend auszunutzen. Das hilft nicht nur den Bauern, die sich einem ständigen Preisdruck bei ihren Erzeugnissen ausgesetzt sehen, wie Herr Heinz sehr eindrucksvoll erklärt hat, sondern es hilft auch unserem Energiemarkt.

Um die Dramatik des Energiemarktes etwas zu verdeutlichen, möchte ich Sie mit einigen Fakten konfrontieren, die nicht neu sind, aber von neuen Personen ins Spiel gebracht werden, die das vor zehn Jahren noch nicht getan hätten.

Zitat: „Die Zeiten, als wir uns auf billiges Öl und noch billigeres Erdgas verlassen konnten, sind eindeutig vorbei“, sagt jetzt auch David Reilly, Chevron Texaco, dem zweitgrößten US-Ölkonzern. Dieser Konzern warnt in einer Anzeigenkampagne: „Es hat 125 Jahre gedauert, bis wir die erste Billion Barrel Öl verbraucht haben. Die nächste Billion werden wir in 30 Jahren verbrauchen.“

Seit langem schon verweisen Wissenschaftler auf das geologische Phänomen „Peak-Oil“. Gemeint ist die maximale Förderkapazität eines Ölfeldes, ab der die Produktivität stetig sinkt, weil mit zunehmender Ausbeutung der Druck im Ölfeld abnimmt und es immer energieaufwändiger wird, den Rohstoff zu pumpen.

Der Geologe King Hubbert beschrieb 1956 das Phänomen Peak-Oil zum ersten Mal. Er sagte die Förderspitze der US-Ölfelder für Anfang der siebziger Jahre voraus und wurde ausgelacht. Doch er behielt Recht. 1971 erreichte die Förderung in 48 US-Bundesstaaten ihren Höhepunkt.

Wann genau der weltweite Gipfel erreicht sein wird, ist umstritten. Geologen der ASPO – Association for the study of peak-oil and gas – berechneten diesen Förderhöhepunkt für das Jahr 2008. Aber solange wir das noch nicht wissen, sonnen sich viele Politiker in dem berühmten „Weiter so!“. Ist allerdings der weltweite Scheitelpunkt erreicht, sinkt das Angebot bei ständig steigender Nachfrage und steigenden Preisen, was wir ja im Moment erleben, auch ohne Hurrikans!

Der texanische Investmentbanker Matthews Simmons, der die Bush-Regierung in Energiefragen berät, sagte dem Schweizer „Tagesanzeiger“, dass wir in den kommenden Jahren mit einem Ölpreis von 200 bis 250 Dollar pro Barrel rechnen müssen. Dazu kann man stehen, wie man will. Ich erzähle Ihnen nur, was inzwischen im Wirtschaftsbereich gedacht und gesagt wird. Ich habe ausdrücklich Zitate nicht aus dem grünen Bereich geholt.

Nach den Berechnungen von Peter Gerling von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe werden wir den weltweiten Scheitelpunkt in zehn bis 15 Jahren erreichen. Die Angaben der Ölindustrie, nach denen die gesicherten Reserven noch mindestens 40 Jahre ausreichen, hält er für eine Irreführung. Denn diese Zahl geht von einem gleichbleibenden Verbrauch aus und rechnet die riesigen kanadischen Ölsandvorkommen mit ein. Die hohe CO2-Bilanz dieser Art der Ölgewinnung bedroht das Klima, und der Tagebau in der kanadischen Provinz Alberta reißt riesige Löcher in ein sensibles Ökosystem.

Zitat: „Ich bin skeptisch, ob die hohen Zahlen, die auch wir selber schon verkündet haben, noch zu halten sind“, sagt Gerling. Doch der Bedarf an Öl wächst gewaltig. Besonders in China und Indien steigt die Nachfrage zusammen mit dem Lebensstandard.

Die Internationale Energieagentur rechnet im kommenden Jahr mit einem um 2 % gestiegenen Verbrauch. Derzeit verbrauchen wir weltweit jeden Tag etwa 84 Millionen Barrel Öl. Im Jahre 2030 sollen es täglich 120 Millionen Fässer sein. Auch wenn die OPEC jetzt ankündigt, zusätzlich etwa zwei Millionen pro Tag auf den Markt zu werfen, mehr werden die Vorräte dadurch nicht. Wir verschieben nur etwas den heutigen Engpass.

Das heißt für uns: Entweder wir bauen die Vorräte ohne Rücksicht auf die nächste Generation weiter ab oder wir steuern endlich um. Die Sächsische Landesbank scheint das bereits erkannt zu haben, wie sie auf ihrer Pressekonferenz letzten Donnerstag bekannt gab. Zitat: „Wir sehen hier auch künftig große Wachstumschancen“, so Vorstandsmitglied Raubach.

Über Energieeffizienz und Entkopplung des Energieverbrauchs vom Wirtschaftswachstum werde ich morgen sprechen, wenn wir den diesbezüglichen Antrag behandeln. Damit bin ich wieder bei Sachsen und der Bioenergie.

Meine grünen Kollegen werfen dem Wirtschaftsminister vor, die Biomasse komplett von der Förderung ausge

schlossen zu haben. Dazu wird der Wirtschaftsminister sicher Stellung beziehen. Sie haben ja auch einen eigenen Antrag hier eingereicht.