Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

(Beifall des Abg. Holger Apfel, NPD – Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD, tritt ans Mikrofon.)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein. In diesem Sinne – das ist mein letzter Satz – –

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Das bleibt vollkommen Ihnen überlassen. Ihren pseudodemokratischen Mummenschanz können Sie sich sonstwohin stecken. In diesem Sinne: Keep on crying!

(Heiterkeit und Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS – Uwe Leichsenring, NPD: Ich habe Englisch studiert! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfrakti- on.PDS: Man kann es auch auf Deutsch sagen!)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Herbst, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Leichsenring, Ihr Auftritt eben war peinlich.

(Zurufe von der NPD)

Wenn jemand „neben der Mütze läuft“, wie Sie es hier nennen, dann ist das ja wohl Ihre Fraktion in diesem Hause und weder der Staatsminister noch meine anderen Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und den GRÜNEN)

Ich finde es schon sehr eigenartig, dass Sie hier von einem tollen Wahlerfolg sprechen. Wenn ich mir das Wahlergebnis bei den Wahlen zum Bundestag ansehe, stelle ich doch fest, dass Ihr Plan nicht aufgegangen ist. Sie wollten Dresden zum Brückenkopf für einen Einzug in den Bundestag ausbauen. Das ist misslungen, und das finde ich auch gut so.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und den GRÜNEN – Dr. Johannes Müller, NPD: Gut Ding will Weile haben!)

Aber zum Thema: Nazi-CDs. Ich glaube, wir alle können denjenigen an den Schulen danken – den Eltern, den Lehrern, den Schülern –, die deren Verteilung couragiert entgegentreten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich glaube nicht, dass wir dieses Plenum zu einem Ort machen sollten, an dem Werbung für Nazi-CDs gemacht wird. Deshalb werden wir uns an dieser Debatte nicht beteiligen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wird von der Fraktion GRÜNE das Wort gewünscht?

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Frau Hermenau, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Demokratie, Herr Leichsenring, ist keine Beliebigkeit. Sie stellen es hier so dar, als wäre es ganz selbstverständlich, dass der, der irgendetwas sagt, automatisch schon ein Demokrat wäre. Dass Sie demokratisch gewählt worden sind, ist unbestritten. Die Verfahrensweisen der Demokratie sind eindeutig und gelten für jeden. Das macht Sie aber nicht zu einer demokratischen Partei. Ihr Verhalten, Ihre Gespräche, Ihre Reden entlarven Sie tagtäglich.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS und der SPD)

Sie haben von markenbewussten Jugendlichen gesprochen. Die sind doch nicht von selber draufgekommen, Lonsdale zu kaufen. Das wurde ihnen nahe gelegt, um zur Gruppe zu gehören. Lonsdale hat inzwischen reagiert. Es gibt T-Shirts, auf denen steht: „Lonsdale likes all colours“. Dieses Unternehmen hat reagiert und sorgt dafür, dass Ihre Truppenteile dieses T-Shirt nicht mehr so verwenden können, wie Sie von der NPD es eigentlich gern hätten.

Das heißt für mich aber auch, Herr Kollege Herbst, dass es wichtig ist, Aufklärung zu betreiben, denn die betreiben eine Strategie der Verharmlosung. Sie tun so, als wäre es ganz und gar ungefährlich, irgendwelche CDs an der Schule zu haben, irgendwelche T-Shirts zu tragen. Es ist doch ganz schlimm, was da passiert! Das ist ein Versuch, das wegzutarnen und so zu tun, als wäre es harmlos. Das soll uns in die Rolle drängen, als wären wir diejenigen, die diese „armen, geknechteten kleinen Burschen“ da drüben verfolgen würden. Schauen Sie sich die Männer doch mal an! Offensichtlich zu kurz gekommen im Leben, verkniffen, nur durch Hass lebendig, ansonsten tot!

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP – Gelächter bei der NPD)

Herr Kultusminister, wir sind beide aus Sachsen und wissen, wie das in den letzten 16 Jahren gewesen ist. Natürlich gab es nach der Wende eine Pendelbewegung weg von der Indoktrination der Kinder und Jugendlichen hin zu einer neutralen Schule. Das ist völlig richtig gewesen, das haben wir auch unterstützt. Im Laufe der letzten Jahre aber ist doch wirklich klar geworden, dass das nicht mehr zu halten ist. Schule als neutraler, unpolitischer Raum führt dazu, dass sie infiltriert wird von Leuten, die sich das zunutze machen auf die Art und Weise, wie Herr Leichsenring es heute selbst entlarvend dargestellt hat. Das heißt für uns, dass wir uns etwas überlegen müssen, und zwar alle zusammen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Das ist nicht nur allein Ihr Auftrag als Kultusminister oder Ihr Auftrag als Koalitionsfraktionen, das müssen wir gemeinsam leisten. Je stärker die Demokraten werden – und sie werden es in diesem Land eigentlich von Tag zu Tag, weil wir uns in der Ablehnung dieser Truppe einig sind –,

(Gelächter bei der NPD)

umso schwächer werden diese Leute. Am Ende, wenn man sie nicht überschätzt hat und auch nicht unterschätzt – Martin Dulig, auch nicht unterschätzt –, dann wird das übrig bleiben, was ich vorhin porträtiert habe: Lächerlichkeit. Am Ende wird das übrig bleiben, aber nicht durch Verbote,

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

sondern durch Aufklärung, dadurch, dass man es öffentlich macht, dass man es nicht verheimlicht, vertuscht oder wegtut oder versucht, ihrer Taktik auf den Leim zu gehen, es zu verharmlosen. Das sollten wir nicht tun. Wir sind gefordert, das ist ganz eindeutig der Fall.

Damit bin ich auch bei einer Frage, die ich noch einmal zur Sprache bringen will. Das Programm „Civitas“ wurde zwar nicht beim Namen genannt, aber es wurde von Ihnen, Herr Leichsenring, kritisiert, weil Sie Angst davor haben. Wir sprechen von mobilen Beratungsteams, wir sprechen davon, dass Sozialarbeiter, die seit Jahren Erfahrung gesammelt haben, in die Jugendszene gehen, an die Schulen gehen und versuchen, denen zu helfen, die auch etwas gegen Rechts machen wollen. Das wurde auch in der Koalitionsverhandlung, die Sie im letzten Jahr geführt haben, dankend aufgenommen, und Sie haben auf Landesebene ein angehendes Programm geschaffen, das auch dazu dient, durch Kofinanzierung die Abfrage dieser Mittel, die vom Bund bereitgestellt werden, zu ermöglichen. Das ist wichtig gewesen. Es war ein entscheidender Schritt nach vorn.

Der nächste Schritt muss, falls es doch irgendwann eine regierungsfähige Koalition in Berlin geben sollte, darin bestehen, dafür Sorge zu tragen, dass „Civitas“ nicht

einfach gekippt wird. Da wende ich mich an Sie von der CDU. Ich habe mit Ihrem Parteikollegen Michael Luther aus Zwickau viele Jahre im Haushaltsausschuss des Bundestages gesessen. Wir haben uns, seitdem es „Civitas“ gibt, jedes Jahr regelmäßig darüber gestritten. Herr Luther ist der Auffassung, dass man dieses Programm beenden soll. Ich bin der Auffassung, dass es noch weitergeführt werden muss. Das sehen wir daran, dass die zwölf hier im Parlament sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen möchte ich ausdrücklich an Sie appellieren – an Herrn Krauß, an Herrn Winkler, der das Programm jetzt auf Landesebene verwaltet, an Herrn Rohwer –,

(Jürgen Gansel, NPD: Steuergeldmissbrauch!)

in einem klaren, langen, ruhigen Gespräch mit Ihrem Herrn Luther dafür zu sorgen, dass „Civitas“ nicht gekippt wird, sondern schrittweise in die Länder übernommen werden kann, aber auch für einen vernünftigen Übergang zu sorgen und jetzt nicht nachzugeben. Denn Sie merken doch an der peinlich berührenden Reaktion dieser Zwölferbande, dass sie schon getroffen worden ist, und da müssen wir weitermachen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP – Uwe Leichsenring, NPD: Und die Jugend einsperren, nicht vergessen!)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Dr. Hähle, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es eben während dieser Debatte erlebt: Sie gibt der NPD in der Tat die Möglichkeit, noch einmal Werbung für ihre schädliche CD zu machen. Auch hier gilt: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber damit nicht der Eindruck stehen bleibt, der Sächsische Landtag hätte dem nichts entgegenzusetzen, was da auf Schulhöfen passiert, will ich doch noch einmal auf den jährlichen Schülerwettbewerb verweisen, von dem heute schon einmal die Rede war. Er wird nach Themen durchgeführt, die auf Vorschlägen beruhen, die vom Präsidium zur Kenntnis genommen werden. Ich habe im Präsidium nicht gemerkt, dass irgendjemand dagegen protestiert hätte. Wenn man sich aber dann die Mühe macht, die Auswertung dieses Schülerwettbewerbes einmal zur Kenntnis zu nehmen, indem man hingeht und diese Ausstellung betrachtet, dann spürt man etwas von dem Geist dessen, was in der Präambel unseres Schulgesetzes niedergeschrieben ist, was Sie ja leugnen. Da ist viel zu spüren von Werten, die die Schüler längst verinnerlicht haben, und das ist auch ein Ergebnis des Unterrichts, den unsere Lehrer in Sachsen durchführen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wenn eine Auswahl davon im Schülerkalender des Sächsischen Landtags zu finden ist, dann sollten wir hinter denen stehen, die diese Auswahl getroffen haben, und erst recht hinter den Schülern, die ihre Ansichten auf verschiedene und originelle Weise zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, den GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD und der Staatsregierung)

Ich weiß auch nicht, was so störend ist, wenn jemand ausdrückt, dass das Hakenkreuz auf den Kothaufen der Geschichte gehört.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich meine, auf diese Schüler, die das erkannt haben, sollten wir stolz sein.